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Geschwindigkeitsüberschreitung – Einstellung des Bußgeldverfahrens bei fehlenden Tatortangaben

AG Schleswig, Az.: 53 OWi 107 Js 8757/18, Beschluss vom 05.07.2018

In dem Bußgeldverfahren wegen Verkehrs-Ordnungswidrigkeit hat das AG Schleswig am 05.07.2018 beschlossen:

1. Das Verfahren wird hinsichtlich des Betroffenen pp. gemäß § 206a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG eingestellt.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe:

Es besteht ein Verfahrenshindernis hinsichtlich des Betroffenen, § 206a StPO.

Denn es ist mit Ablauf des 07.04.2018 Verfolgungsverjährung gemäß §§ 26 Abs. 3, 24 StVG i.V.m. 33 OWiG eingetreten. Die Verfolgungsverjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG begann nach § 31 Abs. 3 OWiG mit der Abschluss der ordnungswidrigen Handlung. d.h. vorliegend am 17.12.18. Die Verjährung wurde – wie die Verteidigung zutreffend ausführt – letztmalig am 08.01.2018 durch Abverfügung der Anhörung des Betroffenen unterbrochen.

Der Bußgeldbescheid vermag indessen die Verjährung die Verfolgungsverjährung nicht unterbrechen, da der vorliegend zu überprüfende Bußgeldbescheid vom 15.02.2018 unwirksam ist. Gemäß § 33 Abs. 1 §. 1 Nr. OWiG tritt die Verjährungsunterbrechung durch Erlass bzw. Zustellung des Bußgeldbescheides nur dann ein, wenn auch ein wirksamer Bußgeldbescheid vorliegt (Gerlter, BeckOK, OWiG, § 33 Rz. 112). Das ist vorliegend nicht der Fäll. Der von der Verteidigung angegriffene Bußgeldbescheid leidet indes unter schwerwiegenden Mängeln, da eine exakte Angabe des Tatortes im Bußgeldbescheid nicht angegeben ist und insofern eine Verwechselungsgefahr mit möglicherweise anderen Ordnungswidrigkeiten nicht ausgeschlossen werden kann (AG Lüdinghausen BeckRS 2015, 12516, AG Husum BeckRS 2017, 128121; im Übrigen bereits BGH NJW 1970, 2222, 2223; so auch ausdrücklich Rebler NZV 2016, 304, 308). Maßgebend ist danach eine Abgrenzung im Einzelfall. Die Konkretisierung des Tatvorwurfs und des Tatortes müssen jedoch nicht nur sicherstellen, dass der Betroffene überhaupt ein Bewusstsein für den ihm vorgeworfenen Verstoß bilden kann und dass insbesondere Verwechselungen sicher ausgeschlossen sind. Gerade bei Verkehrsverstößen, die sich relativ kurzen Zeiträumen relativ häufig zu wiederholen zu vermögen, sind insoweit problematisch und müssen von der Bußgeldbehörde im Bußgeldbescheid präzise konkretisiert werden (bereits BGH a.a.O.), so liegt der Fall hier, denn es besteht die Gefahr einer Verwechselung mit anderen ordnungswidrigen Geschwindigkeitsüberschreitungen durch den Betroffenen. Der Bußgeldbescheid umschreibt den Tatort nur mit der Straßenbezeichnung ohne nähere Eingrenzung, sodass für die Tatbegehung eine erhebliche räumliche Varianz besteht. Insofern ist der Verteidigung Recht zu geben, dass auf einer Fahrstrecke von mindestens 1,7 KM weitere Verstöße durch den Betroffenen bei lebensnaher Sachverhaltsauslegung nicht ausgeschlossen werden können. Dies auch insbesondere, weil der Betroffene nach dem vorliegenden Auszug aus dem Fahreignungsregister vom 17.01.2018 nicht zum ersten Mal mit einer Geschwindigkeitsübertretung konfrontiert ist. Auf eine zurückgelegte Distanz von knapp 2 Kilometern mit wechselnder Bebauung erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass entsprechend weitere Verstöße durch Überholmanöver, Abbremsen und Beschleunigen begangen worden sind.

Entgegen der in der Verfügung vom 16.05.2018 vertretenen Rechtsauffassung kann der Mengel des Bußgeldbescheides nicht durch eine Zusammenschau mit dem Akteninhalt oder ggf. aufgenommenen anderen Verstößen geheilt werden. Denn das Verjährungsrecht – und dies wurde in der Verfügung der Dezernatsvorgängerin verkannt – ist formelles Recht, das zwingend ist. Mit anderen Worten darf der Akteninhalt bei Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht herangezogen werden, da ansonsten die formelle Verjährungsfolge – namentlich das Erlöschen der Ahndungsmöglichkeit umgangen werden würde. Das gilt auch wenn der Verstoß durch den Betroffenen möglicherweise aus dem Akteninhalt ersichtlich ist, Die Bezugnahme auf den Akteninhalt zur Heilung von Mängeln des Bußgeldbescheides ist nur bei nicht schwerwiegenden, die Wirksamkeit nicht beeinträchtigenden Mängeln möglich (Rebler a.a.O. 306 m.w.N.). Bei schwerwiegenden Mängeln – wie der hier fehlenden Umgrenzungsfunktion darf die Heilung schon deshalb nicht eintreten. weil sie sonst die Schutzfunktion des Bestimmtheitsgrundsatzes vollständig aufheben würden. Dieser dient aber im Ergebnis dem Schutz der Bürger davon zum Objekt staatlicher Willkür zu werden und ist letztlich Ausdruck von verfassungsrechtlich verbürgten Verfahrensgarantien, die den Grundstein rechtsstaatlichen Handelns bilden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464, 467 Abs. I und 3 StPO, 46 Abs. 1 OWiG. Die Auslagen des Betroffenen sind vorliegend der Landeskasse aufzuerlegen, da die Verteidigung bereits frühzeitig mit Schreiben vom 15.05.2018 (BI. 43 d.A.) auf den Umstand des Eintritts der Verfolgungsverjährung hingewiesen und die entsprechende Einstellung beantragt hat. Demgemäß erscheint es nicht unbillig die Auslagen des Betroffenen der Landeskasse aufzuerlegen, § 467 Abs. 3 §. 2 Nr. 2 StPO (so auch OLG Celle Beschluss vom 18.08.2015 – BeckRS 2016, 02543).

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