Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Fahrtenbuchanordnung: Wer hat Anspruch auf die Dokumentationspflicht?
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann darf die Behörde ein Fahrtenbuch anordnen?
- Welche Rolle spielt die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung bei der Fahrtenbuchanordnung?
- Wie lange muss ein angeordnetes Fahrtenbuch geführt werden?
- Welche Rechtsmittel gibt es gegen eine Fahrtenbuchanordnung?
- Was sind die Folgen bei Nichtführung oder fehlerhafter Führung des Fahrtenbuchs?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Verwaltungsgericht Berlin
- Datum: 29.02.2024
- Aktenzeichen: 14 K 1289/22
- Verfahrensart: Klage gegen behördliche Fahrtenbuchauflage
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Verwaltungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Fahrzeughalter des in Frage stehenden Kleintransporters. Argumentiert gegen die Fahrtenbuchanordnung und macht geltend, dass diese unverhältnismäßig sei, da der Fahrzeugführer nicht ermittelt werden konnte.
- Beklagter: Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin. Verteidigt die Fahrtenbuchanordnung aufgrund der Tatsache, dass der Fahrzeughalter nicht zur Kooperation bei der Identifizierung des Fahrers beigetragen habe.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Am 16. Januar 2022 wurde mit dem Kleintransporter des Klägers in Berlin eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 20 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften festgestellt. Der Kläger wurde zur Fahrerbenennung aufgefordert, reagierte jedoch nicht. Da der Fahrer nicht ermittelt werden konnte, stellte die Polizei das Ordnungswidrigkeitenverfahren ein und das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten erließ daraufhin eine Fahrtenbuchauflage für den Kläger.
- Kern des Rechtsstreits: Ist die Fahrtenbuchauflage rechtmäßig, obwohl der Kläger nicht abschließend an der Fahrerermittlung mitgewirkt hat?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Bescheid zur Fahrtenbuchanordnung sowie der Widerspruchsbescheid wurden aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung gegen das Urteil wurde zugelassen.
- Begründung: k.A.
- Folgen: Der Kläger muss kein Fahrtenbuch führen. Der Beklagte trägt die Verfahrenskosten und hat die Möglichkeit, Berufung einzulegen.
Fahrtenbuchanordnung: Wer hat Anspruch auf die Dokumentationspflicht?
Eine Fahrtenbuchanordnung zählt zu den schärferen administrativen Maßnahmen im deutschen Verkehrsrecht. Sie verpflichtet Fahrzeughalter nach schwerwiegenden Verkehrsverstößen dazu, über einen festgelegten Zeitraum alle geleisteten Fahrten minutiös zu dokumentieren. Diese Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuches wird besonders dann verhängt, wenn der Fahrer eines Fahrzeugs nach einer Ordnungswidrigkeit nicht ermittelt werden konnte.
Die Behörden setzen die Fahrtenbuchpflicht gezielt ein, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und künftige Verstöße zu verhindern. Für betroffene Halter bedeutet dies einen erheblichen Dokumentationsaufwand – oft über Monate hinweg. Dabei stellt sich häufig die Frage, welche Verstöße als schwerwiegend genug gelten, um eine solche Maßnahme zu rechtfertigen. Ein aktueller Fall aus Berlin beleuchtet diese Problematik nun genauer.
Der Fall vor Gericht
Gericht kippt Berliner Fahrtenbuchanordnung bei geringfügiger Geschwindigkeitsüberschreitung

Das Verwaltungsgericht Berlin hat eine Fahrtenbuchanordnung des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten aufgehoben, die nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h verhängt wurde. Der Fall betraf einen Kleintransporter, der im Januar 2022 auf der A100 in Berlin mit 100 km/h statt der erlaubten 80 km/h gemessen wurde. Da der Fahrzeughalter den Fahrer nicht identifizierte, ordnete die Behörde ein Fahrtenbuch für sechs Monate an.
Behörde wollte neue Regelung für Verkehrssünder durchsetzen
Die Behörde hatte ihre Verwaltungspraxis verschärft und wollte künftig bereits ab einem Bußgeld von 70 Euro Fahrtenbücher anordnen – auch ohne Punkteeintrag im Fahreignungsregister. Sie begründete dies mit der Verdoppelung der Bußgelder seit November 2021 und der besonderen Gefahrenlage im Berliner Stadtverkehr. Das Gericht erteilte dieser Praxis nun eine klare Absage.
Richter setzen klare Grenzen für Fahrtenbuchanordnungen
Das Gericht stellte klar: Ein Fahrtenbuch darf nur bei Verkehrsverstößen von einigem Gewicht angeordnet werden. Als Orientierung dient dabei in erster Linie das Punktesystem – nicht die Höhe des Bußgeldes. Da für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h kein Punkt vorgesehen ist, fehlt es nach Ansicht der Richter an der erforderlichen Schwere des Verstoßes.
Grundsätzliche Bedeutung für künftige Fälle
Der Fall hat weitreichende Bedeutung für die Verwaltungspraxis in Berlin. Das Gericht ließ die Berufung ausdrücklich zu, da die Frage, ob die Höhe des Bußgeldes allein für eine Fahrtenbuchanordnung ausreicht, bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist. Die Behörde hatte angekündigt, ihre künftige Praxis am Ausgang dieses Verfahrens auszurichten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht hat entschieden, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften nicht automatisch als schwerwiegender Verkehrsverstoß einzustufen ist, der eine Fahrtenbuchanordnung rechtfertigt – auch wenn dafür mittlerweile ein Bußgeld von 70 EUR vorgesehen ist. Die bloße Erhöhung der Bußgelder durch neue Vorschriften macht einen Verstoß nicht automatisch schwerwiegender. Entscheidend für die Einstufung als schwerwiegender Verstoß ist weiterhin, ob dafür Punkte im Fahreignungsregister vorgesehen sind.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie eine Geschwindigkeitsüberschreitung bis 20 km/h begangen haben und der Fahrer nicht ermittelt werden konnte, darf die Behörde allein deswegen keine Fahrtenbuchauflage gegen Sie verhängen. Die Behörde muss für eine solche Anordnung nachweisen, dass es sich um einen wirklich schwerwiegenden Verstoß handelt – die Höhe des Bußgeldes allein reicht dafür nicht aus. Dies gibt Ihnen mehr Rechtssicherheit bei der Abwehr ungerechtfertigter Fahrtenbuchanordnungen. Besonders relevant ist das Urteil für Fahrzeughalter, deren Fahrzeuge von anderen Personen genutzt werden.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann darf die Behörde ein Fahrtenbuch anordnen?
Die rechtliche Grundlage für eine Fahrtenbuchanordnung findet sich in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Eine Behörde darf eine Fahrtenbuchauflage anordnen, wenn zwei zentrale Voraussetzungen erfüllt sind:
Unmöglichkeit der Fahrerermittlung
Die Feststellung des Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß muss unmöglich gewesen sein. Stellen Sie sich vor, Ihr Auto wurde geblitzt, aber der Fahrer ist auf dem Foto nicht eindeutig zu erkennen oder Sie machen als Halter keine Angaben zum Fahrer.
Schwere des Verkehrsverstoßes
Der Verkehrsverstoß muss von einigem Gewicht sein. Ein einmaliger unwesentlicher Verstoß reicht nicht aus. Als Verstoß von einigem Gewicht gelten beispielsweise:
- Eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 20 km/h
- Ein Rotlichtverstoß, der mit einem Punkt geahndet wird
- Verstöße, die zu einer Eintragung im Fahreignungsregister führen
Verhältnismäßigkeit und Ermessen
Die Behörde muss bei der Anordnung die Verhältnismäßigkeit wahren. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:
Bei Privatfahrzeugen gilt die Zwei-Wochen-Frist: Die erste Anhörung muss innerhalb von zwei Wochen nach dem Verstoß erfolgen. Bei Firmenfahrzeugen gilt diese Frist nicht.
Die Dauer der Fahrtenbuchauflage wird von der Behörde festgelegt und orientiert sich an der Schwere des Verstoßes. Die Anordnung kann sich auch auf mehrere oder künftig zuzulassende Fahrzeuge erstrecken.
Kosten und Konsequenzen
Wenn Sie eine Fahrtenbuchauflage erhalten, müssen Sie mit Verwaltungsgebühren zwischen 21,50 Euro und 200 Euro rechnen. Die Missachtung der Fahrtenbuchauflage stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
Die Behörde ist berechtigt, das Fahrtenbuch jederzeit zur Prüfung anzufordern. Sie müssen für jede Fahrt detailliert dokumentieren:
- Datum und Uhrzeit von Fahrtbeginn und -ende
- Name und Anschrift des Fahrzeugführers
- Kennzeichen des Fahrzeugs
- Kilometerstand zu Beginn und Ende der Fahrt
- Fahrtzweck
Welche Rolle spielt die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung bei der Fahrtenbuchanordnung?
Die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung ist ein entscheidender Faktor für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchanordnung. Eine Fahrtenbuchauflage ist nur bei Verkehrsverstößen von einigem Gewicht zulässig.
Mindestüberschreitung für eine Fahrtenbuchauflage
Bereits eine einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 20 km/h stellt einen ausreichend schwerwiegenden Verkehrsverstoß dar, der eine Fahrtenbuchauflage rechtfertigen kann. Dies gilt auch dann, wenn durch die Geschwindigkeitsübertretung keine konkrete Gefährdung eingetreten ist.
Auswirkungen auf die Dauer der Fahrtenbuchauflage
Die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung beeinflusst auch die Dauer der Fahrtenbuchauflage:
- Bei einer mittleren Ordnungswidrigkeit ist eine Fahrtenbuchauflage von sechs Monaten üblich.
- Bei schwerwiegenden Verstößen, wie einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 40 km/h, kann die Dauer auf bis zu 24 Monate ausgedehnt werden.
Bewertung der Schwere des Verstoßes
Die Schwere des Verstoßes wird anhand des Punktesystems im Fahreignungsregister bewertet:
- 21-30 km/h zu schnell: Ein Punkt
- Ab 31 km/h innerorts: Zwei Punkte
- Ab 41 km/h außerorts: Zwei Punkte
Wenn Sie mit Ihrem Fahrzeug einen Geschwindigkeitsverstoß begehen und der Fahrer nicht ermittelt werden kann, orientiert sich die Behörde bei der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage an diesen Punktegrenzen. Je höher die Geschwindigkeitsüberschreitung und damit die Punktzahl ausgefallen wäre, desto eher ist mit einer längeren Fahrtenbuchauflage zu rechnen.
Wie lange muss ein angeordnetes Fahrtenbuch geführt werden?
Die Standarddauer einer Fahrtenbuchauflage beträgt sechs Monate. Diese Dauer gilt besonders bei erstmaligen Verstößen, die mit einem Punkt im Fahreignungsregister geahndet werden.
Einflussfaktoren auf die Dauer
Die konkrete Dauer der Fahrtenbuchauflage richtet sich nach zwei wesentlichen Faktoren:
- Der Schwere des festgestellten Verstoßes
- Dem Verhalten des Halters bei der Täterfeststellung
Typische Zeiträume nach Verstoßart
Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen gelten folgende Richtwerte:
- 6 Monate bei erstmaligen Verstößen mit einem Punkt
- 12 Monate bei Geschwindigkeitsüberschreitungen über 20 km/h
- 24 Monate bei einem groben Rotlichtverstoß
- Bis zu 36 Monate in besonders schweren Fällen
Aufbewahrungspflicht und Konsequenzen
Nach Ablauf der Fahrtenbuchauflage müssen Sie das Fahrtenbuch noch weitere sechs Monate aufbewahren. Wenn Sie das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß führen oder gegen die Aufbewahrungspflicht verstoßen, droht ein Bußgeld von 100 Euro. Die Behörde kann in solchen Fällen auch die Dauer der Fahrtenbuchauflage verlängern.
Die Fahrtenbuchauflage ist dabei ans Fahrzeug gebunden, nicht an eine bestimmte Person. Wenn Sie Ihr Fahrzeug verleihen, bleibt die Pflicht zur Führung des Fahrtenbuchs bestehen. Stellen Sie in einem solchen Fall sicher, dass der Entleiher die erforderlichen Eintragungen vornimmt.
Welche Rechtsmittel gibt es gegen eine Fahrtenbuchanordnung?
Gegen eine Fahrtenbuchanordnung stehen Ihnen zwei wesentliche Rechtsmittel zur Verfügung: der Widerspruch und die Anfechtungsklage.
Widerspruchsverfahren
Nach Erhalt der Fahrtenbuchanordnung können Sie innerhalb einer Frist von einem Monat Widerspruch einlegen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und eine Begründung enthalten, weshalb Sie die Anordnung für unrechtmäßig halten.
Anfechtungsklage
Wird Ihr Widerspruch abgelehnt, können Sie eine Anfechtungsklage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Auch hierfür gilt eine Frist von einem Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheids.
Sofortvollzug beachten
Häufig wird bei einer Fahrtenbuchanordnung der Sofortvollzug angeordnet. In diesem Fall müssen Sie zusätzlich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen, wenn Sie die sofortige Wirkung der Anordnung aussetzen möchten.
Erfolgsaussichten
Ihre Erfolgsaussichten hängen von verschiedenen Faktoren ab. Gute Chancen bestehen, wenn:
- Die Behörde nicht alle zumutbaren Ermittlungsschritte unternommen hat
- Der Verkehrsverstoß nicht schwerwiegend genug war
- Die Dauer der Auflage unverhältnismäßig lang ist
- Sie bei der Aufklärung des Vorfalls ausreichend mitgewirkt haben
Ein aktuelles Urteil zeigt, dass Behörden sogar verpflichtet sind, einfache Online-Recherchen durchzuführen, bevor sie eine Fahrtenbuchauflage erteilen. Stellen Sie sich vor, die Behörde hat diese Möglichkeit nicht ausgeschöpft – in einem solchen Fall können Sie die Auflage möglicherweise erfolgreich anfechten.
Bei einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO können Sie auch dann tätig werden, wenn über Ihren Widerspruch nicht in angemessener Zeit entschieden wurde. In einem solchen Fall können Sie die Aufhebung der Fahrtenbuchauflage auch ohne vorherige Durchführung des Widerspruchsverfahrens gerichtlich beantragen.
Was sind die Folgen bei Nichtführung oder fehlerhafter Führung des Fahrtenbuchs?
Bei Verstößen gegen die Fahrtenbuchauflage droht ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro. Diese Sanktion greift in verschiedenen Situationen:
Verstöße und ihre Konsequenzen
Wenn Sie das Fahrtenbuch nicht oder nicht ordnungsgemäß führen, etwa durch fehlende oder unvollständige Einträge, müssen Sie mit einem Bußgeld rechnen. Das gleiche gilt, wenn Sie das Fahrtenbuch nicht fristgemäß aufbewahren oder es der zuständigen Behörde nicht aushändigen.
Besondere Fallkonstellationen
Bei wiederholten Verkehrsverstößen während der Fahrtenbuchauflage kann die Dauer der Auflage auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. Jeder weitere Verstoß kostet dabei zusätzlich 50 Euro.
Steuerrechtliche Folgen
Im steuerrechtlichen Kontext können die Konsequenzen noch weitreichender sein. Wenn das Fahrtenbuch für einen Dienstwagen geführt wird und gravierende Mängel aufweist, erkennt das Finanzamt es nicht an und wendet stattdessen die 1%-Regelung an. Bei nachweislich vorsätzlichen Manipulationen kann sogar der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt sein, was mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren geahndet werden kann.
Rechtliche Besonderheiten
Eine wichtige rechtliche Besonderheit: Die Behörde darf bei Nichtführung des Fahrtenbuchs keine erneute Fahrtenbuchauflage anordnen, da die Nichtführung selbst keinen Verkehrsverstoß im Sinne des § 31a StVZO darstellt. Dies wurde durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover (Az. 5 B 4932/10) bestätigt.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Administrative Maßnahmen
Administrative Maßnahmen sind Eingriffe und Anordnungen von Behörden, die außerhalb eines Strafverfahrens erfolgen, um gesetzliche Vorschriften durchzusetzen. Sie unterscheiden sich von strafrechtlichen Sanktionen und dienen primär der Gefahrenabwehr sowie der Prävention weiterer Verstöße. Solche Maßnahmen beruhen auf verwaltungsrechtlichen Grundlagen, etwa aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) oder vergleichbaren Regelungen. Beispiel: Eine Fahrtenbuchanordnung ist eine administrative Maßnahme, die Fahrzeughalter zur lückenlosen Dokumentation ihrer Fahrten verpflichtet, um Verkehrsverstöße nachvollziehbar zu machen. Dies soll künftigen Gefahren im Straßenverkehr entgegenwirken.
Verkehrsrecht
Das Verkehrsrecht umfasst alle gesetzlichen Bestimmungen, die das Verhalten im Straßenverkehr regeln und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten sollen. Es beinhaltet Regelungen zur Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) und weiteren Vorschriften, die definieren, was im Straßenverkehr erlaubt oder verboten ist. Diese Rechtsvorschriften legen auch fest, welche Konsequenzen bei Verstößen eintreten, beispielsweise Bußgelder oder andere Maßnahmen. Beispiel: Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung greifen die Regelungen des Verkehrsrechts, die je nach Schwere des Verstoßes auch weiterreichende Sanktionen wie die Anordnung einer Fahrtenbuchpflicht vorsehen können.
Ordnungswidrigkeit
Eine Ordnungswidrigkeit ist ein geringfügiges, gesetzeswidriges Verhalten, das im Verwaltungsstrafrecht geahndet wird, ohne den Charakter eines Strafdelikts zu haben. Sie führt in der Regel zu Bußgeldern statt zu strafrechtlichen Konsequenzen und wird anhand des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) beurteilt. Diese Rechtswidrigkeit wirkt sich weniger gravierend auf den Strafmaßstab aus, kann aber bei wiederholtem Auftreten zu zusätzlichen Maßnahmen führen. Beispiel: Eine Geschwindigkeitsüberschreitung, die nicht zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führt, wird meist als Ordnungswidrigkeit behandelt, was bei nicht identifizierbaren Fahrern zu besonderen Maßnahmen wie der Fahrtenbuchanordnung führen kann.
Punktesystem
Das Punktesystem erfasst und bewertet Verkehrsverstöße, indem für bestimmte Delikte Punkte in das Fahreignungsregister eingetragen werden. Es dient dazu, das Verkehrsverhalten systematisch zu dokumentieren und bei einer Ansammlung von Punkten weitere Konsequenzen, wie beispielsweise den Entzug der Fahrerlaubnis, zu ermöglichen. Die rechtliche Grundlage bildet dabei die Straßenverkehrsordnung (StVO) in Verbindung mit spezifischen Vorschriften über das Fahreignungsregister. Beispiel: Bei einem schwerwiegenden Verkehrsverstoß werden Punkte im System erfasst, und erreicht ein Fahrer eine bestimmte Punktzahl, können Maßnahmen wie eine Nachschulung oder der Entzug des Führerscheins die Folge sein.
Fahreignungsregister
Das Fahreignungsregister (FAER) ist eine zentrale Datenbank, in der Verkehrsverstöße und die daraus resultierenden Punkte systematisch dokumentiert werden. Es zielt darauf ab, die Eignung von Fahrzeugführern zu überwachen, indem es bislang begangene Verkehrsverstöße sammelt und bewertet. Die Eintragungen basieren auf gesetzlichen Bestimmungen, vor allem dem Fahreignungsregistergesetz (FeV), und können bei Überschreitung bestimmter Punktzahlen zu Maßnahmen wie der Entziehung der Fahrerlaubnis führen. Beispiel: Ein Fahrer, der mehrfach Verkehrsverstöße begeht, sammelt Punkte im FAER; erreicht er die festgelegte Grenze, wird geprüft, ob er weiterhin als verkehrstauglich gilt.
Berufung
Die Berufung ist ein Rechtsmittel, das es ermöglicht, ein gerichtliches Urteil in einer höheren Instanz überprüfen zu lassen. Dabei wird nicht nur die Anwendung des Rechts, sondern auch die vom Sachgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen noch einmal kritisch beurteilt. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich in der Zivilprozessordnung (ZPO) bzw. in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bei verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten. Beispiel: Wird ein Urteil hinsichtlich einer Fahrtenbuchanordnung angefochten, kann die Berufung dazu führen, dass das Urteil erneut überprüft und gegebenenfalls korrigiert wird, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt wurden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Straßenverkehrsgesetz (StVG) § 31a: Diese Vorschrift ermöglicht es den Behörden, bei besonders schweren Verkehrsverstößen die Anordnung eines Fahrtenbuchs zu erlassen. Ein solcher Verstoß wird in der Regel angenommen, wenn ein Bußgeld von mindestens 70 Euro verhängt wird oder ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen wird. Das Fahrtenbuch dient dazu, das Verkehrsverhalten des Fahrers über einen bestimmten Zeitraum zu überwachen und zukünftige Verstöße zu verhindern.
- Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) § 49: Der Bußgeldkatalog legt die Sanktionen für verschiedene Verkehrsverstöße fest, einschließlich der Höhe der Bußgelder und der Anzahl der Punkte im Fahreignungsregister. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 20 km/h in einer geschlossenen Ortschaft wird hier mit einem Bußgeld von 70 Euro bewertet. Diese Einstufung ist relevant, da die Anordnung des Fahrtenbuchs bei Überschreitungen ab diesem Bußgeldbetrag erfolgt.
- Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) § 4: In der FeV ist das Fahreignungsregister geregelt, in dem Punkte für Verkehrsverstöße eingetragen werden. Ein Punkt wird beispielsweise bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h eingetragen. Obwohl im vorliegenden Fall kein Punkt vermerkt wurde, ist die FeV relevant, da die Fahrtenbuchanordnung normalerweise auch bei Punkteeinträgen Anwendung findet.
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) § 32: Das OWiG definiert allgemeine Regelungen für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, einschließlich der Voraussetzungen für die Verhängung von Bußgeldern und weiteren Maßnahmen wie der Fahrtenbuchanordnung. Es bildet den rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen die Behörden bei Verkehrsverstößen handeln müssen.
- Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) § 80: Die VwGO regelt das Verfahren vor Verwaltungsgerichten, einschließlich der Überprüfung behördlicher Entscheidungen wie der Fahrtenbuchanordnung. Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht den Widerspruch gegen die Anordnung geprüft und entschieden, dass die ursprüngliche Entscheidung unrechtmäßig war, wodurch die Fahrtenbuchanordnung aufgehoben wurde.
Das vorliegende Urteil
VG Berlin – Az.: 14 K 1289/22 – Urteil vom 29.02.2024
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