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Fahrerlaubnisentziehung – Anordnung eines ärztlichen Gutachtens

Fahrerlaubnisentziehung bei Nichtvorlage ärztlichen Gutachtens rechtens

Im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juni 2015, Aktenzeichen 11 CS 15.969, wurde die Beschwerde einer Fahrerlaubnisinhaberin zurückgewiesen, die gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis vorgegangen war. Die Entziehung erfolgte, weil die Antragstellerin trotz Aufforderung kein ärztliches Gutachten vorlegte, das ihre Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs klären sollte. Die Entscheidung beruht auf der Annahme, dass die Antragstellerin aufgrund fehlender medizinischer Aufklärung als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin, und der Streitwert für beide Instanzen wurde auf 7.500 Euro festgesetzt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 CS 15.969 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Fahrerlaubnis wurde der Antragstellerin entzogen, weil sie kein ärztliches Gutachten vorlegte, welches ihre Fahreignung aufgrund von Medikamenteneinnahme und möglichen Erkrankungen belegen sollte.
  • Die Aufforderung zur Vorlage des Gutachtens basierte auf einem Unfall im Jahr 2009 und der anschließenden Einnahme von Medikamenten gegen Depressionen und Bluthochdruck.
  • Das Verwaltungsgericht und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wiesen die Beschwerde zurück, da das Fehlen des Gutachtens als Indiz für die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gewertet wurde.
  • Die Antragstellerin unternahm keine adäquaten Versuche, die geforderten Nachweise zu erbringen, wodurch die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung bestätigt wurde.
  • Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der medizinischen Eignung für die Sicherheit im Straßenverkehr und die Verantwortung der Fahrerlaubnisinhaber, entsprechende Nachweise zu erbringen.
  • Das Gericht betonte, dass medizinischer Aufklärungsbedarf nur durch ein ärztliches Gutachten geklärt werden kann.
  • Die Berufung auf das Alter der Antragstellerin und die Einnahme von Medikamenten ohne nähere Prüfung ihrer Wirkung und Dosierung reichte nicht aus, um die Entscheidung der Behörde in Frage zu stellen.
  • Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin; der Streitwert wurde auf 7.500 Euro festgesetzt.

Wenn die Fahrtüchtigkeit infrage gestellt ist

Fahrerlaubnisinhaber müssen jederzeit die körperliche und geistige Tauglichkeit besitzen, ein Kraftfahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen. Bestehen Zweifel an der Fahreignung, etwa aufgrund von Krankheiten oder Medikamenteneinnahme, können Behörden die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens anordnen.

Diese Maßnahme dient dem Schutz aller Verkehrsteilnehmer. Ein fachärztliches Gutachten klärt, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, die das Fahrvermögen erheblich beeinträchtigen. Die Anordnung erfolgt, wenn konkrete Anhaltspunkte die Fahrtüchtigkeit des Betroffenen in Zweifel ziehen.

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Fahrerlaubnisentziehung wegen fehlendem ärztlichen Gutachten: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof bestätigt Entscheidung

Im Zentrum des juristischen Geschehens steht eine im Jahr 1923 geborene Frau, die sich gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis wehrt. Diese Entscheidung wurde von der Fahrerlaubnisbehörde getroffen, nachdem die Antragstellerin aufgrund eines Verkehrsunfalls im Jahr 2009 und der Einnahme von Medikamenten gegen Depressionen und Bluthochdruck in den Fokus geraten war. Trotz der Aufforderung der Behörde legte sie kein ärztliches Gutachten vor, das Auskunft über ihre Fahreignung geben sollte.

Ein Unfall und seine langfristigen Folgen

Die rechtliche Auseinandersetzung nahm ihren Anfang mit einem Unfall im Jahr 2009, bei dem die Antragstellerin als Pkw-Führerin beteiligt war. Dabei kam es zur Kollision mit einem anderen Fahrzeug, wobei beide linken Außenspiegel abgerissen wurden. Obwohl das Strafverfahren gegen die Frau später nach Erfüllung bestimmter Auflagen eingestellt wurde, blieb der Vorfall nicht ohne Konsequenzen. Zeugenaussagen zufolge soll die Fahrerin vor dem Unfall wiederholt zu weit links gefahren sein, was Bedenken hinsichtlich ihrer Fahreignung aufkommen ließ.

Die Anforderung eines ärztlichen Gutachtens

Aufgrund des Unfalls und der Medikamenteneinnahme forderte die Fahrerlaubnisbehörde im Juni 2014 ein ärztliches Attest von der Antragstellerin an. Ziel war es, ihre gesundheitliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges zu überprüfen. Als die Frau darauf nicht reagierte, ging die Behörde einen Schritt weiter und ordnete im September 2014 die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens an. Die Anforderung begründete sich darauf, ob Erkrankungen vorlägen, die die Fahreignung in Frage stellen könnten. Die Nichtvorlage des Gutachtens führte schließlich zur Entziehung der Fahrerlaubnis im Januar 2015.

Juristische Auseinandersetzung und Beschwerde

Die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde zog eine juristische Auseinandersetzung nach sich. Die Antragstellerin erhob Klage gegen den Bescheid, woraufhin das Verwaltungsgericht München die aufschiebende Wirkung der Klage ablehnte. Die Begründung: Die Anordnung des Gutachtens sei rechtmäßig erfolgt. Die Antragstellerin legte daraufhin Beschwerde ein, argumentierte jedoch erfolglos gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis. Sie verwies auf den geringen Schaden des Unfalls von 2009 und kritisierte das Vorgehen der Behörde als altersdiskriminierend.

Entscheidungsgrundlage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung. Die Entscheidung basierte auf der gesetzlichen Regelung, dass die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, wenn der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt. Da die Antragstellerin das geforderte ärztliche Gutachten nicht vorlegte, konnte nach § 11 Abs. 8 FeV auf ihre Nichteignung geschlossen werden. Dieser Schluss ist laut Gericht zulässig, sofern die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig ist.

In einer komplexen juristischen Bewertung wurde somit festgestellt, dass die Nichtvorlage des ärztlichen Gutachtens ausreicht, um die Fahreignung der Antragstellerin infrage zu stellen und ihre Fahrerlaubnis zu entziehen. Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit der medizinischen Fahreignung und die Verantwortung der Fahrerlaubnisinhaber, erforderliche Nachweise zu erbringen.

Das Verfahren endete mit der Zurückweisung der Beschwerde und der Bestätigung der Fahrerlaubnisentziehung. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin, der Streitwert wurde auf 7.500 Euro festgesetzt. Dieses Urteil zeigt deutlich die Bedeutung der Kooperation mit den Behörden und die Konsequenzen der Nichtbeachtung behördlicher Anforderungen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Welche Voraussetzungen müssen für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens zur Fahrerlaubnis gegeben sein?

Für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens zur Fahrerlaubnis müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Die Fahrerlaubnisbehörde kann ein solches Gutachten anordnen, wenn Zweifel an der Fahreignung einer Person bestehen. Dies kann sowohl Anwärter auf den Führerschein als auch Inhaber einer Fahrerlaubnis betreffen. Die Gründe für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens können vielfältig sein und reichen von körperlichen Erkrankungen wie Diabetes, Herz- und Gefäßerkrankungen oder Erkrankungen des Nervensystems über psychische Erkrankungen bis hin zu Alkohol- und Drogenkonsum.

Die Fahrerlaubnisbehörde kann zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis ein ärztliches Gutachten anfordern. Auch die Frage, ob Beschränkungen oder Auflagen an die Fahrerlaubnis geknüpft werden, hängt häufig vom Ergebnis des ärztlichen Gutachtens ab.

Ein ärztliches Gutachten kann auch angeordnet werden, wenn der Verdacht besteht, dass der Gesundheitszustand des Fahrerlaubnisinhabers ein Risiko für ihn selbst und andere Verkehrsteilnehmende darstellt.

Die Durchführung des Gutachtens kann von verschiedenen Ärzten oder Institutionen mit entsprechender Qualifikation vorgenommen werden, wie Fachärzten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, Ärzten des Gesundheitsamts, Betriebsärzten bzw. Arbeitsmedizinern, Fachärzten für Rechtsmedizin oder Begutachtungsstellen für Fahreignung (BfF). Wichtig ist, dass der untersuchende Arzt nicht der behandelnde Arzt des Betroffenen sein darf.

Wenn die Fahrerlaubnisbehörde ein ärztliches Gutachten anordnet, wird der Betroffene über die genauen Anlässe für die Zweifel an seiner Fahreignung informiert und erhält eine Frist, innerhalb derer das Gutachten durchgeführt werden muss. Sollte der Betroffene das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringen, darf die Behörde nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, sofern die Anordnung formell und materiell rechtmäßig war.

Inwiefern können Medikamente die Fahreignung beeinflussen?

Medikamente können die Fahreignung auf verschiedene Weise beeinflussen. Einige Medikamente, wie zum Beispiel Schlaf- und Beruhigungsmittel, Psychopharmaka, Mittel gegen Allergien, Schmerzmittel, Erkältungsmittel, Augenpräparate, Mittel gegen hohen Blutdruck oder Diabetes, können die Fahrsicherheit negativ beeinflussen, indem sie zum Beispiel Müdigkeit, Schwindel, Sehstörungen oder eine verlangsamte Reaktionsfähigkeit verursachen.

Es gibt kein Gesetz, das die Teilnahme am Straßenverkehr nach Einnahme von Medikamenten generell verbietet oder einschränkt. Die Verantwortung liegt bei den Fahrzeugführenden selbst, die vor Fahrtantritt entscheiden müssen, ob sie ein Fahrzeug sicher lenken können.

Die Einnahme von Schmerzmitteln ist laut Straßenverkehrsgesetz erlaubt, wenn die Medikamente zur Behandlung einer Krankheit notwendig und vom Arzt verordnet sind. Allerdings ist jeder Verkehrsteilnehmer für seine Fahrtauglichkeit selbst verantwortlich.

Antidepressiva können die Fahrtüchtigkeit ebenfalls beeinträchtigen, insbesondere zu Beginn einer Behandlung oder bei älteren Menschen. Die sedierende Wirkung der Medikamente kann die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit sowie die Vigilanz verringern.

Es ist wichtig, dass behandelnde Ärzte oder Apotheker über die komplette Medikamentenliste der Patienten informiert sind, um mögliche Gefahren aufgrund von Wechselwirkungen zu erkennen.

Wenn eine Person mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen muss, können Wechselwirkungen die Fahrtüchtigkeit zusätzlich beeinträchtigen. Auch die Kombination von Medikamenten mit Alkohol kann die Fahrtüchtigkeit stark beeinflussen.

Die Packungsbeilage von Medikamenten gibt in der Regel Auskunft darüber, ob ein Wirkstoff die Fahrsicherheit beeinträchtigen kann. Es ist ratsam, auf Warnzeichen für eingeschränkte Fahrsicherheit zu achten, insbesondere zu Beginn einer Behandlung mit einem neuen Arzneimittel oder nach Dosisanpassungen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Medikamente die Fahreignung beeinflussen können und es die Verantwortung des Einzelnen ist, vor Fahrtantritt die eigene Fahrtüchtigkeit kritisch zu beurteilen. Im Zweifelsfall sollte das Fahrzeug nicht geführt werden.

Welche Rolle spielt das Alter bei der Beurteilung der Fahreignung?

Das Alter spielt bei der Beurteilung der Fahreignung eine wichtige Rolle, da mit zunehmendem Alter häufig eine Verschlechterung der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit einhergeht. Diese Veränderungen können die Fahrsicherheit beeinflussen. Allerdings gibt es keine generelle altersbezogene Überprüfung der Fahreignung in vielen Ländern, einschließlich Deutschland, da schlechte Leistungswerte in medizinischen und psychologischen Tests nicht zwangsläufig mit dem Alter korrelieren.

In Deutschland und anderen west- und mitteleuropäischen Ländern gibt es keine Beschränkungen des Führerscheinbesitzes, die speziell auf das Alter abzielen. Stattdessen gibt es altersunabhängige, verwaltungsmäßige Erneuerungen der Fahrerlaubnis. In den USA und einigen anderen Ländern gibt es jedoch spezifische Vorschriften für ältere Fahrer, die von Sehtests bis hin zu Fahrproben reichen können.

Ältere Fahrer weisen neben dem allgemeinen, altersbedingten Abbau körperlicher und psychischer Leistungsfähigkeit nachweislich eine Reihe von Defiziten im sicheren Fahrverhalten auf. Dies hat zu Diskussionen über mögliche Selektionsmaßnahmen für ältere Kraftfahrer geführt.

In Deutschland ist die Situation so, dass der demographische Wandel und seine Auswirkungen auf den Straßenverkehr erst langsam ins Bewusstsein gerückt sind. Forschungsprogramme und Publikationen haben sich mit den Problemen älterer Autofahrer beschäftigt und Strategien zur Sicherung der Mobilität älterer Menschen vorgeschlagen.

Die EU-Kommission hat das Ziel ausgerufen, die Zahl der Verkehrstoten zu reduzieren und plant Änderungen der EU-Führerscheinrichtlinie, die unter anderem eine Fahrtauglichkeitsprüfung für Personen ab 70 Jahren vorsehen könnte. Die Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht steht jedoch noch aus.

Es ist wichtig, dass jeder Autofahrer, unabhängig vom Alter, seine Fahrtauglichkeit kritisch einschätzt. Ältere Menschen können ihre Fahrtauglichkeit durch freiwillige Fahrstunden oder Fahrtrainings überprüfen. Ab einem bestimmten Alter sind in einigen Ländern obligatorische medizinische Untersuchungen vorgesehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Alter bei der Beurteilung der Fahreignung eine Rolle spielt, aber die individuelle Leistungsfähigkeit und Gesundheit entscheidender sind als das chronologische Alter allein. Die Regelungen variieren international, und in Deutschland gibt es derzeit keine spezifischen altersbezogenen Überprüfungen der Fahreignung.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 11 Abs. 1 und 2 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung): Regelt die Anforderungen für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens zur Überprüfung der Fahreignung. Im Kontext relevant, da die Behörde die Vorlage eines solchen Gutachtens forderte, um zu prüfen, ob Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme die Fahreignung beeinträchtigen.
  • § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Legt fest, dass die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, wenn der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt. Dieser Paragraph bildet die rechtliche Grundlage für die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, die Fahrerlaubnis aufgrund fehlender Fahreignung zu entziehen.
  • § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 FeV: Erläutert die Zuständigkeit der Fahrerlaubnisbehörde und die Verfahrensweise bei Zweifeln an der Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers. Die Vorschrift ist hier relevant, da die Behörde aufgrund der Ereignisse und Umstände im Fall der Antragstellerin tätig wurde.
  • § 11 Abs. 8 FeV: Erlaubt der Behörde, bei Nichtvorlage eines geforderten ärztlichen Gutachtens auf die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen. Dieser Paragraph wurde angewandt, um die Entziehung der Fahrerlaubnis der Antragstellerin zu begründen.
  • § 153a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StPO (Strafprozessordnung): Regelt die Möglichkeit der Einstellung eines Strafverfahrens unter Auflagen. Im vorliegenden Fall wurde das Strafverfahren gegen die Antragstellerin nach Erfüllung von Auflagen eingestellt, was den initialen Anlass für die behördlichen Zweifel an ihrer Fahreignung bildete.
  • Anlage 4 zur FeV (Nrn. 4.2 und 7): Beinhaltet die medizinischen Voraussetzungen für die Fahreignung. Die Anordnung des ärztlichen Gutachtens zielte darauf ab, festzustellen, ob Erkrankungen gemäß dieser Vorschriften die Fahreignung der Antragstellerin beeinträchtigen.


Das vorliegende Urteil

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 15.969 – Beschluss vom 15.06.2015

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. In Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. April 2015 wird der Streitwert für beide Instanzen auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die im Jahr 1923 geborene Antragstellerin wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung ihrer Fahrerlaubnis der früheren Klassen 3 (erteilt 7.1.1956), 4 (erteilt 24.8.1950) und 5.

Im Jahr 2009 war sie als Pkw-Führerin an einem Unfall beteiligt. Bei der Kollision mit einem anderen Kraftfahrzeug wurden die jeweils linken Fahrzeugspiegel abgerissen. Das Strafverfahren gegen die Antragstellerin wegen unerlaubtem Entfernen vom Unfallort stellte das Amtsgericht Starnberg am 24. Juni 2010 nach Erfüllung von Auflagen gemäß § 153a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StPO ein. Die bei dem Unfall geschädigte Fahrzeugführerin und ein unbeteiligter Zeuge hatten ausgesagt, die Antragstellerin sei vor der Kollision wiederholt zu weit links gefahren. Die Antragstellerin hielt weder an der Unfallstelle an, noch kehrte sie nach Kenntnis des Unfalls dorthin zurück oder meldete sich bei der Polizei.

Am 20. Dezember 2012 forderte die Fahrerlaubnisbehörde die Strafakte an. Ein Führungszeugnis vom 5. Februar 2014 wies keine Eintragungen auf. Am 2. Juni 2014 teilte die Antragstellerin auf Nachfrage mit, sie nehme verschiedene Tabletten, darunter Citalopram 20 gegen Depressionen und Candesartan gegen Bluthochdruck. Daraufhin forderte die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 12. Juni 2014 die Vorlage eines ärztlichen Attests, aus dem hervorgehe, welche Erkrankungen bei der Antragstellerin diagnostiziert wurden und welche Medikamente eingenommen würden. Eine Reaktion der Antragstellerin erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 12. September 2014 ordnete die Fahrerlaubnisbehörde ein ärztliches Gutachten nach § 11 Abs. 1 und 2 FeV an. Es müsse aufgeklärt werden, ob Erkrankungen vorlägen, die nach Nrn. 4.2 und 7 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung in Frage stellten und ob vor dem Hintergrund der Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die erforderliche Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeuges vorliege.

Nachdem die Antragstellerin ein entsprechendes ärztliches Gutachten nicht vorlegte, entzog ihr die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 8. Januar 2015 die Fahrerlaubnis (Nr. 1 des Bescheids), ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Vorlage des Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids (Nrn. 2 und 3) sowie die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids an (Nr. 4).

Gegen den Bescheid hat die Antragstellerin Klage erhoben (Az. M 6b K 15.339), über die nach Aktenlage noch nicht entschieden ist. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 13. April 2015 abgelehnt. Die Klage werde voraussichtlich erfolglos bleiben, da die Gutachtensanordnung rechtmäßig ergangen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde könne daher nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Ungeeignetheit der Antragstellerin schließen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Der Kleinstschaden aus dem Jahr 2009 rechtfertige nicht die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis im Jahr 2015. Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung sei ein gravierender Eingriff. Die Antragstellerin habe am 5. Mai 2015 eine Fahrstunde absolviert und diese sicher bewältigt. Das Vorgehen der Behörde sei wohl ausschließlich auf das Alter der Antragstellerin zurückzuführen. Sie nehme zwar Medikamente, das Gericht müsse aber erst prüfen, in welcher Menge und wie oft diese eingenommen würden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

Das Beschwerdevorbringen führt nicht zu einer Änderung der Entscheidung. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl S. 310), zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. November 2014 (BGBl I S. 1802), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Dezember 2014 (BGBl. S. 2213), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Der Antragsgegner konnte nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung der Antragstellerin schließen, weil sie das geforderte ärztliche Gutachten nicht fristgerecht beigebracht hat. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78).

Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vorträgt, eine medizinisch-psychologische Untersuchung stelle einen gravierenden Eingriff dar, ist eine solche Untersuchung nicht angeordnet worden. Die Fahrerlaubnisbehörde hat ein ärztliches Gutachten nach § 11 Abs. 1 und 2 FeV angeordnet und die Entziehung der Fahrerlaubnis im Bescheid vom 8. Januar 2015 darauf gestützt, dass dieses ärztliche Gutachten nicht fristgerecht beigebracht wurde.

Die vorgelegte Bestätigung der Fahrschule D., nach der die Antragstellerin am 5. Mai 2015 mit einem Fahrschulfahrzeug ohne Beanstandungen eine Überprüfungsfahrt absolviert hat, kann der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Im vorliegenden Fall besteht nach der Gutachtensanordnung vom 12. September 2014 medizinischer Aufklärungsbedarf hinsichtlich möglicher Erkrankungen nach Nrn. 4.2 und 7 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV, der ausschließlich durch ein ärztliches Gutachten geklärt werden kann. Die Antragstellerin führt in der Beschwerdebegründung selbst aus, dass sie Medikamente einnehme und das Gericht deshalb prüfen müsse, in welcher Menge und wie oft diese eingenommen würden. Dabei verkennt sie, dass die Anordnung des ärztlichen Gutachtens genau diese Aufklärung hinsichtlich der im Raum stehenden Erkrankungen und der diesbezüglichen Medikation herbeiführen sollte und auch dem Gericht keine anderen Aufklärungsmöglichkeiten als die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens zur Verfügung stehen würden.

Es ist von der Beschwerde auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, wie die notwendige Aufklärung medizinischer Sachverhalte durch eine Fahrprobe geleistet werden könnte. Allenfalls können Zweifel an der Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs im Rahmen einer Fahrprobe aufgeklärt werden (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 11 ZB 14.2497 – juris) oder psycho-physische Leistungsmängel statt im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung ggf. durch die Anordnung einer Fahrprobe untersucht werden (verkehrspsychologische Verhaltensbeobachtung, s. Nr. 8.2.6 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung [Begutachtungsleitlinien – Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, anwendbar ab 1. Mai 2014]; vgl. BayVGH, B.v. 11.3.2015 – 11 CS 15.82 – juris; B.v. 3.4.2007 – 11 C 07.331 – juris). Solche Bedenken bestanden aber bisher nicht, sondern es sollten allein medizinische Fragen geklärt werden.

Darüber hinaus wurde der Antragstellerin vorab Gelegenheit gegeben, durch ein ärztliches Attest, z.B. des behandelnden Arztes, zur Aufklärung der Diagnosen und der Medikamenteneinnahme beizutragen. Diese Möglichkeit hat sie nicht in Anspruch genommen. Mit den umfangreichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der gesundheitlichen Situation und den Erwägungen der Fahrerlaubnisbehörde (S. 9 ff. BA) setzt sich die Beschwerdebegründung im Übrigen auch nicht ansatzweise auseinander.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, Anh. § 164 Rn. 14).

Die Antragstellerin besaß eine Fahrerlaubnis der Klasse 3, erteilt 1956 und der Klasse 4, erteilt 1950. Nach der zum 19. Januar 2013 neu gefassten Anlage 3 zu § 6 Abs. 6 FeV (BGBl I S. 35) umfasst die Fahrerlaubnis der Klasse 3 gemäß Abschnitt A I, Nr. 17 (Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse 3 vor dem 1.4.1980) die Fahrerlaubnisklassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, CE und L, die Fahrerlaubnis der Klasse 4 nach Abschnitt A I, Nr. 20 (Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse 4 vor dem 1.12.1954) die Fahrerlaubnisklassen A, A2, A1, AM, B und L. Maßgeblich sind daher insgesamt nur die Fahrerlaubnisklassen A, BE und C1E. Die Fahrerlaubnisklassen A1, A2 und AM sind in der Klasse A, die Fahrerlaubnisklasse L in der Klasse B enthalten (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 4 FeV). Die Fahrerlaubnisklasse E wird nicht mehr streitwerterhöhend berücksichtigt. Das gilt auch für die Klasse CE, weil sie durch die Schlüsselzahl 79 (vgl. Anlage 9 zur FeV Nr. 48) lediglich die Befugnis zum Führen bestimmter Anhänger mit einem Zugfahrzeug der Klasse C1 im Verhältnis zu der durch eine Fahrerlaubnis der Klasse C1E verliehenen Befugnis erweitert (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2014 – 11 CS 13.2324 – juris Rn. 21 ff.). Für die Klassen A, BE und C1E sind nach dem Streitwertkatalog jeweils 5000 Euro (Nrn. 46.1, 46.3 und 46.5) vorgesehen. Nach Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs ist der sich so ergebende Gesamtbetrag von 15.000 Euro in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

Die Befugnis zur Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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