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Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nach Schlaganfall

VG Düsseldorf – Az.: 14 K 1666/19 – Urteil vom 28.04.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der am 00.00.0000 geborene Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE und C1E.

Der Beklagten wurde durch eine Vorsprache des Klägers am 28. September 2019 bekannt, dass der Kläger am 22. Juli 2018 einen Schlaganfall erlitten hatte. Da der Kläger Berufskraftfahrer ist, wollte er wissen, ob er wieder fahren dürfe. Der Kläger legte einen Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik „S.  -T.  -L.  “ in O.  vor, demzufolge er sich vom 20. August 2018 bis zum 17. September 2018 dort in stationärer Behandlung befunden habe. Der Bericht führt unter anderem wörtlich aus:

„Zum Zeitpunkt der Entlassung zeigte sich bei Herrn X.  kein fokal neurologisches Defizit. Es ließen sich lediglich leichtgradige Defizite in der basalen Aufmerksamkeitsaktivierung sowie der geteilten Aufmerksamkeit objektivieren. … Therapieempfehlungen: hausärztliche Weiterbetreuung; Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren, ggf. Anpassung der Medikation. Aufgrund des Schlaganfalls ist es Herrn X.  nicht möglich, in seine vorherige berufliche Tätigkeit als Berufskraftfahrer zurückzukehren. Wir empfehlen die Initiierung einer innerbetrieblichen Umsetzung. Vor Wiederaufnahme der privaten Fahrtätigkeit praktische Fahrprobe in einer dafür zugelassenen Fahrschule.“

Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin mit Anordnung vom 28. September 2018 auf, bis zum 2. Dezember 2018 ein verkehrsmedizinisches Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen. Das Gutachten sollte zu den Fragen einer Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und der Gruppe 2 im Hinblick auf folgende Fragen Stellung nehmen:

„Ist die kreislaufabhängige Störung der Hirntätigkeit erfolgreich therapiert? Ist das akute Ereignis abgeklungen? Besteht eine Rückfallgefahr?

Ist die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 (Tätigkeit als Berufskraftfahrer) ausnahmsweise trotz des Hirninfarktes gegeben?

Besteht eine ausreichende Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 (Leistungstest nach Anlage 5 FeV)?

Liegt in der Gesamtschau hinsichtlich des Hirninfarktes die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 vor?

Sind Auflagen und/oder Beschränkungen erforderlich?

Sind Nachuntersuchungen erforderlich? Wenn ja: In welchem zeitlichen Abstand?“

Der Kläger erklärte sich unter dem 10. Oktober 2018 mit der Begutachtung einverstanden. Die Beklagte übersandte der B.  H.  für angewandte C.  und Verkehrssicherheit N.  (B.  ) mit Schreiben vom 16. Oktober 2018 die Verwaltungsvorgänge mit dem Auftrag, ein Gutachten über die Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 zu erstellen.

Nach entsprechend gewährter Fristverlängerung ging der Beklagten das Gutachten vom 21. Dezember 2018 zu.

Das Gutachten kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die kreislaufabhängige Störung der Hirntätigkeit erfolgreich therapiert sei. Das akute Ereignis sei abgeklungen, es bestehe keine gravierend erhöhte Rückfallgefahr. Der Kläger sei zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 – nicht aber der Gruppe 2 – geeignet ist, da wegen des Hirninfarkts die Eignung für eine Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr gegeben sei. Eine Ausnahme nach Ziffer 6.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung sei nicht vorgesehen. Es bestehe allerdings eine ausreichende Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (Leistungstest nach Anlage 5 zur Fahrerlaubnisverordnung). Es seien diesbezüglich Auflagen und Beschränkungen erforderlich, nämlich weitere Senkung der Blutfette, eine Blutdruckeinstellung und eine Raucherentwöhnung (diagnostizierte Nikotinabhängigkeit). Es seien als Voraussetzung zum Führen von Fahrzeugen der Gruppe 1 Nachuntersuchungen erforderlich, und zwar im zeitlichen Abstand von 1, 2 und 4 Jahren.

Das Gutachten führt unter anderem wörtlich aus:

„Akute Folgen des Schlaganfalls waren eine linksseitige Lähmung. Durch eine sehr günstig verlaufene Akuttherapie konnte nach intensiver Rehabilitation die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit fast komplett wiederhergestellt werden. Herr X.  möchte nun gerne seinen Beruf als Berufskraftfahrer weiter ausüben. Nach einem Schlaganfall ist jedoch die Eignung zum Führen eines Fahrzeugs der Gruppe 2 grundsätzlich nicht mehr gegeben. Eine Ausnahme ist nicht vorgesehen. … Bei Herrn X.  kann davon ausgegangen werden, dass die Grunderkrankung behandelt ist. Eindeutig geklärt ist die Ursache des Schlaganfalls nicht, am ehesten liegt jedoch eine Arteriosklerose zu Grunde. Diese entsteht durch erhöhte Blutfette in Kombination mit Rauchen. … Durch die Einnahme des Blutverdünnungsmittels B1.  und die Blutfettsenkung ist die Erkrankung annähernd ausreichend behandelt. Allerdings liegen die Blutfette nicht im risikoarmen Bereich und Herr X.  raucht bei Nikotinabhängigkeit fortgesetzt eine Schachtel Zigaretten am Tag. Auch war der Blutdruck leicht erhöht. Eine Blutdruckmedikation wurde nicht verordnet.“

Nach Anhörung entzog die Beklagte dem Kläger mit Ordnungsverfügung vom 29. Januar 2019, zugestellt am 31. Januar 2019, die Fahrerlaubnis der Gruppe 2 und ordnete die sofortige Vollziehung an. Sie forderte den Kläger auf, den Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung abzugeben. Für den Fall, dass der Kläger dieser Anordnung nicht nachkomme, drohte sie die Anwendung des unmittelbaren Zwangs an. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, aufgrund des Gutachtens sei der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht mehr geeignet. Mit Gebührenbescheid vom 20. Oktober 2017 setzte die Beklagte Verwaltungsgebühren i.H.v. 205,60 EUR fest und machte Zustell-Auslagen i.H.v. 4,11 EUR (insgesamt 209,71 EUR) geltend.

Mit Bescheid vom 29. Januar 2019 zugestellt am 31. Januar 2019, verfügte die Beklagte hinsichtlich der Fahrerlaubnis der Gruppe 1 die Auflage, dass der Kläger in Abständen von einem, zwei und vier Jahren unaufgefordert ein fachärztliches Gutachten (Neurologe mit verkehrsmedizinischer Qualifikation) vorzulegen habe. Die Frist zur Vorlage der Gutachten ende somit am 21.12.2019, 21.12.2021 und am 21.12.2025.

Der Kläger hat gegen beide Bescheide am 25. Januar 2019 Klage erhoben und Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hat der Kläger die Klage und den Eilantrag gegen die Auflagen zurückgenommen, sodass die Verfahren 14 K 1665/19 und 14 L 648/19 mit Beschlüssen vom 15. April 2019 eingestellt wurden. Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hat die Beklagte im Verfahren 14 L 649/19 den Sofortvollzug hinsichtlich des Entzuges der Fahrerlaubnis der Gruppe 2 aufgehoben. Daraufhin ist dieses Verfahren mit Beschluss vom 29. April 2019 nach entsprechenden Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt worden.

Mit Beweisbeschluss vom 24. Mai 2019 hat das Gericht zur Klärung der Frage, ob der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 geeignet ist, Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens zu dem bereits vorliegenden Gutachten der B.  X1.  . Mit der Erstellung des Gutachtens wurde die B.  X1.  beauftragt. Der Beschluss erging vor dem Hintergrund, dass das Gutachten nicht hinreichend begründe, aus welchem Grund bei dem Kläger keine Ausnahme von der Ziffer 6.4 der Anl. 4 zur Fahrerlaubnisverordnung gemacht werden könne, da der Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Schubert/Huetten/Reimann/Graw, 3. Aufl., 2018, S. 184 f.) ausführt, dass die Differenzierung zwischen den Gruppen 1 und 2 bei einem Schlaganfall ohne Ausnahme wissenschaftlich nicht haltbar sei. Je nach Einzelfall bestehe eine sehr niedrige Risikoerhöhung, die aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht kein lebenslanges faktisches Berufsverbot begründen könne, sodass sich für den Gutachter empfehle, das Risiko im Einzelfall medizinisch darzustellen. Die B.  legte das Gutachten vom 18. Dezember 2019 am 23. Dezember 2019 dem Gericht vor.

Das Ergänzungsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger ein Kfz der Gruppe 2 nicht sicher führen könne. Es sei nicht festzustellen, dass im Falle des Klägers eine Ausnahme von der in Ziffer 6.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung gemacht werden könne: Das Risiko eines Schlaganfalls sei nach wie vor als zu hoch einzuschätzen. Die Risikofaktoren seien nicht ausreichend behandelt. Es sei nach wie vor unklar, welche Ursache der Schlaganfall gehabt habe und es sei zweifelhaft, ob der Kläger hinsichtlich der cholesterinsenkenden Mittel ausreichend verlässlich die Regeln befolge. Ebenfalls sei die empfohlene Entwöhnungstherapie bezüglich des Nikotins nicht durchgeführt worden, die Blutdruckmessung sei nicht ausreichend aussagekräftig und es sei unsicher, ob der Kläger die Vorboten und Symptome eines Schlaganfalls erkennen würde.

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, dass sowohl das Gutachten vom 21. Dezember 2018 als auch vom 18. Dezember 2019 vor dem Hintergrund unverständlich seien, dass die behandelnden Ärzte (Ärzte aus der Rehabilitationsklinik, der Hausarzt sowie der Neurologe) in ihren Berichten und persönlichen Stellungnahmen bekundet hätten, dass sie bei dem Kläger keine Rückfallgefahr sähen. Es bestehe der Verdacht, dass die Gutachten der B.  nicht unparteiisch erstellt worden seien.

Der Kläger hat einen eigenen Bericht des behandelnden Neurologen (Herr Dr. T1.  -G.  aus S1.  ) vom 7. Februar 2019 vorgelegt, demzufolge kein hohes Rezidivrisiko bestehe. Allerdings solle der Nikotinkonsum weiter reduziert bzw. beendet werden. Wörtlich führt das Attest aus: „Die Fahrtauglichkeit (für die Gruppe 2) muss in jedem Fall gutachterlich geprüft werden. Da dieses Gutachten für Herrn X.  bereits negativ ausgefallen ist, wurde ihm trotz subjektiv keiner Beeinträchtigung und niedrigem Rezidivrisiko geraten, einer anderen Tätigkeit nachzugehen.“

Der Kläger beantragt, die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 29. Januar 2019 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt sie das Vorbringen aus dem angefochtenen Bescheid und bezieht sich auf die beiden negativen Gutachten.

Mit Beschluss vom 2. April 2019 ist das Verfahren der Vorsitzenden zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2020 hat der Kläger angegeben, dass er nach wie vor arbeitslos sei. Er habe das neurologische Gutachten, das er aufgrund des Bescheides vom 29. Januar 2019 bis zum 21. Dezember 2019 für die Fahrerlaubnis der Gruppe 1 hätte vorlegen sollen, nicht vorgelegt. Die Pflicht zur Vorlage dieses Gutachtens habe er auch nicht im Blick gehabt. Er sei auch seitens der Beklagten weder vor der Frist noch nach Ablauf der Frist an die Vorlage dieses Gutachtens erinnert worden. Der Kläger sei auch seit Februar 2019 nicht mehr beim Neurologen gewesen, zumal er dazu auch aus Sicht seines Hausarztes keine Veranlassung gehabt habe. Der Kläger hat auf gerichtliche Nachfrage allerdings erklärt, dass er nicht mehr rauche. Zwar habe er keine Entwöhnungsbehandlung durchgeführt, habe es aber allein geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören.

Das Fernbleiben der als sachverständige Zeugin geladenen Gutachterin war entschuldigt. Für die Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 29. Januar 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Verfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz i.V.m. § 46 Abs. 1 S. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.

Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Ziffer 6.4. der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung i.V.m. Nr. 3.9.4 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, gültig ab 01.05.2014) ist bei kreislaufabhängigen Störungen der Hirntätigkeit eine Eignung oder bedingte Eignung für Fahrzeuge der Gruppe 2 ausgeschlossen. Die Möglichkeit einer Ausnahme oder die Möglichkeit von Beschränkungen/Auflagen bei bedingter Eignung sieht die Ziffer 6.4 nicht vor. Allerdings ergibt sich aus der Vorbemerkung (Ziffer 3) zu der in Anlage 4 enthaltenen Tabelle, dass die vorgenommenen Bewertungen für den Regelfall gelten. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und – umstellungen seien möglich. Ergäben sich im Einzelfall in dieser Hinsicht Zweifel, könne eine medizinisch – psychologische Begutachtung angezeigt sein,

vgl. dazu: VG Aachen, Beschluss vom 15. April 2020 – 3 L 2/20 – juris.

Eine Ausnahme kann bei einem erlittenen Schlaganfall z.B. dann in Betracht kommen, wenn bei vollständiger Rückbildung der Symptome ein längerer Zeitraum ohne weitere Vorfälle verstrichen ist und kein nennenswertes Rückfallrisiko mehr besteht. Denn bei vollständiger Rückbildung der Symptome können allein aus einem Rückfall noch Gefahren für den Straßenverkehr resultieren,

vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 22. Juni 2016 – 11 C 16.793 – juris; BayVGH, Urteil vom 7. März 2016 – 11 B 15.2093 – juris; VG München, Beschluss vom 13. Mai 2015 – 6b K14.1427 – juris.

Daher empfiehlt es sich für den Gutachter, gerade vor dem Hintergrund eines faktischen Berufsverbots in dieser Art von Konstellationen, das Rezidivrisiko medizinisch darzustellen,

vgl. Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien, 3. Aufl., 2018, S. 184f.

Nach den vorgelegten ärztlichen Gutachten der B.  X1.  vom 21. Dezember 2018 und vom 18. Dezember 2019 besteht bei dem Kläger ein Zustand nach einem Schlaganfall. Zunächst begründet allein dieser Umstand nach der Ziffer 6.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung, dass der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht geeignet ist.

Eine Ausnahme von diesem Regelfall im Sinne der Ziffer 3 der Vorbemerkung zu der Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung ist vorliegend nicht ersichtlich, da bei dem Kläger nach wie vor ein erhöhtes Rückfallrisiko besteht. Das Ergänzungsgutachten setzt sich eingehend und umfangreich mit der Prüfung dieser Frage auseinander. Dabei kann dahinstehen, ob die Gutachterin den Kläger eventuell in einzelnen Punkten missverstanden hat. Denn sie legt anhand objektiv belegbarer Umstände im Einzelnen dar, aus welchen Gründen das Risiko eines erneuten Schlaganfalls bei dem Kläger weiterhin als zu hoch einzuschätzen sei, weshalb im Falle des Klägers keine günstige Bewertung im Sinne einer Ausnahme nach Ziffer 6.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung erfolgen könne. Insbesondere seien die modifizierbaren Risikofaktoren nicht ausreichend behandelt, sei die empfohlene Entwöhnungstherapie nicht durchgeführt worden, sei nach wie vor unklar, welche Ursache der Schlaganfall gehabt habe und bestünden Zweifel, ob die Langzeit – Blutdruckmessung aussagekräftig sei, weil im konkreten Fall ab 16:00 Uhr keine Aufzeichnungen mehr dokumentiert seien.

Die Gutachten, die von wissenschaftlichen Spezialisten stammen, begegnen keinen inhaltlichen Bedenken. Die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen wurden angegeben. Diese sind aus Sicht des Gerichts auch ausreichend, um das Ergebnis plausibel zu begründen, da sie belegen, dass sich die Gutachter sowohl eingehend mit der Krankengeschichte des Klägers beschäftigt haben, als auch sich in eingehenden Gesprächen einen eigenen Eindruck von dem aktuellen Gesundheitszustand des Klägers verschafft haben. Das Ergebnis, dass der Kläger momentan nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug der Gruppe 2 sicher zu führen, ist demnach schlüssig und nachvollziehbar.

Anders als der Kläger meint, deckt sich dieses Ergebnis auch mit den dem Gericht vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen des behandelnden Neurologen und des Neurologen der Rehabilitationsklinik, da beide übereinstimmend zum Ausdruck bringen, dass die Fahrtauglichkeit des Klägers als Berufskraftfahrer nicht gegeben sei und ihm daher auch seitens dieser Ärzte geraten wurde, trotz subjektiv geringer Beeinträchtigung einer anderen Tätigkeit nachzugehen. Dadurch, dass der Kläger das im Rahmen der Fahrerlaubnis der Gruppe 1 bis zum 21. Dezember 2019 erforderliche neurologische Gutachten nicht vorgelegt hat, ergeben sich auch aktuell keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesundheitszustand des Klägers neu einzuschätzen ist.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Kläger nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug der Gruppe 2 sicher zu führen. Dem Kläger bleibt es unbenommen, im Rahmen eines Neuerteilungsverfahrens durch ein erneutes Gutachten seine Kraftfahreignung für die Gruppe 2 nachzuweisen.

Die Verpflichtung zur Führerscheinabgabe ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG. Die mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundene Androhung unmittelbaren Zwangs in der Verfügung vom 29. Januar 2019 war gemäß §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 62 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe: Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. Das Interesse an der Fahrerlaubnis der betroffenen Klassen wird im Klageverfahren von Personen, die die Fahrerlaubnis qualifiziert beruflich nutzen, nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 16 B 1224/15 -, Rn. 14, juris,

der das Gericht folgt, mit dem doppelten Auffangwert des GKG angesetzt.

 

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