KG Berlin – Az.: 3 ORbs 170/23 – 162 Ss 85/23 – Beschluss vom 18.09.2023
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 23. Mai 2023 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Gründe
Erläuternd bemerkt der Senat:
Die Generalstaatsanwaltschaft führt in ihrer dem Betroffenen bekannten Zuschrift zutreffend aus, dass die Verfahrensrügen unzulässig sind. Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde zum „Antrag, den aktuellen Schulungsnachweis der Auswertebeamtin beizuziehen“, verfehlen die nach §§ 71 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bestehenden Anforderungen an die Darstellung des Verfahrensgeschehens.
Lediglich informatorisch ist zudem anzumerken, dass die Überlegung des Amtsgerichts, eines förmlichen Schulungsnachweises bedürfe es für die Auswertungsperson nicht, überzeugt. Nachvollziehbar argumentiert das Amtsgericht damit, der Auswerter bediene nicht das Messgerät und insbesondere schaffe oder verändere er keine Beweismittel (so auch OLG Celle, Beschluss vom 23. Januar 2019 – 3 Ss OWi 13/19 – [BeckRS 2019, 2551]; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 5. Aufl. § 5 Rn. 63 a.E.). Tatsächlich dürfte die Frage, ob die mit der Auswertung der Messdaten betraute Person ihre Aufgabe kompetent und zuverlässig erfüllt hat, der freien richterlichen Beweiswürdigung unterliegen und – im Grundsatz – auch ohne Formalnachweis an der Richtigkeitsvermutung standardisierter Messverfahren teilhaben können. Dies gilt erst recht, wenn dem Tatgericht die Auswertetätigkeit bei dem betroffenen Messverfahren als besonders wenig komplex bekannt ist oder wenn es die Auswerteperson als erfahren und/oder zuverlässig kennt.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Welche Rolle spielt der Schulungsnachweis eines Auswerters bei Geschwindigkeitsmessungen?
Der Schulungsnachweis eines Auswerters spielt eine entscheidende Rolle bei Geschwindigkeitsmessungen, da er die Kompetenz und Qualifikation des Auswerters bestätigt. Dies ist wichtig, da die korrekte Durchführung und Auswertung von Geschwindigkeitsmessungen sowohl technisches Wissen als auch eine genaue Kenntnis der geltenden Vorschriften und Verfahren erfordert.
In Deutschland gibt es verschiedene Methoden zur Geschwindigkeitsmessung, darunter Lasermessungen, Radarmessungen und Messungen mit Induktionsschleifen. Jede dieser Methoden hat ihre eigenen technischen Anforderungen und potenziellen Fehlerquellen, die der Auswerter kennen und verstehen muss. Darüber hinaus muss der Auswerter in der Lage sein, die Messergebnisse korrekt zu interpretieren und zu dokumentieren, um sicherzustellen, dass sie als Beweismittel in einem möglichen Bußgeldverfahren verwendet werden können.
Die Schulung des Auswerters sollte daher sowohl theoretische als auch praktische Aspekte umfassen und ihm die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, um Geschwindigkeitsmessungen korrekt durchzuführen und auszuwerten. Der Schulungsnachweis dient als Beleg dafür, dass der Auswerter diese Schulung erfolgreich absolviert hat und daher als qualifiziert angesehen werden kann, Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen und auszuwerten.
Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass die Zuständigkeit für die Geschwindigkeitsüberwachung in Deutschland bei den Bundesländern liegt. Daher können die genauen Anforderungen an die Schulung und Qualifikation von Auswertern von Bundesland zu Bundesland variieren.
Was versteht man unter der Richtigkeitsvermutung standardisierter Messverfahren im Kontext der Geschwindigkeitsmessung?
Die Richtigkeitsvermutung standardisierter Messverfahren im Kontext der Geschwindigkeitsmessung bezieht sich auf die Annahme, dass Messungen, die mit standardisierten, zugelassenen Geräten durchgeführt werden, korrekt sind. Diese Annahme basiert auf der Tatsache, dass diese Geräte nach strengen Normen und Standards getestet und zugelassen wurden, bevor sie im Verkehr eingesetzt werden dürfen.
Rechtsgrundlagen
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) ist die Institution in Deutschland, die für die Zulassung von Geschwindigkeitsmessgeräten zuständig ist. Sie stellt sicher, dass die Geräte den anerkannten Regeln der Technik entsprechen und die Messsicherheit gewährleisten. Gerichte erkennen technische Messsysteme, deren Bauart von der PTB zur Eichung zugelassen ist, als standardisierte Messverfahren an, insbesondere bei Geschwindigkeitsmessungen.
Beweiswert
Die Richtigkeitsvermutung standardisierter Messverfahren hat einen hohen Beweiswert. Wenn ein standardisiertes Messverfahren zur Anwendung kommt, sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geringere Anforderungen an die Beweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte zu stellen. Das bedeutet, dass die Gerichte in der Regel davon ausgehen, dass die Messung korrekt war, es sei denn, es gibt konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler.
Fehlerquellen
Obwohl standardisierte Messverfahren im Allgemeinen als zuverlässig gelten, sind Fehler nicht auszuschließen. Das Gericht muss sich bei der Berücksichtigung der Ergebnisse von Geschwindigkeitsmessgeräten bewusst sein, dass Fehler nicht auszuschließen sind, und es hat diesem Umstand durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung zu tragen. Mögliche Fehlerquellen können technische Defekte, falsche Handhabung durch den Messbeamten oder ungünstige Umgebungsbedingungen sein.
Gerichtspraxis
In der Gerichtspraxis wird die Richtigkeitsvermutung standardisierter Messverfahren häufig angewendet. Wenn ein Fahrer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung angeklagt wird und die Messung mit einem standardisierten, zugelassenen Gerät durchgeführt wurde, geht das Gericht in der Regel davon aus, dass die Messung korrekt war. Der Fahrer hat jedoch das Recht, die Richtigkeit der Messung anzufechten und Beweise vorzulegen, die auf einen möglichen Fehler hinweisen.