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Anforderungen an Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren

KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 278/19 – 122 Ss 121/19 – Beschluss vom 23.09.2019

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. Mai 2019 wird gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Der Polizeipräsident in Berlin hat mit Bußgeldbescheid vom 29. Oktober 2018 gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 34 km/h unter Berücksichtigung von Voreintragungen im Fahreignungsregister eine Geldbuße in Höhe von 200 Euro und einen Monat Fahrverbot verhängt sowie eine Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG getroffen.

Auf seinen Einspruch hat ihn das Amtsgericht Tiergarten mit Urteil vom 17. Mai 2019 — unter Verhängung der im Bußgeldbescheid zugrunde gelegten Rechtsfolgen — wegen der zuvor genannten Verkehrsordnungswidrigkeit verurteilt.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat mit Zuschrift vom 12. August 2019 beantragt, die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die auf die allgemeine Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils zeigt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf, der die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gebietet.

1. Insbesondere verhelfen die Einwendungen des Betroffenen gegen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts der Sachrüge nicht zum Erfolg.

Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Nach § 261 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG entscheidet dieser, soweit nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, Gesetze der Logik und Erfahrungssätze entgegenstehen, nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung. Um dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen — wenn auch möglicherweise schwerwiegenden — Verdacht zu begründen vermag (vgl. Senat, Beschluss vom 27. August 2010 — 3 Ws (B) 434/10 -, juris m.w.N.). Zudem bedürfen die Feststellungen des Tatrichters einer tragfähigen Beweisgrundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 — 4 StR 513/17 —, juris m.w.N.).

Für die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren ist anerkannt, dass sie als Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung auch dann ausreichen kann, wenn – wie hier – der Tachometer des nachfahrenden Fahrzeugs ungeeicht und nicht justiert war. Voraussetzung für eine beweissichere Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung ist in diesem Fall, dass die Messstrecke ausreichend lang, der Abstand des nachfolgenden Fahrzeugs gleichbleibend und möglichst kurz und die Geschwindigkeitsüberschreitung wesentlich ist (vgl. Senat, Beschluss vom 5. April 2019 — 3 Ws (B) 114/19 —, juris m.w.N.). Wurde die Messung bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen durchgeführt, sind zusätzlich Angaben über die Beobachtungsmöglichkeiten der Polizeibeamten erforderlich (Senat, Beschluss vom 22. August 2017 — 3 Ws (B) 232/17 juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beweiswürdigung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden. So hat die Tatrichterin festgestellt, dass die Zeugen den Betroffenen mit einem gleichbleibenden Abstand gefolgt seien und auf dem Tachometer des Dienstfahrzeuges eine Geschwindigkeit von 80 km/h angezeigt worden sei, woraus sich bei einem Toleranzabzug in Höhe von 20 % eine Geschwindigkeit von 64 km/h ergeben habe. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit habe 30 km/h betragen. Den Urteilsgründen ist ferner die Länge der Messstrecke, die hier 600 m betrug sowie Angaben zu den Sichtverhältnissen (durch Laternen gut ausgeleuchtete zweispurige Straße mit zur Tatzeit wenig Verkehrsaufkommen) zu entnehmen.

Der bei Geschwindigkeiten von 61 bis 90 km/h grundsätzlich zu berücksichtigende Höchststand von .50 m ist eingehalten Worden. Der Vortrag, der Abstand des nachfahrenden Polizeifahrzeuges zu jenem des Betroffenen habe den geforderten Sicherheitsabstand erheblich unterschritten und es sei „nicht auszuschließen“, dass der Betroffene „sich genötigt“ gefühlt habe, verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg. Das Amtsgericht hatte keine Veranlassung sich mit dieser Möglichkeit auseinanderzusetzen, da ein solches Geschehen weder vom Betroffenen vorgetragen worden war, noch sich aufgrund der konkreten Umstände des Falles aufdrängte Der festgestellte Abstand von mindestens 10 Metern lässt es bereits nicht als naheliegend erscheinen, dass sich der Betroffene hierdurch in der vorgetragenen Weise beeinträchtigt gefühlt haben könnte.

2. Auch der Rechtsfolgenausspruch ist nicht zu beanstanden.

Die Bemessung der Rechtsfolgen liegt grundsätzlich Ermessen des Tatgerichts, sodass sich die Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht darauf beschränkt, ob dieses von rechtlich zutreffenden Erwägungen ausgegangen ist und von seinem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat (vgl. Senat, Beschluss vom 12. März 2019 — 3 Ws (B) 53/19 — juris m.w.N.). Es weisen weder die Festsetzung einer Geldbuße in Höhe von 200 Euro noch die Anordnung des einmonatigen Regelfahrverbots einen Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen auf.

a) Bei der Bemessung der Geldbuße hat sich das Amtsgericht erkennbar am Regelsatz von 160 Euro der hier einschlägigen Nr. 11.3.6 des Anhangs (Tabelle 1) zur laufenden Nr. 11 der Anlage (BKat) zu § 1 Abs. 1 BKatV orientiert und diesen vor dem Hintergrund der berücksichtigungsfähigen Voreintragungen angemessen auf 200 Euro erhöht. Diese Geldbuße liegt unter der Geringfügigkeitsgrenze von 250 Euro, sodass nach § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen regelmäßig unberücksichtigt bleiben. Anhaltspunkte für außergewöhnlich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Betroffenen, die dem Amtsgericht gleichwohl zu einer tiefergehenden Prüfung Veranlassung gegeben hätten, liegen nicht vor. Fehler beim Ausüben des tatrichterlichen Ermessens bei der Bußgeldbemessung sind nicht ersichtlich.

b) Die Verhängung des einmonatigen Fahrverbots begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Denn der Gesetzgeber sieht für innerorts begangene Geschwindigkeitsüberschreitungen von 34 km/h nach § 25 Abs. I Satz 1 StVG, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. Nr. 11.3.6 des Anhangs (Tabelle 1) zur laufenden Nr. 11 der Anlage (BKat) zu § 1 Abs. 1 BkatV regelmäßig die Anordnung eines einmonatigen Fahrverbots neben der Verhängung einer Geldbuße vor. Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverhalt so erheblich vom Regelfall abweicht und deswegen Ausnahmecharakter besitzt, dass die Verhängung der regelhaften Sanktionen der BKatV insbesondere die Anordnung eines Fahrverbots – eine unangemessene Härte darstellt, hatte das Amtsgericht nicht.

3. Die. Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

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