Geldbuße bei fehlenden Angaben zu Vermögensverhältnissen: Rechtsbeschwerde verworfen
Das Kammergericht Berlin hat die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in einem Fall von Geschwindigkeitsüberschreitung und fehlenden Angaben zu Vermögensverhältnissen als unbegründet verworfen. Besonders betont wird die korrekte Anwendung eines standardisierten Messverfahrens und die rechtskonforme Bemessung der Rechtsfolgen, einschließlich Geldbuße und Fahrverbot.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Zentrale Punkte aus dem Urteil:
- Verwerfung der Rechtsbeschwerde: Das Kammergericht Berlin fand die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten offensichtlich unbegründet.
- Unzulässigkeit der Verfahrensrüge: Die Einwände des Verteidigers bezüglich des Verfahrens wurden als unzulässig bezeichnet, da die Begründungen unklar und nicht ausreichend waren.
- Standardisiertes Messverfahren: Das Gericht bestätigte, dass das verwendete Lasermessgerät LTI 20-20 TruSpeed ein standardisiertes Messverfahren darstellt, was die Messung als zuverlässig kennzeichnet.
- Annahme von Vorsatz: Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von über 60% wurde Vorsatz angenommen, da keine gegenteiligen Feststellungen im Urteil getroffen wurden.
- Rechtsfolgenbemessung: Die Bestimmung der Rechtsfolgen, einschließlich der Geldbuße, wurde als fehlerfrei angesehen. Dies umfasste die Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Betroffenen und früherer Vorbelastungen.
- Fahrverbot: Die Verhängung eines Fahrverbots wurde ebenfalls als rechtskonform begründet und basierte auf den ausschlaggebenden Gründen des Urteils.
- Kostentragung: Der Betroffene wurde zur Übernahme der Kosten des Rechtsmittels verpflichtet.
- Hinweis auf individuelle Rechtsberatung: Es wird darauf hingewiesen, dass die Informationen im Internetangebot nur Informationszwecken dienen und keine individuelle Rechtsberatung ersetzen.
Übersicht
Rechtsfragen im Verkehrswesen: Bußgelder und ihre Bemessung
In der aktuellen Rechtspraxis spielen Bußgelder eine zentrale Rolle, besonders im Bereich des Verkehrsrechts. Sie dienen als Sanktionen für Verstöße im Straßenverkehr und beeinflussen direkt die Rechte und Pflichten von Verkehrsteilnehmern. Ein kritischer Aspekt hierbei ist die angemessene Bemessung dieser Geldstrafen, die oft von den spezifischen Vermögensverhältnissen des Betroffenen abhängt. Die Herausforderung für Gerichte, wie zum Beispiel das Amtsgericht, besteht darin, faire und gerechte Entscheidungen zu treffen, die sowohl die Umstände des Einzelfalls als auch allgemeine rechtliche Standards berücksichtigen.
Ein weiteres wichtiges Element in diesem Kontext ist die Rechtsbeschwerde gegen Urteile bezüglich Bußgeldern. Hierbei wird die Rechtmäßigkeit der Urteile und die korrekte Anwendung der Gesetze, wie die Messung der Geschwindigkeitsüberschreitung und die Festsetzung von Fahrverboten, überprüft. Diese Themenfelder spiegeln die Komplexität und Bedeutung des Verkehrsrechts in der modernen Gesetzgebung wider, wobei Rechtsanwälte eine Schlüsselrolle in der Vertretung und Beratung der Betroffenen spielen.
Der Fall der Geldbuße bei unklaren Vermögensverhältnissen
Im Fokus des aktuellen Falles steht eine Geldbuße, die aufgrund unzureichender Angaben zu den Vermögensverhältnissen verhängt wurde. Diese Situation ergab sich aus einem Vorfall im Straßenverkehr, bei dem der Betroffene mit einem Bußgeldbescheid konfrontiert wurde. Das Kammergericht Berlin (KG Berlin) musste sich mit der Rechtsbeschwerde des Betroffenen auseinandersetzen, welche gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten eingelegt wurde. Der Kern des Problems lag darin, dass der Verteidiger des Betroffenen keine ausreichenden Angaben zu dessen Vermögensverhältnissen gemacht hatte, was für die Bußgeldbemessung von entscheidender Bedeutung ist.
Juristische Details der Rechtsbeschwerde
Die Rechtsbeschwerde wurde nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen. Das bedeutet, dass die Vorwürfe gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten keinen ausreichenden juristischen Grund darstellten, um eine Überprüfung des Falls zu rechtfertigen. Besonders interessant ist hierbei die Rolle des Verteidigers, der in seinem Schriftsatz vom 11. Oktober 2023 keine neuen Aspekte einbrachte, die eine andere Bewertung des Falls ermöglicht hätten. Dies verdeutlicht, wie essenziell eine umfassende und präzise Darlegung aller relevanten Informationen in solchen Fällen ist.
Standardisierte Messverfahren und deren Bedeutung
Ein wesentlicher Aspekt des Urteils war die Bestätigung, dass die Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasermessgerät LTI 20-20 TruSpeed ein standardisiertes Messverfahren darstellt. Dies ist ein kritischer Punkt im Verkehrsrecht, da die Zuverlässigkeit und Genauigkeit solcher Messungen oft im Mittelpunkt von Rechtsstreitigkeiten stehen. Die Anerkennung des Messverfahrens als standardisiert durch das Amtsgericht unterstreicht dessen Gültigkeit und ist ein entscheidender Faktor für die Rechtmäßigkeit des ursprünglichen Bußgeldbescheides.
Entscheidung des Gerichts und dessen Begründung
Das Gericht entschied, dass die Bußgeldbemessung auch ohne detaillierte Angaben zu den Vermögensverhältnissen des Betroffenen nicht zu beanstanden sei. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Tatgericht den Regelsatz des Bußgeldkatalogs aufgrund einer Vorbelastung moderat erhöht hat. Des Weiteren wurde die Verhängung des Fahrverbots als rechtsbeschwerdekonform begründet. Der Betroffene wurde zudem verpflichtet, die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Diese Entscheidungen zeigen, wie das Gericht verschiedene Faktoren – von der Genauigkeit der Messverfahren über die Angaben zu den Vermögensverhältnissen bis hin zu vorherigen Vergehen des Betroffenen – in seine Urteilsfindung einbezieht.
In diesem komplexen Fall spiegelt sich die vielschichtige Natur des Verkehrsrechts wider. Die Bedeutung präziser und vollständiger Informationen, sei es in Bezug auf technische Messverfahren oder persönliche Vermögensverhältnisse, ist von entscheidender Bedeutung für die Rechtsprechung. Dieser Fall betont auch die Rolle erfahrener Rechtsanwälte, die mit ihrem Fachwissen und ihrer Expertise eine zentrale Rolle in solchen Verfahren spielen.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Wie beeinflussen Angaben zu Vermögensverhältnissen die Bemessung einer Geldbuße?
Die „Angaben zu Vermögensverhältnissen“ spielen eine wichtige Rolle bei der Bemessung einer Geldbuße in Deutschland. Diese Vermögensverhältnisse umfassen Einkommen, Vermögenswerte und Schulden.
Bei der Bemessung der Geldbuße orientiert sich das Gericht zunächst an dem Bußgeldkatalog. Dieser geht jedoch von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen aus. Eine Aufklärung der wirtschaftlichen Situation des Betroffenen ist daher in der Regel bei geringeren Geldbußen nicht geboten.
Die Geldstrafe wird immer in Tagessätzen verhängt, die von einem bis 30.000 Euro hoch sein können. Wenn sich Schulden anhäufen und das Einkommen nicht mehr ausreicht, um allen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, kann es zu Problemen bei der Zahlung von Bußgeldern kommen.
Eine Ratenzahlung kann vereinbart werden, wenn der Betroffene über ein monatliches Einkommen verfügt, welches ihm die Zahlung der Geldbuße in Raten ermöglicht.
Für eine Schätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist erst dann Raum, wenn ein Betroffener keine, unzureichende oder gar unzutreffende Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen macht.
Eine gravierende Verschlechterung der wirtschaftlichen Gesamtsituation des Betroffenen kann es im Einzelfall unter Berücksichtigung des Übermaßverbotes erlauben, den erzielten wirtschaftlichen Vorteil ganz oder teilweise zu vernachlässigen.
Setzt der Tatrichter eine Geldbuße fest, welche den aus dem ordnungswidrigen Verhalten gezogenen wirtschaftlichen Vorteil erheblich unterschreitet oder sieht er von einer Anwendung des § 17 Abs. 4 OWiG gänzlich ab, so hat er die hierfür maßgeblichen Erwägungen in seiner Entscheidung im Einzelnen darzulegen.
Zusammengefasst beeinflussen die Angaben zu Vermögensverhältnissen die Bemessung einer Geldbuße insofern, als dass sie eine Anpassung der Buße an die individuellen finanziellen Verhältnisse des Betroffenen ermöglichen. Dies kann sowohl zu einer Erhöhung als auch zu einer Reduzierung der Geldbuße führen.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 3 ORbs 211/23 – 162 Ss 104/23 – Beschluss vom 12.10.2023
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 19. Juni 2023 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Gründe
Der Schriftsatz des Verteidigers vom 11. Oktober 2023 lag vor, gab aber zu einer anderen Bewertung keinen Anlass. Erläuternd bemerkt der Senat:
1. Die Verfahrensrüge ist aus den in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft bezeichneten Gründen unzulässig. Unklar bleibt darüber hinaus bereits, welcher Beweisantrag in der Hauptverhandlung überhaupt gestellt worden ist. Die Mitteilung der Rechtsbeschwerde, der Verteidiger habe auf einen – im einzelnen beschriebenen – Sachverhalt hingewiesen und „hierzu sei dann auch entsprechender Beweisantrag durch Vernehmung des Zeugen Rädel gestellt worden, so dass dieser als protokollierter Beamter entsprechend dazu vernommen werden sollte“, genügt ersichtlich nicht.
2. Nicht zu beanstanden ist, dass das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass es sich bei der Messung mit dem Lasermessgerät LTI 20-20 TruSpeed um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277) handelt.
3. Gegen die Annahme von Vorsatz ist bei der hier festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 60% nichts zu erinnern, denn das Urteil enthält keine dieser Bewertung ausnahmsweise entgegenstehenden Feststellungen (vgl. Senat DAR 2015, 99).
4. Auch die Rechtsfolgenbemessung ist rechtsfehlerfrei begründet.
a) Das Urteil teilt pflichtgemäß (vgl. Senat zfs 2022, 709) mit, dass sich der vertretende Rechtsanwalt nicht zu den Vermögensverhältnissen des erlaubt abwesenden Betroffenen geäußert hat. Damit hat sich der Verteidiger bewusst der Möglichkeit begeben, in der Hauptverhandlung für den Betroffenen Umstände vorzutragen, die ein Abweichen vom Regelfall hätten begründen können (vgl. Senat DAR 2021, 99 [mit zust. Anm. Metz] = NZV 2020, 597). Bei dieser Sachlage ist die Bußgeldbemessung auch dann nicht zu beanstanden, wenn das Tatgericht, wie hier, den Regelsatz des Bußgeldkatalogs wegen einer Vorbelastung um einen moderaten Betrag erhöht hat (vgl. Senat VRS 136, 116 [2019]).
b) Die Verhängung des Fahrverbots ist gleichfalls rechtsbeschwerdekonform begründet. Die allein maßgeblichen Urteilsgründe enthalten keine Umstände, die der Tatrichterin Anlass geben konnten, vom durch die BKatV indizierten Regelfahrverbot abzusehen.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).