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Bußgeldverfahren – Anforderungen an Freispruch aus rechtlichen Gründen

Das Kammergericht Berlin hob ein Urteil des Amtsgerichts Tiergarten auf, das eine Immobilienmaklerin in einem Fall eines Bußgeldbescheids freigesprochen hatte. Die Aufhebung erfolgte aufgrund unzureichender Begründung und Feststellung der relevanten Tatsachen im ursprünglichen Urteil, was eine rechtliche Überprüfung erschwerte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 ORbs 216/23 – 162 Ss 102/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Aufhebung des Freispruchs: Das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten wurde aufgehoben, da der Freispruch der Immobilienmaklerin nicht ausreichend begründet war.
  2. Rückverweisung zur erneuten Verhandlung: Die Angelegenheit wurde für eine neue Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.
  3. Geldbuße wegen Geldwäschegesetzverstoß: Die Immobilienmaklerin wurde ursprünglich zu einer Geldbuße von 500 Euro verurteilt, da sie gegen das Geldwäschegesetz verstoßen hatte.
  4. Unklarheit der Sachverhalte: Die Feststellungen des Amtsgerichts waren lückenhaft und ließen wesentliche Details des Falles offen.
  5. Identifizierungs- und Prüfpflichten: Diskussion um die korrekte Anwendung des § 11 Abs. 2 GwG bezüglich der Identifizierungspflicht des Immobilienmaklers.
  6. Zeitpunkt der Pflichterfüllung: Die Pflicht zur Identifizierung der Vertragsparteien beginnt nicht erst mit dem Abschluss des notariellen Kaufvertrags, sondern früher, abhängig von den Einzelfallumständen.
  7. Geldwäscherechtliche Verpflichtungen: Die zeitliche Reihenfolge und Bedeutung der geldwäscherechtlichen Verpflichtungen von Immobilienmaklern und Notaren wurden betont.
  8. Keine Entscheidung über die Kosten: Aufgrund der Zurückverweisung konnte keine Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens getroffen werden.

Bußgeldverfahren und die Rechtsprechung

Im Bereich des Verkehrsrechts nehmen Bußgeldverfahren eine zentrale Rolle ein. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der rechtlichen Ordnung im Straßenverkehr und dienen der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten. In diesem Kontext ist der Freispruch aus rechtlichen Gründen ein besonders interessanter Aspekt, der sowohl für die Betroffenen als auch für die Rechtsanwendung von Bedeutung ist. Das Zusammenspiel von Amtsanwaltschaft, Amtsgericht und höheren Gerichtsinstanzen bildet dabei das Gerüst für eine effektive Rechtsprechung.

Die Entscheidungen im Rahmen dieser Verfahren basieren auf einer detaillierten Prüfung der Sachlage und der Einhaltung rechtlicher Vorschriften, wie z.B. dem Geldwäschegesetz. Hierbei spielt nicht nur die Feststellung der Tat an sich eine Rolle, sondern auch die korrekte Anwendung und Auslegung der rechtlichen Bestimmungen. Die Komplexität dieser Prozesse und die Bedeutung einer präzisen rechtlichen Argumentation und Urteilsbegründung werden in den Entscheidungen von Gerichten wie dem Kammergericht Berlin deutlich.

Aufhebung des Freispruchs im Bußgeldverfahren

Das Kammergericht Berlin hat in einem bemerkenswerten Urteil das Vorgehen des Amtsgerichts Tiergarten in einem Bußgeldverfahren revidiert. Im Kern des Falls stand eine Immobilienmaklerin, die vom Amtsgericht Tiergarten bezüglich einer Tat aus einem Bußgeldbescheid freigesprochen wurde. Dieser Freispruch bezog sich auf ein Vermittlungsgeschäft für ein Grundstück. Interessant an diesem Fall ist, dass die Amtsanwaltschaft Berlin gegen diesen Freispruch Rechtsbeschwerde einlegte und dabei die Verletzung materiellen Rechts rügte. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin unterstützte diese Rechtsbeschwerde und beantragte die Aufhebung des Freispruchs.

Lückenhafte Urteilsbegründung als Kritikpunkt

Die Kritik der höheren Gerichtsinstanz richtete sich insbesondere auf die unzureichenden Urteilsbegründungen des Amtsgerichts. Es wurde bemängelt, dass die Darstellung der Gründe des Amtsgerichts Tiergarten nicht den Anforderungen an die Begründungspflicht bei freisprechenden Urteilen genügte. Dies ist besonders relevant, da im Bußgeldverfahren die Urteilsgründe die Basis für die rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin bilden. Sie müssen so beschaffen sein, dass sie dem Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung der korrekten Rechtsanwendung ermöglichen. Im vorliegenden Fall waren die Feststellungen des Amtsgerichts jedoch lückenhaft und unklar.

Detailfragen der rechtlichen Beurteilung

Im Fokus standen dabei die spezifischen Anforderungen des Geldwäschegesetzes (GwG) an Immobilienmakler. Das Amtsgericht hatte in seinem Urteil angenommen, dass die Immobilienmaklerin ihren Pflichten nach dem GwG nachgekommen sei, indem sie die Identitäten und wirtschaftlichen Berechtigungen der an den Immobiliengeschäften beteiligten Personen rechtzeitig festgestellt habe. Jedoch wies das Kammergericht darauf hin, dass die zeitliche Einordnung dieser Pflichterfüllung unklar blieb. Besonders wurde hervorgehoben, dass die Identifizierungspflicht des Immobilienmaklers nicht erst nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages beginnt, sondern bereits in einem früheren Stadium des Vermittlungsprozesses.

Rückverweisung zur erneuten Verhandlung

Schließlich führten die festgestellten Mängel zur Aufhebung des Teilfreispruchs und zur Rückverweisung des Falls an das Amtsgericht Tiergarten für eine neue Verhandlung und Entscheidung. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer detaillierten und präzisen Urteilsbegründung in Bußgeldverfahren, besonders in Fällen, in denen die Einhaltung komplexer rechtlicher Vorschriften wie des Geldwäschegesetzes eine Rolle spielt. Es bleibt abzuwarten, wie das Amtsgericht Tiergarten auf die Kritikpunkte reagieren und den Fall neu bewerten wird.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was sind die Anforderungen an einen Freispruch aus rechtlichen Gründen im Bußgeldverfahren?

Ein Freispruch aus rechtlichen Gründen im Bußgeldverfahren in Deutschland kann aufgrund verschiedener Faktoren erfolgen. Hier sind einige der wichtigsten Aspekte, die berücksichtigt werden müssen:

Voraussetzungen

Ein Freispruch aus rechtlichen Gründen kann erfolgen, wenn die Beweise nicht ausreichen, um die Schuld des Beschuldigten zu beweisen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Beweise unzureichend sind oder wenn es erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit oder Zuverlässigkeit der Beweise gibt.

Verfahrensablauf

Ein Bußgeldverfahren beginnt in der Regel mit der Erhebung von Beweisen durch die Staatsanwaltschaft und die Polizei. Wenn die Beweise nicht ausreichen, um die Schuld des Beschuldigten zu beweisen, kann das Verfahren mit einem Freispruch enden.

Beweislast

Die Beweislast im Bußgeldverfahren liegt bei der Staatsanwaltschaft. Sie muss beweisen, dass der Beschuldigte die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Wenn die Staatsanwaltschaft diese Beweislast nicht erfüllen kann, kann dies zu einem Freispruch führen.

Rechtsmittel

Gegen einen Freispruch aus rechtlichen Gründen kann der Beschuldigte Rechtsmittel einlegen. Dies kann durch eine Rechtsbeschwerde geschehen. Die Rechtsbeschwerde kann entweder verworfen oder zurückgewiesen werden.

Es sollte auch beachtet werden, dass das Opportunitätsprinzip im Bußgeldverfahren eine wichtige Rolle spielt. Nach diesem Prinzip kann die Ordnungsbehörde Ordnungswidrigkeiten verfolgen, ist dazu jedoch nicht verpflichtet. Ob sie es tut, entscheidet sie nach pflichtgemäßem Ermessen.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 3 ORbs 216/23 – 162 Ss 102/23 – Beschluss vom 06.11.2023

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 2. Juni 2023 insoweit mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben, als die Betroffene bezüglich der Tat zu 3. aus dem Bußgeldbescheid vom 16. Januar 2023 im Zusammenhang mit dem Vermittlungsgeschäft für das Grundstück X in Y freigesprochen wurde.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Tiergarten hat die zur Tatzeit als Immobilienmaklerin tätige Betroffene wegen eines leichtfertigen Verstoßes gegen §§ 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 6, 11 Abs. 2, 8 Abs. 1 und Abs. 2 i. V. m. 56 Abs. 1 Nr. 6 Geldwäschegesetz zu einer Geldbuße von 500,00 Euro verurteilt und sie vom Vorwurf sechs weiterer Zuwiderhandlungen gegen das Geldwäschegesetz aus rechtlichen Gründen freigesprochen.

Hinsichtlich des Freispruchs enthält das Urteil folgende Feststellungen:

„Im Übrigen wurde der Betroffenen mit dem Bußgeldbescheid der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe vom 16.01.2023 in sechs weiteren Fällen vorgeworfen, im Zusammenhang mit der Vermittlung von Immobiliengeschäften in zwei Fällen am 25. Januar 2021, am 24. Februar 2021, am 19. Juli 2021 und in zwei Fällen am 23. August 2021, die Identitäten und die wirtschaftlichen Berechtigungen der an der Transaktion beteiligten Personen nicht rechtzeitig festgestellt zu haben. Die Identitäten der Personen und die wirtschaftliche Berechtigung wurde bei allen Fällen zwei bis drei Tage nach dem jeweiligen Termin beim Notar zur Unterschrift des Kaufvertrages festgestellt.

In den ersten beiden Fällen hat die Betroffene die Identitäten und wirtschaftliche Berechtigung jeweils am 25.1. festgestellt. In dem weiteren Fall vom 24. Februar 2021 hat die Betroffene die Identität und wirtschaftliche Berechtigung am 3. Januar 2021 festgestellt. In Bezug auf den Fall am 19. Juli 2021 hat die Betroffene die entsprechenden Feststellungen am 23. August 2021 und für den Fall vom 23. August 2021 hat die Betroffene die Feststellung am gleichen Tag getroffen.“

Den aus rechtlichen Gründen erfolgten Freispruch begründet das Amtsgericht damit, dass die Betroffene der ihr als Immobilienmaklerin obliegenden Verpflichtung aus § 11 Abs. 2 GwG rechtzeitig nachgekommen sei, indem sie sich jeweils wenige Tage nach dem Abschluss des Kaufvertrages die Personalausweise der Parteien habe vorlegen lassen und gemäß ihrem Dokumentationsbogen zu jedem einzelnen Vermittlungsgeschäft die wirtschaftliche Berechtigung überprüft habe. Wegen der Einzelheiten – insbesondere der Begründung dieser Rechtsauffassung – wird auf den Inhalt der Urteilsgründe Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Amtsanwaltschaft Berlin mit einer dahingehend beschränkten Rechtsbeschwerde, dass sich das Rechtsmittel lediglich gegen den Freispruch der Betroffenen im Fall 3 aus dem Bußgeldbescheid vom 16. Januar 2023 im Zusammenhang mit dem Vermittlungsgeschäft für das Grundstück X in Y vom Vorwurf des Verstoßes gegen § 11 Abs. 2, 56 Abs. 1 Nr. 27 GwG richtet. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat die Vertretung dieses Rechtsmittels übernommen und die Aufhebung des Urteils im Hinblick auf den Freispruch bezüglich des Vorwurfs zu 3. aus dem Bußgeldbescheid beantragt.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat auf die erhobene Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils im tenorierten Umfang.

Der allein angefochtene Teilfreispruch bezüglich der Tat zu 3. aus dem ergangenen Bußgeldbescheid unterliegt schon deswegen der Aufhebung, weil die Darstellung der Gründe nicht den sich aus §§ 261, 267 Abs. 5 StPO i. V. m. § 71 Abs. 1 OWiG ergebenden Anforderungen an die Begründungspflicht bei freisprechenden Urteilen genügt.

Wenn auch in Bußgeldverfahren an die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind, gilt für deren Inhalt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren. Denn auch im Bußgeldverfahren sind die Urteilsgründe die alleinige Grundlage für die im Rahmen der Rechtsbeschwerde erfolgende rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin. Sie müssen daher – auch bei freisprechenden Erkenntnissen – so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15. April 2013 – 1 SsBs 14/12 –, juris; OLG Bamberg, Beschlüsse vom 18. März 2009 – 2 Ss OWi 153/2009 – und vom 5. Mai 2008 – 3 Ss OWi 300/2008 –, beide juris; Bär in BeckOK OwiG 39. Aufl. § 79 Rn. 132; Senge in KK-OWiG 5. Aufl. § 71 Rn. 106; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 18. Aufl. § 71 Rn. 42 ff., jeweils m. w. N.). Bei einem Freispruch aus rechtlichen Gründen müssen die Urteilsgründe den festgestellten Sachverhalt wiedergeben und sodann darlegen, aus welchen Gründen die festgestellte Tat nicht strafbar ist (KG NStZ-RR 2013, 172; OLG Zweibrücken, a. a. O.; Meyer-Goßner, StPO 66. Aufl., § 267 Rn. 34). Hierbei bedarf es derart geschlossener Feststellungen zur Sache, dass erkennbar ist, welches tatsächliche Geschehen Bezugspunkt der rechtlichen Würdigung ist (BGH NStZ-RR 1997, 374; OLG Bremen, Urteil vom 23. Februar 2023 – 1 Ss 48/22 –, BeckRS 2023, 4847; OLG Celle, NJW 2022, 2054).

Den sich aus den vorstehenden Grundsätzen ergebenden Anforderungen wird der vorliegend angegriffene Freispruch nicht gerecht.

Welchen Sachverhalt das Amtsgericht im Hinblick auf das angegriffene Erkenntnis als erwiesen erachtet, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht. Die insoweit getroffenen Feststellungen sind lückenhaft und unklar.

Den freispruchbezogenen Urteilsgründen lässt sich bereits nicht entnehmen, welche konkrete(n) Zuwiderhandlung(en) gegen das Geldwäschegesetz – in Anbetracht der zahlreichen in § 56 Abs. 1 und Abs. 2 GwG normierten Verstöße wäre hier unter anderem die Angabe der entsprechenden Vorschrift zweckmäßig gewesen – der Betroffenen mit dem Bußgeldbescheid vom 16. Januar 2023 vorgeworfen wurde(n). Der im Rahmen der vorliegenden Rechtsbeschwerde (ausschließlich) zur Überprüfung stehende Fall 3 aus dem Bußgeldbescheid vom 16. Januar 2023, der nach den Ausführungen der Amtsanwaltschaft „im Zusammenhang mit dem Vermittlungsgeschäft des X in Y“ steht, lässt sich – in Abgrenzung zu den anderen vom freisprechenden Erkenntnis umfassten, aber vorliegend nicht angegriffenen Fällen – anhand der Urteilsfeststellungen überhaupt nicht bestimmen.

Den Urteilsfeststellungen zufolge wird der Betroffenen vorgeworfen, in sechs Fällen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Immobiliengeschäften die Identitäten und die wirtschaftlichen Berechtigungen der an der Transaktion beteiligten Personen nicht rechtzeitig festgestellt zu haben. Das Gericht ordnet den Fällen jeweils ein Datum zu, von dem allerdings völlig offenbleibt, worauf sich dieses – denkbar wären hier insbesondere der Tattag aus dem Bußgeldbescheid, der Tag des Abschlusses des Vermittlungs- oder Kaufvertrages oder das Datum der Inrechnungstellung der Vermittlungsprovision – bezieht. Es folgt die Mitteilung, dass die Betroffene „die Identitäten der Personen und die wirtschaftliche Berechtigung in allen Fällen zwei bis drei Tage nach dem jeweiligen Termin beim Notar zur Unterschrift des Kaufvertrages festgestellt“ habe sowie in den weiteren Ausführungen die Angabe der Zeitpunkte, wann die Betroffene hinsichtlich der mitgeteilten (aber nicht zuordbaren) Daten jeweils Feststellungen getroffen haben soll. Die in den Urteilsgründen aufgeführten Fälle werden dabei nicht den der Betroffenen mit dem Bußgeldbescheid zur Last gelegten Taten zugeordnet.

Insgesamt lässt sich dem Urteil der dem angegriffenen Teilfreispruch zugrundeliegende Lebenssachverhalt mit seinen spezifischen zeitlichen Abläufen nicht entnehmen. Offen bleibt, wann welches Vermittlungs- und Immobiliengeschäft zwischen welchen Vertragspartnern abgeschlossen wurde und wann die Betroffene welche für ihre Pflichten nach GwG relevanten Handlungen vorgenommen oder unterlassen hat. Allein die pauschal getroffene Feststellung, die Betroffene habe „die Identitäten der Personen und die wirtschaftliche Berechtigung in allen Fällen zwei bis drei Tage nach dem jeweiligen Termin beim Notar zur Unterschrift des Kaufvertrages festgestellt“, ist insoweit unzureichend, um dem Rechtsbeschwerdegericht eine an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierte Rechtsprüfung zu ermöglichen. Offen bleibt auch, ob der der Betroffenen im Bußgeldbescheid zur Last gelegte Gesetzesverstoß mit der von der Rechtsbeschwerde begehrten Verurteilung übereinstimmt.

Der Senat hebt den angegriffenen Teilfreispruch wegen dieses Begründungsmangels nach § 353 Abs. 1 StPO i. V. m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG wie aus dem Tenor ersichtlich mit den dazugehörigen Feststellungen auf und verweist die Sache insoweit gemäß § 79 Abs. 6 Alt. 2 OWiG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Tiergarten zurück. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen kam eine eigene Sachentscheidung des Senats gemäß § 79 Abs. 6 Alt. 1 OWiG nicht Betracht (vgl. dazu Bär in BeckOK OWiG 39. Aufl. § 79 Rn. 133).

Die zur Begründung des Freispruchs vom Amtsgericht angebrachten rechtlichen Erwägungen geben Anlass zu folgenden Anmerkungen des Senats:

Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Rechtsauffassung wird die in § 11 Abs. 2 GwG normierte Identifizierungs- und Prüfpflicht des Immobilienmaklers bei der Vermittlung eines Grundstückskaufs nicht erst nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages durch den Erhalt einer Ausfertigung dieses bereits abgeschlossenen Kaufvertrages vom Notar ausgelöst. Der das Pflichtenprogramm des Immobilienmaklers auslösende Zeitpunkt liegt bei der Vermittlung eines Grundstückskaufs regelmäßig zwischen dem Abschluss des Maklervertrages und dem Abschluss des notariell abzuschließenden Grundstückskaufvertrages und richtet sich im Übrigen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.

§ 11 Abs. 2 GwG sieht vor, dass der Immobilienmakler die Vertragsparteien des vermittelten Rechtsgeschäfts identifizieren muss, sobald ein ernsthaftes Interesse der Vertragsparteien an der Durchführung des vermittelten Rechtsgeschäfts besteht und die Vertragsparteien hinreichend bestimmt sind.

Gesetzessystematisch enthält die Vorschrift für Immobilienmakler zwar eine Erleichterung gegenüber den anderen geldwäscherechtlich Verpflichteten (nach § 2 GwG u. a. Kreditinstitute, Finanzunternehmen, Wirtschaftsprüfer und Güterhändler sowie Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare im Rahmen bestimmter Betätigungen), die gemäß § 11 Abs. 1 GwG die Vertragspartner, gegebenenfalls für diese auftretende Personen und wirtschaftlich Berechtigte bereits vor Begründung der Geschäftsbeziehung zu identifizieren haben.

Allerdings orientiert sich der Wortlaut des § 11 Abs. 2 GwG, der die Identifizierungspflicht des Immobilienmaklers an das „ernsthafte Interesse“ der Vertragsparteien am Vertragsschluss und die hinreichende Bestimmtheit der Parteien knüpft, nicht erst am Abschluss des vermittelten Vertrages, sondern an einem regelmäßig davor liegenden Zeitpunkt, an dem dieser zwar nicht sicher, wohl aber hinreichend wahrscheinlich ist.

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11555, S. 118) ist von einem ernsthaften Kaufinteresse „spätestens dann auszugehen, wenn eine der Kaufvertragsparteien von der anderen Kaufvertragspartei (gegebenenfalls über Dritte) den Kaufvertrag erhalten hat. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der Wille zum Abschluss des Kaufvertrags hinsichtlich der Parteien ausreichend stark manifestiert. Von einer Durchführung des Kaufvertrags ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszugehen.

Darüber hinaus kann ein ernsthaftes Interesse am Abschluss des Kaufvertrags angenommen werden, wenn der (voraussichtliche) Käufer mit dem (möglichen) Verkäufer oder dem Makler eine Reservierungsvereinbarung oder einen Vorvertrag abgeschlossen oder eine Reservierungsgebühr an den Makler entrichtet hat.

Eine Identifizierungspflicht für den Makler besteht noch nicht, wenn die Kaufvertragspartei auf einer Seite noch nicht bestimmt ist oder die Vorverhandlungen noch in seinem solch frühen Stadium sind, dass der Abschluss ungewiss ist.“

Aus einer Gesamtschau der vorstehenden gesetzgeberischen Erwägungen ergibt sich, dass der die Identifizierungspflicht des Immobilienmaklers auslösende Zeitpunkt regelmäßig vor dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages liegt. Der „Erhalt des Kaufvertrages“ im oben ausgeführten Sinne meint dabei insbesondere auch die Übermittlung eines Vertragsentwurfs, der den (zu diesem Zeitpunkt hinreichend bestimmten) Parteien als Verhandlungsgrundlage dienen soll. Ebenso ausreichend sein kann die Vereinbarung eines Notartermins (vgl. Häberle in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 247 EL. § 11 Rn. 3 GwG).

Diese Auslegung des Senats entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

Die im GwG geregelte Pflicht zur Identifizierung des Vertragspartners bezweckt den Wegfall der Anonymität. Dies soll unter anderem sicherstellen, dass die Ermittlungsbehörden im Falle von Anhaltspunkten für Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsaktivitäten anhand der Identität der betreffenden Person der so genannten „Papierspur“ folgen und dadurch gegebenenfalls Täter überführen können (vgl. BT-Drs. 16/09038, S. 33). Werden – wie hier beim vermittelten Grundstückskauf erst der Makler und dann der Notar – mehrere geldwäscherechtlich Verpflichtete nacheinander tätig, treffen die geldwäscherechtlichen Identifizierungs- und Prüfpflichten sie sinnvollerweise entsprechend der zeitlichen Reihenfolge ihrer Betätigung und Einbindung. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Behörden frühestmöglich einschreiten und Aktivitäten im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung effektiv bekämpfen können. Die geldwäscherechtliche Verpflichtung des Immobilienmaklers wäre überflüssig, wenn seine Aufgabe der Verpflichtung des Notars nicht vorausginge.

III.

Eine Kostenentscheidung konnte der Senat nicht treffen, weil der Erfolg des Rechtsmittels aufgrund der Zurückverweisung noch ungewiss ist. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens war deshalb dem Amtsgericht zu übertragen.

 

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