Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Zustellung von Bußgeldbescheiden: Risiken der digitalen Kommunikation im Verfahren
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Zustellung eines Bußgeldbescheids?
- Ab wann läuft die Einspruchsfrist bei einem Bußgeldbescheid?
- Welche Rolle spielt der tatsächliche Wohnsitz bei der Zustellung von Bußgeldbescheiden?
- Wann gilt ein Bußgeldbescheid als rechtlich zugegangen?
- Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen bei fehlerhafter Zustellung eines Bußgeldbescheids?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Ulm
- Datum: 05.03.2024
- Aktenzeichen: 5 OWi 2260/23
- Verfahrensart: Bußgeldverfahren
- Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Verkehrsrecht
Beteiligte Parteien:
- Die Betroffene, vertreten durch einen Verteidiger
- Die Stadt Ulm als Bußgeldbehörde
Um was ging es?
- Sachverhalt:
- Die Betroffene überschritt die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h
- Ein Bußgeldbescheid über 200 EUR wurde an ihre Meldeadresse zugestellt
- Die Mutter der Betroffenen sendete nur die erste Seite des Bescheids per WhatsApp
- Die Betroffene bat per E-Mail um Zahlungserleichterung
- Später legte sie Einspruch ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
- Kern des Rechtsstreits:
- Streitig ist die Wirksamkeit der Zustellung des Bußgeldbescheids und damit die Frage, ob der Einspruch fristgerecht eingelegt wurde
Was wurde entschieden?
- Entscheidung:
- Der Verwerfungsbescheid der Stadt Ulm wird aufgehoben
- Der Einspruch vom 07.09.2023 wird als zulässig erklärt
- Begründung:
- k.A.
- Folgen:
- Der Einspruch der Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid muss nun inhaltlich geprüft werden
- Das Bußgeldverfahren wird fortgesetzt
Zustellung von Bußgeldbescheiden: Risiken der digitalen Kommunikation im Verfahren

Die korrekte Zustellung eines Bußgeldbescheids ist für das Bußgeldverfahren von entscheidender Bedeutung. Mit der Zustellung beginnt die wichtige Einspruchsfrist zu laufen, innerhalb derer Betroffene ihre Rechtsmittel einlegen können. Häufig kommt es dabei zu Zustellungsproblemen, etwa wenn der Empfänger unter der angegebenen Adresse nicht erreichbar ist.
Die zunehmende Digitalisierung der Verwaltung wirft neue Fragen zur Wirksamkeit elektronischer Kommunikation auf. Während behördliche Schreiben traditionell per Post zugestellt werden, nutzen Bürger vermehrt digitale Kommunikationswege wie E-Mail oder Messenger-Dienste. Ein aktueller Fall zeigt exemplarisch, welche rechtlichen Folgen die informelle Übermittlung eines Bußgeldbescheids per WhatsApp haben kann.
Der Fall vor Gericht
Bußgeldbescheid wegen Geschwindigkeitsübertretung durch fehlerhafte Zustellung unwirksam
Ein Bußgeldverfahren der Stadt Ulm gegen eine Autofahrerin wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 23 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften nahm eine überraschende Wendung. Das Amtsgericht Ulm gab dem Antrag der Betroffenen statt und hob den Verwerfungsbescheid der Stadt Ulm vom 24. Oktober 2023 auf, da der ursprüngliche Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zulässig war.
Mangelhafte Zustellung an ehemalige Meldeadresse
Der zentrale Punkt des Falls drehte sich um die Frage der korrekten Zustellung des Bußgeldbescheids. Die Behörde hatte den Bescheid an die Meldeadresse der Betroffenen in S. verschickt, wo dieser am 19. Juli 2023 in den Briefkasten eingelegt wurde. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Betroffene dort keinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt mehr hatte. Eine Kommandantur vom 1. August 2020 belegte, dass sie ihren Wohnsitz in die Nähe von Ulm verlegt hatte und die alte Adresse nur noch alle paar Monate für Familienbesuche nutzte.
Keine Heilung des Zustellungsmangels durch WhatsApp-Nachricht
Ein bemerkenswerter Aspekt des Falls war der Versuch einer alternativen Zustellung: Die Mutter der Betroffenen hatte am 31. Juli 2023 lediglich die erste Seite des Bußgeldbescheids per WhatsApp an ihre Tochter geschickt. Das Gericht stellte klar, dass dies für eine wirksame Zustellung nicht ausreichte. Auch die Tatsache, dass die Betroffene daraufhin per E-Mail Kontakt zur Bußgeldstelle aufnahm und eine Ratenzahlung erbat, änderte nichts an der rechtlichen Bewertung. Für eine wirksame Zustellung wäre es erforderlich gewesen, dass die Betroffene vom gesamten Bescheid sichere Kenntnis nehmen konnte.
Rechtliche Folgen der fehlerhaften Zustellung
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der am 7. September 2023 eingelegte Einspruch der Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid zulässig war. Die zweiwöchige Einspruchsfrist hatte zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung noch nicht zu laufen begonnen, da keine wirksame Zustellung erfolgt war. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf den Grundsatz, dass gegen einen bereits erlassenen, aber noch nicht zugestellten Bußgeldbescheid wirksam Einspruch eingelegt werden kann. Die ursprünglich verhängte Geldbuße von 200 Euro wurde damit zunächst hinfällig, und das Verfahren muss neu aufgerollt werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht hat entschieden, dass ein Bußgeldbescheid nur dann wirksam durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt werden kann, wenn der Empfänger dort tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt hat. Eine bloße Meldeadresse reicht nicht aus. Auch die Übersendung einer einzelnen Seite des Bußgeldbescheids per WhatsApp oder E-Mail-Kommunikation mit der Behörde heilt den Zustellungsmangel nicht. Die Entscheidung stärkt die Rechte von Betroffenen und unterstreicht die Bedeutung der korrekten Zustellung von Bußgeldbescheiden.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie einen Bußgeldbescheid an Ihre Meldeadresse erhalten, aber dort nicht tatsächlich wohnen, könnte die Zustellung unwirksam sein. Auch wenn Sie mit der Behörde per E-Mail kommunizieren oder Fotos des Bescheids digital erhalten, bedeutet dies nicht automatisch, dass der Bescheid wirksam zugestellt wurde. Sie können in solchen Fällen auch nach Ablauf der üblichen Einspruchsfrist noch Rechtsmittel einlegen. Besonders wichtig ist es, im Zweifelsfall rechtliche Beratung einzuholen und den tatsächlichen Wohnsitz nachzuweisen.
Benötigen Sie Hilfe?
Bußgeldbescheid fehlerhaft zugestellt?
Die ordnungsgemäße Zustellung ist ein entscheidender Faktor im Bußgeldverfahren. Ein Urteil hat nun klargestellt, dass allein die Meldeadresse nicht für eine wirksame Zustellung ausreicht und auch digitale Nachrichten den formellen Zustellungsprozess nicht ersetzen.
Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten, der an eine nicht aktuelle Adresse zugestellt wurde oder sind Sie unsicher, ob die Zustellung per WhatsApp oder E-Mail rechtens ist? Unsere Kanzlei unterstützt Sie in solchen Fällen, prüft die Rechtmäßigkeit der Zustellung und hilft Ihnen, Ihre Rechte wahrzunehmen. Kontaktieren Sie uns, um Ihre individuelle Situation zu besprechen und gemeinsam die nächsten Schritte zu planen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Zustellung eines Bußgeldbescheids?
Die wirksame Zustellung eines Bußgeldbescheids richtet sich nach § 51 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) und den jeweiligen Verwaltungszustellungsgesetzen der Länder.
Standardzustellung per Postzustellungsurkunde
Die Regelform der Zustellung erfolgt durch einen gelben Umschlag (Postzustellungsurkunde). Der Zusteller muss dabei eine Zustellungsurkunde ausfertigen, die dokumentiert, dass der Bescheid dem Adressaten übergeben wurde. Zwingend erforderlich ist die Angabe des Zustelldatums auf dem Umschlag – fehlt dieses, ist die Zustellung unwirksam.
Ersatzzustellung
Wenn der Empfänger nicht persönlich angetroffen wird, kann eine Ersatzzustellung vorgenommen werden:
- An erwachsene Familienangehörige
- An in der Familie beschäftigte Personen
- An erwachsene ständige Mitbewohner
Der Zusteller kann den Bescheid auch in den Briefkasten einwerfen. Dabei muss er die Einlegung auf der Zustellungsurkunde vermerken.
Öffentliche Zustellung
Eine öffentliche Zustellung ist nur als letztes Mittel zulässig, wenn:
- Der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist
- Die Behörde alle zumutbaren Mittel zur Adressermittlung ausgeschöpft hat
Zustellung an den Verteidiger
Wenn ein Verteidiger bestellt wurde oder eine Verteidigervollmacht vorliegt, ist die Zustellung an den Verteidiger ausreichend. Ohne Vollmacht muss der Bescheid jedoch dem Betroffenen selbst zugestellt werden.
Häufige Zustellungsmängel
Ein Bußgeldbescheid ist nicht wirksam zugestellt bei:
- Falscher oder unvollständiger Adressierung
- Fehlender oder fehlerhafter Zustellungsurkunde
- Ersatzzustellung an unberechtigte Personen
Zeitliche Vorgaben
Die Zustellung muss innerhalb der Verjährungsfrist erfolgen. Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten beträgt diese in der Regel drei Monate. Der Erlass eines Bußgeldbescheids unterbricht die Verjährung nur, wenn er binnen zwei Wochen zugestellt wird.
Ab wann läuft die Einspruchsfrist bei einem Bußgeldbescheid?
Die Einspruchsfrist beginnt mit dem Tag nach der Zustellung des Bußgeldbescheids und beträgt zwei Wochen. Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erhalten, ist der Zustellungstag für die Fristberechnung entscheidend.
Zustellungsarten und Fristbeginn
Die Zustellung erfolgt in der Regel durch die Post mit Zustellungsurkunde. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Bei persönlicher Übergabe durch den Postbediensteten beginnt die Frist am nächsten Tag.
- Bei Einwurf in den Briefkasten gilt der Tag des Einwurfs als Zustellungstag.
- Bei Hinterlegung beim Postamt gilt der dritte Tag nach der Benachrichtigung als Zustellungstag.
Berechnung der Frist
Die Fristberechnung erfolgt nach einem klaren Schema: Der Tag der Zustellung zählt nicht mit. Erhalten Sie den Bußgeldbescheid beispielsweise am Montag, beginnt die Frist am Dienstag und endet zwei Wochen später am Dienstag um 24:00 Uhr.
Besonderheiten bei der Fristberechnung
Fällt der Zustellungstag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, beginnt die Frist erst am nächsten Werktag. Der Einspruch muss innerhalb der Frist bei der Bußgeldbehörde eingegangen sein – das Datum des Poststempels reicht nicht aus.
Wiedereinsetzung bei unverschuldeter Fristversäumnis
Haben Sie die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt, können Sie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Dies ist möglich bei:
- Krankenhausaufenthalt
- Urlaubsabwesenheit
- Anderen nachweisbaren Hinderungsgründen
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Dabei müssen Sie die Gründe für die Fristversäumnis glaubhaft machen und den versäumten Einspruch nachholen.
Welche Rolle spielt der tatsächliche Wohnsitz bei der Zustellung von Bußgeldbescheiden?
Der tatsächliche Wohnsitz ist für die wirksame Zustellung eines Bußgeldbescheids von entscheidender Bedeutung. Ein Bußgeldbescheid muss eine zustellungsfähige Anschrift des Adressaten enthalten, die dem Ort entspricht, an dem sich der Betroffene ständig niedergelassen hat.
Anforderungen an die Zustellungsadresse
Für eine wirksame Zustellung ist der Lebensmittelpunkt maßgeblich. Dies ist der Ort, an dem Sie hauptsächlich leben und schlafen. Der melderechtliche Status ist dabei nicht ausschlaggebend. Bei mehreren Wohnsitzen genügt die Angabe eines davon, sofern Sie dort tatsächlich wohnen.
Unzulässige Zustelladressen
Folgende Adressen sind für die Zustellung eines Bußgeldbescheids nicht ausreichend:
- Geschäftsadressen von Firmen
- Postfächer
- Adressen mit dem Zusatz „in Firma X“ oder „X GmbH, zu Händen Herrn Y“
Rechtliche Folgen fehlerhafter Zustellung
Wird ein Bußgeldbescheid an eine falsche Adresse zugestellt, hat dies weitreichende Konsequenzen:
- Die Zustellung ist unwirksam
- Die Verjährungsfrist wird nicht unterbrochen
- Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten verdoppelt sich die dreimonatige Verjährungsfrist nicht
Meldepflichten bei Wohnungswechsel
Sie sind verpflichtet, sich innerhalb von zwei Wochen nach Einzug in eine neue Wohnung bei der zuständigen Meldebehörde anzumelden. Bei Versäumnis dieser Frist droht ein Bußgeld von bis zu 1.000 Euro. Diese Meldepflicht besteht unabhängig davon, ob Sie innerhalb einer Stadt umziehen oder in eine andere Kommune wechseln.
Wann gilt ein Bußgeldbescheid als rechtlich zugegangen?
Ein Bußgeldbescheid gilt als rechtlich zugegangen, wenn er dem Empfänger durch förmliche Zustellung übermittelt wurde. Die Zustellung erfolgt in der Regel per Postzustellungsurkunde, wobei der Postbedienstete den Bescheid in den Briefkasten einlegt und das Datum der Zustellung dokumentiert.
Wirksame Zustellung im Normalfall
Der Bußgeldbescheid muss nicht persönlich übergeben werden. Eine wirksame Zustellung liegt vor, wenn der Bescheid in den Briefkasten des korrekten Empfängers eingeworfen wird. Der Zusteller dokumentiert dies auf der Zustellungsurkunde, die an die Bußgeldstelle zurückgeht.
Besondere Zustellungssituationen
Wenn Sie einen Verteidiger bevollmächtigt haben, reicht die Zustellung an diesen aus. Bei juristischen Personen muss die Zustellung an die vertretungsberechtigte Person erfolgen.
Heilung von Zustellungsmängeln
Ein fehlerhafter Zugang kann unter bestimmten Umständen geheilt werden. Dies ist der Fall, wenn der Bescheid dem Empfänger tatsächlich zugegangen ist, auch wenn die formelle Zustellung mangelhaft war. Allerdings muss für eine wirksame Heilung nachweisbar sein, dass Sie vom Inhalt des Bescheids Kenntnis nehmen konnten.
Unwirksame Zustellung
Eine Zustellung ist nicht wirksam, wenn:
- Der Bescheid an eine falsche Adresse geschickt wurde
- Der Umschlag keinen Datumsvermerk trägt
- Die Zustellung an eine unberechtigte Person erfolgt
Die zweiwöchige Einspruchsfrist beginnt erst mit der wirksamen Zustellung. Ist die Zustellung unwirksam, wird die Frist nicht in Gang gesetzt, und der Bußgeldbescheid kann nicht rechtskräftig werden.
Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen bei fehlerhafter Zustellung eines Bußgeldbescheids?
Bei einer fehlerhaften Zustellung eines Bußgeldbescheids läuft die zweiwöchige Einspruchsfrist nicht an. Dies eröffnet Ihnen verschiedene Handlungsmöglichkeiten, die Sie strategisch nutzen können.
Erkennung fehlerhafter Zustellungen
Eine fehlerhafte Zustellung liegt vor, wenn der Bußgeldbescheid:
- an eine falsche oder unvollständige Adresse gesendet wurde
- an unberechtigte Personen wie Nachbarn oder minderjährige Haushaltsmitglieder übergeben wurde
- ohne korrektes Zustellungsdatum im Briefkasten landete
- an eine nicht mehr aktuelle Adresse geschickt wurde
Sofortige Maßnahmen
Wenn Sie einen fehlerhaft zugestellten Bußgeldbescheid erhalten, sollten Sie den Briefumschlag unbedingt aufbewahren. Das Zustellungsdatum auf dem Umschlag ist entscheidend für die Berechnung von Fristen.
Sie können schriftlich Einspruch einlegen, auch wenn die reguläre Zwei-Wochen-Frist bereits abgelaufen ist. Der Einspruch sollte die konkreten Mängel der Zustellung benennen.
Rechtliche Konsequenzen
Eine fehlerhafte Zustellung hat weitreichende Folgen:
Die Verjährung wird nicht unterbrochen, wenn keine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt. Dies kann bei Verkehrsordnungswidrigkeiten zur Einstellung des Verfahrens führen, da die Verjährungsfrist nur drei Monate beträgt.
Der Bußgeldbescheid wird bei fehlerhafter Zustellung nicht rechtskräftig. Die Behörde muss in diesem Fall einen neuen Bescheid erlassen und ordnungsgemäß zustellen, sofern noch keine Verjährung eingetreten ist.
Dokumentation und Beweissicherung
Dokumentieren Sie genau, wann und wie Sie vom Bußgeldbescheid Kenntnis erlangt haben. Die Beweislast für die ordnungsgemäße Zustellung liegt bei der Behörde. Sie muss nachweisen können, dass der Bußgeldbescheid dem Empfänger ordnungsgemäß zugegangen ist.
Stellen Sie einen Antrag auf Akteneinsicht. Dies ermöglicht Ihnen, die Zustellungsdokumentation zu überprüfen und mögliche Fehler im Zustellungsvorgang aufzudecken.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Bußgeldbescheid
Ein Bußgeldbescheid ist ein offizielles behördliches Schreiben, in dem ein Verstoß – beispielsweise im Straßenverkehr – festgestellt und eine Geldstrafe festgesetzt wird. Dabei handelt es sich um eine Verwaltungsentscheidung, die auf gesetzlichen Grundlagen wie dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) basiert. Der Bescheid informiert den Adressaten über den Tatvorwurf, die Höhe der Strafe und Hinweise zu eventuellen Rechtsmitteln. Wichtig ist, dass der Bußgeldbescheid erst wirksam wird, wenn er ordnungsgemäß zugestellt wurde, da ansonsten Fristen und Rechtsfolgen nicht in Kraft treten.
Beispiel: Wird das Schreiben an eine falsche Adresse gesendet, kann dies zu einem Zustellungsmangel führen, wodurch die Frist zum Einlegen eines Einspruchs noch nicht zu laufen beginnt.
Bußgeldverfahren
Das Bußgeldverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, das eingeleitet wird, wenn ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften festgestellt wird. Es regelt den Ablauf von der Zustellung des Bußgeldbescheids bis hin zur endgültigen Entscheidung über die Geldstrafe. Die Verfahrensgrundlagen finden sich unter anderem im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die auch die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung vorsehen. Zentral ist, dass im Bußgeldverfahren Rechte wie Anhörungs- und Einspruchsfristen gewahrt werden müssen.
Beispiel: Wird ein Bußgeldbescheid fehlerhaft zugestellt, kann das Verfahren vermehrt angefochten und neu aufgerollt werden, was zu unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen führt.
Einspruchsfrist
Die Einspruchsfrist ist der gesetzlich festgelegte Zeitraum, innerhalb dessen der Adressat eines Bußgeldbescheids formell gegen den Bescheid vorgehen kann. Diese Frist beginnt in der Regel erst zu laufen, wenn die betroffene Person den Bescheid tatsächlich erhalten hat, was von der ordnungsgemäßen Zustellung abhängig ist. Die Regelungen hierzu finden sich etwa im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG), das hierbei klar festlegt, ab wann und wie der Einspruch zulässig ist. Entscheidend ist, dass der Einspruch innerhalb der Frist erfolgen muss, um die Rechtsfolgen des Bescheids abzuwenden, ansonsten wird der Bescheid rechtskräftig.
Beispiel: Wird der Bescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt, kann die Einspruchsfrist erst später beginnen, wodurch der Adressat mehr Zeit erhält, den Fall zu überprüfen.
Rechtsmittel
Rechtsmittel bezeichnen die gesetzlichen Möglichkeiten, Entscheidungen von Behörden oder Gerichten anzufechten. Im Kontext des Bußgeldverfahrens handelt es sich meist um den Einspruch, der als erster Schritt gegen einen Bußgeldbescheid unternommen werden kann. Rechtsmittel stellen sicher, dass Fehler im Verfahren oder bei der Zustellung korrigiert werden, indem sie eine gerichtliche Überprüfung ermöglichen. Sie basieren auf gesetzlichen Bestimmungen, die in verschiedenen Gesetzen, wie etwa dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), verankert sind.
Beispiel: Wird ein Bußgeldbescheid aufgrund eines Zustellungsmangels angefochten, kann das Gericht den Bescheid aufheben oder das Verfahren neu aufrollen, sofern der Einspruch rechtzeitig erfolgt.
Zustellungsmangel
Ein Zustellungsmangel liegt vor, wenn offizielle Schriftstücke, wie ein Bußgeldbescheid, nicht ordnungsgemäß an den Empfänger übermittelt werden. Dies betrifft insbesondere Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften zur Zustellung, wie sie im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) geregelt sind. Wesentlich ist, dass ein mangelhafter Zustellungsprozess die Wirksamkeit von Bescheiden beeinträchtigt und damit auch Fristen, wie die Einspruchsfrist, nicht zu laufen beginnen können. Zustellungsmängel können aus fehlerhaften Adressdaten, verspäteter oder unvollständiger Übermittlung resultieren.
Beispiel: Wird ein Bußgeldbescheid per WhatsApp übermittelt anstatt per Post, kann dies als Zustellungsmangel gewertet werden, da die formalen Anforderungen nicht erfüllt sind.
Elektronische Kommunikation
Elektronische Kommunikation umfasst den Austausch von Informationen mittels digitaler Medien, wie E-Mail, Messenger-Diensten oder speziellen Online-Postfächern, im Gegensatz zu traditionellen postalischen Zustellungen. Im Bereich der Verwaltung wird diskutiert, inwieweit solche Kommunikationswege auch rechtlich verbindlich sein können. Maßgeblich sind hier neben den allgemeinen Datenschutzbestimmungen unter anderem auch Regelungen der E-Government-Gesetze, die den Einsatz digitaler Verfahren fördern und regeln. Elektronische Kommunikation bringt Vorteile wie schnelle Zustellung mit sich, erfordert jedoch, dass die Verfahrensregeln zur Zustellung beachtet werden, um Rechtsfolgen zu vermeiden.
Beispiel: Wird ein Bußgeldbescheid nur teilweise oder unvollständig über einen Messenger-Dienst gesendet, kann dies zu Zweifeln an der ordnungsgemäßen Zustellung führen, was juristische Konsequenzen hat.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) §51 Abs. 1 i.V.m. §3 LVwZG und §180 ZPO: Diese Vorschrift regelt die Ersatzzustellung von Bußgeldbescheiden, wenn der Betroffene nicht persönlich angetroffen wird. Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten ist nur zulässig, wenn die Wohnung tatsächlich vom Zustellungsadressaten bewohnt wird. Im vorliegenden Fall wurde der Bußgeldbescheid zwar in den Briefkasten eingelegt, jedoch hatte die Betroffene an der Meldeadresse keinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt, weshalb die Ersatzzustellung unwirksam war.
- Strafprozessordnung (StPO) §145a: Dieser Paragraph bestimmt, dass Gerichtsbescheide auch an den Verteidiger zugestellt werden müssen, sofern dieser ordnungsgemäß bevollmächtigt ist. Im vorliegenden Fall konnte der Verteidiger der Betroffenen den Verwerfungsbescheid nicht erhalten, da keine Vollmacht zur Akteneinsicht vorlag. Dadurch war die ordnungsgemäße Zustellung an die Betroffene nicht gewährleistet.
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) §46 Abs. 1: Diese Regelung betrifft die Vertretung durch einen Verteidiger im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Ein Verteidiger muss eine Vollmacht zur Einsicht in die Akten vorlegen, um wirksam handeln zu können. Da die Betroffene keine Vollmacht eingereicht hatte, konnte der Verteidiger den Verwerfungsbescheid nicht ordnungsgemäß erhalten, was die Grundlage für die gerichtliche Überprüfung bildet.
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) §36: Dieser Paragraph regelt die Fristen für den Einspruch gegen Bußgeldbescheide sowie die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumnis. Die Betroffene legte den Einspruch fristgerecht ein und beantragte zudem die Wiedereinsetzung, da die Zustellung des Bescheids fehlerhaft war und somit eine Versäumung der Frist nicht zu vertreten war.
- Zivilprozessordnung (ZPO) §180: Diese Vorschrift behandelt die Ersatzzustellung im Rahmen zivilrechtlicher Verfahren und legt fest, dass eine Ersatzzustellung nur erfolgen darf, wenn die Adresse tatsächlich den Wohnsitz des Empfängers darstellt. Im vorliegenden Fall wurde die Ersatzzustellung durch Einlegen des Bußgeldbescheids in den Briefkasten vorgenommen, obwohl die Betroffene an der Meldeadresse nicht wohnhaft war, wodurch die Zustellung rechtlich nicht wirksam war.
Das vorliegende Urteil
AG Ulm – Az.: 5 OWi 2260/23 – Beschluss vom 05.03.2024
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