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Halteranhörung zu Parkverstoß – Anforderungen an die Beschreibung des Tatvorwurfs

Verkehrsordnungswidrigkeit und Anforderungen an die Halteranhörung: Fallstricke im Verkehrsrecht

Im vorliegenden Fall entschied das Amtsgericht Tiergarten (Az.: 297 OWi 130/20) am 19.06.2020 zu den Anforderungen an die Halteranhörung bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit, speziell einem Parkverstoß. Die zentrale Frage im juristischen Fokus dieses Falls war, ob die Bußgeldbehörde im vorgegebenen Fall die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Satz 1 StVG erfüllt hatte. Hierbei handelt es sich um die Bußgeldhaftung des Halters, die dann greift, wenn die Behörde den tatsächlichen Fahrer nicht ermitteln kann.

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Die Hürden des Ermittlungsaufwandes

Die Bußgeldbehörde ist verpflichtet, einen angemessenen und ihr zumutbaren Ermittlungsaufwand zu betreiben, um den Fahrer zu ermitteln. Dies ist besonders bei Parkverstößen, bei denen lediglich eine Kennzeichenanzeige vorliegt, relevant. Hier kommt der Halteranhörung eine wichtige Rolle zu. Sie soll dem Halter ermöglichen, den Fahrer zur Tatzeit zu benennen und somit die Übernahme der Verfahrenskosten zu vermeiden. Laut Gericht hat die Behörde in diesem Fall jedoch ihre Aufklärungspflicht verletzt, da die Halteranhörung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Ein Fall falscher Angaben

Ein wesentliches Problem bestand darin, dass der Tatort vom Ordnungsdienst falsch notiert wurde. Sowohl in der Anhörung als auch im Bußgeldbescheid muss der Tatort konkret und korrekt angegeben werden. Dies dient dazu, den Betroffenen angemessen über den Tatvorwurf zu informieren und das weitere Verfahren darauf einzustellen. Wird der Tatort – wie im vorliegenden Fall – fehlerhaft angegeben, ist das Vorgehen der Bußgeldbehörde fehlerhaft. Dies hat zur Folge, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Kostenbescheids nicht gegeben sind.

Auswirkungen auf den Betroffenen

Aufgrund der falschen Angaben im Anhörungsschreiben wurde der Halterin keine Chance gegeben, sich zu dem tatsächlichen Tatvorwurf zu äußern. Es ist nicht auszuschließen, dass sie bei korrekter Angabe des Tatortes Informationen zum Fahrer hätte liefern können. Dies hätte dazu führen können, dass der Fahrer hätte ermittelt werden können. Aufgrund der fehlerhaften Anhörung wurde diese Möglichkeit jedoch verhindert.

Folgen der Entscheidung

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Betroffenen wurden aufgrund der fehlerhaften Anhörung der Landeskasse Berlin auferlegt. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, dass Behörden ihren Pflichten, wie der korrekten Durchführung der Halteranhörung, nachkommen. Die Entscheidung ist unanfechtbar und betont somit die Relevanz von Genauigkeit und ordnungsgemäßem Vorgehen im Verkehrsrecht, insbesondere bei der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten.


Das vorliegende Urteil

AG Tiergarten – Az.: 297 OWi 130/20 – Beschluss vom 19.06.2020

In der Bußgeldsache wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit wird auf den Antrag der Betroffenen vom 09.12.2019 der Kostenbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 26.11.2019 (Aktenzeichen 58.13.872186.6) aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Betroffenen fallen der Landeskasse Berlin zur Last.

Gründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig und begründet.

Der Kostenbescheid ist aufzuheben, weil die Bußgeldbehörde nicht den erforderlichen und ihr zumutbaren Ermittlungsaufwand betrieben hat, um den Täter zu ermitteln, und daher die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Satz 1 StVG nicht erfüllt sind. Bei den massenhaft vorkommenden Parkverstößen mit einer bloßen Kennzeichenanzeige – wie hier – ist der Fahrer in aller Regel ausschließlich über die Befragung des Fahrzeughalters zu ermitteln (vgl. Sandherr NZV 2007, 433 m.w.N.), so dass diesem Verfahrensschritt eine zentrale Bedeutung zukommt. Die Bußgeldbehörde hätte daher, um ihrem erforderlichen Aufklärungsbemühen gerecht zu werden, die Halterin des Fahrzeugs in ordnungsgemäßer Weise zu dem Tatvorwurf anhören müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, den Fahrer zu Tatzeit zu benennen und dadurch die Auferlegung der Verfahrenskosten zu vermeiden.

Das ist nicht wirksam geschehen. Zwar wurde die Betroffene mit Schreiben der Bußgeldbehörde vom 27.08.2019 dazu angehört, dass ihr vorgeworfen werde, das bezeichnete Fahrzeug zur bezeichneten Tatzeit „in 10707 Berlin, Brandenburgische Str. vor Hnr 37“ im absoluten Halteverbot geparkt zu haben, worauf keine Reaktion der Betroffenen erfolgte. Jedoch hat sich später aufgrund des Antragsvorbringens der Betroffenen und der daraufhin gerichtlich veranlassten Überprüfung herausgestellt, dass sich der Tatort nicht dort, sondern „in 10707 Berlin, Berlinerstr. vor Hausnummer 37 befinden soll, womit die Anschrift Berliner Straße 37 in 10715 Berlin gemeint sein dürfte, da es in 10707 Berlin keine Berliner Straße gibt. Der Tatort war von dem Mitarbeiter des Ordnungsdienstes zunächst unrichtig notiert worden.

Hinsichtlich der Bezeichnung der vorgeworfenen Tat gelten für die Anhörung die gleichen Anforderungen wie für den Bußgeldbescheid. Bei der Anhörung muss der Tatort in gleicher Weise konkret und zutreffend angegeben werden wie beim Bußgeldbescheid. Denn die Anhörung soll den Betroffenen in gleicher Weise wie der Bußgeldbescheid in die Lage versetzen, über den Tatvorwurf informiert zu werden und das weitere Verfahrensverhalten darauf einzustellen. Es kommt daher auch bei der Anhörung für ihre Wirksamkeit entscheidend darauf an, dass die vorgeworfene Tat unter Angabe des genauen Tatortes, der Tatzeit und des Tatfahrzeuges konkret bezeichnet wird, damit der Halter dazu sachgerecht und sinnvoll Stellung nehmen kann. Anderenfalls liegt ein fehlerhaftes Vorgehen der Bußgeldbehörde vor, das zur Folge hat, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Kostenbescheides nicht gegeben sind.

Hier wurde bei der Betroffenen der unzutreffende Eindruck erweckt, ihr werde ein Parkverstoß an der Adresse „Brandenburgische Straße 37 in 10707 Berlin vorgeworfen. Wie beim Bußgeldbescheid gilt auch bei der Anhörung, dass eine falsche Bezeichnung des Tatortes nur dann unschädlich für dessen Wirksamkeit ist, wenn es sich um einen offensichtlichen Irrtum handelt (vgl. Göhler. OWiG, 17. Aufl. 2017 § 66 Rn. 43 m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Denn da es die Anschrift Brandenburgische Straße 37 in 10707 Berlin tatsächlich gibt (etwa 1.8 km vom Tatort entfernt), war der Fehler bei der Bezeichnung des Tatortes im Anhörungsschreiben keineswegs für einen ortskundigen Leser erkennbar und ohne Bedeutung. Aufgrund der fehlerhaften Anhörung wurde der Betroffenen keine Gelegenheit gegeben, sich zu dem tatsachlichen Tatvorwurf zu äußern. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass die Betroffene bei Angabe des zutreffenden Tatortes im Anhörungsschreiben Angaben zum Fahrer gemacht hätte und dieser damit hätte ermittelt werden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 62 Abs. 2 Satz 2 OWG in Verbindung mit § 467 Abs. 1 StPO,

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§§ 25a Abs. 3 Satz 3 StVG, 62 Abs. 2 Satz 3 OWiG).

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