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Voraussetzungen eines Widerspruchs nach § 72 Abs. 1 OWiG

Die Bedeutung von § 72 Abs. 1 OWiG für Verkehrsverstöße

Das Urteil des Kammergerichts Berlin befasst sich mit einem Fall, in dem die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen wegen eines Rotlichtverstoßes abgewiesen wurde. Trotz der Unzulänglichkeiten in der Zustellung und den Ansprüchen auf rechtliches Gehör, wurde der Einspruch des Betroffenen gegen die Geldbuße nicht angenommen. Das Gericht entschied, dass der Betroffene die Kosten seines Rechtsmittels tragen muss, und verwarf die Rechtsbeschwerde aufgrund fehlender Begründung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 ORbs 222/23 – 122 Ss 104/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Rechtsbeschwerde: Der Betroffene legte Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten ein, die jedoch abgewiesen wurde.
  2. Geldbuße: Der Fall dreht sich um eine festgesetzte Geldbuße von 110 Euro wegen eines Rotlichtverstoßes.
  3. Probleme bei der Zustellung: Es gab Schwierigkeiten bei der Zustellung der Anhörungsschreiben, was jedoch den Prozessverlauf nicht wesentlich beeinflusste.
  4. Anspruch auf rechtliches Gehör: Der Betroffene behauptete, das Anhörungsschreiben nicht erhalten zu haben, was aber das Gericht nicht als ausreichende Begründung sah.
  5. Widerspruchsverfahren: Der Widerspruch gegen das Beschlussverfahren wurde im Rahmen des § 72 Abs. 1 OWiG diskutiert.
  6. Bedeutung von schlüssigem Verhalten: Das Gericht wertete die Handlungen und Äußerungen des Betroffenen nicht als wirksamen Widerspruch.
  7. Entscheidung des Gerichts: Das Gericht hielt an seiner Entscheidung fest und lehnte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab.
  8. Kostenpflicht des Betroffenen: Der Betroffene wurde zur Übernahme der Kosten seines Rechtsmittels verpflichtet.

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Was bedeutet ein Widerspruch nach § 72 Abs. 1 OWiG?

In Deutschland gibt es verschiedene Möglichkeiten, gegen eine Geldbuße oder einen Bußgeldbescheid vorzugehen. Eine davon ist der Widerspruch nach § 72 Abs. 1 OWiG. Dieser Widerspruch kann von jedem Betroffenen eingelegt werden, der mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist. Doch welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um einen solchen Widerspruch einzulegen?

Warum ist es wichtig, die Voraussetzungen eines Widerspruchs nach § 72 Abs. 1 OWiG zu kennen?

Ein Widerspruch nach § 72 Abs. 1 OWiG kann dazu führen, dass eine Geldbuße oder ein Bußgeldbescheid aufgehoben oder geändert wird. Es ist daher wichtig, die Voraussetzungen für einen solchen Widerspruch zu kennen, um seine Rechte als Betroffener wahrzunehmen und eine sachgerechte Entscheidung zu erwirken.

Im nachfolgenden Beitrag wird ein konkretes Urteil des Kammergerichts Berlin vorgestellt, das sich mit den Voraussetzungen eines Widerspruchs nach § 72 Abs. 1 OWiG befasst. Lesen Sie weiter, um mehr über die Details des Urteils zu erfahren und wie Sie von diesem Wissen profitieren können.

Rotlichtverstoß und Rechtsbeschwerde: Ein Fall aus Berlin

In einem bemerkenswerten Fall, der vom Kammergericht Berlin verhandelt wurde, stand ein Betroffener wegen eines Rotlichtverstoßes im Fokus. Die Polizei Berlin hatte gegen den Betroffenen, der durchgehend an der im Urteil angegebenen Adresse gemeldet war, eine Geldbuße von 110 Euro festgesetzt. Dieser Fall zieht besondere Aufmerksamkeit auf sich, da er verschiedene rechtliche Aspekte rund um den Einspruch gegen Bußgeldbescheide und die darauffolgenden Rechtsmittel behandelt.

Der Weg durch die Instanzen

Die rechtliche Auseinandersetzung nahm ihren Anfang, als das Amtsgericht Tiergarten den Betroffenen zu der genannten Geldbuße verurteilte. Der Betroffene, dessen Einspruch nach Aktenlage als erfolglos angesehen wurde, widersprach dem Beschlussverfahren. Interessant ist hierbei die Problematik der Zustellung der relevanten Schreiben. Der Betroffene gab an, er habe sich zum Zeitpunkt der Zustellung nicht in seiner Wohnung befunden, weshalb er die Anhörung zum Beschlussverfahren nicht bestätigen konnte. Dieser Punkt ist rechtlich besonders brisant, da er die Frage der ordnungsgemäßen Zustellung und somit des rechtlichen Gehörs aufwirft.

Kernfragen der Rechtsbeschwerde

Die Rechtsbeschwerde, die der Betroffene gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten einlegte, wurde vom Kammergericht Berlin kritisch betrachtet. Der Fokus lag dabei auf der Frage, ob der Betroffene im Rahmen des § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG angemessen angehört wurde und ob die Anhörungsschreiben wirksam zugestellt worden waren. Interessanterweise entschied das Gericht, dass es sich bei der Nichtzustellung nicht um eine Verletzung des rechtlichen Gehörs handelte, was entscheidend zur Verwerfung der Rechtsbeschwerde beitrug.

Entscheidungsgründe und Auswirkungen

Das Kammergericht stellte fest, dass die Rechtsbeschwerde zwar zulässig, aber unbegründet sei. Ein zentraler Punkt war, dass der Betroffene nach Ansicht des Gerichts dem Beschlussverfahren nicht wirksam widersprochen hatte. Trotz der Behauptung, er habe sich zum Zeitpunkt der Zustellung nicht in seiner Wohnung befunden, reichte dies nicht aus, um die Rechtsbeschwerde zu stützen. Das Gericht wies darauf hin, dass ein wirksamer Widerspruch bereits im Vorverfahren hätte erklärt werden können, sah jedoch in diesem speziellen Fall keinen solchen Widerspruch. Die Entscheidung des Kammergerichts verdeutlicht die Bedeutung einer korrekten und fristgerechten Reaktion auf Bußgeldbescheide und die Komplexität der rechtlichen Bewertung von Widersprüchen.

Der Fall unterstreicht die Wichtigkeit einer genauen Kenntnis des Verfahrensrechts, insbesondere im Kontext von Ordnungswidrigkeiten. Für den Betroffenen endete der Prozess mit der Pflicht, die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, und setzt somit ein klares Zeichen hinsichtlich der Konsequenzen bei nicht ordnungsgemäß geführten Rechtsmitteln im Verkehrsrecht.

Abschließend lässt sich sagen, dass dieses Urteil einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Verfahrensregeln bei Bußgeldbescheiden liefert und eine Mahnung an alle Betroffenen darstellt, sich rechtzeitig und adäquat zu Einsprüchen und Rechtsbeschwerden zu äußern. Das Urteil zeigt auf, wie entscheidend die Details der Verfahrensführung und die korrekte Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des § 72 Abs. 1 OWiG, für den Ausgang eines Falles sein können.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was genau bedeutet ein Widerspruch im Rahmen des § 72 Abs. 1 OWiG und unter welchen Voraussetzungen kann er eingelegt werden?

Ein Widerspruch im Rahmen des § 72 Abs. 1 OWiG bezieht sich auf das sogenannte Beschlussverfahren, bei dem das Gericht ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden kann. Dies ist jedoch nur möglich, wenn weder der Betroffene noch die Staatsanwaltschaft dem Verfahren widersprechen.

Die Voraussetzungen für die Einlegung eines Widerspruchs sind wie folgt:

1. Der Betroffene muss über die Möglichkeit eines Beschlussverfahrens und das Recht zum Widerspruch informiert werden. Das Gericht muss den Betroffenen vor einer Entscheidung im Beschlusswege auf diese Möglichkeit hinweisen und ihm die Gelegenheit geben, sich innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Hinweises zu äußern.

2. Der Widerspruch kann ausdrücklich oder schlüssig erklärt werden. Ein bereits vor dem Hinweis nach § 72 Abs. 1 Satz 2 OWiG erklärter Widerspruch bleibt wirksam, auch wenn der Betroffene auf einen späteren Hinweis des Gerichts nicht reagiert oder die Anfrage des Gerichts unbeantwortet lässt.

3. Ein Widerspruch ist auch dann wirksam, wenn er bereits gegenüber der Verwaltungsbehörde, etwa mit dem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid, erklärt wurde.

4. Ein Widerspruch muss fristgerecht erfolgen. Geht der Widerspruch erst nach Ablauf der Frist ein, ist er unbeachtlich, und das Gericht kann im Beschlussverfahren entscheiden.

5. Das Gericht kann von einem Hinweis absehen und auch gegen den Widerspruch des Betroffenen durch Beschluss entscheiden, wenn es den Betroffenen freispricht.

Zusammenfassend ist ein Widerspruch im Rahmen des § 72 Abs. 1 OWiG ein Rechtsmittel, das dem Betroffenen ermöglicht, sich gegen eine Entscheidung ohne Hauptverhandlung zu wehren. Der Widerspruch muss innerhalb der gesetzlichen Frist und in der vorgeschriebenen Form eingelegt werden, um wirksam zu sein.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 3 ORbs 222/23 – 122 Ss 104/22 – Beschluss vom 07.11.2023

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. Januar 2023 wird verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Die Polizei Berlin hat gegen den Betroffenen, der durchgehend unter der im Rubrum bezeichneten Anschrift gemeldet gewesen ist, wegen eines Rotlichtverstoßes eine Geldbuße von 110 Euro festgesetzt. Das Amtsgericht Tiergarten hat dem Betroffenen am 17. November 2022 gegen Zustellungsurkunde und dem Verteidiger formlos mitgeteilt, dass der Einspruch „nach Aktenlage keine Aussicht auf Erfolg“ habe. Zugleich hat die Abteilungsrichterin erklärt, es sei beabsichtigt, durch Beschluss nach § 72 OWiG zu entscheiden, sofern dem nicht widersprochen werde. Die Zustellung an den Betroffenen ist fehlgeschlagen, weil dieser, wie der Postdienstleister mitgeteilt hat, unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln sei. Hausermittlungen haben in der Folge das Gegenteil ergeben: Ein Polizeibeamter teilte mit, es befinde sich der Name des Betroffenen am Briefkasten, der ersichtlich auch geleert werde. Das Anhörungsschreiben vom 17. November 2022 ist durch den Beamten am 2. Januar 2023 in den Briefkasten eingelegt worden.

Am 24. Januar 2023 hat das Amtsgericht den Betroffenen durch Beschluss zu einer Geldbuße von 110 Euro verurteilt. Die Abteilungsrichterin hat verfügt, dass der Beschluss an den Betroffenen zugestellt werden soll, eine formlose Abschrift ist an den Verteidiger übersandt worden. Am 2. Februar 2023 hat der Verteidiger unter erstmaliger Vorlage einer schriftlichen Vollmacht dem Beschlussverfahren widersprochen, zugleich Wiedereinsetzung in die diesbezüglich versäumte Frist beantragt und Rechtsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung der Wiedereinsetzung hat der Verteidiger behauptet, dass „der Betroffene sich zurzeit nicht in seiner Wohnung befindet“, weshalb er die Zustellungen „nicht bestätigen“ könne; die Anhörung zum Beschlussverfahren sei ihm jedenfalls sicher nicht zugestellt worden. Der angefochtene Beschluss konnte aber wiederum nicht an den Betroffenen zugestellt werden, weil dieser nicht zu ermitteln sei. Am 20. Februar 2023 hat die Abteilungsrichterin verfügt, der Beschluss solle an den Verteidiger zugestellt werden. Nachdem dieser den Empfang nicht bescheinigt hatte, ist er unter Übersendung eines neuen Empfangsbekenntnisses am 15. März 2023, wiederum erfolglos, gemahnt worden. Die Richterin hat in der Folge verfügt, der Beschluss solle gegen Zustellungsurkunde an den Verteidiger zugestellt werden. Am 29. März 2023 hat sie den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Die Rechtsbeschwerde bleibt erfolglos.

1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 72 Abs. Abs. 1 Nr. 5 OWiG statthaft, sie ist auch im Weiteren zulässig. In Bezug auf die Behauptung des Betroffenen, das Anhörungsschreiben vom 17. November 2022 nicht erhalten zu haben, weil er sich „zurzeit nicht in seiner Wohnung befindet“, verfehlt die darin zu erblickende Beanstandung der Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 72 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 OWiG) die nach §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu stellenden Anforderungen (vgl. BGHSt 23, 298) bei Weitem. Jedoch macht der Betroffene auch geltend, sein vorprozessuales Verhalten sei als Widerspruch im Sinne des § 72 Abs. Abs. 1 Satz 1 OWiG zu bewerten. Darin liegt die Behauptung, dem Beschlussverfahren rechtzeitig widersprochen zu haben (§ 72 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 OWiG). Der Senat erachtet diese Rüge als zulässig erhoben, denn das Verfahrensgeschehen wird ausreichend dargelegt.

2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet.

a) Mit der Frage, ob der Betroffene in Bezug auf das Beschlussverfahren (§ 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG) angehört worden ist und namentlich, ob das Anhörungsschreiben vom 17. November 2022 wirksam zugestellt worden ist, muss sich der Senat nicht befassen. Die insoweit erhobene Verfahrensrüge ist, wie dargestellt, unzulässig.

b) Der Beschluss ist aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, dass der Betroffene dem nach § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG durchgeführten Verfahren wirksam widersprochen hätte. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Betroffene habe bereits im Vorverfahren zu erkennen gegeben, dass er einer Entscheidung im Beschlusswege widerspreche. Denn „gegenüber den Polizeibeamten“ habe er bereits am Tattag „sinngemäß geäußert, dass er keine Ampel gesehen hat“, womit gemeint gewesen sei, er habe keine „rote Ampel“ gesehen (RB S. 3). Auch mit der Einlegung des Einspruchs habe er „hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er eine Klärung des Sachverhalts vor Gericht im Wege der Beweisaufnahme zur Entkräftung des gegenüber ihm erhobenen Vorwurfs für erforderlich erachtet“ (RB S. 3/4).

aa) In Bezug auf den Zeitpunkt des nach § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG anzubringenden Widerspruchs ist anerkannt, dass ein Betroffener ihn bereits mit der Einlegung des Einspruchs erklären kann und dass eine solche Erklärung mit dem Eingang der Akten dem Gericht gegenüber ihre Sperrwirkung entfaltet (vgl. OLG Karlsruhe Justiz 1974, 29). Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass der Widerspruch schon im Vorverfahren in einem an die Bußgeldbehörde gerichteten Schriftsatz erklärt werden kann. In diesem Fall richtet sich die Erklärung sachlich an das Amtsgericht, weil nur dieses die Wahl hat, durch Beschluss oder nach Hauptverhandlung durch Urteil zu entscheiden (vgl. Senat NZV 2022, 203). Ein auf diese Weise wirksam erklärter Widerspruch wird auch nicht dadurch unwirksam, dass das Amtsgericht im späteren Verfahren ankündigt, durch Beschluss entscheiden zu wollen, und der Betroffene dem nicht widerspricht. Vielmehr bedarf es in diesem Fall einer eindeutigen Rücknahme des zuvor erklärten Widerspruchs (vgl.Senat NZV 2022, 203; OLG Köln SVR 2014, 149 [Volltext bei juris]). Dem bloßen Schweigen kann eine solche Erklärung, bereits nach allgemeinen Grundsätzen, nicht beigemessen werden (vgl. Senat NZV 2022, 203; BayObLG NStZ 2021, 503 m.w.N.).

bb) In Bezug auf den erforderlichen Inhalt der Widerspruchserklärung weist die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, dass die Äußerung des Betroffenen unter Berücksichtigung des konkreten Falls und namentlich des wirklichen Willens des Betroffenen und der Reichweite seiner abgegebenen Erklärung festzustellen ist (vgl. OLG Koblenz NStZ 1991, 191). Ein Widerspruch kann auch durch schlüssiges Verhalten, also konkludent, erklärt werden (vgl. OLG Hamm VRS 58, 46). Ein schlüssig erklärter Widerspruch gegen das schriftliche Verfahren soll in jeder Äußerung des Betroffenen zu sehen sein, aus der hervorgeht, dass er mit einer Entscheidung allein aufgrund des bis dahin aktenkundigen Sachverhalts nicht einverstanden ist, sondern eine weitere Klärung des Tathergangs wünscht (vgl. OLG Karlsruhe VRS 59, 136), der Betroffene die Tat zum Beispiel leugnet und sich hierfür auf Zeugen beruft (vgl. BayObLGNZV 1997, 197 und bei Rüth, DAR 1983, 255). In diesem Fall soll sogar eine ausdrücklich erklärte Zustimmung keine Wirkung entfalten (vgl. OLG Karlsruhe VRS 59, 136). Allerdings ist gleichfalls anerkannt, dass ein solcherart schlüssig erklärter Widerspruch nicht vorliegt, „wenn der Betroffene im Einspruch gegen den Bußgeldbescheid lediglich den Tatvorwurf (substantiiert) bestreitet“ (vgl. BayObLGNZV 1997, 197).

Der Senat teilt die Auffassung, ein – gegebenenfalls substantiiertes – Bestreiten sperre das Beschlussverfahren schlechthin und könne sogar eine spätere Zustimmung die Rechtswirkung nehmen (so OLG Karlsruhe VRS 59, 136), ausdrücklich nicht. Selbstverständlich kann auch ein zunächst bestreitender Betroffener sein prozessuales Verhalten ändern und mit der Zustimmung zum Beschlussverfahren, gegebenenfalls nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt, einen von ihm als unkompliziert, wirtschaftlich und vorteilhaft empfundenen Verfahrensgang wählen.

Auf die Frage kommt es hier aber nicht an. Denn der Betroffene hat vor Beschlusserlass zu keinem Zeitpunkt die Tat substantiiert oder qualifiziert bestritten. Als einzige Äußerung des Betroffen hat der anzeigende Polizeibeamte „sinngemäß“ notiert: „Ich habe gar keine Ampel gesehen.“ Der Verteidiger hat mit der Einspruchseinlegung und auch hiernach keine Erklärung zur Sache abgegeben, eine Einlassung des Betroffenen hat er nicht zur Akte gereicht. Unabhängig von der anzuzweifelnden, zumal unbedingten, Bindungswirkung eines vorzeitig, nämlich bereits im Ermittlungsverfahren, angebrachten Widerspruchs fehlt es damit hier bereits an einer Erklärung, der ein entsprechender Inhalt beigemessen werden könnte.

Es versteht sich zudem von selbst, dass auch dem bloßen Umstand der Einspruchseinlegung keine Widerspruchserklärung beigemessen werden kann, die das Beschlussverfahren sperren könnte. Wäre es anders, käme das Verfahren nach § 72 OWiG überhaupt nicht oder allenfalls mit ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen in Betracht. Dies widerspräche aber der gesetzlichen Regelung, die mit § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG einen Widerspruch des Betroffenen erfordert.

cc) Die Verfahrensrüge offenbart damit weder vor noch nach der durch die Abteilungsrichterin veranlassten Anhörung des Betroffenen zum Verfahren nach § 72 Abs. 1 OWiG ein Prozessgeschehen, dem ein Widerspruch des Betroffenen entnommen werden könnte. Vor diesem Hintergrund war das Amtsgericht nicht gehindert, das Beschlussverfahren zunächst anzuregen und, nachdem nicht widersprochen worden war, entsprechend zu verfahren.

c) Die Sachrüge ist nicht erhoben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.

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