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Prüfungsfreie Neuerteilung nach Fahrerlaubnisentziehung

VG Düsseldorf – Az.: 6 K 12031/17 – Urteil vom 22.03.2018

Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 5.165,60 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der 1966 geborene Kläger begehrt mit seiner Klage die prüfungsfreie Neuerteilung seiner im Jahr 1999 entzogenen Fahrerlaubnis der Klassen A1, A2 und BE.

Das Amtsgericht E. entzog dem Kläger mit Urteil vom 25. Oktober 1999 (3 Cs 87 Js 596/99), rechtskräftig seit dem 23. Februar 2000, wegen Trunkenheit im Verkehr (BAK von 2,38 Promille) die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von drei Monaten an.

Am 16. Februar 2005 erwarb der Kläger in Tschechien eine Fahrerlaubnis der Klasse B. In dem Führerschein wird E. als Wohnort des Klägers aufgeführt.

Am 3. Oktober 2016 beantragte der Kläger die Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, A2, AM, B, BE, C1, C1E und L. Unter dem 13. Oktober 2016 wies der Beklagte darauf hin, dass die eingereichte Sehtestbescheinigung lediglich für die Beantragung der Fahrerlaubnisklassen A, B und BE und nicht auch für die Klassen C1 und C1E reiche. Zudem werde die Neuerteilung vom Bestehen einer theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung abhängig gemacht, da der Kläger seit über zehn Jahren nicht mehr berechtigt sei, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen.

Der Kläger führte daraufhin aus, dass er vom 16. Februar 2005 bis zum 15. Februar 2015 aufgrund der ihm ordnungsgemäß erteilten Fahrerlaubnis der Republik Tschechien berechtigt gewesen sei, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen. Er habe in Tschechien, wo er zeitweise gewohnt habe, eine theoretische und praktische Fahrprüfung abgelegt.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2017 ordnete der Beklagte gegenüber dem Kläger die Ablegung der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung an. Es lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger die theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten zum Führen eines Kraftfahrzeuges nicht mehr besitze. Der Kläger sei gemäß § 28 Absatz 4 Nr. 2 FeV nicht aufgrund seiner tschechischen Fahrerlaubnis berechtigt gewesen, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, da er seinen ordentlichen Wohnsitz zum Erteilungszeitpunkt im Inland gehabt habe. Daher könne die tschechische Fahrerlaubnis auch nicht als Nachweis für seine Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse B herangezogen werden.

Daraufhin führte der Kläger aus, dass es hinsichtlich des Befähigungsnachweises nicht auf die rechtliche Gültigkeit ankomme, sondern allein auf den Umstand, ob jemand sowohl vom theoretischen Wissen als auch seinen praktischen Fähigkeiten in der Lage sei, den heutigen Anforderungen des Straßenverkehrs gerecht zu werden. Er habe während der letzten zehn Jahre im In- und Ausland nachweislich völlig beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen. § 28 Absatz 4 Nr. 2 FeV in der bis zum 18. Januar 2009 geltenden Fassung sei auf eine EU-Fahrerlaubnis, die davor erworben worden sei, nicht anwendbar.

Unter dem 20. Januar 2017 erkannte der Beklagte die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis der Klasse B an. Hinsichtlich der Neuerteilung der Klassen A, BE, C1, C1E und CE79 hielt er an der Aufforderung zur Ablegung der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung fest. Der Vorbesitz einer anderen Klasse sei nicht geeignet, die mit Blick auf die Dauer der Entbehrung der beantragten Fahrerlaubnisklassen bestehenden Zweifel an der Befähigung des Klägers zum Führen eines Fahrzeugs dieser Klassen zu beseitigen. Die Berechtigung zum Führen der Klassen A, BE, C1, C1E und CE79 bestehe sei 18 Jahren nicht mehr.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2017 bat der Kläger, ihm die Fahrerlaubnis der Klasse B schon jetzt zu erteilen. Aufgrund eines familiären Todesfalles könne aktuell nicht abgesehen werden, wann er in Bezug auf die weiteren Klassen die theoretische und praktische Prüfung ablegen könne. Hinsichtlich dieser Klassen werde er gegebenenfalls zu gegebener Zeit eine Erweiterung beantragen.

Mit Bescheid vom 2. Februar 2017 erteilte der Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L neu.

Der Kläger beantragte am 12. Mai 2017 die Neuerteilung der Klassen A1, A und BE und zwar unabhängig von der gegebenenfalls für andere Klassen abzuleistenden praktischen und/oder theoretischen Prüfung. Diese Klassen seien ihm ursprünglich ebenfalls erteilt worden und aufgrund entsprechender Überschneidung zumindest teilweise auch Bestandteil der bis zum 15. Februar 2015 gültigen tschechischen Fahrerlaubnis gewesen. Nach dieser habe er erlaubterweise Kleinkrafträder und Fahrräder mit Hilfsmotor bis 50 m³ und einer maximalen Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h im Straßenverkehr bewegen dürfen und zwar in Gestalt eines Rollers mit Versicherungskennzeichen. Daher sei nachgewiesen, dass er über die Befähigung verfüge, um Kleinkrafträder der Klassen A1 und A im Zusammenspiel mit Kraftwagen bis 3,5t der Klasse B zu führen. Gleiches gelte auch für das Führen von Kraftfahrzeugen mit Anhängern. Bestandteil der Fahrerlaubnis der Klasse B sei das Führen von Fahrzeugen der Klasse B mit Anhängern bis 750 kg gewesen. Diese seien von ihm auch tatsächlich geführt worden.

Mit Ordnungsverfügung vom 2. Juni 2017, dem Kläger zugestellt am 3. Juni 2017, lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen A, A1, A2, BE, C1, C1E und CE79 ab und setzte Verfahrenskosten in Höhe von 165,60 Euro fest. Zur Begründung wiederholte der Beklagte im Wesentlichen sein bisheriges Vorbingen.

Der Kläger hat am 3. Juli 2017 Klage erhoben. Zur Begründung ergänzt der Kläger sein bisheriges Vorbringen wie folgt: Ihm sei durch den ablehnenden Bescheid nicht die Erteilung der beantragten Fahrerlaubnisklassen versagt, sondern lediglich aufgegeben worden, eine neuerliche Prüfung abzulegen. Hinsichtlich der ursprünglich beantragten Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E und CE79 sei der Antrag mit Schreiben vom 14. Dezember 2016 zurückgestellt worden, weshalb eine Entscheidung über sie nicht hätte ergehen dürfen. Dass er die theoretischen und praktischen Fertigkeiten, insbesondere zum Führen von Kraftfahrzeugen mit Anhängern über 750 kg nach wie vor besitze, habe er durch die am 20. Juni 2017 erfolgte Erweiterung seiner Fahrerlaubnis um die Klasse B96 bewiesen. Hinsichtlich der Fahrerlaubnisklasse A sei zumindest der Nachweis der theoretischen Fertigkeiten entbehrlich. Dieser werde durch seine langjährige Erfahrung als Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse B ersetzt.

Nachdem die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2018 den Bescheid vom 2. Juni 2017 hinsichtlich der Ablehnung der Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E und CE79 aufgehoben hat und die Beteiligten das Verfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben und die Beklagtenvertreterin klargestellt hat, dass der Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen A, A2, A1, BE (79.06) allein aufgrund der fehlenden Wiederholung der praktischen und theoretischen Prüfung abgelehnt worden ist, beantragt der Kläger,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Juni 2017 in Gestalt der Abänderung vom 22. März 2018 zu verpflichten, ihm die Fahrerlaubnis der Klassen A1, A2 und BE neu zu erteilen.

Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf seine Ordnungsverfügung, die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, da die Kammer ihr den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat, § 6 Absatz 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Absatz 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis der Klassen A1, A2 und BE. Die Erteilung dieser Fahrerlaubnisklassen wurde mit Bescheid des Beklagten vom 2. Juni 2017 zu Recht abgelehnt (§ 113 Absatz 5 Satz 1 VwGO).

Nach § 20 Absatz 1 Satz 1 FeV gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht die Vorschriften für die Ersterteilung. Gemäß § 20 Absatz 1 Satz 2 findet § 15 FeV, wonach der Bewerber um eine Fahrerlaubnis regelmäßig seine Befähigung in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachzuweisen hat, vorbehaltlich des § 20 Absatz 2 FeV keine Anwendung. Nach der zuletzt genannten Vorschrift ist die Neuerteilung hingegen von dem Bestehen einer erneuten Fahrerlaubnisprüfung abhängig, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 FeV erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt. Sobald derartige Tatsachen vorliegen, muss die Behörde eine erneute Fahrerlaubnisprüfung anordnen. Ein Ermessensspielraum ist ihr nicht eröffnet.

Vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 26. Juli 2013 – 3 D 9/13 -, juris, Rn. 9; Dauer, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 20 FeV Rn. 2 m.w.N.

Ob Tatsachen vorliegen, die den Schluss erlauben, dass die notwendige Befähigung nicht (mehr) vorhanden ist, ist im Wege einer Gesamtschau der im jeweiligen Einzelfall relevanten Tatsachen zu beurteilen. Der Zeitdauer fehlender oder eingeschränkter Fahrpraxis mit Kraftfahrzeugen der betroffenen Fahrerlaubnisklasse kommt dabei eine herausragende Bedeutung zu.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. Oktober 2011 – 3 C 31.10 -, juris, Rn. 11; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 26. Juli 2013 – 3 D 9/13 -, juris, Rn. 9; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 17. April 2012 – 11 B 11.1873 -, juris, Rn. 28 ff.

Für das Abstellen auf den – allerdings nach der Änderung von § 24 Absatz 2 FeV durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung vom 18. Juli 2008 (BGBl I S. 1338) nicht mehr starr zu handhabenden – Zeitfaktor spricht, dass es sich dabei um einen für die Frage des Fortbestehens der notwendigen Befähigung sachgerechten Gesichtspunkt handelt und es im Regelfall – und so auch vorliegend – kaum weitere Faktoren geben dürfte, anhand derer die Frage nach der Notwendigkeit einer neuerlichen Fahrerlaubnisprüfung beurteilt werden könnte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 3 C 31.10 -, juris, Rn. 13; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 4. Januar 2012 – 16 A 1500/10 -, juris, Rn. 6 und vom 22. März 2012 – 16 A 55/12 -, juris, Rn. 4 ff.

Nach diesen Maßgaben war der Beklagte vorliegend gehalten, die Neuerteilung der Fahrerlaubnis für die Klassen A1, A2 und BE von dem Bestehen einer Fahrerlaubnisprüfung abhängig zu machen. Denn es liegen Tatsachen in der Person des Klägers vor, die hinsichtlich der begehrten Fahrerlaubnisklassen A1, A2 und BE die Annahme rechtfertigen, dass er nicht mehr über die erforderlichen praktischen und theoretischen Kenntnisse für das sichere Führen von Kraftfahrzeugen der beantragten Klassen im Straßenverkehr verfügt. Dem Kläger ist durch Urteil des Amtsgericht E. vom 25. Oktober 1999 (3 Cs 87 Js 596/99) die Fahrerlaubnis der früheren Klassen eins und drei entzogen worden. Dem Kläger sind die begehrten Fahrerlaubnisklassen A1, A2 und BE seitdem, also über eine Zeitspanne von knapp 18 Jahren, nicht wiedererteilt worden.

Zum Nachweis der geforderten theoretischen und praktischen Befähigung zum Führen der Fahrerlaubnisklassen A1, A2 und BE kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf die ihm am 16. Februar 2005 erteilte tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse B berufen. Der Verordnungsgeber bringt in § 6 FeV zum Ausdruck, dass die Teilnahme am Straßenverkehr mit unterschiedlichen Kraftfahrzeugen (teilweise – und so auch hier -) abweichende Kenntnisse und Fähigkeiten für das sichere Führen des jeweiligen Kraftfahrzeuges voraussetzt.

Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19. Januar 2012 – 9 K 2454/11 -, juris, Rn. 9.

Gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 FeV berechtigt die Fahrerlaubnisklasse B zum Führen von Kraftfahrzeugen – ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2 und A – mit einer zulässigen Gesamtmassen von nicht mehr als 3500 kg, die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg oder mit Anhänger über 750 kg zulässiger Gesamtmasse, sofern 3500 kg zulässige Gesamtmasse nicht überschritten wird). Zusätzlich berechtigt die Fahrerlaubnis der Klasse B gemäß § 6 Absatz 3 Satz 1 Nr. 4 FeV zum Führen von Fahrzeugen der Klassen AM und L. Die Fahrerlaubnis der Klasse AM berechtigt zum Führen von leichten zweirädrigen Kraftfahrzeugen der Klasse L1e-B nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52), dreirädrigen Kleinkrafträdern der Klasse L2e nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52) und leichten vierrädrigen Kraftfahrzeugen der Klasse L6e nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe f der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52). Demgegenüber berechtigt sie nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen der hier begehrten Klassen A1 und A2. Die zusätzlich begehrte Fahrerlaubnis der Klasse BE, die Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Klasse B und einem Anhänger oder Sattelanhänger bestehen, umfasst, sofern die zulässige Gesamtmasse des Anhängers oder Sattelanhängers 3500 kg nicht übersteigt, wird ebenfalls nicht von der Fahrerlaubnis der Klasse B erfasst.

Erfahrungen des Klägers mit dem Führen von Fahrzeugen der Klasse AM reichen nicht zum Nachweis dafür aus, dass er auch über die erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten für das Führen von Fahrzeugen der Klassen A1 und A2 verfügt. Denn Klein- bzw. Leichtkrafträder zu deren Führen die Fahrerlaubnis der Klasse AM berechtigt, sind bereits aufgrund ihrer bauartbedingten beschränkten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h deutlich langsamer und damit erheblich weniger gefährlich als Fahrzeuge der Klassen A1 und A2.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2012 – 16 A 55/12 -, juris, Rn. 12; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 17. April 2012 – 11 B 11.1873 -, juris, Rn. 34.

Dementsprechend unterscheidet sich auch die theoretische und praktische Prüfung für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse AM von der für den Erwerb der Klassen A1 und A2 (vgl. hierzu Anlage 7 zu § 16 Absatz 2, § 17 Absatz 2 und 3 FeV). Gegenstand der theoretischen Prüfung ist der im Verkehrsblatt oder im Bundesanzeiger veröffentlichte Fragenkatalog in der jeweils gültigen Fassung. Der Katalog gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil „Grundstoff“ stellt den Abschnitt des Fragenkatalogs dar, aus dem bei allen Prüfungen um eine Fahrerlaubnis/Prüfbescheinigung für Mofas Fragen zur Anwendung kommen, wobei etwa die Hälfte der Fragen auch bei Prüfungen von Mofafahrern eingesetzt wird. Der zweite Teil „Zusatzstoff“ stellt den Abschnitt des Fragenkatalogs dar, aus dem klassenspezifisch – zusätzlich zum Grundstoff – Fragen zur Anwendung kommen.

Vgl. Richtlinie für die Prüfung der Bewerber um eine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen (Prüfungsrichtlinie) vom 21. März 2014 (VkBl. S. 286).

Die praktische Prüfung für den Erwerb der Fahrerlaubnisklasse AM sieht z.B. „lediglich“ das Fahren eines Slaloms und Abbremsen mit höchstmöglicher Verzögerung vor (vgl. Ziffer 2.1.4.1.2 der Anlage zu § 16 Absatz 2, § 17 Absatz 2 und 3 FeV). Demgegenüber sind bei den Klassen A1 und A2 folgende Prüfungspunkte obligatorisch: Fahren eines Slaloms mit Schrittgeschwindigkeit, Abbremsen mit höchstmöglicher Verzögerung, Ausweichen ohne und Ausweichen nach Abbremsen (vgl. Ziffer 2.1.4.1.1 der Anlage zu § 16 Absatz 2, § 17 Absatz 2 und 3 FeV).

Der Kläger vermag auch nicht mit seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2018 durchzudringen, dass jedenfalls die theoretische Prüfung entbehrlich sei, da es eine Regelung gebe, wonach Autofahrer, die ihre Fahrerlaubnis vor einem bestimmten Stichtag – gemeint ist wohl der 1. April 1980 – erworben hätten, eine Fahrerlaubnis der Klasse A2 erwerben könnten, ohne die Theorieprüfung absolvieren zu müssen. Denn der Kläger kann von einer solchen Ausnahmeregelung bereits deshalb nicht profitieren, weil er nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist, die er vor einem solchen Stichtag erworben hat. Vielmehr ist ihm seine – im Übrigen mit Blick auf das Geburtsdatum des Klägers erst nach 1980 erteilte – Fahrerlaubnis mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts E. vom 25. Oktober 1999 entzogen worden. Dem Wunsch des Klägers, letztlich so gestellt zu werden, als sei ihm seine Fahrerlaubnis nie entzogen worden, kann unter rechtlichen Gesichtspunkten erkennbar nicht gefolgt werden.

Genauso wenig hat der Kläger durch den Erwerb der Klasse B nachgewiesen, dass er auch über die theoretische und praktische Befähigung hinsichtlich der Fahrerlaubnisklasse BE verfügt. Wenngleich die Fahrerlaubnis der Klasse B dazu berechtigt, Anhänger zu führen, unterscheidet sich die von der Fahrerlaubnis der Klasse BE ausgehende Berechtigung zum Führen von Anhängern hinsichtlich der zulässigen Gesamtmasse nicht unerheblich. Angesichts der sich daraus ergebenden erhöhten Anforderungen an das Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse BE im Vergleich zum Führen von Fahrzeugen der Fahrerlaubnisklasse B, ist ebenfalls die Forderung nach Ablegung einer theoretischen und praktischen Prüfung gerechtfertigt. Gemäß Nr. 2 der Anlage 7 zur FeV umfasst der Prüfungsstoff für die Klasse BE das Verbinden und Trennen von Fahrzeugen (Nr. 2.1.3 der Anlage 7 zur FeV). Gemäß Nr. 2.1.4.3 der Anlage zu § 16 Absatz 2, § 17 Absatz 2 und 3 FeV ist für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse BE zusätzlich das Rückwärtsfahren um eine Ecke nach links zu beherrschen.

Vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 17. April 2012 – 11 B 11.1873 -, juris, Rn. 34.

Schließlich hat der Kläger auch nicht durch den Erwerb der Klasse B mit der Schlüsselzahl 96 nachgewiesen, dass er über die theoretische und praktische Befähigung hinsichtlich der Fahrerlaubnisklasse BE verfügt. Gemäß § 6a Absatz 1 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnis der Klasse B mit der Schlüsselzahl 96 erteilt werden für Fahrzeugkombinationen bestehend aus einem Kraftfahrzeug der Klasse B und einem Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg, sofern die zulässige Gesamtmasse der Fahrzeugkombination 3500 kg unterschreitet, aber 4250 kg nicht übersteigt. Diese Fahrzeugkombination liegt zwischen den Klassen B (Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 750 kg, Gesamtmasse der Fahrzeugkombination maximal 4250 kg) und BE (Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3500 kg, Gesamtmasse der Fahrzeugkombination maximal 7000 kg). Es handelt sich dabei nicht um eine eigene Fahrerlaubnisklasse, sondern um eine Erweiterung der Fahrerlaubnisklasse B durch Zuteilung der Schlüsselzahl 96, die erfolgt, wenn der Bewerber erfolgreich an einer Fahrschulung nach Anlage 7a der FeV teilgenommen hat.

Vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 6a FeV Rn. 16 m.w.N.

Weist der Bewerber – wie hier der Kläger – seine Befähigung nicht nach, oder weigert er sich, eine Fahrerlaubnisprüfung abzulegen, hat die Fahrerlaubnisbehörde davon auszugehen, dass der Bewerber nicht befähigt ist.

Vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 26. Juli 2013 – 3 D 9/13 -, juris, Rn. 9; Dauer, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 20 FeV Rn. 2 m.w.N.

Nach alldem war der Beklagte daher berechtigt, den Antrag des Klägers auf prüfungsfreie Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen A1, A2 und BE abzulehnen.

Die gemäß § 6a Absatz 3 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 22 Absatz 1 Verwaltungskostengesetz in der bis zum 14. August 2013 geltenden Fassung (VwKostG) zusammen mit der Sachentscheidung angefochtene Kostenfestsetzung ist ebenfalls rechtmäßig. Grundlage der Gebührenfestsetzung ist § 6a Absatz 2 und 3 StVG i.V.m. § 1 Absatz 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Der Gebührenrahmen für die Entziehung einer Fahrerlaubnis (Gebührenziffer 206 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr, Anlage zu § 1 Absatz 1 Satz 2 GebOSt) beträgt 33,20 Euro bis 256,00 Euro. Die hier festgesetzte Gebühr von 163,00 Euro, gegen deren Höhe der Kläger keine Einwendungen erhoben hat, liegt im Gebührenrahmen. Die Postauslagenerstattung – hier 2,60 Euro – ist auf der Grundlage von § 2 Absatz 1 Nr. 1 GebOSt erfolgt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Absatz 1, 161 Absatz 2 Satz 1, 155 Absatz 1 Satz 3 VwGO. Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen. Der Bescheid vom 2. Juni 2017 war rechtswidrig, soweit er sich auch auf die Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E und CE79 bezog. Denn der Kläger hat seinen ursprünglichen Antrag, ihm u.a. auch die vorstehend genannten Fahrerlaubnisklassen zu erteilen, mit Schreiben vom 31. Januar 2017 bzw. jedenfalls mit Schreiben vom 12. Mai 2017 zurückgenommen. Gemäß § 155 Absatz 1 Satz 3 VwGO waren dem Kläger gleichwohl die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da der Beklagte insoweit nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Der Streitwert wird auf 5.165,60 Euro festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwerts ist nach § 52 Absatz 1 bis Absatz 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt. Die Bedeutung der Sache ist mit dem einfachen Auffangstreitwert des § 52 Absatz 2 GKG anzusetzen, da der Kläger nicht in qualifizierter Weise – etwa als Berufskraftfahrer – auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist. Hinzu kommt der Betrag der ebenfalls angefochtenen Kostenfestsetzung in Höhe von 165,60 Euro.

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