VG Regensburg – Az.: RN 5 K 16.790 – Urteil vom 16.05.2017
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich Punkt II. vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anordnung eines Halteverbots vor seinem Anwesen in der …; Flurnummer ##4.
Dabei handelt es sich um ein Mietshaus, welches der Kläger, der Eigentümer ist, vermietet und nicht selbst bewohnt.
Vor dem Grundstück verläuft ein Bürgersteig. Das Haus grenzt auf dem größten Teil des Grundstücks direkt an den Bürgersteig an. Am westlichen Eck des Grundstücks jedoch ist das Haus mit der Eingangstür in das Grundstück zurückversetzt. Auf dieser Fläche führen links (davorstehend und zur Haustür blickend) fünf Treppenstufen zur Haustür hoch. Vor der Haustür ist ein Weg zu den zu ihr führenden Stufen gepflastert. Rechts neben der Haustür befinden sich an der Wand übereinander zwei mal zwei Briefkästen. Die Fläche vor den Briefkästen wird zum Abstellen von Mülltonnen genutzt. Wenn dort 3 Mülltonnen stehen, beginnend direkt unterhalb der Briefkästen ist auf der Fläche davor bis zum Gehsteig noch Platz genug ausweislich der vorgelegten Fotografien für ein Mokick H…. Ein Leichtkraftfahrzeug B… (2 Sitze) lässt sich dergestalt abstellen, dass der rechte Seitenspiegel an die rechte Begrenzungswand der Fläche reicht und der linke Seitenspiegel sich links von der Hälfte des Zugangs zur Haustür befindet. Rechts neben dieser Fläche wurde an einer Mauer zur Straße hin ein gelbes rechteckiges Schild „Parken verboten“ angebracht.
Vor dieser beschriebenen Fläche ist der Bordstein von einer üblichen Höhe auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt für eine Strecke von zwischen ein und zwei üblichen Autolängen. Rechts neben der beschriebenen Fläche mit Bordsteinabsenkung verläuft über ein kurzes Stück eine Mauer direkt an den Bürgersteig angrenzend. Neben dieser befindet sich leicht zurückversetzt eine Garage des Nachbarn, davor ist der Bordstein ebenfalls abgesenkt, wiederum davor befindet sich auf der Straße eine Markierung als Zickzacklinie (Zeichen 299). Diese endet links etwa auf der Hälfte der Mauer zwischen den beiden Flächen mit einer Linie senkrecht zum Bordstein, maximal eine halbe übliche Autolänge vor der streitgegenständlichen Fläche auf dem Grundstück des Klägers. Im weiteren Verlauf der Straße vor dem nächsten Kreuzungsbereich befindet sich ebenfalls eine Markierung durch Zeichen 299 auf der Fahrbahn. Zwischen diesen beiden Markierungen parken häufig Autos, auch vor der streitgegenständlichen Fläche.
Die Beklagte führte seit November 2013 die kommunale Verkehrsüberwachung am gegenständlichen Anwesen durch. Das Amtsgericht … kam während einer mündlichen Verhandlung am 19.08.2014 (Az. 4 OWi 7 Js 3470/14) über einen von der Beklagten erlassenen Bußgeldbescheid wegen Parkens vor der gegenständlichen Grundstücksfläche zu der Ansicht, dass es sich bei dieser Fläche auf dem Grundstück des Klägers nicht um eine Grundstückseinfahrt handele. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, sie werde die Verkehrsüberwachung einstellen, da erteilte Verwarnungen in Bezug auf verbotswidriges Parken vor einer Grundstückseinfahrt aufgrund der richterlichen Feststellung rechtswidrig seien. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 17.09.2014 und 02.02.2015 erfolglos auf, die Verkehrsüberwachung wieder aufzunehmen.
Daraufhin beantragte der Kläger bei der Beklagten ein Halteverbot vor dem Anwesen des Klägers anzuordnen, welches mit Schreiben vom 01.06.2015 ohne Rechtsbehelfsbelehrung abgelehnt wurde. Mit Klageerhebung vom 15.06.2015 im Verfahren RN 5 K 15.915 vor dem VG Regensburg begehrte der Kläger die Anordnung eines eingeschränkten Haltverbots vor dem gegenständlichen Anwesen durch Aufstellen des Zeichens 286. In der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2016 wies das Gericht darauf hin, dass ohnehin ein gesetzliches Parkverbot wegen des abgesenkten Bordsteins bestehe, welches unabhängig von dem Vorliegen einer Grundstückseinfahrt sei und dazu diene, dass Behinderten und Rollstuhlfahrern für den Zugang zu einem Haus keine unnötigen Hindernisse entgegenstehen. Die Beklagte erklärte zur Niederschrift des Sitzungsprotokolls aufgrund des Hinweises des Gerichts die Parküberwachung vor dem Grundstück in Anbetracht des bestehenden gesetzlichen Parkverbots wieder aufzunehmen. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück.
Die Beklagte teilte dem Kläger am 18.02.2016 telefonisch mit, sich an die Zusage nach Rücksprache mit der Parkraumüberwachung nicht mehr zu halten.
Am 27.04.2016 forderte der Kläger die Beklagte erneut außergerichtlich auf, sich an die erteilte Zusage zu halten.
Der Kläger begehrt mit seiner jetzigen erneuten Klage, bei Gericht eingegangen am 18.05.2016, die Anordnung eines Haltverbots. Der Kläger macht geltend, den Grundstücksbereich nicht als Stellplatz für Kraftfahrzeuge nutzen zu können, da seine Grundstückseinfahrt durch Fahrzeuge von Anwohnern fast dauerhaft zugeparkt sei. Der Kläger meint, der Grundstücksbereich vor seinem Anwesen sei als Grundstückseinfahrt anzusehen, da nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine bestimmten Anforderungen an die Ausgestaltung einer Zufahrt gestellt werden. Es muss lediglich die Möglichkeit bestehen, dass Fahrzeuge ein- und ausfahren. Der Kläger trägt vor, er sei durch die parkenden Fahrzeuge erheblich beeinträchtigt.
Es handle sich bei den parkenden Fahrzeugen um PKW von Studenten, die die Fahrzeuge über einen Zeitraum von mehreren Wochen nicht bewegen, sodass die Nutzung seiner Einfahrt dauerhaft unmöglich sei. Somit sei den Mietern die Anlieferung von Getränkekisten unmöglich. Zudem sei es ihm unmöglich für durchzuführende Reparaturarbeiten Materialanlieferungen durchzuführen. Der Kläger meint, ihm sei aufgrund des Zustands ein wirtschaftlicher Schaden entstanden, da sich der gehbehinderte Mietinteressent, der auf die Nutzung der Grundstückseinfahrt angewiesen gewesen wäre, gegen das Mietobjekt entschieden habe.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ein Parkverbot vor dem Anwesen des Klägers …, Flurstück-Nr. ##4, anzuordnen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Kläger könne keinen Anspruch auf die zugesagte Parkraumüberwachung geltend machen, da es sich dabei um eine freiwillige Zusage gehandelt hatte, um im Einvernehmen den Rechtsstreit zu lösen. Zudem könne sich die Beklagte nicht an die freiwillige Zusage halten, da sich die örtliche Situation im Nachhinein völlig anders darstellt, als vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2016 angenommen. Es seien im Stadtgebiet ein Vielzahl von abgesenkten Bordsteinen vorhanden, die aufgrund mangelnder finanzieller und personeller Ausstattung nicht allesamt überwacht werden könnten, ohne dass die Beklagte Gefahr liefe, die gleichheitsrechtlichen Grundsätze zu verletzen. Es bestehe zugleich die Gefahr, dass Grundstückseigentümer mit vergleichbarer Grundstückssituation eine Parkraumüberwachung einfordern würden.
Nach der Ansicht der Beklagten habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Anordnung eines Parkverbots aus § 12 III Nr. 5. Dies deshalb, weil das gesetzliche Parkverbot vor Bordsteinabsenkungen nach dem Sinn und Zweck der Regelung nur gelte, wenn die Absenkung explizit für Rollstuhlfahrer eingerichtet worden sei. Dies sei der Fall, wenn sich jeweils gegenüberliegend eine Bordsteinabsenkung befinde.
Die Beklagte meint, die Klage sei schon mangels subjektiv öffentlichen Interesses als unzulässig abzuweisen, da die Regelungstatbestände der StVO keinen subjektiven Anordnungsanspruch Dritter beinhalten.
Der Kläger entgegnet, die Klage sei zulässig. Er ist als Eigentümer einer Grundstückseinfahrt i.S.d § 12 III Nr. 3 in seiner subjektiven Rechtsposition verletzt.
Die Beklagte entgegnet, es handle sich nicht um eine Grundstückseinfahrt, da sich auf der Grundstücksfläche lediglich Mülltonen befänden und die restliche Fläche nicht ausreiche, um ein Kraftfahrzeug abzustellen.
Zum übrigen Vorbringen wird auf die gewechselten Schriftsätze, sowie auf die Verfahrensakte RN 5 K 15.915 und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässigerweise erhobene Klage ist jedoch nicht begründet.
I. Die jedenfalls innerhalb der Jahresfrist ab dem Zugang der förmlichen Ablehnung ohne Rechtsbehelfsbelehrung, der nicht vor dem 01.06.2015 liegen kann, am 18.05.2016 erhobene Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere scheitert die Klage nicht an der Klagebefugnis, da es in besonderen Fällen nach § 45 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 45 Abs. 9 S. 1 StVO im Zusammenhang mit Grundstücksein- und -ausfahrten zu einem Anspruch auf verkehrsrechtliche Anordnungen kommen kann. Die aufgestellte Behauptung, es handle sich um eine Grundstücksein- und -ausfahrt ist auch nicht von vorneherein so offensichtlich unzutreffend, dass es bereits an der Möglichkeit einer Rechtsverletzung mangeln würde.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet, da kein Anspruch (1.) auf den Erlass der begehrten verkehrsrechtlichen Anordnung besteht. Bei der gegenständlichen Fläche handelt es sich nämlich nicht um eine Grundstücksein- und –ausfahrt (2.), die bestehende Bordsteinabsenkung vermittelt keinen Anspruch auf weitergehende Regelung (3.), weitere besondere anspruchsbegründende Umstände sind nicht gegeben (4.) und das Ermessen der Beklagten ist zudem nicht auf null reduziert (5.).
1. Als Grundlage des geltend gemachten Anspruchs kommt § 45 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 45 Abs. 9 S. 1 StVO in Frage (vgl. BayVGH, Urteil vom 28. September 2011 – 11 B 11.910 –, Rn. 24, juris). Demnach können die zuständigen Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten oder den Verkehr umleiten, wobei Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen sind, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist, etwa wenn ein bestehendes Verbot ständig missachtet wird oder Voraussetzungen und Geltungsbereich der Regelung nicht ohne Weiteres erkennbar sind.
2. Eine Grundstücksein- und -ausfahrt liegt nicht vor. Maßgeblich für eine Ein- oder Ausfahrt sind die gesamten baulichen Umstände (VRS 68, 297). Da das Straßenverkehrsrecht auf unbedingte Klarheit angelegt ist (so auch KG Berlin, Beschluss vom 22. Juni 2015 – 3 Ws (B) 291/15 –, juris), muss die Ein- und Ausfahrt als solche deutlich zu erkennen sein (BHHJJ/Heß StVO § 12 Rn. 44) und zwar aus Sicht eines die Örtlichkeiten ohne Vorkenntnisse wahrnehmenden Verkehrsteilnehmers. Schon die Breite der Fläche spricht deutlich gegen eine Ein- und Ausfahrt, da ein auf dieser Fläche abgestelltes Leichtkraftfahrzeug mit seinem Seitenspiegel schon mehr als bis zu Hälfte des Zugangs zur Haustür ragen würde, was keinen üblichen Zugang zu dieser mehr zulässt. Jedenfalls stellt sich schon dadurch die zur Verfügung stehende Fläche einem Dritten nicht als Stellplatz für Kraftfahrzeuge dar. Dies wird durch die zur Verfügung stehende Länge unterstützt, da das Leichtkraftfahrzeug mit nur einer Sitzreihe schon die volle Länge von Grundstücksgrenze zu Treppenaufgang ausnützt und so zudem noch einen Zugang zu den Briefkästen und Mülltonnen versperren würde. Eine derartig enge Fläche stellt sich nach außen nicht als Ein- und Ausfahrt dar. Zudem werden üblicherweise mehr Mülltonnen auf dieser Fläche aufgestellt, als auf den Fotos mit den Kraftfahrzeugen zu sehen sind. Es kann nicht angenommen werden, dass diese über 5 Treppenstufen hinweg bewegt werden und auf einem hinteren Teil des Grundstücks gelagert würden. Zudem ist anhand der Beengtheit der Verhältnisse davon auszugehen, dass die Mülltonnen bis zur Grundstücksgrenze stehen müssen, dass noch ein Zugang zu den an der Wand hängenden Briefkästen, namentlich dem rechts oben angebrachten, möglich ist. Nach dem Gesamteindruck eines Dritten von dieser Fläche handelt es sich nicht um eine Stellfläche und damit nicht um eine Ein- und Ausfahrt, vielmehr um einen Eingangsbereich.
Ein privat angebrachtes gelbes Schild „Parken verboten“ entfaltet keine Rechtswirkung und kann aus einer ansonsten nicht als Ein- und Ausfahrt zu wertenden Fläche nicht eine solche machen. Es könnte allenfalls ein sonst schwierig zu erkennendes, aber bestehendes, Parkverbot einem Parkenden deutlicher vor Augen führen, sodass dieser sich im Einzelfall nicht auf mangelnde Erkennbarkeit berufen könnte (VG München, Urteil vom 13. Dezember 2000 – M 17 K 99.4098 –, Rn. 16, juris).
Die vorhandene Bordsteinabsenkung macht die gegenständliche Örtlichkeit ebenfalls nicht zu einer Ein- und Ausfahrt. Nach den Nr. 3 und 5 von § 12 Abs. 3 StVO handelt es sich um unabhängig voneinander bestehende Verbote, insb. können Absenkungen auch aus anderem Grund als dem Ein- und Ausfahren von Kraftfahrzeugen angelegt werden, namentlich um die Teilnahme am Verkehr für Rollstuhlfahrer, Fahrer von Kinderwägen etc. zu erleichtern. Konsequent ist daher auch die Rechtsansicht, ein Eigentümer dürfe nicht vor einem abgesenkten Bordstein vor der Einfahrt zu seinem eigenen Grundstück parken, da die Absenkung und das Parkverbot der Allgemeinheit dient und für den Eigentümer nicht verzichtbar ist. Allenfalls eine Ahndung könne nach § 47 OWiG unterbleiben. (vgl. Hentschel/König/Dauer-König Straßenverkehrsrecht § 12 StVO Rn. 47, 49 m.w.N.) Nachdem das Gesetz aber beide Parkverbote unabhängig voneinander anordnet und jedes einen anderen Personenkreis schützt, verbietet es sich vom Vorhandensein der einen örtlichen Gegebenheit (abgesenkter Bordstein) auf das Vorliegen der anderen (Grundstücksein- und -ausfahrt) zu schließen.
3. Die vorliegende Bordsteinabsenkung vermittelt zwar ein gesetzliches Parkverbot (a), allerdings kann der Kläger hierauf keinen Anspruch auf weitergehende Beschilderung stützen (b).
a) Es handelt sich im konkreten Fall nicht nur um einen niedrigen Bordstein, sondern um einen abgesenkten Bordstein, da dieser vor dem fraglichen Bereich jeweils ein üblich hohes Niveau hat. Hieraus folgt unmittelbar das gesetzliche Parkverbot des § 12 Abs.3 Nr.5 StVO, ohne dass es auf die Länge des abgesenkten Bereichs ankäme. Dabei schließt sich die Kammer dem ausführlich begründeten Beschluss des KG Berlin vom 22. Juni 2015 (3 Ws (B) 291/15 in Abkehr von OLG Köln, Beschluss vom 05. November 1996 – Ss 515/96 (Z) ) an. Weder kennt der Wortlaut eine derartige Längenbegrenzung, noch ist dies der Gesetzesbegründung (VkBl. 92, 186) zu entnehmen, die zwar auf den besseren Schutz von Rollstuhlfahrern abhebt, daraufhin aber ein Verbot vor allen abgesenkten Bordsteinen anvisiert. Damit wurde also in Kauf genommen, dass ein derartiges Verbot an Stellen entsteht, an denen Absenkungen ohne erkennbaren Grund vorgenommen worden waren. Ein pauschales Verbot an allen abgesenkten Bordsteinen ist nicht nur insofern sachgerecht, als ein Verkehrsteilnehmer ohne weitere Interpretation, ob der abgesenkte Bereich nun Rollstuhlfahrern, anderen oder gar keinen Zwecken dient, entscheiden können muss, ob an einer Stelle das gesetzliche Parkverbot besteht oder nicht. Auch wird nur ohne Forderung einer Längenbegrenzung ein Widerspruch zu § 10 StVO vermieden, der ebenfalls den Begriff der Bordsteinabsenkung in Konstellationen verwendet, in denen die Absenkung länger als eine Fahrzeuglänge ist. Im Hinblick auf die nötige Klarheit im Straßenverkehrsrecht kann das Parkverbot vor Bordsteinabsenkungen daher nicht auf solche einer bestimmten (kurzen) Länge begrenzt werden.
b) Während nun aber § 12 Abs. 3 Nr.3 StVO ein Schutzgesetz zugunsten des Grundstückseigentümers darstellt, bezweckt Nr. 5 den Schutz eines ungleich größeren Personenkreises, zumindest von Rollstuhlfahrern. Um hier zu einem Anspruch zu kommen, hätte einem konkret durch ständig verbotswidriges Parken beeinträchtigtem Rollstuhlfahrer aber ein Teilnahme am Straßenverkehr sehr erheblich erschwert sein müssen. Schließlich steht bei einer Grundstücksein- und –ausfahrt zur Teilnahme am Straßenverkehr nur diese eine Möglichkeit offen. Auch einem Elektrorollstuhlfahrer steht nach § 24 Abs. 2 StVO aber die Benutzung des Gehsteigs offen, der unmittelbar vom Grundstück aus erreichbar ist. Direkt neben der fraglichen Absenkung findet sich eine weitere Absenkung vor einer Garage, die zudem mit Zeichen 299 („Zickzacklinie“) gekennzeichnet ist und über die die Straße erreicht werden könnte. Über den Gehsteig sind auch im weiteren Verlauf Bereiche erreichbar, die einen Wechsel auf die Straße ermöglichen. Einen Anspruch auf Verdeutlichung des Parkverbots hätte an dieser Stelle also selbst ein dort wohnender Rollstuhlfahrer wohl kaum, da selbst bei verbotswidrigem Parken, leicht zumutbare Alternativwege bestehen (im Umkehrschluss zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25. Januar 2002 – 9 Q 49/01, in dem ein Anspruch dann gesehen wird, wenn jegliches Verlassen für den klagenden Rollstuhlfahrer durch Parkverstöße unmöglich wird). Das verbotswidrige Parken hätte hier aber eben nicht eine komplette Blockade und damit einen schwerwiegenden Eigentumseingriff zur Folge. Erst recht kann dann aber nicht der Kläger einen Anspruch geltend machen. Parkverstöße beeinträchtigen seine Individualinteressen angesichts der weiterhin für innenstädtische Verhältnisse ganz und gar üblichen Zugänglichkeit des Grundstücks nicht über das zumutbare Maß hinaus (zu diesem Zusammenhang vgl. Hentschel/König/Dauer-König Straßenverkehrsrecht § 45 StVO Rn. 28a m.w.N.).
4. Es liegen auch keine weiteren besonderen Umstände im Sinne von § 45 Abs. 9 S. 1 StVO (Voraussetzungen oder Geltungsbereich des Verbots schwer erkennbar, ständige Verstöße) vor, die eine Verdeutlichung des bestehenden Verbots nötig machen und eine solche Notwendigkeit zu einem Anspruch des Klägers verdichten würden.
In einem langdauernden Parken kann dies jedenfalls nicht gesehen werden, denn dieses ist zulässig, solange das Fahrzeug versichert, betriebsbereit und für die weitere Teilnahme am Verkehr bestimmt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09. Oktober 1984 – 2 BvL 10/82 –, BVerfGE 67, 299-329 („Laternengarage“), so auch VG Hamburg, Urteil vom 12. Mai 2016 – 15 K 6236/15). Dass es sich um einen spezifischen Abstellplatz für nicht mehr fahrtaugliche Fahrzeuge handeln würde, wurde weder behauptet noch deuten die vorgelegten Fotos darauf hin.
Nicht ohne weiteres erkennbar sind die Voraussetzungen oder der Geltungsbereich der Regelung der Parksituation ebenfalls nicht. Vor einer Bordsteinabsenkung besteht ein Parkverbot. An anderen Stellen bestehende Markierungen mit Zeichen 299 („Zickzacklinie“) treffen ausweislich der Ge- und Verbote und Erläuterungen in Anlage 2 zur StVO nur eine Regelung für die von der Markierung erfasste Fläche, nämlich eine Bezeichnung, Verlängerung oder Verkürzung eines bereits anderweitig begründeten Halt- oder Parkverbots. Eine Regelung, dass man außerhalb des markierten Bereichs Halten oder Parken dürfe, ist dem nicht zu entnehmen. Zwar mag der weniger als eine Autolänge betragende Abstand von der Markierung bis zum gegenständlichen abgesenkten Bordstein Verkehrsteilnehmer dazu verleiten, auch vor diesem zu parken. Allerdings stehen hier der Behörde nicht nur mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, im Rahmen ihres Ermessens mit dieser Situation umzugehen (Beseitigung des abgesenkten Bordsteins, Nicht-Ahndung der Parkverstöße nach § 47 OWiG, Verlängerung oder Verkürzung der Markierung). Vor allem steht dem Kläger wie schon oben unter 3b) festgestellt, kein Anspruch auf behördliches Einschreiten zu, da die Einwirkung der Parkverstöße auf Individualinteressen des Klägers das zumutbare Maß nicht überschreitet.
5. Aufgrund der soeben angesprochenen unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten ist das Ermessen der Beklagten vorliegend nicht auf null reduziert. Auch aus diesem Grund greift der Anspruch auf eine konkrete Anordnung eines Verkehrszeichens nicht durch. Dahinstehen kann daher, ob mit dem Antrag die Anbringung des StVO-Zeichens 299 („Zickzacklinie“/Grenzmarkierung) oder von Zeichen 286 (eingeschränktes Haltverbot) bezweckt war.
6. Da die Klage erfolglos war, war sie abzuweisen und es waren gemäß § 154 Abs. 1 VwGO dem unterlegenen Kläger die Kosten aufzuerlegen.
7. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,– € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
Gründe
Für Klagen, die straßenverkehrsrechtliche Anordnungen zum Gegenstand haben, ist nach der Empfehlung in Abschnitt II Nr. 46.15 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit der sich aus dem Gerichtskostengesetz ergebende Auffangstreitwert anzusetzen.