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Fahrerlaubnisentziehung wegen hohen Aggressionspotenzials außerhalb des Punktsystems

Fahrerlaubnisentzug wegen hohem Aggressionspotenzial: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof bestätigt Entscheidung

Das Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 08.01.2015 (Az.: 11 CS 14.2389) die Beschwerde eines Antragstellers zurückgewiesen, der sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis wehrte. Die Entziehung basierte auf einem erhöhten Aggressionspotenzial des Antragstellers, manifestiert durch vorsätzliche Körperverletzung und aggressives Verhalten im Straßenverkehr. Das Gericht befand, dass aufgrund des Aggressionspotenzials und der charakterlichen Eignung eine Abweichung vom Punktsystem gerechtfertigt sei und die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angemessen war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 CS 14.2389 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Rückweisung der Beschwerde: Das Gericht wies die Beschwerde des Antragstellers gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zurück.
  2. Aggressionspotenzial: Der Antragsteller zeigte erhöhtes Aggressionspotenzial, einschließlich vorsätzlicher Körperverletzung.
  3. Abweichung vom Punktsystem: Das Gericht erachtete die Abweichung vom Punktsystem aufgrund des spezifischen Verhaltens des Antragstellers als gerechtfertigt.
  4. Medizinisch-psychologisches Gutachten: Die Forderung nach einem medizinisch-psychologischen Gutachten zur Überprüfung der Fahreignung wurde als angemessen bestätigt.
  5. Keine Bindung an strafrichterliche Eignungsbeurteilung: Das Gericht entschied, dass die Fahrerlaubnisbehörde nicht an die strafrichterliche Eignungsbeurteilung gebunden sei.
  6. Verhaltensbewertung: Das Gericht betonte, dass die Bewertung des Verhaltens und Charakters des Antragstellers für die Entscheidung wesentlich war.
  7. Präventiver Charakter der Maßnahme: Die Entziehung der Fahrerlaubnis diente dem Schutz der allgemeinen Verkehrssicherheit.
  8. Unanfechtbarkeit des Beschlusses: Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.

Fahrerlaubnisentziehung bei hohem Aggressionspotenzial: Rechtliche Herausforderungen und aktuelle Urteile

Die Fahrerlaubnisentziehung wegen hohem Aggressionspotenzial außerhalb des Punktsystems ist ein Thema, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV kann die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entziehen, wenn ein hohes Aggressionspotential besteht. In solchen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) anordnen, um das Aggressionspotential des Betroffenen zu überprüfen.

Die Anordnung einer MPU ist auch bei der Nichtvorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens möglich. Dabei soll geprüft werden, ob das hohe Aggressionspotential durch bloßen Zeitablauf vermindert wurde oder weiterhin besteht. Ein hohes Aggressionspotential kann auch durch das Urteil des VG München vom 10.10.2014 belegt werden, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis außerhalb des Punktesystems angeordnet wurde, da Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers hinsichtlich des hohen Aggressionspotentials bestanden.

In diesem Zusammenhang ist auch das Urteil des VG Ansbach vom 26.10.2021 zu nennen, das die Fahrerlaubnisentziehung wegen hohen Aggressionspotenzials außerhalb des Punktsystems bestätigt hat. In bestimmten Fällen kann die Entziehung der Fahrerlaubnis somit angeordnet werden, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.

Aggressionspotenzial als Grund für Fahrerlaubnisentziehung

Im Zentrum des Falles steht ein Mann, geboren 1959, gegen den das Amtsgericht München aufgrund von vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen im Jahr 2011 eine Gesamt-Geldstrafe verhängt und ihm zusätzlich ein dreimonatiges Fahrverbot auferlegt hatte. Dieser Vorfall, bei dem der Mann einen Fußgänger mit seinem Fahrzeug streifte und daraufhin sowohl diesen als auch seine eigene Ehefrau körperlich angriff, führte zur Eintragung von 10 Punkten im Verkehrszentralregister. Im Zuge dessen forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Mann auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, um seine Fahreignung zu überprüfen.

Rechtsstreit um die Fahreignung

Als der Mann das geforderte Gutachten nicht vorlegte, entzog ihm die Behörde die Fahrerlaubnis. Daraufhin erhob er Klage. Das Verwaltungsgericht stellte zunächst die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her, da die Begründung für das Abweichen vom üblichen Punktsystem nicht ausreichend erschien. Später jedoch, nach erneuter Aufforderung zur Vorlage des Gutachtens und dessen Ausbleiben, bestätigte das Gericht die Entscheidung der Behörde. Die Argumentation: Die Aggressivität des Mannes im Straßenverkehr und sein Verhalten ließen erhebliche Zweifel an seiner charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aufkommen.

Die juristische Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde des Antragstellers zurück und betonte, dass in diesem speziellen Fall die Ermessensentscheidung der Behörde, vom Punktsystem abzuweichen, angemessen war. Die Schwere der Taten und das damit verbundene Aggressionspotenzial rechtfertigten ein unmittelbares Eingreifen, um die allgemeine Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Das Gericht erklärte, dass die Fahreignung des Mannes durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung überprüft werden müsse, um das Risiko, das von ihm im Straßenverkehr ausgeht, adäquat einschätzen zu können.

Keine Abmilderung trotz Zeitverlaufs

Interessant ist die Feststellung des Gerichts, dass der Zeitraum von über zwei Jahren zwischen dem Vorfall und der Anordnung der Gutachtensbeibringung die Rechtmäßigkeit der Anordnung nicht beeinträchtigte. Der Verwaltungsgerichtshof sah keine Anzeichen dafür, dass das Aggressionspotenzial des Mannes durch den bloßen Zeitablauf gemindert wurde. Ebenso betonte das Gericht, dass der Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen müsse und dass der Beschluss unanfechtbar sei.

Fazit: In diesem Fall wurde die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund des erhöhten Aggressionspotenzials des Antragstellers und der daraus resultierenden Zweifel an seiner charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestätigt. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unterstreicht die Bedeutung der Verkehrssicherheit und die Verantwortung der Fahrer, sich im Straßenverkehr angemessen zu verhalten.

Das vollständige Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen hohen Aggressionspotenzials können Sie weiter unten nachlesen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Welche Rolle spielt das Aggressionspotenzial bei der Beurteilung der Fahreignung?

Das Aggressionspotenzial spielt eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Fahreignung. Ein hohes Aggressionspotenzial kann sich durch wiederholtes aggressives Verhalten zeigen, sowohl im Straßenverkehr als auch außerhalb. Merkmale eines hohen Aggressionspotenzials in Bezug auf die Fahreignung sind eine Neigung zur bedenkenlosen Durchsetzung eigener Interessen und eine Bereitschaft zu emotional gesteuertem, unkontrolliertem Verhalten.

Aggressives Verhalten im Straßenverkehr kann viele Ursachen haben, darunter Stress, Zeitdruck, Frustrationen im Berufs- oder Privatleben, hohes Verkehrsaufkommen, Drogen- und Alkoholkonsum, Überforderung oder generelle Ungeduld.

Wenn ein Fahrerlaubnisinhaber Straftaten begeht, die sich durch Aggression gegen Personen oder Sachen äußern, wird von einem hohen Aggressionspotenzial ausgegangen. In solchen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen, um die Fahreignung zu klären.

Aggressive Fahrer können oft schwere Unfälle verursachen, die schwerwiegende Verletzungen und sogar Todesfälle zur Folge haben können. Häufig sind sie verantwortlich für Auffahrunfälle, unachtsames Überholen, riskante Fahrmanöver oder das Missachten von Verkehrsregeln.

Daher ist es wichtig, dass Fahrer, die ein hohes Aggressionspotenzial aufweisen, identifiziert und entsprechend behandelt werden, um die Sicherheit auf den Straßen zu gewährleisten.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 14.2389  – Beschluss vom 08.01.2015

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1959 geborene Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen BE und C1E einschließlich Unterklassen.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 24. Oktober 2011 wurde der Antragsteller der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamt-Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Außerdem wurde ihm für die Dauer von 3 Monaten verboten, Kraftfahrzeuge aller Art auf öffentlichen Straßen zu führen. Der Verurteilung lag ein Vorfall vom 6. April 2011 zu Grunde, bei dem der Antragsteller einen 78-jährigen Fußgänger, der eine Straße überquerte, mit seinem Kraftfahrzeug streifte und anschließend, nachdem der Fußgänger reflexartig gegen den Pkw des Antragstellers geschlagen hatte, ihm einen gezielten Faustschlag gegen den Kopf versetzte, so dass er zu Boden ging. Anschließend versetzte er seiner Ehefrau, die versuchte, ihn zu beruhigen, mehrere Schläge ins Gesicht. Laut Polizeibericht vom 6. April 2011 hat der Antragsteller Bedrohungen (“Lasst mich vorbei oder ich bringe euch alle um“) gegen eingreifende Passanten gerichtet und schließlich vor lauter Wut mit der rechten Faust die Heckscheibe seines Pkws eingeschlagen. Passanten, die mit ihren Mobiltelefonen die Polizei verständigen wollten, versuchte er habhaft zu werden. Einen Passanten, der den Fahrzeugschlüssel des Pkw des Antragstellers an sich genommen hatte, verfolgte er über eine längere Strecke und bedrohte ihn mit den Worten “Dich merke ich mir, dich bring ich um“.

Die vom Amtsgericht München abgeurteilten Taten wurden im Verkehrszentralregister mit 10 Punkten bewertet. Am 9. Januar 2012 wurde der Antragsteller beim Stand von 11 Punkten verwarnt.

Bereits mit Schreiben vom 29. November 2012 hatte ihn die Fahrerlaubnisbehörde aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen und ihm in der Folge wegen Nichtvorlage des Gutachtens die Fahrerlaubnis entzogen. Nachdem das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Entziehungsbescheid wiederhergestellt hatte, weil in der Gutachtensbeibringungsanordnung das Abweichen vom Punktsystem nicht ausreichend begründet worden sei, forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller mit Schreiben vom 7. Januar 2014 erneut auf, innerhalb von drei Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorzulegen.

Da der Antragsteller ein Gutachten nicht vorlegte, entzog die Fahrerlaubnisbehörde ihm nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 13. Juni 2014 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), ordnete die unverzügliche, spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids zu erfolgende Abgabe des Führerscheins an (Nr. 2), drohte für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro an (Nr. 3) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids an (Nr. 4).

Der Antragsteller legte Widerspruch gegen den Bescheid ein und stellte beim Verwaltungsgericht München Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, den dieses mit Beschluss vom 10. Oktober 2014 ablehnte.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Antragsgegnerin und der Vertreter des öffentlichen Interesses entgegentreten.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

1. Soweit der Antragsteller zur Begründung seiner Beschwerde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 22. Oktober 2013 zur Gutachtensbeibringungsanordnung vom 29. November 2012 und die dortigen Ausführungen zu den Voraussetzungen für ein Abweichen vom Punktsystem bezieht, ist dieser Vortrag im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen, weil in einer solchen Bezugnahme keine Darlegung der Gründe liegt, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und auch keine Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung erfolgt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Im Übrigen macht der Antragsteller in der Beschwerde nur pauschal geltend, die Antragsgegnerin habe weder in der Gutachtensaufforderung vom 7. Januar 2014 noch im Bescheid vom 13. Juni 2014 die Umstände des Einzelfalls im Hinblick auf ein Abweichen vom Punktsystem ausreichend gewürdigt. Die Ausführungen der Antragsgegnerin hierzu seien lediglich allgemeiner Art und nicht bezogen auf das Verhalten, den Charakter, das Wesen und etwaige Neigungen des Antragstellers zu erhöhtem Aggressionspotenzial.

Dieser Vortrag rechtfertigt keine Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Die Antragsgegnerin hat in der streitgegenständlichen Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Januar 2014, auf die es insoweit ankommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.8.2014 – 11 CS 14.352 – juris Rn. 25) ihre Ermessensentscheidung im Hinblick auf ein Abweichen vom Punktsystem damit begründet, dass hier eine bloße Maßnahme nach dem schematisch abgestuften Katalog des Mehrfachtäterpunktsystems der mit der ersichtlichen individuellen Fehleinstellung unmittelbar verbundenen Gefährdung der allgemeinen Verkehrssicherheit nicht gerecht werde. Die Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen wiegten so schwer, dass unter Sicherheitsgesichtspunkten ein Durchlaufen der einzelnen Stufen des Punktsystems mit der Zielsetzung eines möglichst hohen Grades an Gleichbehandlung aller Kraftfahrer aufgrund des erforderlichen Präventivcharakters nicht abgewartet werden könne. Die vom Antragsteller begangenen Straftaten ließen eine Neigung zur Rohheit vermuten, die wiederum zu Zweifeln an der charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen führe. Aufgrund des Risikos, welches von Kraftfahrern mit Neigung zu erhöhtem Aggressionspotenzial ausgehe, müssten die persönlichen Interessen des Antragstellers zurückstehen. Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts erscheine es denkbar, dass der Antragsteller in konflikthaften Situationen emotional impulsiv handeln und damit eigene Bedürfnisse aggressiv im Straßenverkehr durchsetzen werde, anstatt deeskalierend zu wirken.

Diese Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind dem vorliegenden Fall angemessen und stellen eine ausreichende Begründung für ein Abweichen vom Vorgehen nach dem Mehrfachtäterpunksystem dar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich hier um – im Vergleich zur Masse der Verkehrszuwiderhandlungen, die zur Eintragung von Punkten in das (ehemalige) Verkehrszentralregister führen – untypische Taten handelt, bei denen es sich angesichts der vom Antragsteller im Straßenverkehr unter Nutzung eines Pkw gezeigten Aggressivität geradezu aufdrängt, die Fahreignung durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung prüfen zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2013 – 11 CS 13.1779 – juris Rn. 14 ff.).

2. Der Antragsteller trägt weiter vor, die Antragsgegnerin sei an die strafrichterliche Eignungsbeurteilung im Urteil des Amtsgerichts München vom 24. Oktober 2011 gebunden. Dabei sei zu beachten, dass es sich bei dem schriftlichen Urteil lediglich um eine abgekürzte Fassung gemäß § 267 Abs. 4 StPO handele und der Inhalt der Urteilsgründe vom Strafgericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bestimmt worden sei. Das lasse nicht den Schluss zu, das Strafgericht habe bei der Entscheidung über ein Fahrverbot, ohne die Fahrerlaubnis zu entziehen, die Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht tatsächlich beurteilt. Schließlich habe die Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung eine Entziehung der Fahrerlaubnis von acht Monaten beantragt. Darüber hinaus habe das Strafgericht im Anschluss an die Urteilsverkündung den Beschluss gemäß § 111 a StPO aufgehoben und den Führerschein wieder den Antragsteller ausgehändigt.

Auch damit kann der Antragsteller nicht durchdringen. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichts (BA S. 12 f.), das sich auf die zitierte Rechtsprechung des Senats und des OVG Nordrhein-Westfalen (B.v. 1.8.2014 – 16 A 2960/11) bezieht, verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Auffassung, wonach eine Bindungswirkung nur eintritt, wenn in den schriftlichen Gründen des Strafurteils ausdrücklich Feststellungen zur Fahreignung getroffen werden, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 11.10.1989 – 7 B 150/89 – juris Rn. 2; U. v. 15. 7. 1988 – 7 C 46/87 – juris Rn. 11). Von der Einhaltung des § 267 Abs. 6 StPO, der Ausführungen zur Eignungsbeurteilung im Urteil verlangt, ist das Strafgericht auch dann nicht befreit, wenn es ein nach § 267 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 StPO in den Gründen abgekürztes Urteil erlässt (vgl. BayVGH, B. v. 17. 7. 2007 – 11 CS 07.535 – juris Rn. 16 m.w.N.). Zwar hat, wie der Antragsteller richtig erkennt, das Strafgericht trotz Antrags der Staatsanwaltschaft davon abgesehen, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen; es hat aber im Urteil nicht festgestellt, dass dies deswegen geschieht, weil das Strafgericht den Antragsteller für geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen hält. Eine solche Fallkonstellation gibt der Fahrerlaubnisbehörde die Möglichkeit, die Fahreignung des Betroffenen durch die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu überprüfen.

3. Der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Gutachtensbeibringungsanordnung steht auch nicht entgegen, dass zwischen dem Vorfall und der Anordnung mehr als zweieinhalb Jahre verstrichen sind und der Antragsteller seitdem nicht negativ im Straßenverkehr aufgefallen ist. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichts (BA S. 15 f.) verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Es gibt auch keine Anhaltspunkte, dass das beim Antragsteller aufgetretene Aggressionspotenzial sich durch bloßen Zeitablauf vermindert hätte.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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