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Anspruch auf Erteilung eines Bewohnerparkausweises bei Zweitwohnung

VG Bayreuth – Az.: B 1 K 17.1026 – Urteil vom 18.12.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung einer Sonderparkberechtigung für Bewohner.

Unter dem 27. September 2017 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Sonderparkberechtigung für Bewohner für sein Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen …. Er gab an, dass der Personenkraftwagen auf seinen Namen zugelassen sei und dass er keine Garage oder Stellplatz besitze. Dem Antrag war ein Begleitschreiben beigefügt. Er habe in B… nur einen Zweitwohnsitz gemeldet. Dieser sei notwendig, da seine Frau und er von Dienstag bis Freitag in M…seien und ihm als Beamter des …ministeriums eine Staatsbedienstetenwohnung zugeteilt worden sei mit der Auflage, den Erstwohnsitz in die …stadt zu verlegen. Hinzu komme, dass seine Frau freitags schon voraus fahre und es ihr nicht zugemutet werden könne, einen Kilometer vom Wohnsitz in B… entfernt im H… einen Parkplatz zu suchen. Sie sei dann mit ihrem Kind (7 Monate alt) unterwegs.

In der Verwaltungsakte befindet sich eine Meldebestätigung für die Wohnung … in B… für die Ehefrau und das Kind des Klägers.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Voraussetzung für die Parklizenz sei, dass der Antragsteller mit Hauptwohnsitz im Lizenzgebiet gemeldet sei.

Mit E-Mail vom 3. November 2017 erbat der Kläger den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Sonderparkberechtigung für Anwohner ab.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Straßenverkehrsbehörde aufgrund § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG und § 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner treffen könne. Die Ausführungsvorschriften in Ziffer X Nr. 7 der Verwaltungsvorschrift zur § 45 Abs. 1 StVO regelten hierbei die Mindestanforderungen, die ein Antragsteller erfüllen müsse, um eine Sonderparkberechtigung erhalten zu können. Nach Nr. 7 der Verwaltungsvorschrift zu § 45 Abs. 1 StVO könnten Parkausweise nur an solche Antragsteller erteilt werden, die in den Straßen des betreffenden Lizenzbereichs amtlich gemeldet seien. Zudem müsse das Kraftfahrzeug, für das eine Sonderparkberechtigung gewährt werden soll, auf den Bewohner als Halter zugelassen sein und nachweislich vom Antragsteller dauernd genutzt werden. Die Stadt B… habe die Anmeldung als Hauptwohnsitz als Voraussetzung festgelegt. Diese Beschränkung sei laut Ziffer X Nr. 7 VwV-StVO zu § 45 Abs. 1 b Nr. 2a StVO ausdrücklich zulässig. Die Differenzierung sei sachgerecht, da man durch Reservierung von Parkraum einen Anreiz für motorisierte Haushalte bieten wolle, die Wohnung in der Innenstadt zu beziehen bzw. beizubehalten. Wer sich nur gelegentlich oder häufig in dem Bereich aufhalte, leide nicht in gleichem Maße an der Situation, die Anlass für die Gewährung von Sonderparkberechtigungen sei. Die Hauptwohnsitzregelung gehe auf einen Beschluss vom 14. Mai 1990 zurück. Schon mit der Einrichtung von Lizenzgebieten sei aufgrund der wenigen Parkplätze im öffentlichen Raum der Alt- und Innenstadt das Kriterium der Hauptwohnung festgelegt worden, um überhaupt ein ausreichendes Angebot für Bewohnerparken vorhalten zu können. Bei Erteilung einer Parklizenz an Nebenwohnsitzinhaber wäre das Gleichgewicht von vorhandenen Parkplätzen und Parklizenzen nachhaltig gestört. Ziffer X Nr. 7 Satz 3 VwV-StVO zu § 45 StVO sehe eine Differenzierung als zulässig an. Demnach könne je nach den örtlichen Verhältnissen die angemeldete Nebenwohnung ausreichen. Die Stadt habe das ihr zustehende Ermessen daran ausgerichtet und konkretisiert. Die Nachteile beträfen den Kläger nicht härter als andere Bewohner mit Nebenwohnsitz in Innenstädten. Die begrenzte Anzahl der Stellplätze stehe einer weiteren Ausweitung entgegen. Hinzu komme, dass fußläufig in einer Entfernung von 200 m bis 300 m eine Tiefgarage und eine größere mit Parkticket nutzbare Parkfläche vorhanden seien, wo es möglich sei, sein Fahrzeug zumindest kurzzeitig abzustellen. Ladetätigkeiten könnten auch ohne Bewohnerparkplatz durchgeführt werden. Eine hauptsitzwohnähnliche Situation könne nicht gesehen werden. Der erklärte Zeitansatz von Freitag bis Montag spreche nicht für einen besonderen Härtefall. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 22. Dezember 2017, ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten Klage erheben mit dem Antrag,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Dezember 2017 zu verpflichten, dem Kläger eine Sonderparkberechtigung für Anwohner im Lizenzgebiet Altstadt für das Fahrzeug mit der Nummer … zu erteilen.

Anspruch auf Erteilung eines Bewohnerparkausweises bei Zweitwohnung
(Symbolfoto: 1stphoto/Shutterstock.com)

Zur Begründung wird mit Schreiben vom 20. Februar 2018 ausgeführt, dass der Kläger einen Anspruch aus Ziffer X Nr. 7 VwV-StVO zu § 45 Abs. 1b Nr. 2a I.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung habe. Gemäß Ziffer X Nr. 7 VwV-StVO zu § 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO stehe jedem, der in dem betreffenden Gebiet meldebehördlich registriert sei, ein Anspruch auf Sonderparkberechtigung zu. Die bisherige Praxis des Beklagten stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von verheirateten Paaren gegenüber nicht verheirateten Lebensgemeinschaften dar und verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Es sei dem Kläger nicht möglich, seine ehelich genutzte Wohnung als Hauptwohnung des Ehegatten und seine Nebenwohnung zu bestimmen. Aufgrund der Regelungen des Melderechts sei die Wohnung in B… unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Nutzung durch den Kläger zwingend nur seine Nebenwohnung. Jedem nicht verheirateten Paar stünde jedoch der Weg offen, die in B… genutzte Wohnung als Hauptwohnung des Klägers zu bestimmen, während die Hauptwohnung von Ehefrau und Kindern in M… läge. Es läge eine Ungleichbehandlung vor, vergleichbar mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 (1 BvR 1232/00). Hier sei eine Zweitwohnungssteuer für einen aus beruflichen Gründen während der Woche getrennt von seiner Familie lebenden Ehegatten für verfassungswidrig erklärt worden. Auch dort sei die berufliche Wohnung zwingend nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayMeldG als Zweitwohnung gewertet worden. Die Ungleichbehandlung sei durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt. Unabhängig davon, wie intensiv der Ehegatte die vermeintliche Nebenwohnung nutze, könne er seine in B… genutzte Wohnung wegen Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayMeldG nie zur Hauptwohnung bestimmen. Es gehe fehl, dass Ziffer X Nr. 7 Satz 2 VwV-StVO zu § 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO das Aufstellen der Voraussetzung Hauptwohnsitz erlaube. Zudem verstoße auch diese Bestimmung gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Im Gegensatz zu anderen Nebenwohnsitz-Bewohnern sei es dem Kläger nicht möglich, seinen Hauptwohnsitz in B… zu bestimmen. Die Situation sei nicht vergleichbar mit einer, in der sich eine ledige Person befinde. Diese könne ihren Nebenwohnsitz in B… zum Hauptwohnsitz erklären. Ein etwaiges Ermessen der Beklagten sei auf Null reduziert. Gerade im Hinblick auf Art. 6 GG sei ein Ermessen nicht gegeben. Paare, die nicht verheiratet seien, hätten einen gebundenen Anspruch aus Ziffer X Nr. 7 Satz 2 VwV-StVO zu § 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO.

Mit Schreiben vom 12. April 2018 beantragte die Beklagte, die Klage abzuweisen.

Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG sei nicht berührt, da der Kläger angegeben habe, dass er sich von Freitag bis Montag in B…aufhalte (ebenso seine Frau, die freitags mit ihrer einjährigen Tochter in der Regel mit dem Pkw voraus fahre). Der Lebensmittelpunkt der Familie befinde sich in M…. Auch ein nicht verheiratetes Paar könnte unter den bestehenden Voraussetzungen (überwiegender Aufenthalt in M…) nicht B…als Hauptwohnsitz wählen. Die Stadt gehe davon aus, dass die Angaben zum Lebensmittelpunkt zuträfen. Der Familienstand sei für die Stadt kein Entscheidungskriterium. Auch eine ledige Person, die Dienstsitz in M… habe, könne B… nicht als Hauptwohnsitz begründen.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2018 erklärte der Klägerbevollmächtigte Verzicht auf mündliche Verhandlung und trug vor, dass die Familie des Klägers annähernd die Hälfte der Zeit in B… wohne.

Die Beklagte verzichtete mit Schreiben vom 18. Juli 2018 ebenfalls auf mündliche Verhandlung und führte mit Schreiben vom 7. August 2018 aus, dass es keine Rolle spiele, wie oft sich die Familie des Klägers in B… aufhalte. Die melderechtliche Hauptwohnsitznahme sei allein ausschlaggebend.

Mit Schreiben vom 12. November 2018 ließ der Kläger vortragen, dass er seit 1. August 2018 als Richter am … in … tätig sei. Er halte sich nun auch unter der Woche vornehmlich in B… auf. Die Familie verweile unter der Woche in M…, von Freitag Abend bis Montag ebenfalls in B…. Da der Familienwohnsitz den Erstwohnsitz in M…festlege, bestehe keine Möglichkeit für den Kläger, B… als Erstwohnsitz zu wählen. Wäre der Kläger nicht verheiratet, wäre sein Erstwohnsitz B… und er könnte die gewünschte Parkgenehmigung erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Vortrag der Parteien sowie auf den Inhalt der Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

I. Über die Klage konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

II. Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Bewohnerparkausweises. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 5. Dezember 2017 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 45 Abs. 1b Nr. 2a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist die Straßenverkehrsbehörde berechtigt, Parkmöglichkeiten zugunsten der Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel einzurichten. Nach Ziffer X Nr. 7.35 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 45 StVO hat Anspruch auf Erteilung eines Parkausweises, wer in diesem Bereich meldeberechtigt registriert ist und dort tatsächlich wohnt. Je nach örtlichen Verhältnissen kann die angemeldete Nebenwohnung ausreichen. Der Bewohner erhält einen Parkausweis für ein auf ihn als Halter zugelassenes oder nachweislich von ihm dauerhaft genutztes Kraftfahrzeug. Die Beklagte hat von der ihr eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht und unter anderem im Lizenzgebiet D einen Bewohnerparkbereich eingerichtet. Die Verwaltungsvorschrift Ziffer X. Nr. 7.35 zu § 45 StVO hat sie ausweislich Blatt 35 und 36 der Behördenakte dahingehend konkretisiert, dass für die Erteilung eines Bewohnerparkausweises ein amtlich gemeldeter Hauptwohnsitz erforderlich ist. Dieses Kriterium verletzt den Kläger weder in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgebot) noch in dem aus Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz von Ehe und Familie). Hierzu hat bereits das Verwaltungsgericht Frankfurt im Urteil vom 6. Januar 2007 (12 E 1343/05 – juris) Folgendes ausgeführt:

„Dass die Beklagte Parkausweise nur Einwohnern ausstellt, die in dem Regelungsbereich mit Hauptwohnsitz gemeldet sind, ist mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil für die Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz sachliche Gründe gegeben sind (HessVGH, Beschl. v. 20.10.1992 – 2 TG 729/92 -, NJW 1993, 1091, 1092; OVG NRW, Urt. v. 18.03.1996 – 25 a 33 55/95, veröffentlicht in JURIS). Die Einführung von Bewohnerparkzonen dient dazu, Wohngebiete der Innenstädte durch eine Verbesserung der Parkraumsituation wieder attraktiver zu gestalten und so der Umlandflucht entgegen zu wirken. Die Parkraumnot erschwert die Lebensumstände der dortigen Wohnbevölkerung im besonderen Maße und bildet ein entscheidendes Hindernis für die Verbesserung des Wohnumfeldes und damit für die Erhaltung und Modernisierung dieser Wohngebiete. Die Parkraumnot trifft in erster Linie diejenigen Bewohner, die in dem Regelungsbereich den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehung begründet haben, also diejenigen Menschen, die mit Hauptwohnsitz im Regelungsbereich gemeldet sind. Wer sich dagegen nur gelegentlich oder häufig in dem fraglichen Wohngebiet aufhält, leidet nicht in gleichem Maße unter der Situation, die Anlass für die Gewährung von Sonderparkberechtigungen ist. Dieser zumindest graduelle Unterschied der Belastung rechtfertigt die von der Oberbürgermeisterin der Beklagten getroffene Differenzierung. Darüber hinaus ist die Differenzierung nach Haupt- und Nebenwohnsitz auch geeignet, Missbrauchsfällen vorzubeugen. Zwar kann auch ein Hauptwohnsitz nur zum Schein begründet werden; aber angesichts der Rechtsfolgen, die an dem Hauptwohnsitz geknüpft sind (wie z.B. Behördenzuständigkeiten und Wahlrecht) ist die Gefahr der Begründung eines Scheinwohnsitzes hinsichtlich des Hauptwohnsitzes erheblich geringer einzuschätzen als in Bezug auf einen Nebenwohnsitz. …Schließlich folgt ein weiterer sachlicher Grund für die hier vorgenommene Differenzierung daraus, dass die Straßenverkehrsbehörde auf eigene Erhebungen zu den Lebensgewohnheiten der Bewohner in einem Bewohnerparkbereich verzichten und sich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung auf die meldeamtlichen Angaben des Einwohners beziehen können. Dass sich aus einer typisierenden Regelung im Einzelfall Nachteile ergeben können, ist von den Betroffenen grundsätzlich in Kauf zu nehmen. Es muss lediglich gewährleistet sein, dass diese Nachteile nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Personen betreffen und vom Ausmaß her die Grenze der Unerträglichkeit nicht überschreiten….

Der Kläger wird auch durch die Versagung des Bewohnerparkausweises nicht in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt. Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, verbietet deren Schlechterstellung gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften (Diskriminierungsverbot, vgl. BVerfG, BVerfGE 76, 1, 72; 99, 216, 232). Der streitgegenständliche Bescheid der Oberbürgermeisterin der Beklagten verstößt nicht gegen dieses Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG. Soweit sich der Kläger für seine gegenteilige Auffassung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, Urt. v. 11.10.2005 – 1 BvR – 12 32/00, 1 – BvR – 26 27//03 beruft, kann das Gericht dem nicht folgen. Nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verstößt die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer auf Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Die hierfür maßgeblichen Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts kommen im vorliegenden Fall jedoch nicht zum Tragen. Abgesehen davon, dass es hier nicht um die Auferlegung einer steuerlichen Belastung und somit einen Eingriff in die Einkommenssituation der Eheleute geht, fehlt es nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch an einer unmittelbaren Anknüpfung der von der Oberbürgermeisterin der Beklagten getroffenen Regelung an das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit ausgeführt, dadurch, dass die Zweitwohnungssteuer an das Halten einer Wohnung anknüpfe, die im melderechtlichen Sinne eine Zweitwohnung sei, liege ihr daher ein Steuergegenstand zugrunde, in dem sich das eheliche Zusammenleben in spezifischer Weise verwirkliche. Steuerlich belastet würde die Entscheidung, die gemeinsame eheliche Wohnung nicht aufzulösen und bei Wahrung des Fortbestands der gemeinsamen Wohnung am bisherigen Ort nur eine Zweitwohnung zu begründen. Es sei nämlich durch die melderechtliche Regelung für Verheiratete ausgeschlossen, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu bestimmen und damit der Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer zu entgehen; für Verheiratete bestimmten die melderechtlichen Vorschriften zwingend die vorwiegend genutzte Wohnung der Familie zum Hauptwohnsitz … .Die steuerliche Belastung mit einer Zweitwohnungssteuer knüpft demnach an eine bestimmte Form des Zusammenlebens der Eheleute an. An einer solchen unmittelbaren Anknüpfung einer belastenden Maßnahme an das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft fehle es jedoch im Falle der Regelung einer Sonderparkberechtigung für Bewohner. Abgesehen davon, dass es sich hierbei nicht um eine eigentliche Eingriffsmaßnahme seitens der Behörde handelt, knüpft diese allenfalls mittelbar an dem Bestand einer Ehe an. Denn es geht im vorliegenden Fall nur darum, ob der Kläger aufgrund der Erteilung eines Bewohnerparkausweises eine erhöhte Chance erhält, in der Nähe seiner Zweitwohnung einen öffentlichen Parkplatz zu finden.“

Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an. Hinzu kommt, dass durch die Vorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO die Straßenverkehrsbehörde in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen kann, wodurch im Einzelfall etwaigen Nachteilen von Eheleuten durch eine grundrechtskonforme Auslegung und Anwendung der Norm begegnet werden könnte. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Soweit der Kläger angegeben hat, dass die Familie des Klägers annähernd die Hälfte der Zeit in B… wohne (Schreiben vom 24. Juli 2018), kann die Wohnung in B… als Hauptwohnung bestimmt werden, wenn sie die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie darstellt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Bundesmeldegesetz – BMG). Dann hätte es aber der Kläger selbst in der Hand, durch die Begründung des Hauptwohnsitzes für die gesamte Familie die von ihm begehrte Vergünstigung zu erhalten. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung kann von der Beklagten nicht erwartet werden, dass sie die melderechtlichen Voraussetzungen in jedem Einzelfall auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Sie darf sich auf die tatsächlichen Eintragungen verlassen zumal es eine Ordnungswidrigkeit darstellt, wenn eine Änderung der Hauptwohnung der Meldebehörde nicht fristgerecht mitgeteilt wird (vgl. § 54 Abs. 2 Nr. 6 BMG). Soweit der Kläger vorträgt, dass er eine Wohnung für Staatsbedienstete in Anspruch nehmen möchte und ihm hierfür die Auflage erteilt worden sei, den Erstwohnsitz in die …stadt zu verlegen, ist es nicht Sache der Beklagten, hierfür einen Ausgleich zu schaffen. Seine Situation ist nicht mit dem Sachverhalt, der dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (B. v. 11. Oktober 2005 – 1 BvR 1232/00) zu Grunde lag vergleichbar, da er aus anderen als ehebedingten Gründen zur Wohnsitznahme in M… verpflichtet ist. Gerade der Fall des Klägers, der im laufenden Verfahren stets widersprüchliche Angaben zur Nutzung seines Wohnsitzes in B… machte, zeigt, dass es sachgerecht ist, nach objektiven melderechtlichen Gesichtspunkten vorzugehen, um etwaigen Missbrauchsfällen vorzubeugen.

2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO. Danach kann die Straßenverkehrsbehörde in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller u.a. Ausnahmen genehmigen von der Vorschrift, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten und von den Verboten oder Beschränkungen, die u.a. durch Richtzeichen (§ 42 StVO) erlassen sind. Die Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung steht, wie der Wortlaut der Vorschrift („kann“) belegt, im Ermessen der Beklagten. Einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung hat der Kläger daher nur dann, wenn das Ermessen der Beklagten vorliegend auf Null reduziert wäre, die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung an den Kläger damit die einzig rechtmäßige Ermessensbetätigung wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die getroffene Ermessensentscheidung der Beklagten kann das Gericht gemäß § 114 VwGO nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen erkannt, von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht und ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat.

Hiervon ausgehend lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt hat. Sie hat ihr Ermessen zweckentsprechend betätigt und die Grenzen zulässiger Ermessensausübung nicht überschritten. Geht es um eine Entscheidung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO, muss die Straßenverkehrsbehörde bei der Ausübung ihres Ermessens die mit dem Verbot verfolgten öffentlichen Interessen und die besonderen Belange der vom Verbot Betroffenen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüberstellen. Dabei wird das Ermessen der Beklagten im Sinne einer bundeseinheitlich gleichmäßigen, am Gesetzeszweck orientierten Anwendung durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur StVO gesteuert, die vornehmlich eine besondere Dringlichkeit des Ausnahmefalls unter Anwendung eines strengen Maßstabs voraussetzt. Da die Beklagte bei begrenzt vorhandenem Parkraum über eine Vielzahl von Anträgen auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zu entscheiden hat, hat der Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG bei der Ermessensausübung einen hohen Stellenwert (VG München, U.v. 04.04.2012 – M 23 K 11.5428 – juris).

Besondere Umstände in der Person des Klägers, die möglicherweise die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung rechtfertigen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Der Kläger hat angegeben, dass sich das Auto unter der Woche in M…befinde und seine Frau mit diesem nach B… fahre, er selbst fahre mit dem Zug. Es könne der Frau nicht zugemutet werden, dass sie einen Kilometer vom Wohnsitz in B…entfernt im… einen Parkplatz suche (Begleitschreiben zum Antrag vom 27. September 2017). Auch wenn der Kläger nun nach seinem neuen Sachvortrag unter der Woche in B…wohnen sollte (neue Arbeitsstelle in …), so hat sich an der Nutzung des Autos durch die neue Arbeitsstelle keine Veränderung ergeben (bzw. eine solche wurde nicht vorgetragen). Diese Nutzung entspricht der Nutzung, wie sie für einen Nebenwohnsitzinhaber typisch ist….Der Kläger wird durch die Versagung der beantragten Genehmigung nicht unangemessen benachteiligt. Die Beklagte hat ausgeführt, dass in fußläufiger Entfernung von 200 m bis 300 m eine Tiefgarage und eine größere, kostenpflichtige mit Parkticket nutzbare Parkfläche vorhanden sind. Die Entscheidung der Beklagten trifft den Kläger nicht härter als andere Nebenwohnsitzinhaber in B….

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

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