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Bußgeldbescheid gegen Schwertransportfahrer wegen der Zuwiderhandlung gegen Auflagen

Bußgeld gegen Schwertransportfahrer: Eine Frage der Klarheit

Wenn Schwertransportfahrer auf den Straßen unterwegs sind, müssen sie bestimmte Auflagen und Regeln beachten. Diese können von Behörden festgelegt werden, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Doch was passiert, wenn diese Auflagen nicht eingehalten werden? Und wie gehen Gerichte mit solchen Fällen um, insbesondere wenn die zugrunde liegenden Dokumente und Bescheide unklar oder unvollständig sind? In solchen Situationen steht nicht nur die Frage der Zuwiderhandlung im Raum, sondern auch die rechtliche Gültigkeit und Klarheit des Bußgeldbescheids selbst. Das Verkehrsrecht und das gerichtliche Bußgeldverfahren bieten hierbei den Rahmen, innerhalb dessen solche Fragen geklärt werden müssen. Es geht um die Balance zwischen Verkehrssicherheit, rechtlicher Klarheit und den Rechten der Betroffenen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 OWi 4286 Js 12609/16   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Ein Schwertransportfahrer missachtete eine Auflage, bestimmte Straßenabschnitte nicht zu befahren, und wurde mit einem Bußgeldbescheid belegt. Aufgrund von Unklarheiten und fehlenden Informationen im Bußgeldbescheid wurde das Verfahren jedoch eingestellt.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Schwertransportfahrer befuhr die BAB6 bei Landstuhl trotz einer vollziehbaren Auflage, die bestimmte Abschnitte für den Gegenverkehr sperrte.
  2. Der Fahrer hielt sich nicht an die Polizeiliche Begleitung und fuhr in die gesperrten Bereiche.
  3. Im Bußgeldbescheid wurde dem Fahrer vorgeworfen, eine Auflage nicht befolgt zu haben.
  4. Die Ausnahmegenehmigung war dem Bußgeldbescheid nicht beigefügt, was zu Unklarheiten führte.
  5. Es fehlte eine klare zeitliche und örtliche Konkretisierung im Bußgeldbescheid.
  6. Das Verfahren wurde aufgrund eines Verfahrenshindernisses gemäß § 206a StPO eingestellt.
  7. Der Bußgeldbescheid war nicht geeignet, als Grundlage für ein gerichtliches Bußgeldverfahren zu dienen.
  8. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden von der Staatskasse getragen.

Verstoß eines Schwertransportfahrers: Die Fakten

Der Betroffene, ein Schwertransportfahrer, befuhr in der Nacht des 23./24.08.2016 die BAB6 bei Landstuhl im Baustellenbereich. Ein Bescheid vom 26.08.2016 legte fest, dass bestimmte Abschnitte der BAB6 in Fahrtrichtung Saarbrücken für den Gegenverkehr durch die Polizei zu sperren waren. Trotz dieser Auflagen befuhr der Schwertransportfahrer die genannten Bereiche, ohne sich vorher mit der Polizei abzustimmen und ohne dass der Gegenverkehr tatsächlich gesperrt war.

Rechtliche Auseinandersetzung und Unklarheiten

 Ausnahmegenehmigung für Schwerlasttransporte
(Symbolfoto: FOTOGRIN /Shutterstock.com)

Die rechtliche Auseinandersetzung entstand, als im Anhörungsschreiben und im Bußgeldbescheid dem Betroffenen vorgeworfen wurde, eine vollziehbare Auflage einer Ausnahmegenehmigung oder Erlaubnis nicht befolgt zu haben. Hierbei wurde speziell darauf hingewiesen, dass eine „polizeiliche Begleitung auf Abschnitten der BAB 6 erforderlich“ war. Allerdings war die Ausnahmegenehmigung weder vollständig noch teilweise dem Bußgeldbescheid beigefügt, was zu Unklarheiten führte.

Herausforderungen und Gerichtsentscheidung

Das rechtliche Problem und die Herausforderung in diesem Fall liegen in der Unklarheit und Unkonkretheit des Bußgeldbescheids. Es fehlte eine klare zeitliche und örtliche Konkretisierung, und der Betroffene konnte nicht genau erkennen, was ihm wo vorgeworfen wurde. Ein weiteres Problem war, dass der Bußgeldbescheid in seiner vorliegenden Form nicht geeignet war, als Grundlage für ein gerichtliches Bußgeldverfahren zu dienen. Es fehlten konkrete Angaben darüber, welchen Inhalt die vollziehbare Auflage hatte und wie, wann und wo der Betroffene gegen diese Auflagen verstoßen hat.

Das Gericht entschied, das Verfahren gemäß § 206a StPO einzustellen. Es wurde festgestellt, dass ein Verfahrenshindernis hinsichtlich des Betroffenen vorlag. Es war nicht davon auszugehen, dass eine verjährungsunterbrechende Wirkung von Anhörung und Bußgeldbescheid gegeben war. Die Unkonkretheit des Bußgeldbescheids führte dazu, dass der Betroffene nicht erkennen konnte, welches Verhalten ihm genau vorgeworfen wurde und gegen welchen Vorwurf er sich verteidigen sollte.

Schlussfolgerung und Bedeutung für das Verkehrsrecht

Die Entscheidung des Gerichts basierte auf mehreren Faktoren. Erstens war der Bußgeldbescheid in seiner vorliegenden Form nicht geeignet, als Grundlage für ein gerichtliches Bußgeldverfahren zu dienen. Zweitens fehlten im Bußgeldbescheid konkrete Angaben, die dem Betroffenen hätten helfen können, zu erkennen, welches Verhalten ihm genau vorgeworfen wurde. Drittens hätte, wenn der Bußgeldbescheid die Auflagen als Anlage enthalten hätte, eine Konkretisierung noch eher angenommen werden können.

Abschließend ist zu sagen, dass die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen von der Staatskasse getragen werden. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung klarer und konkreter Bußgeldbescheide im Verkehrsrecht und die Notwendigkeit, dass alle relevanten Informationen und Dokumente beigefügt werden, um Missverständnisse und rechtliche Herausforderungen zu vermeiden.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Ausnahmegenehmigung für Schwerlasttransporte

Eine Ausnahmegenehmigung im Verkehrsrecht ist eine spezielle Genehmigung, die es ermöglicht, bestimmte gesetzliche Vorschriften zu umgehen. Sie wird insbesondere im Kontext von Großraum- und Schwertransporten relevant, wenn Fahrzeuge und Züge beteiligt sind, deren Abmessungen, Achslasten oder Gesamtgewichte die gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen überschreiten.

Es gibt verschiedene Arten von Ausnahmegenehmigungen, die je nach Situation benötigt werden. Die Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO wird benötigt, wenn nur die zulässigen Ladungsabmessungen überschritten werden, während das Fahrzeug selbst den Abmessungen des § 32 StVZO entsprechen muss. Die Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO wird benötigt, wenn sowohl die Fahrzeugabmessungen als auch die Gewichte überschritten werden.  Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erfolgt in der Regel aufgrund des Gutachtens eines Sachverständigen und ist mit bestimmten Bedingungen verbunden. Diese Bedingungen können je nach Bundesland variieren und sind in der Ausnahmegenehmigung festgelegt. Die Nichtbeachtung dieser Bedingungen kann zur Nichtigkeit der Ausnahmegenehmigung führen.

Zusätzlich zu den Bedingungen der Ausnahmegenehmigung können auch Auflagen festgelegt werden, wie zum Beispiel zur Wegstrecke, zu den Fahrzeiten oder zu Begleitfahrzeugen. Diese Auflagen sind ebenfalls verbindlich und ihre Nichtbeachtung kann rechtliche Konsequenzen haben.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung eine Ausnahme darstellt und nicht die Regel ist. Sie wird nur in speziellen Fällen erteilt, wenn eine unteilbare Ladung transportiert wird oder wenn das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen Ausnahmen genehmigt, auch wenn das bundesweite Auswirkungen hat. Insgesamt ist die Ausnahmegenehmigung ein wichtiges Instrument im Verkehrsrecht, das es ermöglicht, bestimmte gesetzliche Vorschriften zu umgehen, um den reibungslosen Ablauf von Großraum- und Schwertransporten zu gewährleisten. Sie ist jedoch mit bestimmten Bedingungen und Auflagen verbunden, deren Nichtbeachtung rechtliche Konsequenzen haben kann.


Das vorliegende Urteil

AG Landstuhl – Az.: 2 OWi 4286 Js 12609/16 – Beschluss vom 24.11.2016

1. Das Verfahren wird hinsichtlich des Betroffenen … gemäß § 206a StPO eingestellt.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe

Der Betroffene befuhr als Fahrer des Schwertransports, Kz. … der Firma … GmbH am 23./24.08.2016 gegen Mitternacht u.a. die BAB6 bei Landstuhl im Baustellenbereich. Durch Bescheid vom 26.08.2016, As8 ff., war auf S. 14/15/16 des Bescheides als vollziehbare Auflage für den Baustellenbereich ab km 615,838 bis km 622,740 sowie von km 632,463 bis km 636,266 in Fahrtrichtung Saarbrücken angeordnet, dass der Baustellenbereich für den Gegenverkehr durch die Polizei gesperrt werden sollte. Der Betroffene befuhr die Bereiche jedoch, ohne sich mit der Polizei abzustimmen und ohne dass der Gegenverkehr gesperrt worden wäre.

Sowohl im Anhörungsschreiben (AS42) als auch im Bußgeldbescheid (AS46) ist als Tatbeschreibung der Passus enthalten: „Sie befolgten eine vollziehbare Auflage *) einer Ausnahmegenehmigung oder Erlaubnis nicht“, dazu unter „Bemerkungen“ der Satz: „Polizeiliche Begleitung auf Abschnitten der BAB 6 erforderlich“, im Bußgeldbescheid noch „(s. Ausnahmegenehmigung)“.

Die Ausnahmegenehmigung war weder ganz noch in Teilen dem Bußgeldbescheid beigefügt. Eine zeitliche und/oder örtliche Konkretisierung fand abgesehen vom Tattag nicht statt. Eine textliche Ergänzung zu dem Zeichen „*)“ fand nicht statt.

Das Verfahren ist einzustellen. Es besteht ein Verfahrenshindernis hinsichtlich des Betroffenen, § 206a StPO. Es ist vorliegend schon nicht davon auszugehen, dass eine verjährungsunterbrechende Wirkung von Anhörung und Bußgeldbescheid gegeben ist. Denn diese sind sowohl bezüglich der Auflage als auch bezüglich der Örtlichkeit so unkonkret, dass der Betroffene nicht erkennen kann, was ihm wo überhaupt zum Vorwurf gemacht wird (vgl. Bohnert/Krenberger/Krumm, OWiG, 4. Aufl., 2016, § § 66 Rn. 36).

Darüber hinaus ist der Bußgeldbescheid in der beschriebenen Form aber auch nicht einmal geeignet, Grundlage eines gerichtlichen Bußgeldverfahrens zu sein. Der Bußgeldbescheid stellt schon nicht dar, welchen konkreten Inhalt die vollziehbare Auflage hatte und konkretisiert demzufolge auch nicht, wodurch, wann und wo der Betroffene gegen die Auflagen verstoßen hat. Die Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, ist damit nicht so bezeichnet dass der Betroffene erkennen kann, welches Tun oder Unterlassen den Gegenstand des Verfahrens bildet, gegen welchen Vorwurf er daher seine (mögliche) Verteidigung richten muss (OLG Jena, Beschl. v. 18.04.2016 – 1 OLG 121 SsRs 6/16 – Krenberger, jurisPR-VerkR 21/2016 Anm. 5). Hätte dem Bußgeldbescheid als Anlage der Bescheid mit den Auflagen beigelegen, was durchaus zulässig ist (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1992, 39), hätte eine Konkretisierung noch eher angenommen werden können, wenngleich auch dann völlig unklar geblieben wäre, welche Tatzeit und welchen Tatort der Betroffene heranziehen soll, um sich zu verteidigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464, 467 Abs. 1 und 3 StPO.

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