VG Lüneburg – Az.: 1 B 56/18 – Beschluss vom 14.12.2018
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Am 6. Februar 2018 kontrollierten Polizeibeamte den Antragsteller als Fahrer eines Personenkraftwagens auf dem öffentlichen Parkplatz der Polizeiinspektion B-Stadt. Nachdem er ihnen gegenüber auf Nachfrage zunächst angegeben hatte, noch nie Drogen konsumiert zu haben und sie ihm dann vorhielten, dass er im Jahr 2009 im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln aufgefallen sei, räumte er schließlich ein, zwei Tage zuvor einen Joint geraucht zu haben. In der dem Antragsteller schließlich mit seinem Einverständnis um 17:20 Uhr entnommenen Blutprobe stellte das Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover Tetrahydrocannabinol (THC) in Höhe von 2,7 ng/ml und THC-Carbonsäure in Höhe von 30 ng/ml fest.
Unter dem 4. Juni 2018 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu der beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis wegen des gelegentlichen Konsums von Cannabis an. Er teilte daraufhin durch seinen Prozessbevollmächtigten mit, dass bei dem festgestellten THC-Wert nicht mit Sicherheit von einer signifikanten Erhöhung des Risikos einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und einem fehlenden Trennungsvermögen auszugehen sei. Auch sei er beruflich auf seinen Führerschein angewiesen. Mit weiterem Schreiben vom 6. Juli 2018 wies der Antragsteller unter anderem darauf hin, dass eine aktuelle Urinprobe negativ auf Cannabinole getestet worden sei und er sich um ein Gutachten eines Arztes einer Begutachtungsstelle für Fahreignung bemühe.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2018 erklärte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller, dass er ihm die Möglichkeit einräume, seine Fahreignung mittels einer medizinisch-psychologischen Begutachtung nachzuweisen und ordnete die Beibringung eines Gutachtens an.
In dem von dem Antragsteller daraufhin vorgelegten Gutachten der TÜV Nord Mobilität GmbH & Co. KG vom 12. September 2018 wird unter anderem ausgeführt, dass er im Rahmen der Begutachtung angegeben habe, nur ein einziges Mal zwei Tage vor dem 6. Februar 2018 Cannabis geraucht zu haben. Er sei auf einer Party gewesen und habe sich hinreißen lassen, zwei oder drei Joints mitzurauchen. Er habe das Cannabis aber nicht vertragen und sich übergeben müssen. Auf früheren Partys, die er besucht habe, habe es keine Drogen gegeben, so dass er zuvor keine Gelegenheit gehabt habe, Cannabis zu probieren. Weiter ist dem Gutachten zu entnehmen, dass zwar körperliche Anzeichen für einen aktuellen Drogenmissbrauch oder Auswirkungen eines früheren Drogenkonsums nicht nachweisbar seien und auch eine Urinanalyse einen unauffälligen Befund ergeben habe. Jedoch sei aus medizinisch-psychologischer Sicht dennoch zu erwarten, dass der Antragsteller in der Zukunft wieder unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln ein Kraftfahrzeug führen werde. Denn er habe im Rahmen der Begutachtung nicht zu einer Mitarbeit bewogen werden können, die eine Erhebung hinreichend verwertbarer Angaben zugelassen hätte und eine mangelnde Bereitschaft zur Kooperation beziehungsweise mangelnde Offenheit gezeigt. Fragen habe er bewusst ausweichend beantwortet und eine Tendenz zum Bagatellisieren und Kaschieren gezeigt. Eine Bereitschaft, relevante Hintergründe aus der Biografie beziehungsweise der Lebenssituation offen zu legen, sei nicht erkennbar gewesen. Die Angaben des Antragstellers zu seinem Cannabiskonsum ließen sich nicht mit den aktenkundigen toxikologischen Befunden vereinbaren. Dennoch sei er dabei geblieben, nur einmal und zwar zwei Tage vor der Blutentnahme Cannabis konsumiert zu haben. Abschließend rieten die Gutachter ihm an, die Ursachen und Hintergründe seines Drogenkonsums aufzuarbeiten.
Unter dem 28. September 2018 hörte der Antragsgegner den Antragsteller erneut zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an.
Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 2. Oktober 2018 anregte, statt der Entziehung der Fahrerlaubnis ein Drogenscreening anzuordnen, entzog der Antragsgegner ihm mit Bescheid vom 25. Oktober 2018 seine Fahrerlaubnis, forderte ihn zur Abgabe seines Führerscheines binnen drei Tagen auf und setzte eine Gebühr von 144,60 Euro sowie Auslagen in Höhe von 3,13 Euro fest. Zur Begründung führt er in seinem Bescheid aus, dass bei dem Antragsteller von einem gelegentlichen Konsum von Cannabis auszugehen sei und das vorliegende Gutachten die Bedenken hinsichtlich der Kraftfahreignung nicht habe ausräumen können. Aufgrund der negativen Prognose des Gutachtens in Verbindung mit der aktenkundigen Auffälligkeit sei mit einer weiteren Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss zu rechnen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. Zudem ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung seiner Verfügung an, die er insbesondere damit begründete, dass der Antragsteller ohne weiteren Aufschub von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen sei, um Leib, Leben und Sachwerte anderer am Straßenverkehr teilnehmender Personen zu schützen.
Hiergegen hat der Antragsteller am 14. November 2018 Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führt er aus, dass selbst bei einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml im Blut nicht von einer möglichen Beeinträchtigung der Fahrsicherheit und einem fehlenden Trennungsvermögen ausgegangen werden könne. Er habe zwei Tage abgewartet, bevor er wieder ein Kraftfahrzeug geführt habe. Das Gutachten stelle in unzulässiger Weise auf den Tatvorwurf aus dem Jahr 2009 ab, ohne zu berücksichtigen, dass zwischen diesem und der aktuellen Verkehrsordnungswidrigkeit eine zeitliche Zäsur liege. Seine Angaben zu seinem Cannabiskonsum widersprächen auch weder wissenschaftlichen Erkenntnissen noch der Aktenlage. Ein gelegentlicher Konsum sei nicht belegbar. Das Aussetzungsinteresse überwiege das Vollzugsinteresse auch deshalb, weil ihm bei einer vorläufigen Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Verlust seines Arbeitsplatzes drohe. Letztlich sei auch bereits die Begründung der sofortigen Vollziehung zu pauschal und formelhaft und setze sich nicht mit dem konkreten Einzelfall auseinander.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 25. Oktober 2018 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß, den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller habe zwei Tage vor der Kontrolle am 6. Februar 2018 und wenige Stunden vor dem Antritt der Fahrt erneut Cannabis konsumiert. Die zweite Einnahme sei deshalb belegt, weil sich aktives Cannabis lediglich acht bis zwölf Stunden im Blut nachweisen lasse. Aufgrund dieser Feststellung in Verbindung mit dem vorliegenden negativen Eignungsgutachten stehe die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen fest. Der Vorfall aus dem Jahr 2009 habe bei der Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis keine Beachtung gefunden.
II.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz des Antragstellers ist als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis auszulegen (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO). Zwar werden mit dem angegriffenen Bescheid auch die Abgabe des Führerscheines des Antragstellers angeordnet und Verwaltungskosten in Höhe von insgesamt 147,73 Euro festgesetzt. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass er nicht auch hiergegen gesonderten vorläufigen Rechtsschutz begehrt, da er zum einen keine Einwände gegen die Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheines sowie die Erhebung der Gebühr und Auslagen erhoben hat und zum anderen hinsichtlich der Festsetzung der Verwaltungskosten auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 80 Abs. 6 VwGO für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorliegen würden.
Der so verstandene Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zwar zulässig, insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft, da der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis besonders angeordnet hat, jedoch unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen. Ist die sofortige Vollziehung von der Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügend angeordnet worden, so entscheidet das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf der Grundlage einer eigenen Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.2014 – 7 VR 5.14 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschl. v. 10.09.2014 – 8 ME 87/14 -, juris Rn. 2). Im Rahmen der Interessenabwägung haben die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine entscheidende Bedeutung. Ergibt sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber grundsätzlich auch ausreichenden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.8.2017 – 13 ME 173/17 -, juris Rn. 4, vgl. auch Beschl. v. 24.01.2018 – 7 ME 110/17 -, juris Rn. 28) summarischen Überprüfung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil sich der angegriffene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Erweist sich der Rechtsbehelf bei summarischer Überprüfung demgegenüber als offensichtlich erfolgreich, überwiegt regelmäßig das Interesse des Adressaten des Verwaltungsaktes, von dessen Vollziehung vorerst verschont zu bleiben. Stellen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs hingegen bei der allein gebotenen summarischen Überprüfung als offen dar, so ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich, bei der in Rechnung zu stellen ist, welche Gründe bei bestehender Unsicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs für und gegen eine Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes sprechen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 10.5.2010 – 13 ME 181/09 -, juris Rn. 4). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die voraussichtliche Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes für sich allein nur das allgemeine Interesse an seiner Vollziehung begründet, nicht aber zugleich auch deren, für die behördliche Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderliche Dringlichkeit (vgl. grundlegend BVerfG, Beschl. v. 27.4.2005 – 1 BvR 223/05 -, NVwZ 2005, 1303; Beschl. v. 18.7.1973, – 1 BvR 23/73 -, BVerfGE 35, 382, 402; Nds. OVG, Beschl. v. 10.9.2014, a.a.O.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 757 f. m.w.N.).
Nach Maßgabe dessen ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage unbegründet.
Zunächst genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen. Erforderlich für das Vorliegen einer hinreichenden schriftlichen Begründung im Sinne dieser Vorschrift ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm angegriffenen Verwaltungsakt verschont zu werden. Dem Begründungserfordernis ist nicht erst dann Genüge getan, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung tatsächlich vorliegt; ausreichend ist vielmehr – wie bei der Begründung eines Verwaltungsaktes nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG –, dass die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilt, die sie im konkreten Einzelfall zu der Annahme des Vorliegens eines besonderen Vollzugsinteresses und damit zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben. Da sich diese Begründung auf das besondere öffentliche Interesse an der Vollziehung zu beziehen hat, ist eine gesonderte Darstellung der diesem Interesse entgegenstehenden Interessen des von der sofortigen Vollziehung nachteilig Betroffenen keine Voraussetzung der formalen Ordnungsmäßigkeit der Begründung. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungserheblich, ob bereits die von dem Antragsgegner getroffene Entscheidung über den Sofortvollzug auf einer auch inhaltlich tragfähigen, materiell ausreichenden Abwägung beruhte (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.3.2017 – 12 ME 12/17 -, n.v.).
Die Begründung des Antragsgegners für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt diesen Anforderungen, da er die Notwendigkeit des Sofortvollzuges auf die mit einer weiteren Teilnahme des als Kraftfahrer ungeeigneten Antragstellers am Straßenverkehr einhergehende erhebliche Gefährdung der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer stützte. Soweit der Antragsteller gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides anführt, dass sich die Begründung nicht ausreichend mit dem konkreten Einzelfall auseinandersetze, ist dem nicht zu folgen. Der Antragsgegner hat ausgeführt, dass bei dem Antragsteller jederzeit mit einem erneuten Führen eines Kraftfahrzeuges unter dem Einfluss von Drogen gerechnet werden müsse. Diese Prognose ist im Zusammenhang mit den vorangegangenen Ausführungen in dem Bescheid zu sehen, die zu dieser Annahme des Antragsgegners geführt haben. Des Weiteren hat der Antragsgegner die generellen negativen Auswirkungen des Drogenkonsums auf das Fahrverhalten dargelegt und daraus gefolgert, dass die Folgen einer weiteren Teilnahme am Straßenverkehr für den Antragsteller und die anderen Verkehrsteilnehmer unabsehbar wären. Eine darüber hinausgehende, konkreter auf den Einzelfall bezogene Begründung war nicht erforderlich, weil bei dem Antragsteller insoweit keine besonderen individuellen Umstände erkennbar waren, die eine abweichende Beurteilung der Gefährlichkeit seiner Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln begründen könnten. Die Verwendung standardisierter Begründungselemente ist dem Antragsgegner in einem solchen Fall nicht verwehrt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26.10.2012 – 2 M 124/12 -, juris Rn. 10; VG Bremen, Beschl. v. 10.1.2018 – 5 V 3111/17 -, juris Rn. 17 (Fahrerlaubnisentziehung); Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80 Rn. 85 m.w.N.).
Die Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage des Antragstellers gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil diese Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV -). Danach ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere derjenige, bei dem Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 FeV ist die Fahreignung bei einer regelmäßigen Einnahme von Cannabis im Regelfall (vgl. Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 FeV sowie BVerwG, Urt. v. 26.2.2009 – 3 C 1.08 -, juris Rn. 20) nicht gegeben, bei gelegentlicher Einnahme ist sie nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 FeV nur dann gegeben, wenn Konsum und Fahren getrennt werden und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Nach diesen Maßgaben war dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen, weil er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV erwiesen hat. Denn er nahm zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 26.1.2017 – 3 C 21.15 -, juris Rn. 10, und Urt. v. 9.6.2005 – 3 C 25.04 -, juris Rn. 16) gelegentlich Cannabis ein (dazu a) und trennte nicht zwischen Konsum und Fahren (dazu b).
a) Eine “gelegentliche“ Einnahme von Cannabis im Sinne der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 FeV ist bereits bei zwei selbständigen Konsumvorgängen anzunehmen, wenn sie einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 -, juris Rn. 20; Bay. VGH, Urt. v. 10.4.2018 – 11 BV 18.259 -, juris Rn. 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.3.2017 – 16 A 432/16 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschl. v. 7.6.2012 – 12 ME 31/12 -, juris Rn. 6, und Beschl. v. 4.12.2008 – 12 ME 298/08 -, juris Rn. 10). Dies ist hier nach summarischer Prüfung mit den Einnahmen von Cannabis am 4. Februar 2018 und im zeitlichen Vorfeld der Fahrt am 6. Februar 2018 der Fall.
Der Antragsteller räumte am 6. Februar 2018 gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten ein, zwei Tage zuvor am 4. Februar 2018 an mehreren Joints mitgeraucht zu haben. Ein weiteres Mal konsumierte der Antragsteller am 6. Februar 2018 oder zumindest unmittelbar vor diesem Tag Cannabis. Dies folgt für die Kammer aus dem Untersuchungsbericht des Instituts für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover, wonach in dem am 6. Februar 2018 entnommenen Blut des Antragstellers 2,7 ng/ml THC festgestellt wurden. Dass dieser Wert – wie der Antragsteller meint – auf den Cannabiskonsum zwei Tage zuvor zurückzuführen wäre, hält die Kammer für ausgeschlossen (vgl. auch Nds. OVG, Beschl. v. 21.10.2011 – 12 ME 185/11 -, juris Rn. 8). Denn entgegen der Auffassung des Antragstellers widerspräche dies wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Wirkungsdauer von Cannabis beträgt lediglich mehrere Stunden. Bei einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis ist in der Regel bereits nach 24 Stunden keine THC-Konzentration von über 1,0 ng/ml mehr feststellbar (Hess. VGH, Beschl. v. 11.10.2018 – 2 B 1543/18 -, juris Rn. 8 m.w.N.). Bei der überwiegenden Zahl der Cannabiskonsumenten sind bereits nach sechs Stunden nur noch THC-Werte zwischen 1 und 2 ng/ml festzustellen (Bay. VGH, Urt. v. 10.4.2018 – 11 BV 18.259 -, juris Rn. 24).
Die beiden Konsumvorgänge weisen auch bereits angesichts ihrer kurzen zeitlichen Abfolge von wenigen Tagen den erforderlichen Zusammenhang auf. Der Antragsteller hat keine Angaben gemacht, die eine andere Beurteilung zuließen. Vielmehr nimmt er eine erneute Einnahme von Cannabis nach dem 4. Februar 2018 generell in Abrede.
b) Der Antragsteller hat zudem auch gezeigt, dass er den Konsum von Cannabis und das Führen von Kraftfahrzeugen nicht zu trennen vermochte. Denn er führte am 6. Februar 2018 unter dem Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht geht mit dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 -, juris Rn. 32 und 36) davon aus, dass eine ausreichende Trennung, die eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch als hinnehmbar erscheinen lässt, nur dann vorliegt, wenn der Betroffene – anders als hier – Konsum und Fahren in jedem Fall in einer Weise trennt, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.4.2017 – 12 ME 49/17 -, juris Rn. 7; vgl. auch OVG Bremen, Urt. v. 30.4.2018 – 2 B 75/18 -, juris Rn. 16 f.). Aufgrund der Höhe der bei dem Antragsteller festgestellten THC-Werte ist von einem zeitnahen Cannabiskonsum vor dem Antritt der Fahrt mit einer entsprechenden Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit auszugehen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes kann – entgegen der Auffassung des Antragstellers – bereits bei THC-Werten, die den Wert von 1 ng/ml übersteigen, auf einen zeitnahen Cannabiskonsum mit einer entsprechenden Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit und einem mangelnden Vermögen zur Trennung des Cannabiskonsums vom Führen eines Kraftfahrzeuges geschlossen werden, ohne dass es auf die Feststellung konkreter Ausfallerscheinungen ankommt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.9.2008 – 12 ME 227/08 -, juris Rn. 5; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31.8.2018 – 3 M 290/18 -, juris Rn. 6; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.6.2018 – 4 MB 45/18 -, juris Rn. 6; Hamburgisches OVG, Beschl. v. 15.11.2017 – 4 Bs 180/17 -, Rn. 23; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 4.12.2017 – 16 B 390/17 -, juris Rn. 3). Dies rechtfertigt nach der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Annahme der fehlenden Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.9.2008 – 12 ME 227/08 -, juris Rn. 5; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 23.10.2014, a.a.O, Rn. 41 m.w.N.). Personen, die gelegentlich Cannabis einnehmen und zwischen dessen Konsum und dem Fahren von Kraftfahrzeugen nicht trennen, sind nach der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV in der Regel ohne Weiteres, insbesondere ohne vorherige medizinisch-psychologische Untersuchung auf ihr Trennungsvermögen, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, selbst wenn nur eine einzelne Fahrt unter Cannabiseinfluss feststeht (Nds. OVG, Beschl. v. 7.4.2017 – 12 ME 49/17 -, juris Rn. 7; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31.8.2018 – 3 M 290/18 -, juris Rn. 7).
Besondere Umstände, die es – abweichend vom Regelfall der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 FeV – ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen ließen, von einer fortbestehenden Fahreignung des Antragstellers auszugehen (vgl. dazu auch Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 zur FeV; BVerwG, Urt. v. 26.2.2009 – 3 C 1.08 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschl. v. 30.6.2009 – 12 ME 112/09 -, juris Rn. 9) hat er weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Insbesondere spricht auch das Fahreignungsgutachten vom 12. September 2018 nicht für eine bei dem Antragsteller vorhandene Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Im Gegenteil kommen die Gutachter mit einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung zu dem Ergebnis, dass auch weiterhin eine Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Drogen zu erwarten sei. Dabei kommt es auf die weitere, vom Antragsteller hervorgehobene Feststellung der Gutachter, dass bei dem Antragsteller keine Beeinträchtigungen infolge unkontrollierten Drogenkonsums vorlägen, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges der Klassen A2 und CE infrage stellten, nicht an. Denn dies steht der Annahme einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Antragstellers bei einem (erneuten) Führen von Kraftfahrzeugen unter dem Einfluss von Cannabis nicht entgegen, sondern besagt lediglich, dass bei ihm nicht bereits unabhängig von einem aktuellen Konsum von Drogen entsprechende negative physische oder psychische Folgen eingetreten sind. Auch ist nicht zu erkennen, dass – wie der Antragsteller vorbringt – die Gutachter ihr Ergebnis auch auf das Ermittlungsverfahren bezüglich eines Tatvorwurfs aus dem Jahre 2009 gestützt hätten, das – wie aus den Verwaltungsvorgängen, die den Gutachtern vorlagen, ersichtlich – mangels hinreichendem Tatverdacht von der Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt worden war. Letztlich lassen sich auch weder aus der im Rahmen der Begutachtung des Antragstellers mit negativem Ergebnis untersuchten Urinprobe noch aus der von ihm behaupteten anstandslosen Teilnahme am Straßenverkehr seit dem 6. Februar 2018 belastbare Schlüsse auf eine bestehende Fahreignung ziehen, zumal das Gutachten vom 12. September 2018 gerade gegen eine (zwischenzeitlich wiedererlangte) Fahreignung spricht.
Im Übrigen räumen § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fahrerlaubnisbehörde kein Ermessen ein, ob die Fahrerlaubnis zu entziehen ist oder nicht, sondern sehen dies als zwingende Folge vor, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Vor diesem Hintergrund kommt es auch auf die von dem Antragsteller im Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis befürchteten beruflichen Nachteile nicht an. Die (absehbaren) Folgen einer Fahrerlaubnisentziehung muss jeder Betroffene hinnehmen, wenn – wie hier – hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.3.2004 – 1 M 2/04 -, juris Rn. 33; vgl. auch Hamburgisches OVG, Beschl. v. 15.11.2017 – 4 Bs 180/17 -, juris Rn. 30).
Schließlich liegt hier auch ein besonderes Vollzugsinteresse in der Wahrung der Sicherheit des Straßenverkehrs vor. Die von einem – voraussichtlich zu Recht – als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet angesehenen Fahrerlaubnisinhaber ausgehenden Gefahren für den Straßenverkehr sind zu groß, als dass sie im Interesse seiner erleichterten und erweiterten Teilnahme am Straßenverkehr vorläufig hingenommen werden könnten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.12.2016 – 12 ME 186/16 -, juris Rn. 19). Auch unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit der Auswirkungen der Anordnung der sofortigen Vollziehung auf die Berufstätigkeit des Antragstellers sind dessen Interessen nicht von höherem Gewicht. Denn angesichts der Gefahren für die Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr, die von einem Kraftfahrer ausgehen, der sich – wie der Antragsteller – als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, müssen solche privaten Belange zurückstehen (vgl. hierzu auch: Nds. OVG, Beschl. v. 7.4.2017 – 12 ME 49/17 -, juris Rn. 9, und Beschl. v. 21.10.2011 – 12 ME 185/11 -, juris Rn. 9).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz in Anlehnung an Nr. 46.3 und Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).