AG Kassel – Az.: 385 OWi 9223 Js-OWi 8954/19 – Urteil vom 21.05.2019
Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 20,00 € verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Betroffene.
Angewendete Vorschriften: §§ 4111, 49 StVO, § 24 StVG
Gründe
Der Betroffene wurde am 1 in B geboren.
Folgender Sachverhalt ließ sich feststellen:
Am 16.08.2018 um 10:37 Uhr befuhr der Betroffene als Führer des PKW Ford mit dem amtlichen Kennzeichen C in D, OT E den F. Dort ergab eine mit dem Lasermessgerät LEIVTEC XV3 durchgeführte Geschwindigkeitsmessung für den vom Betroffenen geführten Pkw einen Wert von 86 km/h. Abzüglich einer Toleranz von 3 km/h betrug die vorwerfbare Geschwindigkeit 83 km/h. Die Geschwindigkeit war an der Messstelle auf 70 km/h beschränkt.
Die Messung erfolgte durch den Zeugen Herr G. Das Messgerät wurde entsprechend der gültigen Bedienungsanleitung in Betrieb genommen.
Die Messstelle wurde vor der Messung entsprechend ausgewählt und kontrolliert sowie der Messbetrieb durch den Zeugen G überwacht. Es wurden keine Mängel festgestellt. Das Messgerät wurde am 01.03.2017 geeicht, wobei die Eichung Gültigkeit bis zum 31.12.2018 entfaltet. Das Gerät hat einwandfrei gearbeitet, besondere Vorkommnisse sind nicht vorhanden gewesen.
Der Zeuge H wurde im März 2017 ordnungsgemäß auf das Messgerät geschult.
III.
Dieser Sachverhalt steht fest, aufgrund der ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme.
Der Betroffene hat seine Fahrereigenschaft vor der Hauptverhandlung eingeräumt.
Die Feststellungen zum Sachverhalt, insbesondere zu dem Messverfahren, dem Messgerät, der Örtlichkeit und Beschilderung sowie der gemessenen Geschwindigkeit beruhen auf dem in der Akte befindlichen Messprotokoll, der Eichscheine sowie der Fotos.
Bei dem hier vorliegenden Messverfahren handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren. Die Verlesung der Eichscheine sowie des Messprotokolls sowie die Inaugenscheinnahme der Fotos, Fahrerfoto (BI. 8 d.A.), Kennzeichenfoto (BI. 11 d.A.), Übersichtsfoto (BI. 6 d.A.), für deren Einzelheiten gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 46 OWiG Bezug genommen wird, reichen aus, um die Ordnungsgemäßheit der Messung zu überprüfen.
Die Feststellung zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergibt sich aus dem Messprotokoll (BI. 13 d.A.). Darüber hinaus ist im Messprotokoll beschrieben, dass das Messgerät, welches im Eichschein BI. 15 d.A. beschrieben ist, an der Messstelle zum Einsatz kam. Der Eichschein ist gesiegelt und unterschrieben. Damit ist die Eichung gültig.
Der Messbeamte ist ausweislich des auf BI. 7 d.A. befindlichen Schulungsnachweises auch ordnungsgemäß auf das zum Einsatz gekommene Gerät geschult wurden.
Soweit der Verteidiger beantragt hat, die gesamte Messreihe mit Rohmessdaten, die Statistikdaten zur Messserie sowie die Lebensakte zur Verfügung zu stellen, so war diesem Antrag nicht nachzukommen. Eine „Lebensakte“ eines Messgerätes kann nur dann beigezogen oder zum Gegenstand der Akteneinsicht gemacht werden, wenn es eine solche gibt. Trotz gegenteiliger Behauptung kann etwas, was nicht existiert, nicht Gegenstand eines Verfahrens sein. Zum Vortrag bei einem gleichwohl auf Beiziehung oder Akteneinsicht gerichteten Beweisantrags, gehört daher grundsätzlich das Wissen um die Existenz einer solchen „Lebensakte“, wo sie sich befinden soll und vor allem was sich in ihr befinden soll. Nur so kann das Gericht überhaupt prüfen, ob die behauptete „Lebensakte“ Relevanz für das Verfahren haben kann. Dabei gibt auch hier, dass die, bloße Behauptung den dazu notwendigen Tatsachenvortrag nicht ersetzt. Vorliegend scheitert der notwendige Tatsachenvortag bereits daran, dass es zumindest in Hessen keine „Lebensakten“ eines Messgerätes gibt. (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. August 2016— 2 Ss-OWi 589/16 —, Rn. 3 – 4, juris).
Die Falldatei wurde zur Verfügung gestellt.
Ein Einsichtsrecht für die gesamte „Messreihe“ besteht nicht. Sie ist weder unmittelbares noch mittelbares Beweismittel im Verfahren. Eine Einsichtnahme in diese kommt nur in Betracht, wenn der Verteidiger – gegenüber der Verwaltungsbehörde – tatsachenfundiert vorträgt,, warum er die gesamte Messreihe benötigt und dabei in die grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte Dritter eingreifen will. Auch hier gilt, dass die bloße Behauptung den notwendigen Tatsachenvortrag nicht ersetzt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. August 2016 — 2 Ss-OWi 589/16 —, Rn. 16, juris). Ein entsprechender Vortrag erfolgte hier nicht. Vor dem Hintergrund, dass keine Einsichtsrecht in die gesamte Messreihe besteht, bleibt für die Vorlage der Statistikdatei kein Raum. Im Übrigen wurde auch hier nicht hinreichend vorgetragen, warum diese Daten benötigt werden.
Mithin bestehen für das Gericht nach wie vor keine Zweifel an dem konkreten Messergebnis bzw. Messgerät, so dass keine weiteren Ermittlungen einzuleiten waren.
IV.
Der Betroffene hat sich damit einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften gemäß §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG, 11.3.4 BKat schuldig gemacht.
Hätte er die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt und Aufmerksamkeit walten lassen, hätte er die Geschwindigkeitsbeschränkungen erkennen und seine Fahrweise entsprechend anpassen können.
V.
Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 13 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften sieht der Bußgeldkatalog im Anhang der Tabelle 1 (Geschwindigkeitsüberschreitungen) Buchstabe C laufende Nr. 11.3.6 eine Regelgeldbuße von 20,- EUR vor.
Es besteht kein Anlass, von dieser Regelbuße abzuweichen.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 465 StPO.