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Fahrerlaubnisentziehung bei Kraftfahreignungszweifel aufgrund von extremen Meinungsäußerungen

Fahrerlaubnisentzug bei radikalen Meinungsäußerungen

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung eines Antragstellers, der extreme Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen zeigte, die Zweifel an seiner Kraftfahreignung aufkommen ließen. Die Ablehnung der Vorlage eines geforderten Gutachtens und die Verneinung der Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland sowie die Äußerung von Wahnvorstellungen wurden als Begründung herangezogen. Das Gericht befand, dass diese Faktoren eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: OVG 1 S 10.13  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Bestätigung der Fahrerlaubnisentziehung: Das Gericht wies die Beschwerde des Antragstellers gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zurück.
  2. Nichterfüllung der Gutachtenanordnung: Der Antragsteller kam der Anordnung zur Vorlage eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens nicht nach.
  3. Zweifel an der Kraftfahreignung: Aufgrund seiner Äußerungen und Verhaltensweisen entstanden berechtigte Zweifel an seiner Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges.
  4. Verneinung der Rechtsstaatlichkeit: Der Antragsteller bestritt wiederholt die Rechtsstaatlichkeit Deutschlands und die Gültigkeit ihrer Gesetze.
  5. Äußerung von Wahnvorstellungen: Es gab Hinweise auf Wahnvorstellungen, wie das Versprühen giftiger Chemikalien durch Flugzeuge.
  6. Gefahr für die Verkehrssicherheit: Das Gericht sah in seinem Verhalten eine potenzielle Gefährdung der Verkehrssicherheit.
  7. Berücksichtigung früherer Verkehrsverstöße: Frühere Verkehrsverstöße und eine gleichgültige Einstellung zu Verkehrsregeln wurden in die Entscheidung miteinbezogen.
  8. Unanfechtbarkeit des Beschlusses: Der Beschluss des Gerichts ist unanfechtbar.
Extreme Meinungsäußerung stellt  Kraftfahreignung in Frage
(Symbolfoto: F01 PHOTO /Shutterstock.com)

Die Fahrerlaubnisentziehung bei Kraftfahreignungszweifeln aufgrund von extremen Meinungsäußerungen ist ein komplexes Thema, das sowohl die Fahrerlaubnisbehörden als auch die Betroffenen vor rechtliche Herausforderungen stellt. In Deutschland kann die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen. Dabei müssen die Behörden jedoch ihre Entscheidung auf der Grundlage der vorliegenden Informationen und Gutachten treffen und dürfen ihr Ermessen nicht willkürlich ausüben.

Ein wichtiger Aspekt ist die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU), das bei Zweifeln an der Kraftfahreignung verlangt werden kann. Wenn der Betroffene das Gutachten nicht vorlegt, kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Die Landratsämter sind für die Überprüfung von Fahrerlaubnisbewerbern und -inhabern aufgrund von bekanntgewordenen Zweifeln an der Kraftfahreignung zuständig.

Im vorliegenden Fall hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung eines Antragstellers bestätigt, der extreme Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen zeigte, die Zweifel an seiner Kraftfahreignung aufkommen ließen. Die Ablehnung der Vorlage eines geforderten Gutachtens und die Verneinung der Rechtsstaatlichkeit Deutschlands sowie die Äußerung von Wahnvorstellungen wurden als Begründung herangezogen. Das Gericht befand, dass diese Faktoren eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen. Im weiteren Verlauf des Artikels wird das konkrete Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vorgestellt und besprochen.

Der Weg zur Fahrerlaubnisentziehung: Ein Fall von Extremen Meinungsäußerungen

Der Fall, der vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verhandelt wurde, drehte sich um einen Mann, dessen Fahrerlaubnis von der zuständigen Behörde entzogen wurde. Der Grund für diese Maßnahme lag in seinem ungewöhnlichen Verhalten und extremen Äußerungen, die ernsthafte Zweifel an seiner Eignung zum Führen eines Fahrzeugs aufkommen ließen. Dieser Fall ist besonders interessant, da er die Grenzen zwischen Meinungsfreiheit und Verkehrssicherheit aufzeigt.

Die Rolle von Gutachten bei Kraftfahreignungszweifeln

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Weigerung des Betroffenen, ein von der Fahrerlaubnisbehörde angefordertes Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vorzulegen. Dieses Gutachten sollte Aufschluss über seine Kraftfahreignung geben. Die Anordnung eines solchen Gutachtens ist ein übliches Verfahren, wenn Zweifel an der Fahreignung eines Fahrzeugführers bestehen. Die Weigerung des Mannes, sich untersuchen zu lassen, führte schließlich zur Fahrerlaubnisentziehung, ein Schritt, der vom Verwaltungsgericht Potsdam unterstützt und vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt wurde.

Extremismus und Verkehrsordnung: Ein Komplexes Verhältnis

Die Besonderheit dieses Falls liegt in den Gründen für die Zweifel an der Kraftfahreignung des Betroffenen. Er hatte wiederholt die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt, sich als Bürger des Deutschen Reiches bezeichnet und Verschwörungstheorien geäußert, wie die Behauptung, dass über Berlin Flugzeuge giftige Chemikalien versprühen würden. Diese Äußerungen wurden nicht nur als extreme politische Meinungen eingestuft, sondern auch als potenzielle Anzeichen für psychische Störungen, die seine Fahreignung beeinträchtigen könnten.

Verkehrssicherheit als oberstes Gebot

Das Gericht wägte die Meinungsfreiheit des Einzelnen gegen die öffentliche Sicherheit ab und entschied, dass im vorliegenden Fall die Verkehrssicherheit höher zu bewerten sei. Die Entscheidung basierte auf der Annahme, dass der Mann durch sein Verhalten und seine Äußerungen eine potenzielle Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstelle. Es wurde betont, dass die Sicherheit auf den Straßen ein grundlegendes öffentliches Interesse darstellt, das in bestimmten Fällen Einschränkungen der individuellen Freiheiten rechtfertigt.

Dieses Urteil bildet einen wichtigen Bezugspunkt in der Debatte um die Grenzen der Meinungsfreiheit und der Notwendigkeit, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Es zeigt, dass in Fällen, in denen das Verhalten einer Person ernsthafte Zweifel an ihrer Fahreignung aufkommen lässt, strenge Maßnahmen ergriffen werden können, um die Öffentlichkeit zu schützen.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Inwiefern können extreme Meinungsäußerungen die Kraftfahreignung beeinflussen?

Extreme Meinungsäußerungen können die Kraftfahreignung beeinflussen, da sie auf eine mögliche psychische Belastung oder eine Einstellung hinweisen können, die das Fahrverhalten negativ beeinflussen könnte. Psychische Belastungen wie Stress oder emotionale Probleme können die Wahrnehmung und das Verhalten im Straßenverkehr beeinträchtigen und zu Fehleinschätzungen oder einer Überschätzung des eigenen Fahrvermögens führen.

Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) ist ein Verfahren, das unter anderem dazu dient, die Eignung von Fahrerlaubnisinhabern zu bewerten, wenn Zweifel an ihrer Kraftfahreignung bestehen. Bei der MPU werden verschiedene Aspekte wie Persönlichkeit, Einstellungen und Verhalten im Verkehr berücksichtigt. Extreme Meinungsäußerungen könnten hierbei relevant sein, wenn sie beispielsweise mit riskantem Fahrverhalten oder mangelnder Akzeptanz von Verkehrsregeln einhergehen.

Studien zeigen, dass das Fahrverhalten und das Unfallrisiko durch verschiedene psychologische Merkmale beeinflusst werden, zu denen auch Einstellungen und Meinungen gehören können. So kann eine hohe Selbsteinschätzung des eigenen Fahrkönnens oder eine geringe Akzeptanz von Geschwindigkeitsbeschränkungen zu riskanterem Fahrverhalten führen.

Zudem kann das soziale Umfeld, wie die Peergruppe, das Fahrverhalten junger Fahrerinnen und Fahrer beeinflussen. Wenn extreme Meinungen in der Peergruppe vorherrschen, könnte dies ebenfalls das Fahrverhalten beeinflussen.

In Deutschland ist die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) maßgeblich für die Regelung der Kraftfahreignung. Gemäß § 11 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde bei Eignungszweifeln eine MPU anordnen. Wenn extreme Meinungsäußerungen also Anlass zur Sorge geben, dass eine Person nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen, könnte dies zu einer Überprüfung der Kraftfahreignung führen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass extreme Meinungsäußerungen ein Indikator für psychische Zustände oder Einstellungen sein können, die das Fahrverhalten beeinträchtigen und somit die Kraftfahreignung in Frage stellen können.

Welche Rolle spielt ein Gutachten bei der Beurteilung der Kraftfahreignung?

Ein Gutachten spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Kraftfahreignung. Es dient dazu, die Eignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen zu bewerten und kann von verschiedenen Fachleuten, einschließlich Ärzten und Psychologen, erstellt werden.

Die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sind ein wichtiges Instrument für die Erstellung solcher Gutachten. Sie stellen eine Zusammenstellung von Kriterien dar, die eine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen oder einschränken können. Diese Leitlinien dienen als Nachschlagewerk für Gutachter und basieren auf den Ausführungen der Europäischen Führerscheinrichtlinie. Sie berücksichtigen sowohl die Entwicklung der Eignungsbegutachtung auf medizinischem Gebiet als auch die rechtlichen Aspekte.

Die Gutachter müssen sich an diese Leitlinien halten, wenn sie die Eignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen beurteilen. Das Gutachten kann verschiedene Aspekte berücksichtigen, darunter die körperliche und geistige Gesundheit, die Sehfähigkeit und die Leistungsfähigkeit des Fahrers.

In bestimmten Fällen, wie beispielsweise bei Epilepsie, kann ein ärztliches Gutachten erforderlich sein, um die Fahreignung zu beurteilen. Das Gutachten sollte in allgemeinverständlicher Sprache verfasst sein und die relevanten Kriterien für die Beurteilung der Kraftfahreignung berücksichtigen.

Schließlich ist es wichtig zu beachten, dass die Behörden die Art der Begutachtung vorgeben, aber die Auswahl der konkreten Untersuchungsstelle dem Betroffenen überlassen bleibt.


Das vorliegende Urteil

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg – Az.: OVG 1 S 10.13 – Beschluss vom 30.01.2015

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7.500.- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde, über die gemäß § 87 a Abs. 2 VwGO der Berichterstatter entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die Fahrerlaubnisbehörde entzog dem Antragsteller unter dem 26. Oktober 2012 die Fahrerlaubnis, nachdem dieser der Anordnung, ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie zur Frage seiner Kraftfahreignung vorzulegen, nicht nachgekommen war; mit der Entziehung erlosch auch die Erlaubnis des Antragstellers zur Fahrgastbeförderung. Die unter dem 13. Juli 2012 ergangene Gutachtenanordnung war darauf gestützt, dass der Antragsteller im Rahmen mehrerer Verfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten wiederholt die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland und die Gültigkeit ihrer Gesetze bestritten und sich als Bürger des Deutschen Reiches und Mitglied der Selbstverwaltung der Exilregierung Deutsches Reich bezeichnet habe. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt: Die Fahrerlaubnisentziehung sei gemäß §§ 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1, 11 Abs. 8 FeV nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung gerechtfertigt, weil der Antragsgegner von der fehlenden Kraftfahreignung des Antragstellers habe ausgehen dürfen. Die Gutachtenanordnung sei zu Recht ergangen, denn die in den Schriftsätzen des Antragstellers zum Ausdruck kommenden Überzeugungen begründeten den hinreichenden Verdacht, dass bei ihm eine psychische bzw. geistige Störung im Sinne von Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV vorliege, die seine Fahreignung in Frage stelle. Der Verwaltungsvorgang des Antragsgegners enthalte Schriftverkehr zwischen dem Antragsteller und dem Polizeipräsidenten in Berlin, der im Zusammenhang mit verschiedenen Ordnungswidrigkeiten stehe, die mit einem auf den Namen des Antragstellers zugelassenen Kraftfahrzeug begangen worden seien. Danach verneine der Antragsteller die Befugnis des Polizeipräsidenten in Berlin, Verkehrsordnungswidrigkeiten zu verfolgen. Bußgeldbescheide und darauf folgende Verwaltungsakte würden von ihm nicht anerkannt, weil diese auf nicht mehr gültigen Gesetzen beruhten; der Antragsteller meine, die Bundesrepublik sei nicht existent. Auch habe er in einem Schreiben vom 5. April 2012 angegeben, beobachtet zu haben, dass über dem Gebiet des Ortsteils Wansdorf und über der Stadt Berlin ständig Flugzeuge giftige Chemikalien und andere Stoffe versprühten und die Bundesrepublik Deutschland dieses zu vertuschen versuche. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juni 2012 zum Aktenzeichen OVG 1 S 71.12 betreffe einen anderen Sachverhalt, so dass vorliegend der Antragsgegner zu Recht von dem nicht vorgelegten Gutachten auf die Nichteignung des Antragstellers habe schließen dürfen; es handele sich bei seinen Äußerungen nicht lediglich um rechtliche oder politische Meinungsäußerungen, sondern aus ihnen ergäben sich deutliche Hinweise auf Wahnvorstellungen über tatsächliche Geschehensabläufe.

Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers, das für die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts maßgeblich ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt eine Änderung dieses Beschlusses nicht. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Hierzu im Einzelnen:

Soweit die Beschwerde im Wesentlichen darauf abhebt, dass sich die Kammer nur unzureichend mit der Entscheidung des Senats vom 15. Juni 2012 – OVG 1 S 71.12 – auseinandergesetzt und hiernach zu einer falschen Entscheidung gelangt sei, greift das nicht durch. Der Senat hat in der genannten Entscheidung u.a. das Folgende ausgeführt (a.a.O., Beschlussabdruck, S. 3 f.):

„Die Anordnung einer ärztlichen Begutachtung stellt einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Fahrerlaubnisinhabers (Art. 2 Abs. 1 GG) dar. Die in der Begutachtungsaufforderung liegende Rechtsbeeinträchtigung ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur angemessen, wenn die Fahrerlaubnisbehörde ausreichende konkrete tatsächliche Anhaltspunkte feststellt, die den hinreichenden Verdacht fehlender Fahreignung begründen (BVerfG, Beschlüsse vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378, und vom 8. Juli 2002 – 1 BvR 2428/95 -, NJW 2002, 2381; BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2005 – 3 C 25.04 –, NJW 2005, 3081, juris Rn. 19, und vom 5. Juli 2001 – 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Oktober 2004 – 10 S 475/04 –, VRS 108, 127). Es bedarf insoweit der Anzeichen für eine Erkrankung, die den Verdacht nahelegt, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Maßgabe der Anforderungen an die körperliche und geistige Eignung nach der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV beeinträchtigt ist. Die Gründe für eine Begutachtung dürfen nicht „aus der Luft gegriffen“ sein. Alter und das Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers außerhalb des Straßenverkehrs, insbesondere das Vertreten bestimmter politischer oder rechtlicher Auffassungen, bieten regelmäßig keinen Grund für Zweifel an der Eignung zur Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr; dies kann allerdings im Einzelfall anders sein, wenn sich etwa aus Polizeiberichten konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr durch körperliche oder geistige Mängel nicht mehr gewährleistet ist (vgl. hierzu etwa Senatsbeschluss vom 2. Mai 2012 – OVG 1 S 25.12 –, juris; VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Nur die Abwehr drohender Gefahren für die Verkehrssicherheit, die stets eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer oder bedeutende Sachwerte voraussetzen, kann den Gefahrerforschungseingriff in Gestalt der Begutachtung rechtfertigen. Der Verdacht, bei dem Fahrerlaubnisinhaber könnte eine psychische Störung oder eine Erkrankung des Nervensystems im Sinne der Nrn. 7 und 8 der Anlage 4 zur FeV vorliegen, muss deshalb durch hinreichende Anknüpfungstatsachen bei einer Gesamtbetrachtung aller insoweit erheblichen Umstände gestützt werden. Dies kann im Einzelfall eine Vorbewertung des Sachverhalts durch einen Sachverständigen erfordern, ob hinreichende Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Eignung vorliegen, die eine ärztliche Begutachtung des Fahrerlaubnisinhabers rechtfertigen“.

Vorliegend sind die Gründe für die Begutachtung des Antragstellers nicht im vorgenannten Sinne „aus der Luft gegriffen“; es liegen vielmehr hinreichende konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine sichere Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr durch geistige, ggf. auch durch charakterliche Mängel nicht mehr gewährleistet ist und seine Begutachtung aus Gründen der Abwehr drohender Gefahren für die Verkehrssicherheit gerechtfertigt ist. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass es sich bei den dem Verwaltungsvorgang entnehmbaren Äußerungen des Antragstellers nicht lediglich um rechtliche oder politische Meinungsäußerungen handele, sondern dass sich aus ihnen deutliche Hinweise auf Wahnvorstellungen über tatsächliche Geschehensabläufe im Sinne von Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV ergäben. Dazu hat es zu Recht etwa darauf abgehoben, dass der Antragsteller in seinem Schreiben vom 5. April 2012 (Bl. 18 f. des Verwaltungsvorgangs) angegeben habe, mit angesehen zu haben, dass über dem Gebiet des Ortsteils Wansdorf und über der Stadt Berlin ständig Flugzeuge giftige Chemikalien und andere Stoffe versprühten und die Bundesrepublik Deutschland dieses zu vertuschen versuche. Soweit die Beschwerde derartiges Vorbringen als normal zu verharmlosen sucht, indem sie geltend macht, es flögen über Berlin-Brandenburg täglich eine Vielzahl von Flugzeugen, wobei immer verbrannter Treibstoff in die Atmosphäre gelange und Kondensstreifen am Himmel erzeugten, es flögen aber auch „Agra Flugzeuge“, die Chemikalien für die Landwirtschaft oder Forstwirtschaft verstreuten, vermag das nicht zu überzeugen. Denn dass er solche – wie mit der Beschwerde beschriebenen – Flugzeuge beobachtet habe, hat der Antragsteller gerade nicht in seinem Schreiben vom 5. April 2012 geäußert, sondern er hat ausgeführt, es würden Flugzeuge über Wansdorf und Berlin giftige Chemikalien verstreuen, und die Bundesrepublik Deutschland versuche dieses zu vertuschen. Im Übrigen hat er in diesem Kontext auch ausgeführt, es sei ihm „bestätigt“ worden, dass derartiges auch „im Luftraum“ der Stadt Brandenburg an der Havel ständig durchgeführt werde, und er fordere dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass das eine Ende finde, und es werde „Zeit, dass nach so vielen Jahrzehnten ein Friedensvertrag zustande“ komme (Verwaltungsvorgang, Bl. 19 R.). Soweit die Beschwerde darauf verweist, der Antragsteller sei aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit verpflichtet, alle fünf Jahre ein leistungspsychologisches Gutachten zu erbringen, und das zuletzt im Juni 2009 erteilte Gutachten habe keine Beeinträchtigungen des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens festgestellt, gibt dies nichts für den Geisteszustand des Antragstellers in den Jahren 2011 und 2012 her, aus denen seine fraglichen Äußerungen stammen.

Im Übrigen hat der Antragsgegner in seiner Begutachtungsanordnung vom 13. Juli 2012 den Realitätssinn des Antragstellers auch deswegen in einer die Kraftfahreignung möglicherweise ausschließenden Weise zu Recht deswegen angezweifelt, weil dieser die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland und die Gültigkeit derer Gesetze bestreite. Dies hat der Antragsteller in dem in dem Verwaltungsvorgang enthaltenen Schriftwechsel, darunter in einer Reihe von Ordnungswidrigkeitenverfahren, insgesamt in einer Art und Weise vorgebracht, die nicht mehr lediglich als das Vertreten einer politischen oder rechtlichen Auffassung gewertet werden kann, sondern Zweifel an seinem Realitätssinn aufkommen lassen muss. Soweit die Beschwerde diesbezüglich unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 15. Juni 2012 – OVG 1 S 71.12 – geltend macht, dass fahrerlaubnisrechtlich für Zweifel an der charakterlichen Eignung grundsätzlich die aus der rechts- oder bestandskräftigen Feststellung von Verkehrsverstößen abgeleitete nachlässige oder gleichgültige Einstellung zu den verkehrsrechtlichen Vorschriften und die damit einhergehende Wahrscheinlichkeit weiterer Verkehrsverstöße maßgeblich sei (Beschluss des Senats vom 15. Juni 2012, a.a.O., S. 5 des Beschlussabdrucks), spricht jedenfalls im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung Überwiegendes dafür, dass vorliegend von einer solchen nachlässigen bzw. gleichgültigen Einstellung des Antragstellers zu den verkehrsrechtlichen Vorschriften auszugehen ist und er mit seiner Negierung geltenden Rechts auch eine Gefahr für den öffentlichen motorisierten Straßenverkehr darstellt. Denn der Antragsteller hat am 11. Dezember 2010 außerhalb geschlossener Ortschaften verbotswidrig rechts überholt, was u.a. mit einer Eintragung von 3 Punkten geahndet worden ist. Am 30. Dezember 2011 hat er eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung von 29 km/h innerorts begangen, was ebenfalls u.a. mit einer Eintragung von 3 Punkten geahndet worden ist. Mit dem auf den Antragsteller zugelassenen PKW sind ferner mehrere Verkehrsverstöße begangen worden, die aufgrund fehlender Mitwirkung des Antragstellers mutmaßlich nicht aufgeklärt werden konnten, darunter eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung am 11. Dezember 2011 (um 18 km/h innerorts). Am 30. Januar 2012 ist mit einem auf ihn zugelassenen PKW ferner eine Verkehrsunfallflucht mit Sachschaden begangen worden, und zwar unter besonders gefährlichen Umständen (s. dazu i.E. Tätigkeitsbericht des Polizeipräsidenten in Berlin vom 30. Januar 2012, Bl. 100 ff. des Verwaltungsvorgangs), die ebenfalls aufgrund fehlender Mitwirkung des Antragstellers nicht aufgeklärt werden konnte; hier war der Antragsteller weder Anfragen des Polizeipräsidenten in Berlin vom 13. Februar und vom 28. Februar 2012 zur Fahrzeugführerermittlung noch insbesondere den darauf bezogenen Zeugenvorladungen vom 27. März, 11. Mai und 19. Juni 2012 nachgekommen. Die schon aus diesem Gesamtbild sich abzeichnende nachlässige bzw. gleichgültige Einstellung des Antragstellers zu den verkehrsrechtlichen Vorschriften wird noch dadurch bestätigt, dass dieser – wie der Antragsgegner von dem Antragsteller unbeanstandet gelassen unter dem 11. Dezember 2013 mitgeteilt hat – im Juli 2013 ein Kraftfahrzeug geführt habe, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein, und darüber hinaus das Haltesignal eines Polizeibeamten missachtet habe. Ausweislich des hergereichten Urbelegs zur Ordnungswidrigkeiten-anzeige habe er als Grund für das Ignorieren des Halteverbots angegeben, dass er den deutschen Staat aufgrund vielfältiger Gründe nicht anerkenne. Dies belegt eindrucksvoll die Negierung der Geltung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften durch den Antragsteller und die entsprechenden Zweifel an seiner Kraftfahreignung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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