Skip to content
Menü

Fahrerlaubnisentziehung – Einmaliger Konsum von Amphetamin

VG Augsburg – Az.: Au 7 K 12.470 – Urteil vom 25.05.2012

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … 1983 geborenen Klägerin wurde am 16. November 2001 eine Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S erteilt.

Laut Mitteilung der Polizeiinspektion … vom 3. Juni 2011 wurde dem Beklagten bekannt, dass die Klägerin am 28. April 2011 gegen 21.25 Uhr einen Pkw unter Drogeneinfluss führte. Bei dem Ehemann, der als Beifahrer im Pkw war, wurden 0,1 g Amphetamin aufgefunden. Bei der anschließend durchgeführten Durchsuchung der Wohnung wurden weitere 0,4 g Amphetamin sowie zahlreiche Betäubungsmittel-Konsumutensilien mit Antragungen von weißem Pulver aufgefunden.

Fahrerlaubnisentziehung - Einmaliger Konsum von Amphetamin
Symbolfoto: Von Cineberg/Shutterstock.com

Die toxikologische Untersuchung der am 29. April 2011 um 0.48 Uhr bei der Klägerin entnommenen Blutprobe ergab gemäß dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 15. Mai 2011 einen Wert von 31, 6 ng/ml Amphetamin. Es wurde dargelegt, dass von einer Amphetamin-Aufnahme bei der Klägerin auszugehen sei.

Mit Schreiben des Beklagten vom 11. Oktober 2011 wurde die Klägerin zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis angehört.

Die Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 26. Oktober 2011 ausführen, dass nicht von einer gewohnheitsmäßigen Aufnahme der in Frage stehenden Drogen auszugehen sei. Zum Nachweis sollte ein Laborbefund vom 24. September 2011 übermittelt werden, der jedoch dem Schreiben nicht beigefügt war.

Mit Bescheid vom 3. November 2011 entzog der Beklagte der Klägerin die Fahrerlaubnis der Klassen B, L M und S (Ziffer 1. des Bescheidstenors), ordnete an, dass die Klägerin den Führerschein spätestens bis zum 14. November 2011 bei der Führerscheinstelle des Beklagten abzuliefern habe (Ziffer 2. des Bescheidstenors) und drohte ihr für den Fall der nicht fristgerechten Ablieferung des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 200,– EUR an (Ziffer 3. des Bescheidstenors). In Ziffer 4. wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheides angeordnet.

Dieser Bescheid wurde der Klägerin laut Postzustellungsurkunde am 8. November 2011 zugestellt.

Mit Schreiben vom 3. November 2011 legte der Bevollmächtigte der Klägerin das Ergebnis der Untersuchung der Klägerin vom 5. Oktober 2011 vor, woran sich die Möglichkeit anschließe, zu beurteilen, ob diese gewohnheitsmäßig Drogen zu sich genommen habe, was offenbar nicht der Fall sei.

Mit Schreiben vom 29. November 2011 wurde Widerspruch gegen den Entziehungsbescheid vom 3. November 2011 eingelegt.

Die Klägerin lieferte am 21. November 2011 den Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde des Beklagten ab.

Die Regierung von … wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2012, zugestellt laut Empfangsbekenntnis am 13. März 2012, zurück.

Am 10. April 2012 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen,

den Bescheid des Landratsamts … vom 3. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von … vom 8. März 2012 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass eine Gefahr für die polizeilich angeordnete Blutentnahme nicht vorgelegen habe. Daher sei gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die persönliche Integrität der Klägerin verstoßen worden, was einen erheblichen, grundrechtlich relevanten Eingriff darstelle. Ein solcher Eingriff hätte von den eigentlich zuständigen Behörden, sei es richterlicherseits oder durch die zuständige Staatsanwaltschaft angeordnet werden müssen.

Auch für die Hausdurchsuchung habe es keine Durchsuchungsanordnung gegeben.

Die Beweisergebnisse seien nicht verwertbar.

Die Untersuchungsergebnisse der Haaranalytik würden keinerlei Anhaltspunkte für eine gewohnheitsmäßige Aufnahme von Drogen durch die Klägerin zeigen. Der Klägerin könne nicht nachgewiesen werden, jemals vorher oder nachher unter Einfluss toxikologischer Stoffe am Straßenverkehr teilgenommen zu haben.

Die Klägerin habe bereits im Vorfeld des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Beweis gestellt, dass sie keineswegs dem Kreis jener Personen zuzuordnen sei, welche regelmäßig toxische Stoffe konsumiere. Der festgestellte Wert an Amphetamin dürfte den untersten Rand nachweisbarer toxischer Stoffe darstellen, welcher überhaupt zu verwertbaren Untersuchungsergebnissen führe. Darüber hinaus habe die Klägerin durch den entsprechenden Laborbefund eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass einmalig Amphetamin konsumiert worden sei.

Im Rahmen der Ermessensausübung sei eine Disproportionalität festzustellen.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei unverhältnismäßig. Eine konkrete Gefahr für die Öffentlichkeit sei durch die Teilnahme der Klägerin am Straßenverkehr nicht ersichtlich.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 18. April 2012, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen allein mit dem durch die toxikologische Untersuchung nachgewiesenen Konsum von Amphetamin am 28. April 2011 verloren. Für den Bereich des Fahrerlaubnisrechts sei weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der Fahrerlaubnis-Verordnung ein ausdrückliches Verwertungsverbot für nicht richterlich angeordnete körperliche Untersuchungen verankert. Ein Ermessensspielraum habe dem Beklagten bei der Entziehung der Fahrerlaubnis der Klägerin nicht zugestanden.

Die Parteien haben mit Schreiben vom 25. April 2012 und vom 16. Mai 2012 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich die Parteien mit dieser Form der Entscheidung schriftsätzlich einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Bescheid des Beklagten vom 3. November 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 8. März 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis ist derjenige des Erlasses der letzten Behördenentscheidung, hier also des Widerspruchsbescheides der Regierung von … vom 8. März 2012 (st.Rspr., z.B. BVerwG vom 11.12.2008 BVerwGE 132, 315; BayVGH vom 19.10.2010 11 CS 10.2330). Zu diesem Zeitpunkt ist zu prüfen, ob die Klägerin ihre Fahreignung verloren und bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht wieder gewonnen hat.

Dies ist hier der Fall.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen und Mängel nach Anlage 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen.

Vorliegend steht die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest.

Gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist die Fahreignung im Regelfall zu verneinen bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes/BtmG (ausgenommen Cannabis), zu denen nach der Anlage III dieses Gesetzes auch Amphetamin gehört. Hierbei reicht bereits der einmalige Konsum einer solchen „harten“ Droge aus, ohne dass es auf die Häufigkeit der Betäubungsmitteleinnahme, die Höhe der nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration oder einer Straßenverkehrsteilnahme im berauschten Zustand ankäme. Rechtlich nicht entscheidend ist weiter, ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne einer Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen festzustellen waren oder ob der Betroffene deshalb strafrechtlich geahndet wurde (BayVGH vom 23.4.2008, 11 CS 07.2671). Nr. 9.1 der Anlage 4 stellt allein auf die Einnahme von Betäubungsmitteln nach dem Betäubungsmittelgesetz (ausgenommen Cannabis) ab.

Es entspricht allgemeiner Überzeugung in der Rechtsprechung (vgl. BayVGH vom 30.10.2007, 11 CS 07.942, 11 ZB 07.1016; BayVGH vom 14.2.2006, 11 ZB 05.1406; BayVGH vom 8.3.2006, 11 CS 05.1572; BayVGH vom 20.9.2006, 11 CS 05.2143; BayVGH vom 26.7.2007, 11 ZB 05.2932; BayVGH vom 4.9.2007, 11 CS 07.308; BayVGH vom 7.9.2007, 11 CS 07.898/11 C 07.1371, m.w.N. zahlreicher anderer Oberverwaltungsgerichte), dass bereits der einmalige Konsum eines Betäubungsmittels (mit Ausnahme von Cannabis) im Regelfall den Verlust der Fahreignung nach sich zieht (vgl. VG Augsburg vom 9.1.2008, Au 3 S 07.1722; vom 11.7.2008, Au 3 S 08.859; vom 12.8.2008, Au 3 S 08.1047). Nicht nur der zweifelsfreie Wortlaut der Nr. 9.1 der Anlage 4, sondern auch Nr. 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung (Schubert / Schneider / Eisenmenger / Stephan, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, 2. Aufl.) rechtfertigen diese Rechsprechung. Die Fehlhaltung und die Willensschwäche, die zum Drogenkonsum führen und der Kontrollverlust, der mit dem Drogenkonsum einhergeht, sind die Gründe dafür, dass der Gesetzgeber in Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung bei „harten“ Drogen generell und bereits bei einmaliger Einnahme von fehlender Fahreignung ausgeht. Das Gefährdungspotenzial bei Einnahme „harter“ Drogen ist wesentlich höher als das von Alkohol oder Cannabis. Dem Konsumenten „harter“ Drogen ist es nur sehr eingeschränkt möglich, den Verlauf und die Intensität der Wirkung zu steuern und die Konsummengen der eigenen Verträglichkeit anzupassen. Zudem tritt die Wirkung abhängig von der Konsumform in unterschiedlichen zeitlichen Abständen ein. Es ist jederzeit möglich, dass der Betroffene im Zustand drogenbedingt reduzierter Steuerungsfähigkeit am Straßenverkehr teilnimmt. Damit geht eine Straßenverkehrsgefährdung einher, der wirksam nur durch die Entziehung der Fahrerlaubnis begegnet werden kann (BayVGH vom 21.12.2006, 11 CS 06.1264; VG Augsburg vom 12. August 2008, Au 3 S 08.1047).

Im vorliegenden Fall steht aufgrund des toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 15. Mai 2011 fest, dass die Klägerin eine sog. harte Droge eingenommen hat, da laut diesem Gutachten Amphetamin in einer Konzentration von 31, 6 ng/ml im Blut der Klägerin gefunden wurde. Dies wird im Übrigen auch von Klägerseite nicht bestritten.

Da es auf die Häufigkeit des Konsums einer „harten“ Droge und die Höhe der eingenommenen Betäubungsmittelkonzentration nicht ankommt, war im Zeitpunkt des Bescheidserlasses grundsätzlich zwingend von der fehlenden Fahreignung der Klägerin auszugehen (§ 11 Abs. 7 FeV).

Das Ergebnis dieser Blutprobe durfte im fahrerlaubnisrechtlichen Entziehungsverfahren berücksichtigt werden. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Polizeibeamte, der die Entnahme der Blutprobe angeordnet hat, hierzu gemäß § 81 a Abs. 2 StPO befugt war. Denn auch dann, wenn die Blutentnahme nicht ohne vorgängige Einschaltung eines Richters hätte durchgeführt werden dürfen, zöge das nicht die Unverwertbarkeit des auf diese Weise gewonnenen Untersuchungsergebnisses im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren nach sich. Die Strafverfolgungsbehörden müssen zwar regelmäßig versuchen, eine Entscheidung des zuständigen Richters zu erlangen, ehe sie selbst eine Blutentnahme anordnen (BVerfG vom 11.6.2010 – 2 BvR 1046/08; BVerfG vom 28.7.2008 – 2 BvR 784/08). Die Gefährdung des Untersuchungserfolgs muss mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren sind, sofern die Dringlichkeit nicht evident ist (BVerfG vom 12.2.2007, NJW 2007, 1345/1346). Die Frage, ob unter Berücksichtigung dieser strengen, vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe hier ausnahmsweise die Befugnis der Ermittlungsbeamten zur Anordnung der Blutentnahme gegeben war, kann aber im vorliegenden Fall dahin stehen. Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin von einem Verstoß gegen die strafprozessuale Beweiserhebungsvorschrift des § 81 a Abs. 2 StPO ausgegangen würde – was das Gericht hier ausdrücklich offen lässt – folgt daraus nicht zugleich ein Verbot für die Fahrerlaubnisbehörde, das Ergebnis der Blutuntersuchung im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren zu verwerten (vgl. BayVGH vom 28.1.2010 – 11 Cs 09.1443, m.w.N., 29.6.2010 – 11 ZB 08.3297, vom 28.11.2011 – 11 CS 11.2393; VGH Baden-Württemberg vom 21.6.2010 – 10 S 4/10 m.w.N.). Für den Bereich des Fahrerlaubnisrechts ist weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der Fahrerlaubnis-Verordnung ein ausdrückliches Verwertungsverbot für nichtrichterlich angeordnete körperliche Untersuchungen enthalten. Dass die Frage nach der fahrerlaubnisrechtlichen Verwertbarkeit von Erkenntnissen, die in einem straf- oder bußgeldrechtlichen Verfahren ggf. unter Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen gewonnen wurden, unabhängig vom Bestehen strafprozessualer Beweisverwertungsverbote beantwortet wird, rechtfertigt sich aus der Verschiedenheit der Zielsetzungen beider Rechtsmaterien und der Unterschiedlichkeit der Rechtskreise, die bei Bejahung eines Verwertungsverbots betroffen werden. Während es im Strafprozess um die Verfolgung und Ahndung begangener Rechtsverstöße geht, dient das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren dem Schutz Dritter vor den Gefahren, die von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgehen. Weder das Straßenverkehrsgesetz noch die Fahrerlaubnis-Verordnung enthalten für die Anordnung von ärztlichen Untersuchungen und Begutachtungen Regelungen für einen Richtervorbehalt. Es liefe auf einen Wertungswiderspruch hinaus, wenn Fälle, die ihren Ausgang in einem straf- oder bußgeldrechtlichen Verfahren nähmen, anders behandelt würden, als solche, in denen die Behörde nach § 11 Abs. 2 FeV aufgrund ihr bekannt gewordener Tatsachen selbst Zweifel an der Kraftfahreignung des Betroffenen nachgeht (vgl. OVG Bautzen vom 1.2.2010 – 3 B 161/08). In diesem Sinne schafft auch eine rechtswidrig angeordnete Blutuntersuchung eine neue Tatsache, die – ebenso wie das negative Ergebnis eines rechtswidrig angeordneten Gutachtens (vgl. BVerwGE 65, 157) – zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer verwertet werden darf. Nach allem begegnet hier die Verwertung des Blutprobenergebnisses keinen Bedenken.

Ob des Weiteren die Wohnungsdurchsuchung zu Recht erfolgte, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles irrelevant, da nach dem Ergebnis der Blutuntersuchung fest steht, dass die Klägerin Amphetamin konsumiert hat.

Die Fahrerlaubnisbehörde ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um einen Regelfall handelt, in dem die normative Wertung von Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV strikte Bindungswirkung entfaltet.

Durch die Regelung in der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV, wonach die Bewertungen der FeV nur für den Regelfall gelten, wird dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge getan. Ausnahmen von den Regelvermutungen der Anlage 4 zur FeV sind dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen genannt. Es obliegt insoweit vielmehr dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (vgl. z.B. BayVGH vom 30.5.2008 11 CS 08.127; vom 31.5.2007 Az. 11 C 06.2695/11 CS 06.2694).

Dies ist hier nicht erfolgt.

Der Vortrag der Klägerin, dass sie bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und ihr nicht nachgewiesen werden könne, jemals vorher oder nachher unter Einfluss toxikologischer Stoffe am Straßenverkehr teilgenommen zu haben, rechtfertigt nicht eine besondere Steuerungsfähigkeit, mit der der Mangel an Willensstärke und der Kontrollverlust beim Konsum „harter“ Drogen als kompensiert gelten könnte (vgl. so ausdrücklich BayVGH vom 21.12.2006 Az. 11 CS 06.1264). Wie bereits ausgeführt, wird die Feststellung fehlender Kraftfahreignung gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV im Regelfall bereits allein von der durch rechtsmedizinische Feststellung erwiesenen Einnahme „harter Drogen“ getragen, wobei die Einnahme nicht mehrfach und auch nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr erfolgt sein muss. Kommt es aber nicht darauf an, ob eine Person während der Zeit, in der sie unter dem Einfluss „harter“ Betäubungsmittel stand, überhaupt ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt hat, so ist es auch unerheblich, wenn die Konzentration der Droge in ihrem Körper im Zeitraum der Verkehrsteilnahme so niedrig war, dass sich hieraus keine nachteiligen Auswirkungen auf ihre Fahrtüchtigkeit ergeben konnten (vgl. BayVGH vom 4.10.2010 Az. 11 ZB 09.2973; OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.5.2010 1 M 103/10; OVG Berlin-Brandenburg vom 15.2.2008 Az. OVG 1 S 186.07).

Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2012 (letzte Behördenentscheidung) hat die Klägerin die durch den Betäubungsmittelkonsum verloren gegangene Fahreignung auch nicht wieder gewonnen.

Die Behörde darf bis zum Ablauf eines Jahres (sog. verfahrensrechtliche Ein-Jahres-Frist) nach Abstinenzbeginn ohne Sachverhaltsaufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 AZ. 11 CS 04.2526; vom 27.3.2012 Az. 11 CS 12.201). Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 3. November 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2012 erweist sich auch im Hinblick auf diese verfahrensrechtliche Ein-Jahres-Frist als rechtmäßig, da, selbst wenn man von einer Drogenabstinenz ab dem 28. April 2011 (Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle) ausginge, zwischen diesem Zeitpunkt und der letzten Behördenentscheidung vom 8. März 2012 noch kein Jahr verstrichen ist.

Aufgrund der hiernach festgestellten Fahrungeeignetheit der Klägerin, hatte die Behörde deren Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen; ein Ermessen stand ihr bei dieser Entscheidung nicht zu.

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV und ist rechtmäßig.

Gegen die Androhung eines Zwangsgelds für den Fall der nicht fristgerechten Ablieferung des Führerscheins bestehen ebenfalls keine Bedenken (vgl. Art. 31 BayVwZVG).

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 709 Zivilprozessordnung (ZPO).

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327, Abschnitt II. Nrn. 46.3).

 

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!