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Fahrerlaubnisentziehung – Trunkenheitsfahrt im Ausland – MPU

Trunkenheitsfahrt im Ausland: Entziehung der Fahrerlaubnis rechtens?

In der Welt des Verkehrsrechts stellt die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Trunkenheitsfahrten ein bedeutendes und sensibles Thema dar. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen Alkoholkonsum hinter dem Steuer zu schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen führt. Ein zentrales Element in solchen Fällen ist die Bewertung der Fahrtüchtigkeit und die damit verbundene Frage der Alkoholmissbrauchs, oft beurteilt durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU). Die Herausforderung liegt in der korrekten Anwendung und Auslegung der rechtlichen Vorschriften, insbesondere hinsichtlich der Feststellung von Alkoholmissbrauch und der daraus resultierenden Nichteignung zum Führen eines Fahrzeugs. Hierbei spielen die Blutalkoholkonzentration und die Umstände der Alkoholmessung eine entscheidende Rolle. Fälle, in denen Bußgelder, Fahrverbote oder die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Trunkenheitsfahrten im In- oder Ausland verhängt werden, rücken die Bedeutung einer genauen Prüfung der Rechtsgrundlage und der angewandten Messverfahren in den Vordergrund. Diese Aspekte sind essenziell für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit administrativer Entscheidungen im Bereich des Verkehrsrechts.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 CS 23.907   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Verwaltungsgerichtshof München hat entschieden, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Antragstellers, aufgrund von Trunkenheitsfahrten, rechtswidrig war. Diese Entscheidung beruht auf der Feststellung, dass die Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) auf einer unzutreffenden Rechtsgrundlage basierte.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Aufhebung des Beschlusses: Das VGH München hebt den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg auf und stellt die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts wieder her.
  2. Entziehung der Fahrerlaubnis: Ursprünglich entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aufgrund wiederholter Trunkenheitsfahrten.
  3. Trunkenheitsfahrt im Ausland: Eine Trunkenheitsfahrt in der Tschechischen Republik und eine frühere Fahrt im Jahr 2012 wurden als Grundlage für die Entziehung herangezogen.
  4. Rechtliche Grundlage für MPU: Das Landratsamt stützte seine Aufforderung zur MPU zunächst auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), änderte dies jedoch später zu § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV.
  5. Unzulässiger Wechsel der Rechtsgrundlage: Das Gericht urteilte, dass dieser Wechsel der Rechtsgrundlage unzulässig war, da § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV speziellere Regelungen enthält.
  6. Fehler in der Atemalkoholmessung: Der Antragsteller bestritt die Genauigkeit und das Verfahren der Atemalkoholmessung in Tschechien.
  7. Kosten des Verfahrens: Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
  8. Unanfechtbarkeit der Entscheidung: Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar gemäß § 152 Abs. 1 VwGO.

Rechtliche Komplexität bei der Entziehung der Fahrerlaubnis

Im Zentrum des Falls steht die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Antragstellers, die aufgrund von Trunkenheitsfahrten, einschließlich einer Trunkenheitsfahrt im Ausland, erfolgte. Die rechtliche Auseinandersetzung drehte sich primär um die Frage, ob diese Maßnahme und die Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) rechtmäßig waren. Die juristische Herausforderung in diesem Fall bestand in der korrekten Interpretation und Anwendung der rechtlichen Vorschriften, insbesondere hinsichtlich der Feststellung von Alkoholmissbrauch und der daraus resultierenden Eignung zum Führen eines Fahrzeugs.

Schlüsselrolle der Blutalkoholkonzentration und Atemalkoholmessung

Der Fall wurde komplex durch die Berücksichtigung der Blutalkoholkonzentration und die Umstände der Atemalkoholmessung, die eine entscheidende Rolle spielten. Ursprünglich entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aufgrund wiederholter Trunkenheitsfahrten, unter Einbeziehung einer Trunkenheitsfahrt in der Tschechischen Republik. Die Aufforderung zur MPU basierte anfangs auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), wurde jedoch später auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV geändert.

Entscheidende Wendung im Verwaltungsgerichtshof München

Das Verwaltungsgerichtshof München entschied, dass diese Änderung der Rechtsgrundlage unzulässig war, da § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV speziellere Regelungen enthält. Der Antragsteller hatte die Genauigkeit und das Verfahren der Atemalkoholmessung in Tschechien bestritten, was zu weiteren rechtlichen Fragestellungen führte.

Bedeutung des Falles für das Verkehrsrecht

Das Gericht hob den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg auf und stellte die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts wieder her. In der Begründung wurde angeführt, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis auf einer unzutreffenden Rechtsgrundlage basierte. Der Fall zeigt die Komplexität der rechtlichen Bewertung von Alkoholmissbrauch im Verkehr und die Notwendigkeit einer genauen Prüfung der zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen.

Die Entscheidung des Gerichts hat weitreichende Bedeutung für ähnliche Fälle im Verkehrsrecht, da sie verdeutlicht, dass bei der Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Alkoholmissbrauch die spezifischen rechtlichen Voraussetzungen genau beachtet werden müssen. Insbesondere wird die Bedeutung einer korrekten Anwendung der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Berücksichtigung aller relevanten Umstände, wie der Art und Weise der Alkoholmessung, hervorgehoben.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs München stellt somit einen wichtigen Präzedenzfall dar und unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung in Fällen der Fahrerlaubnisentziehung aufgrund von Trunkenheitsfahrten. Sie betont auch die Rolle der Gerichte bei der Überwachung der Rechtmäßigkeit administrativer Entscheidungen im Bereich des Verkehrsrechts.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Verwertbarkeit von ausländischen Verkehrsverstößen im deutschen Recht

Die Verwertbarkeit von ausländischen Verkehrsverstößen im deutschen Recht, insbesondere in Bezug auf Alkoholmessungen und deren Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis, ist ein komplexes Thema.

Bei der Beurteilung der Eignung zur Führung eines Kraftfahrzeugs können grundsätzlich auch Erkenntnisse ausländischer Behörden berücksichtigt werden, wenn der Verkehrsverstoß im Ausland die Tatbestandsmerkmale einer entsprechenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit nach deutschem Recht erfüllt. Dies gilt für durch ausländische Behörden festgestellte Sachverhalte. Die Berücksichtigung setzt allerdings voraus, dass die der dortigen Sachverhaltsermittlung zugrundeliegenden Regeln inländischen rechtsstaatlichen Standards entsprechen, dass diese eingehalten wurden und dass sie dem deutschen FE-Recht nicht entgegenstehen. Dies gilt auch für Sachverständigengutachten. Dazu gehört auch, dass Labor- und Messergebnisse deutschen Qualitätsstandards entsprechen müssen.

Ein in Deutschland verhängtes Fahrverbot entfaltet grundsätzlich nur innerhalb des deutschen Staatsgebiets Gültigkeit. Die gebietsübergreifende Wirkung von Fahrverboten hängt von den ordnungs- und verkehrsrechtlichen Vorgaben des jeweiligen Landes ab.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis kann in Deutschland entweder als verwaltungsrechtliche Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde oder als strafrechtliche Sanktion erfolgen. Bei ausländischen Fahrerlaubnissen erlischt bei einer Entziehung ausdrücklich nicht die Fahrerlaubnis an sich, sondern das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland. Die Entziehung der ausländischen Fahrerlaubnis hat somit lediglich Auswirkungen auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Im Ausland begangene Verkehrsverstöße werden im deutschen Fahreignungsbewertungssystem nicht eingetragen und führen auch nicht zu Punkten im Inland. Auch die in ausländischen Punktsystemen aufgenommenen Punkte werden nicht in das inländische Fahreignungsbewertungssystem eingetragen.

Es sollte jedoch beachtet werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei der Ermittlung der (fehlenden) Eignung oder Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen kann. Damit können sich die im Ausland begangenen Verkehrsverstöße oder -delikte auch auf die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis in Deutschland auswirken.

Die genauen Auswirkungen von Verkehrsverstößen, die im Ausland begangen wurden, auf die Fahrerlaubnis in Deutschland können je nach Einzelfall variieren und sollten daher immer mit einem Rechtsexperten geklärt werden.


Das vorliegende Urteil

VGH München – Az.: 11 CS 23.907 – Beschluss vom 18.07.2023

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. Mai 2023 (Az. RN 8 S 23.578) wird aufgehoben.

II. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts F.-G. vom 23. März 2023 wird wiederhergestellt.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Der Streitwert für beide Rechtszüge wird auf jeweils 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung seiner Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.

Dem am … … 1993 geborenen Antragsteller wurde die Fahrerlaubnis der Klassen B, A, A1, AM und L (A und A1 mit Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04) am 29. Juni 2011 erstmals erteilt. Wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt am 17. Februar 2012 (BAK 1,58 ‰) verurteilte das Amtsgericht Freyung ihn mit Strafbefehl vom 26. April 2012, rechtskräftig seit 15. Mai 2012, zu einer Geldstrafe und entzog ihm die Fahrerlaubnis. Nach Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 17. Juni 2013 wurde sie ihm am 4. Juli 2013 wieder erteilt.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2021 übersandte das Kraftfahrt-Bundesamt dem Landratsamt F.-G. eine Mitteilung des Verkehrsministeriums der Tschechischen Republik vom 4. Oktober 2021 mit Anlagen in tschechischer Sprache. Nach der vom Landratsamt veranlassten Übersetzung sei der Antragsteller am 18. September 2021 in P. mit seinem Fahrzeug nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und dann gegen eine feste Barriere (Betondurchlass) geprallt. Die Polizisten hätten eine Atemalkoholmessung mit einem Dräger 7510-Gerät mit positivem Ergebnis durchgeführt. Die erste Messung habe 1,08 ‰ und die zweite 1,11 ‰ in der Atemluft ergeben. Nach einer ersten Unterweisung sei der Antragsteller mit den Werten einverstanden gewesen und habe keine ärztliche Untersuchung in Verbindung mit einer Blut- oder Urinentnahme verlangt.

Mit Schreiben vom 16. März 2022 übersandte das Kraftfahrt-Bundesamt dem Landratsamt unter anderem einen Beschluss des Gemeindeamts P. vom 15. November 2021. Der in den Akten enthaltenen deutschen Übersetzung zufolge sei gegen den Antragsteller ein Bußgeld in Höhe von 10.000,- Tschechischen Kronen (CZK) und ein Fahrverbot von acht Monaten ausgesprochen worden, weil er am 18. September 2021 nach dem Genuss eines alkoholischen Getränks von der Straße abgekommen sei. Der Atemalkoholtest habe „nach Abzug des maximal zulässigen Messfehlers – und der Unsicherheit der Umrechnung auf einen Wert von 0,24 Promille“ einen Wert „von mindestens 0,84 Promille Alkohol in der Atemluft (gemessen mit 1,08 und 1,11 Promille)“ ergeben. Bei dem Unfall sei ein Sachschaden am Auto entstanden.

Nach Aufhebung einer ersten, auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) gestützten Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 27. Dezember 2021 zur Klärung der Fahreignung forderte das Landratsamt den Antragsteller mit Schreiben vom 19. Dezember 2022 gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis spätestens 20. Februar 2023 auf, weil er wiederholt ein Fahrzeug unter unzulässig hoher Alkoholwirkung geführt habe. Zu klären sei, ob er trotz der Hinweise auf Alkoholmissbrauch ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 sicher führen könne und ob insbesondere nicht zu erwarten sei, dass er ein Kraftfahrzeug unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholeinfluss führen werde.

Mit Bescheid vom 23. März 2023 entzog das Landratsamt dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn zur Abgabe des Führerscheins. Er habe wiederholt ein Fahrzeug unter unzulässig hoher Alkoholwirkung geführt und das zu Recht geforderte Gutachten nicht beigebracht. Daraus sei auf seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen.

Über die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Regensburg noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. Mai 2023 abgelehnt. Das Landratsamt habe den Sofortvollzug hinreichend begründet. Die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Gutachtensanordnung vom 19. Dezember 2022 seien nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Aufgrund der im Zeitpunkt der Gutachtensanordnung noch verwertbaren Trunkenheitsfahrt vom 17. Februar 2012 und der Fahrt unter Alkoholeinfluss am 18. September 2021 lägen ausreichende Tatsachen für fehlendes Trennungsvermögen des Antragstellers vor. Da die Messung des Alkoholwerts am 18. September 2021 nicht genau rekonstruierbar gewesen sei und die Eichung des Geräts nicht habe ermittelt werden können, seien die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV nicht ausreichend nachgewiesen. Das Landratsamt habe die Beibringungsanordnung aber auf den Auffangtatbestand des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV stützen können. Etwaigen Unschärfen der Atemalkoholbestimmung durch nicht geeichte Vortestgeräte könne durch einen Sicherheitsabschlag vom Messergebnis in Höhe von 10 bis 15% Rechnung getragen werden. Der danach zugrunde zu legende Wert sei weit von 0,5 ‰ entfernt. Eine falsche Handhabung des Geräts könne nicht ohne Weiteres unterstellt werden.

Zur Begründung der Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, lässt der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, er sei am 18. September 2021 einem Reh ausgewichen und dabei mit einem Betondurchlass zusammengestoßen. Es sei mehr als unwahrscheinlich, dass er selbst die Polizei verständigt hätte, wenn er alkoholisiert gewesen wäre. Er sei nicht in deutscher Sprache belehrt und der angeblich gemessene Atemalkoholwert sei ihm nicht mitgeteilt worden. Die gesamte Kommunikation sei in tschechischer Sprache verlaufen, die er nicht beherrsche. Er habe das Messergebnis weder akzeptiert noch auf eine Blutentnahme verzichtet. Die Messung könne mangels Angaben und Unterlagen nicht überprüft werden. Diese Umstände habe das Landratsamt bei der Anordnung des Sofortvollzugs nicht berücksichtigt. Auch die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft. Für den Antragsteller sei aufgrund der Fragestellung in der Beibringungsanordnung des Landratsamts nicht hinreichend klar erkennbar gewesen, ob es sich ausschließlich um die charakterliche Überprüfung handele oder ob auch eine medizinische Untersuchung gefordert werde. Letzteres sei hier nicht veranlasst. Die Voraussetzungen des als Auffangtatbestand restriktiv auszulegenden § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV seien nicht erfüllt. Das Landratsamt habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass Alkoholmissbrauch vorliege. Es habe außer Acht gelassen, dass zwischen dem ersten Verstoß vom 17. Februar 2012 und dem angeblichen zweiten Verstoß mehr als neun Jahre vergangen seien, ohne dass neue Verstöße bekannt geworden seien. Das Gericht habe schon nicht davon ausgehen können, dass der Antragsteller am 18. September 2021 ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt habe. Das Messergebnis sei aufgrund der Verwendung eines Vortestgeräts, der fehlenden Messung in mg/l und der unterschiedlichen Ergebnisse der ersten und der zweiten Messung unsicher. Ein Messprotokoll liege nicht vor. In sämtlichen Schreiben sei lediglich ein angeblicher Promillewert angegeben. Aus einem gemessenen Atemalkoholwert könne die Blutalkoholkonzentration aber nicht zuverlässig errechnet werden. Für die Feststellung der Blutalkoholkonzentration sei eine Blutprobe erforderlich, die hier nicht vorliege. Das Messergebnis sei daher nicht verwertbar und der Antragsteller nicht verpflichtet gewesen, der Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens nachzukommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorzunehmen. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt im Rahmen einer summarischen Prüfung als rechtswidrig und verletzt er den Betroffenen in seinen Rechten, ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts regelmäßig zu verneinen. Bestehen umgekehrt keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts und liegen ausreichende Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs vor, ist der Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs in aller Regel abzulehnen. Bei offenen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind die Vollzugsinteressen gegen die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen abzuwägen.

2. Im vorliegenden Fall ergibt eine summarische, gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren beschränkte Prüfung, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis und die daran anknüpfende Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins rechtswidrig sind und den Antragsteller in seinen Rechten verletzen. Die Klage wird voraussichtlich Erfolg haben (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO), weshalb die aufschiebende Wirkung der Klage unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung wiederherzustellen ist.

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2023 (BGBl I Nr. 56), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt ebenfalls zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2023 (BGBl I Nr. 56), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 19; U.v. 7.4.2022 – 3 C 9.21 – BVerwGE 175, 206 Rn. 17). Die Rechtmäßigkeit der Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens ist im Falle einer Folgemaßnahme (hier die Entziehung der Fahrerlaubnis) inzident zu prüfen.

b) Hiervon ausgehend erweist sich die vom Landratsamt ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtswidrig, weil die ihr vorausgegangene Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 19. Dezember 2022 ebenfalls rechtswidrig ist. Das Landratsamt konnte diese Beibringungsanordnung nicht auf den Auffangtatbestand des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV stützen, weil die speziellere Regelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens wegen wiederholter Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss abschließend regelt und daher den Rückgriff auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV sperrt (vgl. BVerwG, U.v. 7.4.2022 a.a.O. Rn. 57).

Ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist unter anderem, wer nicht bereit oder in der Lage ist, trotz Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nach Alkoholkonsum von der Teilnahme am Straßenverkehr Abstand zu nehmen (Alkoholmissbrauch, vgl. Anlage 4 Nr. 8.1 zur FeV). Wenn ein Fahrerlaubnisinhaber wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen hat, ordnet die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Die vom Landratsamt herangezogene Rechtsgrundlage des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV für die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist eine Auffangregelung für Fallkonstellationen, die nicht unter § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b bis e FeV fallen. Die Wertungen dieser speziellen Regelungen sind bei der Prüfung, ob im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV „sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen“, zu berücksichtigen. Eine Gutachtensanforderung kann daher nur dann auf den Auffangtatbestand gestützt werden, wenn eine sogenannte Zusatztatsache vorliegt, die auch vor dem Hintergrund der vom Verordnungsgeber in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b bis e FeV getroffenen Grundentscheidung geeignet ist, Zweifel an der Fahreignung zu begründen (BVerwG, U.v. 17.3.2021 – 3 C 3.20 – BVerwGE 172, 18 Rn. 17; U.v. 7.4.2022 a.a.O. Rn. 58; BayVGH, B.v. 23.11.2022 – 11 CS 22.1529 – juris Rn. 17). Eine solche Zusatztatsache im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV kann etwa das Fehlen alkoholbedingter Ausfallerscheinungen trotz hoher, aber noch unterhalb von 1,6 ‰ liegender Blutalkoholkonzentration sein, was wegen des darin zu sehenden Hinweises auf deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung den Rückgriff auf den Auffangtatbestand bei einer erstmaligen Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss rechtfertigen kann (BVerwG, U.v. 17.3.2021 a.a.O. Rn. 18 ff.). Nimmt aber die Fahrerlaubnisbehörde – wie hier – einen Wiederholungsfall wegen zwei oder mehr verwertbarer Fahrten unter Alkoholeinfluss an, steht die abschließende Regelung dieser Fallkonstellation in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV dem Rückgriff auf die Auffangvorschrift des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV für die Gutachtensanordnung entgegen.

Ursprünglich hatte das Landratsamt die Begutachtungsanordnung vom 27. Dezember 2021 aufgrund des Vorfalls vom 18. September 2021 auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV gestützt, diese jedoch später aufgehoben und durch die auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützte Anordnung vom 19. Dezember 2022 ersetzt, weil es der Auffassung war, zur Fahrt des Antragstellers am 18. September 2021 unter Alkoholeinfluss lägen „keine umfassenden Informationen zur Art und zu den Zeitpunkten der Messung des Alkoholwerts in Tschechien“ vor. Aufgrund der vom Landratsamt angenommenen wiederholten Zuwiderhandlungen des Antragstellers im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss ist jedoch allein § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV einschlägig und keine Zusatztatsache ersichtlich, die den Rückgriff auf die Auffangregelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV ermöglichen würde.

aa) Die erste Trunkenheitsfahrt des Antragstellers vom 17. Februar 2012 stand aufgrund des hierzu ergangenen rechtskräftigen Strafbefehls vom 26. April 2012 hinreichend fest. Sie war im maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung vom 19. Dezember 2022 auch noch verwertbar.

Wie lange einem Betroffenen eine im früheren Verkehrszentralregister bzw. im heutigen Fahreignungsregister eingetragene Trunkenheitsfahrt entgegengehalten werden darf, richtet sich allein nach den Tilgungs- und Verwertungsvorschriften. Nach der hier einschlägigen Vorschrift des § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG werden Entscheidungen, die nach § 28 Abs. 3 StVG in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung im Verkehrszentralregister gespeichert worden („Alteintragungen“) und nicht von § 65 Abs. 3 Nr. 1 StVG erfasst sind, bis zum Ablauf des 30. April 2019 nach den Bestimmungen des § 29 StVG in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung getilgt und gelöscht. Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 Buchst. a StVG a.F. betrug die Tilgungsfrist für eine Straftat nach § 316 StGB zehn Jahre. Diese Frist hat nach § 29 Abs. 5 StVG a.F. mit Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens fünf Jahre nach der beschwerenden Entscheidung, hier also am 4. Juli 2013, zu laufen begonnen (sog. Anlaufhemmung). Seit dem 1. Mai 2019 gilt für die Berechnung der Tilgungsfrist nach § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 StVG das neue Recht unter Anrechnung der abgelaufenen Tilgungsfrist nach altem Recht. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a StVG beträgt die Tilgungsfrist bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen wie hier die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist, ebenfalls zehn Jahre und beginnt nach § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG ebenfalls mit Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung. Da dem Antragsteller die Fahrerlaubnis nach der ersten Entziehung aufgrund der Trunkenheitsfahrt vom 17. Februar 2012 vor Ablauf von fünf Jahren nach der beschwerenden Entscheidung bzw. ab deren Rechtskraft wieder erteilt worden ist, kam es für den Beginn der zehnjährigen Tilgungsfrist auf den Tag der Neuerteilung am 4. Juli 2013 an. Die Eintragung der Trunkenheitsfahrt vom 17. Februar 2012 war damit bei Erlass der Beibringungsanordnung vom 19. Dezember 2022 noch nicht tilgungs- und löschungsreif.

bb) Der Umstand, dass der Antragsteller die zweite Zuwiderhandlung vom 18. September 2021 in der Tschechischen Republik begangen hat, steht deren Berücksichtigung im Rahmen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV nicht entgegen. Hinreichend sicher nachgewiesene Verkehrsverstöße, die der Betreffende im Ausland begangen hat, sind im Rahmen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV berücksichtigungsfähig (BVerwG, U.v. 7.4.2022 a.a.O. Rn. 53; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Auflage 2023, § 13 FeV Rn. 22a). § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV setzt auch nicht zwingend voraus, dass eine als Ordnungswidrigkeit einzustufende Zuwiderhandlung, bei der hinreichend sicher feststeht, dass der Betroffene sie begangen hat und die in zeitlicher Hinsicht noch verwertbar ist, ordnungswidrigkeitsrechtlich geahndet worden ist (BVerwG, U.v. 7.4.2022 a.a.O. Rn. 26 ff.).

Hier stand mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Antragsteller eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss am 18. September 2021 in der Tschechischen Republik begangen hat. Nach deutschem Recht handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 ‰ oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt (§ 24a Abs. 1, Abs. 3 StVG). In der Tschechischen Republik gilt ein absolutes Alkoholverbot für Autofahrer und motorisierte Verkehrsteilnehmer (https://www….).

Auch wenn bei der Messung offenbar ein nicht geeichtes Vortestgerät (Dräger Alcotest 7510) verwendet wurde und die Messwerte nicht in der festgestellten Atemalkoholkonzentration, sondern in der Blutalkoholkonzentration mitgeteilt wurden, reicht dies unter den gegebenen Umständen für eine nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV berücksichtigungsfähige Zuwiderhandlung aus. Die Gemeinde P. hat am 15. November 2021 einen Bußgeldbescheid erlassen, den der Antragsteller offenbar akzeptiert hat. Nach der in den Akten enthaltenen Übersetzung geht der Bußgeldbescheid von mindestens 0,84 ‰ im Zeitpunkt der Tat nach Abzug von 0,24 ‰ vom niedrigeren der beiden festgestellten Werte (1,08 und 1,11 ‰) aufgrund einer möglichen Messungenauigkeit und der Unsicherheit der Umrechnung von der Atemin die Blutalkoholkonzentration aus. Dieser Wert liegt so weit oberhalb von 0,5 ‰, dass auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Polizei „nur“ ein Vortestgerät verwendet hat und eine direkte Konvertierbarkeit von Atemalkoholkonzentration in Blutalkoholkonzentration nicht möglich ist, von einer für die Beibringungsanordnung nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV hinreichend sicher feststehenden Zuwiderhandlung ausgegangen werden kann, die in Deutschland bußgeldbewährt wäre und weitere Aufklärungsmaßnahmen zur Klärung der Fahreignung rechtfertigt. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller vorträgt, er habe selbst die Polizei über den Unfall verständigt. Gegen seine Behauptung, er sei nicht alkoholisiert gefahren, spricht vor allem der Umstand, dass er gegen den von einer Fahrt mit 0,84 ‰ ausgehenden Bescheid der Gemeinde P. kein Rechtsmittel eingelegt, sondern die ihm auferlegte Geldbuße in Höhe von 10.000,- CZK (umgerechnet ca. 420,- Euro) und das achtmonatige Fahrverbot offenbar akzeptiert hat.

cc) Das Landratsamt hat seine ursprünglich zu Recht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV gestützte Beibringungsanordnung jedoch aufgehoben und durch eine ausdrücklich auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützte Anordnung ersetzt. Damit beruht die Entziehung der Fahrerlaubnis auf einer Anordnung, die auf eine Rechtsgrundlage gestützt ist, auf die das Landratsamt nach dem vorstehend Ausgeführten nicht hätte zurückgreifen dürfen. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar zuletzt die (in seinem Fall nicht entscheidungserhebliche) Frage offen gelassen, ob zu den Anforderungen, die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV an die Begründung einer Aufforderung zur Beibringung eines Fahreinungsgutachtens zu stellen sind, auch die Angabe der dafür in Anspruch genommenen Rechtsgrundlage gehört, und ob diese Angabe jedenfalls dann, wenn die Fahrerlaubnisbehörde eine Rechtsgrundlage benennt, auch zutreffen muss (BVerwG, U.v. 7.4.2022 a.a.O. Rn. 56). Der Senat hat hierzu jedoch stets die Auffassung vertreten, dass die von der Behörde für die Beibringungsanordnung angegebene Rechtsgrundlage auch einschlägig sein muss (BayVGH, B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139 – SVR 2011, 275 Rn. 55 ff.; zuletzt B.v. 25.6.2020 – 11 CS 20.791 – juris Rn. 31; vgl. auch Dauer in Hentschel/König/Dauer, a.a.O. § 11 FeV Rn. 44 m.w.N.). Daran hält der Senat fest. Wäre eine unzutreffende Angabe generell unbeachtlich, würde die Beibringungsanordnung den Adressaten nicht – wie geboten – in die Lage versetzen, zu entscheiden, ob das behördliche Verlangen mit der Rechtsordnung in Einklang steht oder ob er die Gutachtensvorlage verweigern darf, ohne befürchten zu müssen, dass ihm die Fahrerlaubnis unter Berufung auf § 11 Abs. 8 FeV entzogen wird.

Nur bei einer offenbaren Unrichtigkeit hat der Fehler nach dem Rechtsgedanken des Art. 42 Satz 1 BayVwVfG nicht die Rechtswidrigkeit der Beibringungsanordnung und der darauf beruhenden Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge (BayVGH, B.v. 25.6.2020 a.a.O. Rn. 31 f.). Von einer solchen offenbaren Unrichtigkeit kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Vielmehr war das Landratsamt der Ansicht, die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV lägen nicht vor und es könne auch bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss dann auf den Auffangtatbestand des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV zurückgreifen, um den Antragsteller zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern. Dies ist jedoch, wie ausgeführt, nicht zulässig. Die Beibringungsanordnung des Landratsamts vom 19. Dezember 2022 und die wegen Nichtbeibringung des Gutachtens gemäß § 11 Abs. 8 FeV ergangene Entziehung der Fahrerlaubnis sind daher rechtswidrig. Gleiches gilt für die gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV ausgesprochene Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Maßgeblich für die Streitwertfestsetzung ist nur die Klasse B, für die nach dem Streitwertkatalog im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der halbierte Auffangwert (2.500,- Euro) anzusetzen ist. Die mit den Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04 versehenen Klassen A und A1 berechtigen nur zum Führen dreirädriger Fahrzeuge (vgl. Anl. 9 B I. lfd. Nr. 126 und 127 zur FeV) und wirken sich nicht streitwerterhöhend aus (stRspr, vgl. nur BayVGH, B.v. 30.1.2014 – 11 CS 13.2342 – BayVBl 2014, 373 = juris Rn. 22). Gleiches gilt für die von Klasse B gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV umfassten Unterklassen AM und L.

4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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