OLG Sachsen-Anhalt, Az.: 1 Ss (B) 21/99, Beschluss vom 11.02.1999
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Wolmirstedt vom 29. Oktober 1998 im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass das Fahrverbot entfällt.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Landeskasse.
Gründe
Das Amtsgericht Wolmirstedt hatte gegen den Betroffenen durch Urteil vom 29. Oktober 1998 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 100,00 DM festgesetzt und ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats angeordnet.
Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er beanstandet, dass das Gericht für die Begründung der Anordnung eines Fahrverbotes eine bereits im Verkehrszentralregister tilgungsreife Entscheidung herangezogen hat.
Das Rechtsmittel ist zulässig und hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
Der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Anordnung des Fahrverbotes ist rechtsfehlerhaft. Das Gericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Betroffene „innerhalb eines Jahres zweimal die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht nur unerheblich überschritten (hat).“ Wegen beharrlichen Verstoßes gegen die Geschwindigkeitsbeschränkungen „bei nicht nur geringer Fahrlässigkeit“ sei gemäß § 2 Abs. 2 BKatV ein Fahrverbot zu verhängen. Nach dem dem Gericht vorliegenden Verkehrszentralregisterauszug sei gegen den Betroffenen am 05.06.1996, rechtskräftig seit dem 10.07.1996, wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften bereits eine Geldbuße festgesetzt worden. Die jetzt zu beurteilende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 26 km/h sei mithin innerhalb der Jahresfrist des § 2 Abs. 2 S. 2 BKatV begangen worden. Diese Feststellung ist rechtsfehlerhaft.
Die Voreintragung im Verkehrszentralregister war zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung tilgungsreif, § 13 a Abs. 2 Nr. 1 a StVZO. In entsprechender Anwendung von § 51 Abs. 1 BZRG durfte diese nicht zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden. Der maßgebende Zeitpunkt für ein Verwertungsverbot wegen Tilgungsreife ist der Tag des Erlasses des letzten tatrichterlichen Urteils (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 34. Auflage, § 13 a Rdn. 23 m. w. N.). Tilgungsreife war am 09.07.1998 eingetreten. Danach war von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen. Andere Umstände, auf die die Anordnung eines Fahrverbotes hätten gestützt werden können, sind im Urteil nicht festgestellt worden.
Der aufgezeigte Rechtsfehler nötigt indes nicht dazu, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Das Amtsgericht hat die für den Rechtsfolgenausspruch maßgeblichen Umstände in ausreichender Weise mitgeteilt. Dem Senat ist es daher selbst möglich, gemäß § 79 Abs. 6 OWiG zu verfahren und in der Sache selbst zu entscheiden. Nach der Bedeutung der Verkehrsordnungswidrigkeit und nach dem Vorwurf, der den Betroffenen trifft, erscheint die dem Bußgeldkatalog entsprechende verhängte Geldbuße in Höhe von 100,00 DM angemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.