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Wie muss ein Parkausweis im Fahrzeug ausgelegt werden?

Unachtsamkeit oder unglücklicher Zufall? – Eine Geldbuße aufgrund fahrlässigen Parkens auf einem Behindertenparkplatz

In einem interessanten Fall, der am 08. Mai 2023 vor dem AG Schwerin verhandelt wurde, führte das unsachgemäße Parken eines Fahrzeugs auf einem speziellen Behindertenparkplatz zu rechtlichen Konsequenzen. Der Fahrer hatte seinen PKW auf einem Parkplatz abgestellt, der für schwerbehinderte Personen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung oder vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen reserviert war. Doch obwohl der Fahrer einen Parkausweis besaß, wurde dieser nicht korrekt und somit nicht gut lesbar ausgelegt, was zur Verurteilung zu einer Geldstrafe führte. Inmitten dieses Falles eröffnen sich eine Reihe von Fragen hinsichtlich der Sorgfaltspflicht und der Notwendigkeit, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu wahren.

Direkt zum Urteil Az: 35 OWi 83/23 springen.

Unschuldig bis das Gegenteil bewiesen ist?

Entgegen der Annahme, dass der Fahrer absichtlich den Parkausweis nicht korrekt ausgelegt hatte, beteuerte dieser, dass er einen Bekannten befördert habe, der im Rollstuhl sitzt und im Besitz einer gültigen Parkerlaubnis ist. Er behauptete, dass der Ausweis auf der Mittelkonsole des Fahrzeugs lag und nach der Umparkaktion des Fahrzeugs sogar ein Foto davon gemacht habe. Der Fahrer äußerte Unverständnis darüber, dass die Mitarbeiter des Ordnungsamtes dies nicht erkannt haben.

Glaubwürdigkeit auf dem Prüfstand

Die Glaubwürdigkeit des Fahrers wurde jedoch durch den Zeugen B, einem Ordnungsamtsmitarbeiter, infrage gestellt. Dieser war am fraglichen Tag auf Streife und hatte das Fahrzeug auf dem Behindertenparkplatz entdeckt. Nach einer gründlichen Inspektion des Fahrzeugs konnte er keinen gut lesbaren Parkausweis finden. Aus diesem Grund wurde das Fahrzeug umgeparkt und Fotos des Zustands des Fahrzeugs angefertigt.

Sorgfaltspflicht und Verantwortung

Das Gericht vertrat die Auffassung, dass der Fahrer, hätte er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt angewandt, ohne weiteres hätte erkennen können, dass ein korrekt ausgelegter Parkausweis notwendig ist. Ungeachtet der Behauptung des Fahrers, der Parkausweis sei gut sichtbar gewesen, wurde er letztendlich wegen fahrlässigen Parkens verurteilt und musste die Kosten des Verfahrens sowie eine Geldbuße tragen.

Dieser Fall unterstreicht die Wichtigkeit von Sorgfalt und Verantwortung im Straßenverkehr, insbesondere bei der Nutzung von Parkplätzen, die für bestimmte Gruppen von Menschen reserviert sind.


Das vorliegende Urteil

AG Schwerin  – Az.: 35 OWi 83/23 – Urteil vom 08.05.2023

Der Betroffene wird wegen fahrlässigen Parkens auf einem Sonderparkplatz für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie, mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen (Zeichen 314 und Zusatzzeichen Rollstuhlfahrersinnbild), wobei ein besonderer Parkausweis nicht gut lesbar auslag, zu einer Geldbuße in Höhe von 55,00 Euro verurteilt.

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

Gründe

I.

Wie muss ein Parkausweis im Fahrzeug ausgelegt werden?
(Symbolfoto: Bilanol/Shutterstock.com)

Nach der in der Hauptverhandlung verlesenen Fahreignungsregisterauskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 20.03.2023 ist der Betroffene verkehrsrechtlich nicht vorbelastet.

II.

Der Betroffene stellte am 28.11.2022 um 14:43 Uhr in Schwerin, A-straße gegenüber dem Haus Nr. 2, seinen PKW Mercedes mit dem Kennzeichen X auf einer Fläche ab, die als Parkplatz versehen mit dem Zusatzzeichen Rollstuhlfahrersinnbild ausgeschildert war, ohne einen Parkausweis, der ihm das Abstellen in dem Bereich erlaubt hätte, gut lesbar auszulegen.

Der Betroffene hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ohne weiteres erkennen können, dass ein Abstellen in diesem Bereich ohne das Auslegen eines gut lesbaren Parkausweises nicht zulässig war.

III.

Der Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel fest.

Die Feststellungen zu den unter II. geschilderten objektiven Umständen beruhen auf der Einlassung des Betroffenen, auf den Angaben des Zeugen B sowie den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern (Bl. 5, 6, 33, 34, 36 d. A.).

Der Betroffene ließ sich dergestalt zum Tatgeschehen ein, dass er seinen PKW an besagtem Tattag kurz vor der Tatfeststellung an der genannten Stelle abgestellt und das Fahrzeug für einige Zeit verlassen habe. Er habe einen Bekannten, der im Rollstuhl sitzt, an dem Tag befördert. Der Bekannte sei im Besitz einer unbefristeten Parkerlaubnis, mit der er auf dem Parkplatz hätte stehen dürfen. Dieser Parkausweis habe sich auch im Inneren des Fahrzeuges auf der Mittelkonsole auf Höhe der Sitzflächen befunden, hierzu habe er auch ein Foto zur Akte gereicht (Bl. 6 d.A.), welches er nach der Umsetzung angefertigt habe. Hätten sich die Mitarbeitenden des Ordnungsamtes Mühe gegeben, hätten sie dies auch erkennen können.

Der Zeuge B bekundet, dass sich die örtlichen Begebenheiten wie unter II. dargetan darstellen und für ihn die Verkehrsbeschilderung in dem Bereich eindeutig sei und er daher die Ordnungswidrigkeitenanzeige samt Beweismaterial angefertigt habe. Er selbst sei am 28.11.2022 auf Streife gewesen. Er habe das Fahrzeug des Betroffenen, welches sich auf dem Parkplatz für Behinderte befunden habe gegen 14:43 Uhr festgestellt. Er sei um das Fahrzeug gegangen und habe keinen lesbaren Parkausweis wahrgenommen. Da keine Person vor Ort dem Fahrzeug zugeordnet werden konnte, wurde ein Unternehmen mit der Umsetzung des Fahrzeuges beauftragt. Ein Fahrzeug des Unternehmens sei etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde später erschienen und habe das Fahrzeug in die Möwenburgstraße umgesetzt, dabei sei auch eine weitere Sichtkontrolle des gesamten Fahrzeuges vorgenommen und Fotos vom Zustand des Fahrzeuges angefertigt worden. Die Fotos würden zur Absicherung im Falle von Schadensersatzforderungen angefertigt. Die Fotos habe er nicht dabei. Jedoch sei auch zu diesem Zeitpunkt kein Parkausweis aufgefallen. Auch bis zum Verbringen an einen anderen Ort sei keine für das Fahrzeug verantwortliche Person erschienen. Auf Nachfrage, wie die Sichtkontrolle stattfinde, antwortete er, dass durch die Fenster rund um das Auto einmal hineingesehen worden sei. Den Boden des Fahrzeuges oder andere nur begrenzt einsehbaren Stellen würden nicht gezielt nach etwaigen Erlaubnissen abgesucht.

Das Gericht hat danach keine begründeten Zweifel daran, dass der Betroffene den vorgeworfenen Verstoß begangen hat.

Anhaltspunkte, welche gegen eine Glaubwürdigkeit des Zeugen sprechen, vermochte das Gericht nicht erkennen. Das Gericht hat an der glaubhaften Aussage des Zeugen keine Bedenken. Die Aussage ist für sich genommen schlüssig und widerspruchsfrei. Eine Belastungstendenz war ebenfalls nicht zu erkennen. Zudem deckt sich die Aussage im Wesentlichen mit den in der Akte befindlichen und in das Verfahren eingeführten Feststellungen sowie der Einlassung des Betroffenen.

Das von dem Betroffenen vorgelegte Lichtbild (Bl. 6 d. A.) ist vorliegend als Beweismittel nicht geeignet, Rückschlüsse auf den tatsächlichen Zustand im Fahrzeuginneren zum Tatzeitpunkt zugeben, da es bereits nach dem Vortrag des Betroffenen erst nach der Umsetzung seines Fahrzeugs angefertigt wurde.

IV.

Durch sein Verhalten hat sich der Betroffene wegen fahrlässigen Parkens auf einem Sonderparkplatz für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie, mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen (Zeichen 314 und Zusatzzeichen Rollstuhlfahrersinnbild) schuldig gemacht.

Nach § 42 Abs. 3 StVO hat, wer am Verkehr teilnimmt, die durch Richtzeichen nach Anlage 3 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen. In Anlage 3 befindet sich in „Abschnitt 3 Parken“ unter der Nr. 7 das Zeichen 314 „Parken“. In den Erläuterungen zu Nr. 7 wird unter 1. der Geltungsbereich dahingehend konkretisiert, dass wer ein Fahrzeug führt, hier parken darf. Unter 2. lit. d) der Erläuterungen heißt es, dass die Parkerlaubnis durch ein Zusatzzeichen mit Rollstuhlfahrersinnbild beschränkt sein kann auf schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie auf blinde Menschen. Unter 2. lit. e) der Erläuterungen wird konkretisiert, dass die Parkerlaubnis nur gilt, wenn der Parkschein, die Parkscheibe oder der Parkausweis gut lesbar ausgelegt oder angebracht ist. Lesbar bedeutet „für die Augen zu entziffern und sich lesen lassend“ (Duden Online, abrufbar unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/lesbar Stand 22.05.2023). „Gut“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Lesen „leicht, mühelos geschehend“ (Duden Online, abrufbar unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/gut Stand 22.05.2023) respektive einfach und ohne Schwierigkeiten möglich sein muss. Dem Überwachungspersonal muss eine Kontrolle der vollständigen Parkerlaubnis ohne erhebliche Schwierigkeiten, ohne Hilfsmittelverwendung und insbesondere ohne großen Zeitaufwand durch einen Blick in das Innere eines Fahrzeuges möglich sein. Erfüllt wird diese Anforderung durch ein Auslegen bzw. Anbringen in unmittelbarem Abstand zu den von außen einsehbaren Flächen (Fenstern) etwa hinter der Windschutzscheibe, an einer Seitenscheibe oder auf der Abdeckplatte des Gepäckraumes (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 31.07.1995 – 2 ObOWi 425/95 –, Rn. 10, juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 04.08.1997 – 1 Ss (Bz) 132/97 -, BeckRS 1997, 11728 –, beck-online; OLG Köln Entscheidung v. 28.4.1992 – Ss 119/92Z –, BeckRS 1992, 122081, beck-online). Das Auslegen bzw. Anbringen etwa im Kofferraum, selbst wenn dieser von außen teilweise einsehbar sein sollte, entspricht nicht den Anforderungen an eine gute Lesbarkeit (vgl. AG Brandenburg Urteil vom 23.10.2020 – 31 C 200/19 –, BeckRS 2020, 27865 Rn. 15, beck-online). Nach § 12 Abs. 2 StVO parkt, wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält.

Nach dem Vorstehenden hat der Betroffene den Verstoß begangen.

Ein Parkausweis, der ihm das Parken auf dem besagten Parkplatz erlaubt hätte, hat der Betroffene nicht gut lesbar ausgelegt, obwohl er das Fahrzeug für einen längeren Zeitraum – mindestens eine halbe Stunde – abgestellt und verlassen hat. Denn selbst im Falle, dass der Vortrag des Betroffenen, dass der Parkausweis wie auf dem in Augenschein genommenen Lichtbild (Bl. 6 d. A.) gelegen haben soll, als wahr unterstellt wird, wären die Anforderungen an eine gute Lesbarkeit nicht erfüllt. Zum einen ist der Ort der Mittelkonsole auf Höhe der Sitzflächen nicht geeignet, um die Anforderungen an eine gute Lesbarkeit zur erfüllen, denn aufgrund des Abstandes zu den Fenstern, ist eine Lesbarkeit, wenn überhaupt nur mit erheblichem Aufwand und ggf. unter zu Hilfenahme von Hilfsmitteln verbunden und daher in jedem Fall nicht „gut“ im Sinne der genannten Definition. Zum anderen ist auf dem vorgelegten Lichtbild der vermeintliche Ausweis selbst zur Hälfte verdeckt und entsprechend in Teilen überhaupt nicht lesbar. Erkennbar ist auf dem Foto lediglich eine blaue Karte, auf der im linken oberen Bildbereich ein Rollstuhlsymbol abgebildet ist und sich darunter weitere Felder mit Text befinden, die auf dem Foto selbst jedoch ebenfalls nicht lesbar sind. Die rechte Hälfte des Dokuments ist fast vollständig von einer Abdeckklappe der Mittelkonsole verdeckt und überhaupt nicht erkennbar, was darauf abgebildet ist.

Nach Nr. 55 des BKat, ist für den vorliegenden Verstoß eine Regelgeldbuße von 55,00 Euro vorgesehen. Die Bußgeldbeträge, die für die in § 1 Abs. 1 BKatV i. V. m. dem BKat im Einzelnen aufgeführten Verkehrsverstöße vorgesehen sind, sind Regelsätze und als solche Zumessungsrichtlinien im Rahmen von § 17 Abs. 3 OWiG mit Rechtssatzqualität, an die regelmäßig neben den Verwaltungsbehörden auch die Gerichte gebunden sind. Die Regelsätze sind für gewöhnliche Tatumstände bei fahrlässiger Begehung anzuwenden. Das Gericht ist von gewöhnlichen Tatumständen ausgegangen. Nach § 17 Abs. 3 OWiG sind zwar die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters in Betracht zu ziehen, jedoch bleiben sie bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten in der Regel unberücksichtigt. Gründe, warum im vorliegenden Fall von dieser Regel abgewichen werden sollen, waren für das Gericht nicht ersichtlich, da die Geldbuße i. H. v. 55 Euro im geringfügigen Bereich liegt und der Betroffene weder Angaben für außergewöhnliche Umstände vorgetragen hat noch sonst Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher ersichtlich sind.

Das Gericht hat daher auf eine Geldbuße von 55,00 Euro erkannt.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

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