Abgeschleppt und abgezockt? Gericht kippt überhöhte Abschleppkosten
Das Urteil des VG Neustadt (Weinstraße) Az.: 5 K 82/23.NW stellt klar, dass der Kläger nicht die vollen Kosten für einen abgebrochenen Abschleppvorgang tragen muss, wenn mit demselben Abschleppfahrzeug unmittelbar im Anschluss ein anderes Fahrzeug abgeschleppt wird. Es entschied, dass Kosten, die über eine bestimmte Pauschale hinausgehen, nicht gerechtfertigt sind. Die Kosten für den abgebrochenen Abschleppvorgang und die Verwaltungsgebühren wurden auf 61,56 EUR bzw. 52,00 EUR begrenzt, während die weitergehende Klage abgewiesen wurde.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 K 82/23.NW >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
Die Klage gegen überhöhte Abschleppkosten bei einem abgebrochenen Vollzug hatte teilweise Erfolg. Das Gericht reduzierte die geforderten Kosten und Verwaltungsgebühren und stellte klar, dass nur tatsächlich entstandene, spezifische Kosten dem Kläger auferlegt werden können.
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Abschleppvorgang wurde abgebrochen, als der Kläger sein Fahrzeug selbst entfernte.
- Kosten für den Einsatz dürfen nur in angemessener Höhe berechnet werden.
- Kosten für eine Leerfahrt können nicht berechnet werden, wenn das Abschleppfahrzeug unmittelbar danach ein anderes Fahrzeug abschleppt.
- Die Verwaltungsgebühren wurden ebenfalls reduziert.
- Eine Pauschalierung der Kosten für Abschleppvorgänge ist grundsätzlich zulässig.
- Vorbereitungsmaßnahmen des Abschleppunternehmens rechtfertigen eine Kostenberechnung.
- Eine feste technische Verbindung zum Fahrzeug war nicht gegeben.
- Die Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid ist § 6 Abs. 2 POG.
Übersicht
- Abgeschleppt und abgezockt? Gericht kippt überhöhte Abschleppkosten
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Abschleppkosten bei abgebrochenem Abschleppvorgang
- Die juristische Feinabstimmung der Abschleppkosten: Ein Urteil mit Weitblick
- Rechtliche Scharmützel um abgebrochene Abschleppvorgänge
- Gerichtliche Entscheidung mit Augenmaß
- Ein differenzierter Blick auf die Rechtslage
- Fazit: Ein richtungsweisendes Urteil
- ✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Abschleppkosten bei abgebrochenem Abschleppvorgang
Bei einem abgebrochenen Abschleppvorgang, beispielsweise wenn der Fahrzeughalter vor Abschluss des Abschleppens erscheint, stellt sich die Frage, in welcher Höhe dem Fahrzeughalter Abschleppkosten auferlegt werden können. Die Rechtslage ist komplex und variiert je nach Bundesland und den konkreten Umständen des Einzelfalls. Grundsätzlich gilt, dass nur die tatsächlich entstandenen Kosten, die in einem angemessenen Verhältnis zum abgeschleppten Fahrzeug und den durchgeführten Maßnahmen stehen, in Rechnung gestellt werden können. Dabei können auch Kosten für Vorbereitungsmaßnahmen, wie das Positionieren des Abschleppfahrzeugs und die Prüfung des Fahrzeugs auf Beschädigungen, anfallen.
Die juristische Feinabstimmung der Abschleppkosten: Ein Urteil mit Weitblick
Im Fokus der rechtlichen Auseinandersetzung stand die Frage, inwieweit die Kosten eines abgebrochenen Abschleppvorgangs dem Fahrzeughalter auferlegt werden können, insbesondere wenn das Abschleppfahrzeug nach Abbruch der Maßnahme für ein anderes Fahrzeug eingesetzt wird. Der Kern des Falls drehte sich um einen am 17. Oktober 2021 in Deidesheim widerrechtlich geparkten Mercedes, dessen Abschleppvorgang unterbrochen wurde, als der Fahrzeughalter erschien und das Fahrzeug selbst entfernte. Der Abschleppdienst schritt daraufhin zum Abschleppen eines anderen Fahrzeugs, während der Mercedes-Halter mit einer Rechnung von 297,50 EUR konfrontiert wurde.
Rechtliche Scharmützel um abgebrochene Abschleppvorgänge
Die rechtliche Problematik kristallisierte sich um die Frage, ob und inwieweit Kosten für einen begonnenen, jedoch nicht vollendeten Abschleppvorgang vom Fahrzeughalter eingefordert werden können. Besonders brisant wurde der Fall durch die anschließende Verwendung des Abschleppfahrzeugs für ein anderes Fahrzeug, was die Frage nach der Doppelinanspruchnahme von Kosten aufwarf. Das Gericht musste sich mit der diffizilen Aufgabe befassen, die Grenzen der Kostentragungspflicht für Leer- und Vollfahrten des Abschleppdienstes neu zu justieren.
Gerichtliche Entscheidung mit Augenmaß
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße entschied, dass die Auferlegung von Kosten für den abgebrochenen Abschleppvorgang in der geforderten Höhe unverhältnismäßig sei. Stattdessen wurden lediglich Kosten in Höhe von 61,56 EUR für die tatsächlich entstandenen Aufwendungen des Abschleppunternehmers sowie Verwaltungsgebühren von 52,00 EUR als gerechtfertigt erachtet. Diese Entscheidung unterstrich, dass zwar Kosten für bereits erbrachte Leistungen des Abschleppdienstes bis zum Abbruch des Vorgangs anfallen können, eine Gleichsetzung mit den Kosten einer Vollfahrt jedoch nicht angemessen ist.
Ein differenzierter Blick auf die Rechtslage
Das Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung von Abschleppvorgängen, insbesondere im Hinblick auf die Anrechnung von Kosten bei abgebrochenen Einsätzen. Die Entscheidung trägt der Tatsache Rechnung, dass die Inanspruchnahme von Abschleppdiensten und die damit verbundenen Kosten klar und nachvollziehbar den tatsächlich erbrachten Leistungen entsprechen müssen. Hierdurch wird ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen der öffentlichen Ordnung und den Rechten der Fahrzeughalter geschaffen.
Fazit: Ein richtungsweisendes Urteil
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts setzt ein klares Signal für die Handhabung von Abschleppkosten bei abgebrochenen Vorgängen. Sie stärkt die Position der Fahrzeughalter, indem sie eine gerechte und verhältnismäßige Kostenverteilung fordert und damit zur Transparenz und Fairness im Umgang mit Abschleppmaßnahmen beiträgt.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was ist unter Abschleppkosten bei abgebrochenem Vollzug zu verstehen?
Unter Abschleppkosten bei abgebrochenem Vollzug versteht man die Kosten, die entstehen, wenn ein Abschleppvorgang eines falsch geparkten Fahrzeugs begonnen, aber nicht vollständig durchgeführt wurde, weil der Fahrzeughalter rechtzeitig am Ort erscheint und das Fahrzeug selbst entfernt. In einem solchen Fall können die bereits angefallenen Kosten für den begonnenen Abschleppvorgang dem Fahrzeughalter in Rechnung gestellt werden. Dies umfasst beispielsweise die Anfahrtskosten des Abschleppdienstes oder die Kosten für bereits durchgeführte Vorbereitungen zum Abschleppen, wie das Ausfahren des Krans und das Anbringen von Stützen am Fahrzeug.
Die Rechtsprechung sieht vor, dass auch bei einem abgebrochenen Abschleppvorgang ein Kostenersatz verlangt werden kann, wenn die Kosten bereits angefallen sind und die Beauftragung des Abschleppunternehmens nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme und die Erhebung der Kosten sind dabei an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wie die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme und das Fehlen von Ermessensfehlern.
In Berlin beispielsweise sind die Kosten für eine begonnene Umsetzung eines Fahrzeugs festgelegt und werden unabhängig von der Tageszeit erhoben. Die Höhe der Kosten kann je nach Kommune und den individuellen Umständen des Einzelfalls variieren.
Wie wird die Höhe der Abschleppkosten bestimmt, wenn der Abschleppvorgang abgebrochen wurde?
Die Höhe der Abschleppkosten bei einem abgebrochenen Abschleppvorgang wird in der Regel auf Basis der bereits entstandenen Kosten für den begonnenen Abschleppvorgang bestimmt. Diese Kosten können beispielsweise die Anfahrtskosten des Abschleppdienstes, die Kosten für das Ausfahren des Krans und das Anbringen von Stützen am Fahrzeug umfassen, wie es in einem konkreten Fall im Transportprotokoll des Abschleppdienstes vermerkt wurde.
Die Rechtsprechung erlaubt die Erhebung von Kostenersatz für einen abgebrochenen Abschleppvorgang, wenn die Kosten bereits angefallen sind und die Beauftragung des Abschleppunternehmens nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Abschleppvorgang vollendet wurde oder nicht, da auch abgebrochene Abschleppvorgänge und Leerfahrten als Kosten der Ersatzvornahme gelten.
In Berlin beispielsweise sind die Kosten für eine begonnene Umsetzung eines Fahrzeugs festgelegt und werden unabhängig von der Tageszeit erhoben. Die Gebühren liegen zwischen 125,91 Euro und 409,96 Euro, je nachdem, ob es sich um eine Leerfahrt oder eine begonnene Umsetzung handelt.
Es ist jedoch zu beachten, dass die Höhe der Kosten je nach Kommune und den individuellen Umständen des Einzelfalls variieren kann. In einem Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt wurde festgestellt, dass die Kosten für die Leerfahrt des Abschleppwagens grundsätzlich dann nicht zu tragen sind, wenn dasselbe Abschleppfahrzeug unmittelbar danach ein anderes Fahrzeug abschleppt.
Die Festlegung der genauen Höhe der Abschleppkosten bei einem abgebrochenen Abschleppvorgang erfolgt somit auf Grundlage der tatsächlich entstandenen Kosten und der geltenden kommunalen Gebührenordnung.
Welche Rolle spielt das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Erhebung von Abschleppkosten?
Das Verhältnismäßigkeitsprinzip spielt eine zentrale Rolle bei der Erhebung von Abschleppkosten und ist ein grundlegender Grundsatz des öffentlichen Rechts. Es besagt, dass behördliche Maßnahmen, wie das Abschleppen von Fahrzeugen, nicht nur geeignet und erforderlich sein müssen, um das angestrebte Ziel zu erreichen, sondern auch angemessen im Sinne von nicht übermäßig belastend für den Betroffenen.
Bei der Entscheidung, ein Fahrzeug abzuschleppen, muss die Behörde prüfen, ob die Maßnahme verhältnismäßig ist. Dies beinhaltet die Überlegung, ob das Abschleppen in einem angemessenen Verhältnis zu der durch das falsch geparkte Fahrzeug verursachten Störung oder Gefahr steht.
Auch bei einem abgebrochenen Abschleppvorgang, bei dem der Fahrzeughalter rechtzeitig erscheint und das Fahrzeug selbst entfernt, müssen die bis dahin entstandenen Kosten verhältnismäßig sein. Das bedeutet, dass die Kosten, die dem Fahrzeughalter in Rechnung gestellt werden, den tatsächlich entstandenen Aufwand widerspiegeln müssen.
Die Rechtsprechung hat festgestellt, dass die Erhebung von Abschleppkosten für einen abgebrochenen Abschleppvorgang zulässig ist, wenn die Kosten bereits angefallen sind und die Beauftragung des Abschleppunternehmens nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Allerdings muss die Polizei oder die zuständige Behörde versuchen, den Abschleppvorgang abzubrechen, sobald der Fahrzeughalter erscheint, um die Kosten so gering wie möglich zu halten.
Das Verhältnismäßigkeitsprinzip dient als Schutzmechanismus für den Bürger, indem es sicherstellt, dass die behördlichen Maßnahmen und die damit verbundenen Kosten nicht willkürlich sind, sondern in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Verkehrsordnungswidrigkeit stehen. Die Behörden sind verpflichtet, dieses Prinzip bei jeder Abschleppmaßnahme und der damit verbundenen Kostenerhebung zu beachten.
Das vorliegende Urteil
VG Neustadt (Weinstraße) – Az.: 5 K 82/23.NW – Urteil vom 13.11.2023
Der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2023 wird aufgehoben, soweit darin Kosten von mehr als 61,56 EUR und Verwaltungsgebühren von mehr als 52,00 EUR festgesetzt wurden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte 2/3 und der Kläger 1/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenbescheid der Beklagten, mit dem diesem die Kosten eines abgebrochenen Abschleppvorgangs auferlegt wurden.
Am 17. Oktober 2021 parkte der Kläger seinen PKW Mercedes, Kennzeichen AAA, in der Prinz-Rupprecht-Straße gegenüber der Hausnummer 16b in Deidesheim, obwohl hierdurch eine Restfahrbahnbreite von nur noch 2,65m verblieb. Daraufhin kontaktierte ein Mitarbeiter der Beklagten einen Abschleppdienst, der um ca. 15:54 Uhr vor Ort eintraf. Im weiteren Verlauf kam der Kläger hinzu und fuhr sein Fahrzeug persönlich weg, sodass dieses nicht abgeschleppt wurde. Stattdessen schleppte derselbe Abschleppwagen ein hinter dem Fahrzeug des Klägers parkendes Fahrzeug, einen Mini, Kennzeichen BBB ab. Der Kläger bezahlte die Rechnung des Abschleppunternehmers in Höhe von 297,50 EUR vor Ort.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 9. November 2021 legte der Kläger Widerspruch ein und verlangte die Rückerstattung des gezahlten Betrages, da im Falle einer Leerfahrt keine Kosten von ihm verlangt werden dürften, wenn wie hier geschehen mit demselben Abschleppfahrzeug unmittelbar im Anschluss ein anderes Fahrzeug abgeschleppt werde.
Mit Schreiben vom 30. November 2021 trat die Beklagte der Darstellung des Klägers entgegen und erklärte, dass es sich keineswegs um eine Leerfahrt gehandelt habe, da bereits konkret mit den Arbeiten am Fahrzeug des Klägers begonnen worden sei. Das Abschleppfahrzeug sei bereits in Position gebracht, die Abschleppgabel heruntergelassen und unter das Fahrzeug des Klägers geschoben worden. Diese Kosten seien spezifisch für das Fahrzeug des Klägers entstanden und könnten nicht dem Folgefahrzeug auferlegt werden. Insbesondere dürfe die Ordnungsbehörde die Herausgabe des abgeschleppten Fahrzeugs gem. § 6 POG i.V.m. § 63 Abs. 2 LVwVG i.V.m. § 273 BGB analog von der Zahlung der Abschleppkosten abhängig machen. Gleichzeitig erklärte die Beklagte, das Schreiben vom 30. November 2021 bereits als Widerspruch zu werten.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2021 legte die Beklagte dem Kläger die Kosten für den abgebrochenen Abschleppvorgang in Höhe von 297,50 EUR zzgl. Verwaltungsgebühren für die Durchführung in Höhe von 52,00 EUR, in Höhe von 18,00 EUR für den Erlass des Kostenbescheids und 4,00 EUR für die Postzustellungsurkunde, mithin 371,50 EUR auf. Zur Begründung wiederholte sie die bereits gemachten Ausführungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2023 half der Kreisrechtsausschuss der Beklagten dem Widerspruch des Klägers ab, soweit in dem Kostenbescheid vom 2. Dezember 2021 ein Betrag von mehr als 313,95 EUR verlangt werde, im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass angesichts der durch die Verengung der Fahrbahn auf weniger als drei Meter durch das parkende Fahrzeug des Klägers einhergehende potenzielle Behinderung größerer Fahrzeuge, insbesondere auch Rettungswagen, die Beauftragung eines Abschleppunternehmens geboten gewesen sei. Der Rechtmäßigkeit der Kostenforderung stehe nicht entgegen, dass der Abschleppvorgang schließlich wegen des Hinzukommens des Klägers nicht habe vollendet werden können, denn auch abgebrochene Abschleppvorgänge und Leerfahrten seien Kosten der Ersatzvornahme und von dem Verantwortlichen zu tragen. Es verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn für solche abgebrochenen Abschleppvorgänge die Regelgebühr einer Vollfahrt berechnet werde. Allerdings habe der Abschleppunternehmer einen zu hohen Betrag in seiner Rechnung angesetzt, denn ausweislich der Preisliste fielen für eine Vollfahrt an Sonntagen 205,00 EUR netto an und nicht 250,00 EUR, sodass die Kosten der Ersatzvornahme unter Einbeziehung der Mehrwertsteuer auf 243,95 EUR zu reduzieren seien. Auch könne die Beklagte dem Kläger nicht die Gebühr für die Zustellung gegen Postzustellungsurkunde auferlegen, da dies für die Bekanntgabe von Kostenbescheiden nicht gesetzlich vorgesehen sei, sodass dem Widerspruch in Höhe von 57,55 EUR stattzugeben gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die am 25. Januar 2023 erhobene Klage zu deren Begründung der Kläger abermals auf die Unverhältnismäßigkeit der ihm auferlegten Kosten und den Umstand, dass unmittelbar im Anschluss ein anderes Fahrzeug abgeschleppt worden sei, verwies. Zudem bestritt er ausdrücklich, dass bereits eine feste technische Verbindung zwischen seinem PKW und dem Abschleppfahrzeug bestanden habe. In der mündlichen Verhandlung am 13. November 2023 hat er hierzu erklärt, dass sich die Gabel des Abschleppfahrzeugs jedoch bereits unter seinem Fahrzeug befunden habe und der Fahrer des Abschleppfahrzeugs dieses bereits verlassen und sich auf Höhe seines Fahrzeugs befunden habe.
Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2023 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und erklärt ergänzend, dass die Kosten des Abschleppunternehmers und die Verwaltungsgebühren bereits für die Aufnahme der Ordnungswidrigkeit sowie für den bereits begonnenen Technikeinsatz zur Herstellung einer mechanischen Verbindung zwischen dem Abschleppfahrzeug und dem PKW des Klägers entstanden seien, sodass die Kosten des Abschleppvorgangs nicht zu Unrecht zwei Mal erhoben worden seien. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beklagtenvertreter – der selbst bei dem Abschleppvorgang vor Ort gewesen ist – dass das Abschleppfahrzeug lediglich die Gabel heruntergelassen und unter das Fahrzeug des Klägers geschoben habe, eine feste technische Verbindung habe es indes noch nicht gegeben. Danach sei der Fahrer ausgestiegen und um das Fahrzeug des Klägers gelaufen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 2. Mai 2023 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die Kosten für eine Leerfahrt nicht in Rechnung gestellt werden können, wenn unmittelbar im Anschluss mit demselben Fahrzeug ein weiteres Fahrzeug abgeschleppt worden ist und diesem die Kosten hierfür in Rechnung gestellt wurden.
Mit Beschluss vom 24. Oktober 2023 hat die Kammer das Verfahren der Einzelrichterin zur Verhandlung und Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, ein Heft Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2023 Bezug genommen, die jeweils Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die nach § 6 Abs. 1 VwGO die Einzelrichterin anstelle der Kammer entscheidet, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
A. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig und in der Sache überwiegend begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2023 ist rechtswidrig, soweit dem Kläger darin Kosten für den Abschleppvorgang von mehr als 61,56 EUR und Verwaltungsgebühren von mehr als 52,00 EUR auferlegt werden. Insoweit erweisen sich die angefochtenen Bescheide als rechtswidrig und verletzen den Kläger in eigenen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I. Der Kostenbescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 6 Abs. 2 POG.
1. Hiernach können die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten unmittelbar ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme des Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann, wobei der Verantwortliche nach § 6 Abs. 2 POG zum Ersatz der bei der unmittelbaren Ausführung entstehenden Kosten verpflichtet ist.
Die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme nach § 6 Abs. 1 POG stellt in rechtlicher Hinsicht einen bloßen öffentlich-rechtlichen Realakt dar (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28. Februar 2019 – 4 LB 22/18 –, juris, Rn. 32; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 12. September 2016 – 3 K 832/15.NW –, juris, Rn. 54). Die Regelung des § 6 Abs. 1 POG ist gegenüber dem gestreckten Vollstreckungsverfahren subsidiär, d.h. die Gefahrenabwehrbehörde hat vor Anwendung des § 6 Abs. 1 POG stets zu prüfen, ob eine Grundverfügung gegen den Verantwortlichen erlassen werden kann, die anschließend gegebenenfalls im Wege des Verwaltungszwangs vollstreckt wird (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25. Januar 2010 – 7 LA 130/09 –, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Oktober 2009 – 6 A 10540/09.OVG –, n.v.; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 17. November 2020 – 5 K 1359/19.NW –, juris, Rn. 26; VG Mainz, Urteil vom 26. Juli 2018 – 1 K 1001/17.MZ –, juris, Rn. 29).
2. Es ist insbesondere nicht alternativ auf § 61 Abs. 2 LVwVG – sog. Sofortvollzug – als Rechtsgrundlage abzustellen.
Nach dieser Vorschrift können Zwangsmittel mit Ausnahme von Zwangsgeld auch ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt. Der sofortige Vollzug nach § 61 Abs. 2 LVwVG ist seiner Rechtsnatur nach tatsächliches Verwaltungshandeln. Er ist selbst kein Zwangsmittel, sondern eine besondere Erscheinungsform der Anwendung von Zwangsmitteln (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. September 2007 – 1 A 11507/06.OVG –; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 17. November 2020 – 5 K 1359/19.NW –, juris, Rn. 37). § 61 Abs. 2 LVwVG ist für die Fälle bestimmt, in denen wegen der Eilbedürftigkeit der Sache oder aus sonstigen tatsächlichen Gründen ein Verwaltungsakt nicht oder nicht rechtzeitig ergehen kann, die sofortige Anwendung von Zwang aber dringend geboten ist (sog. gekürztes oder beschleunigtes Vollstreckungsverfahren).
In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage, nach welchen Kriterien die Abgrenzung zwischen unmittelbarer Ausführung nach § 6 POG und sofortigem Vollzug nach § 61 Abs. 2 LVwVG erfolgt, unterschiedlich beantwortet (s. zum Meinungsstand näher VG Neustadt, Urteil vom 22. August 2011 – 5 K 256/11.NW –, juris). Da eine trennscharfe Abgrenzung zwischen sofortigem Vollzug und unmittelbarer Ausführung, die auch dogmatisch überzeugt, letztlich nicht möglich ist (s. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. März 2009 – 1 A 10632/08 –, juris, Rn. 22, das vom „Sofortvollzug im Sinne einer unmittelbaren Ausführung“ spricht), folgt die Einzelrichterin diesbezüglich der Ansicht, nach der die Vorschriften über die unmittelbare Ausführung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften gegenüber den Vorschriften des sofortigen Vollzugs Spezialregelungen darstellen (s. VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 12. September 2016 – 3 K 832/15.NW –, juris, Rn. 55f.; vgl. auch: VG Mainz, Urteil vom 26. Juli 2018 – 1 K 1001/17.MZ –, juris, Rn. 30ff.).
3. Es handelt sich auch nicht um eine Ersatzvornahme nach § 2, § 61 Abs. 1, § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 LVwVG, da diese einen zuvor ergangenen Verwaltungsakt erfordert, an dem es hier fehlt. Insbesondere ist der am linken Fahrbahnrand an einem Baum befestigte Zettel (s. Foto, Bl. 37 VA), mit dem auf die enge Fahrbahn und die Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO hingewiesen wird, kein Verwaltungsakt im Sinne des § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 35 Satz 1 VwVfG, da dieser lediglich auf die gesetzliche Regelung hinweist bzw. diese wiederholt, ohne einen eigenen Regelungsgehalt zu haben, zumal auch nicht ersichtlich ist, wer diesen aufgehängt hat. Es handelt sich auch nicht um ein Verkehrszeichen nach den Anlagen 1 bis 3 der StVO.
II. Der Kostenbescheid vom 2. Dezember 2021 erfolgte auch formell rechtmäßig durch die Verbandsgemeinde Deidesheim als nach § 7 Nr. 1 StVRZustV zuständige Ordnungsbehörde. Zwar erfolgte keine nach § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG notwendige Anhörung des Klägers vor Erlass des Kostenbescheids, dieser Verfahrensmangel ist jedoch mit Durchführung des Widerspruchsverfahrens, in dem der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme hatte und diese auch wahrgenommen hat, sodass die Funktion der Anhörung für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (BVerwG, Beschluss vom 18. April 2017 – 9 B 54/16 –, Rn. 4, juris) nach § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt.
III. In materieller Hinsicht ist der Bescheid überwiegend rechtswidrig.
1. Da im Regelfall die Gefahrenabwehr durch den Verantwortlichen selbst erfolgen soll, zu der er durch eine Grundverfügung, die mit Zwangsmitteln durchsetzbar ist, verpflichtet wird, ist regelmäßig nur die Durchführung einer dringlichen Maßnahme der Gefahrenabwehr von der Ermächtigung des § 6 Abs. 1 POG gedeckt. Mithin gestattet diese Vorschrift, die selbst keine Eingriffsnorm ist, eine unmittelbare Ausführung nur dann, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer Verfügung zur Gefahrenabwehr an sich gegeben sind und der verantwortliche Störer nicht erreichbar oder nicht zur unaufschiebbaren Gefahrenabwehr tatsächlich oder rechtlich in der Lage ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. März 2009 – 1 A 10632/08.OVG –, juris, Rn. 24). Ein Kostenersatzanspruch gemäß § 6 Abs. 2 POG setzt daher die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der unmittelbaren Ausführung voraus (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2022 – 1 S 2283/20 –, juris, Rn. 23; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. März 2009– 1 A 10632/08.OVG –, juris, Rn. 25; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 12. September 2016 – 3 K 832/15.NW –, juris, Rn. 68). Führt die Behörde eine Maßnahme unmittelbar aus, ohne hierzu nach § 6 Abs. 1 POG berechtigt zu sein, ist der betroffene Störer nicht ersatzpflichtig. Auch auf Grund anderer Rechtsvorschriften (z.B. Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigte Bereicherung) kann der Betroffene in diesem Fall nicht zur Kostenerstattung herangezogen werden, da § 6 Abs. 2 POG eine spezielle und abschließende Regelung darstellt (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Februar 1993 – 8 S 515/92 –, juris, Rn. 35).
2. Ausgehend von diesen Maßstäben erfolgte zwar die Einleitung der Abschleppmaßnahme im Wege der unmittelbaren Ausführung rechtmäßig (nachfolgend a.), der Kläger ist auch richtiger Kostenschuldner (nachfolgend b.), die Kostenerstattung ist jedoch der Höhe nach unverhältnismäßig (nachfolgend c.).
a. Die Einleitung des Abschleppvorgangs erfolgte rechtmäßig.
Die Ordnungsbehörden dürfen nach § 9 Abs. 1 POG die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.
aa. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung lag zum Zeitpunkt der Veranlassung des Abschleppens vor, denn der Kläger parkte unter einem Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO an einer „engen Straßenstelle“.
(1) Eng im Sinne dieser Vorschrift ist eine Straßenstelle dann, wenn der zur Durchfahrt insgesamt freibleibende Raum für ein Fahrzeug höchst zulässiger Breite – diese beträgt laut § 32 Abs. 1 StVZO 2,55 m, ausnahmsweise 3m – zuzüglich eines Seitenabstands von 50 cm bei vorsichtiger Fahrweise nicht ausreichen würde. Dabei ist die Gegenfahrbahn mit einzubeziehen. Auf einen etwaigen Fußweg kommt es hingegen nicht an, da dieser nicht zum Befahren durch Lkw und schwere Einsatzfahrzeuge ausgelegt ist. Enge Straßenstellen sind mithin solche, die eine Fahrbahnbreite unter 3,05 bis 3,50m aufweisen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Mai 2023 – 13 S 1831/22 –, juris, Rn. 15; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. April 2021 – 5 LA 207/20 –, juris, Rn. 9; Bay. VGH, Beschluss vom 28. September 2015 – 6 B 14.606 –, juris, Rn. 24; VG Neustadt/Weinstr., Urteil vom 19. Februar 2020 – 5 K 846/19.NW -, n.v.; VG Halle (Saale), Urteil vom 30. August 2012 – 3 A 20/11 –, Rn. 21, juris; VG Bremen, Urteil vom 12. November 2009 – 5 K 252/09 –, Rn. 16, juris).
Bei der Beurteilung, ob eine Straßenstelle „eng“ im Sinne der Vorschrift ist, ist ausschließlich die asphaltierte Fahrbahn zu betrachten. Die Rinne und die gepflasterten Seitenstreifen sind außer Acht zu lassen, denn die Fahrbahn ist nur der Teil der Straße, der für den Fahrzeugverkehr vorgesehen ist. Sie muss neben ihrer Zweckbestimmung auch die bauliche Beschaffenheit aufweisen und als solche erkenntlich sein. Die Begrenzung erfolgt i.d.R. durch Seitenstreifen (Schäfer in BeckOK StVR, 21. Edition, Stand: 15. Oktober 2023, § 2, Rn. 16 und 19). Seitenstreifen – die auch Gehwege beinhalten – sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 StVO kein Bestandteil der Fahrbahn. Der Verordnungsgeber hat in der Begründung zur Einführung des Begriffs des „Seitenstreifens“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 StVO ausdrücklich klargestellt, dass bewusst der Begriff „Seitenstreifen“ in die gesetzliche Regelung aufgenommen worden sei, um klarzustellen, dass die Norm nicht nur die Benutzung der Gehwege durch Fahrzeuge, sondern auch die Benutzung der (sonstigen) Seitenstreifen verbiete. Weiter heißt es, dass damit die Meinung eines Oberlandesgerichtes abgelehnt werde, dass ein Kraftfahrer in die Erwägung über die angesichts der Sichtweise zulässigen Geschwindigkeit auch die Möglichkeit einbeziehen dürfe, notfalls den Seitenstreifen zur Verfügung zu haben (s. BR-Drs. 420/70, S. 51). Als Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot in § 2 Abs. 1 StVO ist lediglich ein Überfahren eines Gehweges, um in eine Einfahrt zu fahren (vgl. § 10 StVO) oder ein Mitnutzen eines Gehweges zum Parken (vgl. § 12 StVO) anerkannt. Die Straßenverkehrsordnung kennt sonst keine Ausnahmen vom Verbot des § 2 Abs. 1 StVO (VG Neustadt, Urteil vom 20. Mai 2019 – 3 K 272/18.NW –, juris, Rn. 41 – 42).
Die gepflasterten Bereiche neben der asphaltierten Fahrbahn, d.h. sowohl die Rinne, als auch die weiteren Pflaster, sind Seitenstreifen i.S.d. § 2 Abs. 1 StVO. Durch die unterschiedliche bauliche Beschaffenheit sind sie schon rein optisch von der eigentlichen Fahrbahn abgegrenzt. Zudem dienen sie einem anderen Zweck als die asphaltierte Fahrbahn. Während die Fahrbahn dem Verkehr gewidmet ist und von Fahrzeugen überfahren werden darf, dient die Rinne neben der Fahrbahn der Entwässerung der Straße, mithin einem völlig anderen Zweck. Fahrzeuge müssen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO die Fahrbahnen benutzen, d.h. im Umkehrschluss, dass Seitenstreifen grundsätzlich nicht benutzt werden dürfen (vgl. VG Neustadt/Weinstraße, Beschluss vom 11. Januar 2017 – 4 L 1167/16.NW –, Rn. 39, juris).
(2) Nach den unbestrittenen Feststellungen der Beklagten verblieb neben dem geparkten PKW des Klägers eine Restfahrbahnbreite von nur noch 2,65m, sodass ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO vorlag.
bb. Die Maßnahme durfte auch im Sinne des § 6 Abs. 1 POG unmittelbar ausgeführt werden, da Eilbedürftigkeit vorlag. Die Fahrbahn war durch das Fahrzeug des Klägers verengt, sodass größere Fahrzeuge – z.B. auch Feuerwehrfahrzeuge oder Rettungswagen – nicht ohne weiteres an diesem hätten vorbeifahren können (Breite mittleres Löschfahrzeug ca. 2,48m, s. https://www.feuerwehr-muenchweiler.com/freiwillige-feuerwehr/fahrzeuge/mittlere-l%C3%B6schfahrzeug-mlf/).
cc. Auch das ihr nach § 9 Abs. 1 POG zustehende Ermessen hat die Beklagte im Ergebnis fehlerfrei ausgeübt. Die Maßnahme war nach dem vorstehenden erforderlich, ein milderes Mittel war – nachdem der Kläger zunächst nicht erreichbar war – nicht ersichtlich. Die Beklagte hat ihr Ermessen auch nicht durch das Setzen einer unverhältnismäßigen Rechtsfolge überschritten, da das Abschleppen auch im Übrigen verhältnismäßig war.
(1) Nach der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (vgl. Urteil vom2. Februar 1999 – 7 A 12148/98.OVG -) gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwar, dass nicht in jedem Fall dann, wenn das Abschleppen aufgrund der gegebenen Situation an sich gerechtfertigt ist, diese Maßnahme auch sofort angeordnet wird. Wenn etwa bei einem vorschriftswidrig abgestellten Kraftfahrzeug anhand von Aufschriften, wie sie bei Liefer- oder Handwerkerfahrzeugen üblich sind, oder durch sonstige Hinweise, etwa durch einen angebrachten Zettel erkennbar ist, dass dieses Fahrzeug einem bestimmten Anwohner gehört, spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Halter bzw. Fahrer gefunden werden kann und er das Fahrzeug selbst entfernen wird. Daher wäre es in einem solchen Fall unverhältnismäßig, wenn das Fahrzeug umgehend abgeschleppt würde, ohne dass eine sich aufdrängende Nachforschung nach dem Fahrzeugführer angestellt bzw. eine gewisse Zeit auf die Rückkehr des Fahrzeugführers gewartet würde. Der Umfang, der aus Verhältnismäßigkeitsgründen zu fordernden Nachforschungs- und Wartepflicht ist aber vor dem Hintergrund der Bedeutung des Verkehrsverstoßes und der mit dem Abschleppen verbundenen Kostenfolge zu bestimmen. Im Übrigen ist es in erster Linie Aufgabe der Verkehrsüberwachungskräfte, den ruhenden Verkehr zu überwachen. Es kann nicht verlangt werden, dass sie umfangreiche, zeitraubende aber nicht Erfolg versprechende Suchmaßnahmen nach dem Fahrer unternehmen und die eigentlichen Aufgaben darüber zurückstellen. Darüber hinaus besteht insbesondere auch keine Pflicht zur Durchführung einer Halteranfrage (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Januar 2005 – 7 A 11726/04 –, Rn. 25 – 26, juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 22. Oktober 2019 – 5 K 341/19.NW –, n.v.).
(2) Aus den Feststellungen der Beklagten geht zwar nicht hervor, dass vor Beauftragung des Abschleppunternehmens seitens der Mitarbeiter der Beklagten Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt oder zugewartet wurde. Andererseits ist aber auch weder vorgetragen noch – auch anhand der in der Verwaltungsakte befindlichen Lichtbilder – ersichtlich, dass Anhaltspunkte für eine baldige Rückkehr des Klägers zu seinem Fahrzeug vorlagen (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149/01 –, juris, Rn. 6f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Dezember 2020 – 14 K 1640/20 –, juris, Rn. 17ff. m.w.N.) oder die Möglichkeit bestand, diesen anderweitig zu kontaktieren. Darüber hinaus wurde hier bereits mit dem Zettel auf die enge Fahrbahn und die bei Verstoß mögliche Durchführung einer Abschleppmaßnahme hingewiesen, sodass dem Kläger bewusst sein musste, dass er, wenn er an dieser Stelle parkt, Gefahr läuft abgeschleppt zu werden. Zumal das Abschleppunternehmen um 14:57 Uhr beauftragt wurde und erst um 15:54 Uhr eintraf und der Kläger erst kurz danach selbst zu seinem Fahrzeug zurückkam, sodass auch ein Zuwarten nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.
(3) Auch der Umstand, dass eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht unmittelbar bestand, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Zwar rechtfertigt auf der einen Seite ein bloßer Verstoß – etwa gegen das Verbot des Parkens an zu engen Straßenstellen – allein nicht ohne weiteres eine Abschleppmaßnahme und auch allein eine Berufung auf eine bloße Vorbildwirkung des fehlerhaften Verhaltens und auf den Gesichtspunkt der Generalprävention ist nicht ausreichend, auf der anderen Seite kann aber nicht zweifelhaft sein, dass regelmäßig ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer geboten erscheint. Letzteres kann – ohne Beschränkung auf diese Fallgruppen – etwa der Fall sein beim Verstellen des gesamten Bürgersteiges oder einem Hineinragen des Fahrzeuges in die Fahrbahn, bei Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder beim rechtswidrigen Parken auf einem Schwerbehinderten- Parkplatz, in Feuerwehranfahrzonen oder – selbstverständlich – auch bei einem Abschleppen zur Verhinderung von Straftaten. Für alle diese und weitere Abschlepp-Fälle gilt, dass die Nachteile, die mit einer Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg – hier vor allem: Fortfall der potenziellen Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer bei Befahren der durch das Fahrzeug des Klägers verengten Straße – stehen dürfen, was sich aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles beurteilt (BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149/01 –, juris, Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. April 2023 – 5 A 3180/21 –, juris, Rn. 23).
Es ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass in den Fällen, in denen ein Fahrzeug verbotswidrig an einer engen Stelle geparkt ist, ein Abschleppen regelmäßig zulässig ist, ohne dass es auf eine konkrete Beeinträchtigung anderer Verkehrsteilnehmer ankommt (VG Saarlouis, Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2014 – 6 K 1768/12 –, Rn. 31, juris; VG Halle, Urteil vom 30.08.2012 – 3 A 20/11 –; VG Berlin, Urteil vom 18.11.1997 – 11 A 1542.96 –). Dies gilt umso mehr, wenn der Parkverstoß – wie vorliegend- über einen längeren Zeitraum (hier: mindestens eine Stunde) andauert (VG Leipzig, Urteil vom 5. Oktober 2020 – 1 K 525/20 –, juris, Rn. 35).
(4) Dies zugrunde gelegt überwiegt hier das öffentliche Interesse an einer Freihaltung enger Straßen von parkenden Fahrzeugen, um ein problemloses Befahren dieser Straßen zu ermöglichen, und an der Beseitigung verkehrswidriger Zustände die individuellen Interessen des Klägers. Zwar ist das Abschleppen eines Kraftfahrzeuges für den Betroffenen durchaus lästig und es sind damit gewisse Unannehmlichkeiten verbunden (vgl. zum Abschleppen in einer Fußgängerzone: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 1999 – 7 A 12148/98.OVG –, ESOVG). Die geforderten Geldbeträge sind aber dem absoluten Betrag nach und auch im Vergleich der mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs regelmäßig anfallenden Kosten nicht sehr hoch (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 1999 – 7 A 12148/98.OVG –, ESOVG; VG Mainz, Urteil vom 20. Februar 2020 – 1 K 389/19.MZ –, juris, Rn. 34). Ferner ist in der Abwägung zu berücksichtigen, dass der Kläger mit dem verbotswidrigen Abstellen seines Fahrzeugs die Ursache für die ihn nachteilig treffenden Kosten selbst gesetzt hat (BVerwG, Urteil vom 9. April 2014 – 3 C 5/13 –, juris, Rn. 23; VG Mainz, Urteil vom 20. Februar 2020 – 1 K 389/19.MZ –, juris, Rn. 34). Nicht zuletzt sind auch generalpräventive Gründe – auch wenn sie allein regelmäßig die Abschleppmaßnahme nicht rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149/01 –, juris, Rn. 4) – hier angesichts der auf den Bildern ersichtlichen Vielzahl der in der engen Straße geparkten Fahrzeuge mit entsprechend zu kleiner Restfahrbahnbreite zu berücksichtigen.
b. Der Kläger ist als Halter und Eigentümer des parkenden Fahrzeugs Mercedes, Kennzeichen: AAA, Zustandsverantwortlicher im Sinne des § 5 POG und als solcher richtiger Kostenschuldner nach § 6 Abs. 2 POG. Andere Verantwortliche nach §§ 4, 5 POG sind nicht ersichtlich.
c. Die Kostenerstattung des Klägers ist jedoch der Höhe nach unverhältnismäßig.
Die Anforderungen an die in Rechnung gestellten Aufwendungen Dritter erschöpfen sich nicht lediglich in einer kassentechnischen Prüfung, dass Aufwendungen in dieser Höhe entstanden sind. Vielmehr gebietet das aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgeleitete Äquivalenzprinzip, dass auch bei Fremdleistungen kein Missverhältnis zwischen Leistung und Entgelt bestehen darf (BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1999 – 11 B 53/99 –, juris, Rn. 6).
(1) Ausgehend hiervon ist zunächst nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine Pauschalierung der bei Abschleppvorgängen anfallenden Kosten vornimmt, wie sich aus der Preisliste des Abschleppunternehmens ergibt (Bl. 33 VA). Nach den – zumindest entsprechend anzuwendenden – Grundsätzen der Abgabengerechtigkeit sind Durchbrechungen des Gleichheitsgrundsatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen – insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen – durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem erhebungstechnischen Vorteil der Typisierung steht und die Zahl etwaiger „Ausnahmen“ gering ist (BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2015 – 9 B 17/15 –, juris, Rn. 6 und Beschluss vom 19. September 2005 – 10 BN 2/05 –, juris, Rn. 8, jeweils m.w.N.; VG Koblenz, Urteil vom 18. Januar 2010 – 4 K 536/09.KO –, juris, Rn. 35).
(2) Allerdings darf die Beklagte nur diejenigen Kosten von dem Kläger ersetzt verlangen, die nach der Vereinbarung mit dem Abschleppunternehmer von diesem tatsächlich in Rechnung gestellt werden können. Wie bereits im Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2023 festgestellt, entsprachen die seitens des Unternehmers in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 250,00 EUR netto und 297,50 EUR brutto nicht dessen Preisliste. Allerdings entspricht auch die durch den Kreisrechtsausschuss insoweit vorgenommene Korrektur noch immer nicht den vereinbarten Preisen, da dieser davon ausging, dass an Sonntagen für eine – hier in Rechnung gestellte – Vollfahrt 205,00 EUR netto und damit folglich 243,95 EUR brutto anfielen. Ausweislich der in der Verwaltungsakte befindlichen Preisliste fallen aber für eine Vollfahrt an Sonntagen 172,27 netto und 205,00 EUR brutto an, sodass die dem Kläger auferlegten Kosten für den Abschleppvorgang – selbst wenn man die Auferlegung der Kosten für eine Vollfahrt für verhältnismäßig erachtete – bereits deswegen um 38,95 EUR auf 205,00 EUR zu reduzieren sind.
(3) Vorliegend verstößt es jedoch gegen das Äquivalenzprinzip, dem Kläger die Kosten in Höhe einer Vollfahrt in Rechnung zu stellen. Zwar können dem Verantwortlichen die Kosten der Abschleppmaßnahme auch im Falle einer sog. Leerfahrt oder abgebrochenen Abschleppvorgangs auferlegt werden (nachfolgend (a)), jedoch dann nicht, wenn im Falle einer Leerfahrt unmittelbar danach mit demselben Abschleppfahrzeug ein anderes Fahrzeug abgeschleppt wird und die Kosten hierfür dem anderen Verantwortlichen auferlegt werden (nachfolgend (b)). Dies gilt in der hier vorliegenden Konstellation eines abgebrochenen Abschleppvorgangs jedoch nur eingeschränkt (nachfolgend (c)).
(a) Obwohl der Kläger zu seinem Fahrzeug zurückkehrte, bevor der Abschleppvorgang beendet war und dieses daher unstreitig nicht abgeschleppt wurde, hindert dies grundsätzlich nicht die Heranziehung des Klägers zu den Kosten.
Die Kostenpflicht nach §§ 63, 83 LVwVG erfasst grundsätzlich auch Aufwendungen für abgebrochene Abschleppvorgänge. Denn gemäß § 8 Abs. 5 Nr. 2 der Kostenordnung zum Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz entsteht die Pflicht zur Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme sobald Schritte zur Vorbereitung der Ersatzvornahme unternommen werden. Demgemäß kommt es dem Grunde nach nicht darauf an, ob die Ersatzvornahme anschließend – also nach Auftragserteilung – tatsächlich durchgeführt wird oder ob es ihrer – wie dies bei abgebrochenen Abschleppvorgängen regelmäßig und auch vorliegend der Fall ist – nicht mehr bedarf, weil die Störung bereits anderweitig beseitigt worden ist. Die Einbeziehung von abgebrochenen Abschleppvorgängen in die Kostentragungspflicht entspricht im Übrigen – wenngleich auf unterschiedlichen landesrechtlichen Grundlagen – nicht nur der Rechtsprechung (vgl.: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Juli 2013 – 5 A 1687/12 –, juris, Rn. 3; Bay. VGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 – 10 ZB 10.3162 –, juris, Rn. 11; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juni 2002 – 1 S 1531/01 –, juris, Rn. 23; VG München, Urteil vom 13. März 2023 – M 23 K 21.5332 –, juris, Rn. 20; VG Koblenz, Urteil vom 18. Januar 2010 – 4 K 536/09.KO –, juris, Rn. 32 m.w.N.), sondern ist auch sachlich angemessen. Allerdings ist es grundsätzlich Aufgabe des Polizeipflichtigen, die von seinem Kraftfahrzeug ausgehende Gefährdung oder Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung selbst zu beseitigen; kommt er dieser Pflicht nach, so entfällt die Notwendigkeit der Verwaltungsvollstreckung oder der unmittelbaren Ausführung. Dem entsprechend hat der Pflichtige auch bis zur Durchführung der Maßnahme jederzeit die Möglichkeit, die ihm obliegenden Handlungen selbst vorzunehmen. Hiervon unberührt bleibt aber die Tatsache, dass die – rechtmäßige – Anordnung der Ersatzvornahme regelmäßig zu einem Zeitpunkt erfolgt, in welchem eine vom Pflichtigen zu verantwortende und von ihm selbst gerade (noch) nicht beseitigte Störung oder Gefahrenlage vorliegt. Das durch die Anforderung eines Abschleppwagens hervorgerufene, unvermeidliche Kostenrisiko ist mithin wesentlich durch den Pflichtigen verursacht, der deshalb als Veranlasser herangezogen werden darf. Angesichts dieser Umstände ist kein Grund dafür ersichtlich, den Veranlasser von entstandenen Kosten für abgebrochene Abschleppvorgänge grundsätzlich freizustellen und diese in Ermangelung eines anderweitigen Polizeipflichtigen der Allgemeinheit aufzuerlegen (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 28. März 2000 – 3 Bf 215/98 –, Rn. 33, juris). Gleiches gilt auch für Abschleppmaßnahmen im Wege der unmittelbaren Ausführung (vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 30. Juni 2017 – 5 K 902/16.NW –, juris, Rn. 30).
(b) Etwas anderes gilt jedoch – selbst in dem Fall, dass das Abschleppfahrzeug wie hier – konkret für das abzuschleppende Fahrzeug des Klägers gerufen wurde -, wenn das Abschleppfahrzeug ohne Einbußen für eine effektive Aufgabenerfüllung auf Kosten eines anderen Pflichtigen unmittelbar anderweitig eingesetzt werden kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Juli 2013 – 5 A 1687/12 –, juris, Rn. 5).
So liegt der Fall hier, da nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten sowie ausweislich der vorgelegten Rechnung vom 20. Oktober 2021 (Bl. 70 GA) unmittelbar im Anschluss an den abgebrochenen Abschleppvorgang des Klägers das hinter ihm parkende Fahrzeug, Mini, Kennzeichen BBB mit demselben Abschleppfahrzeug abgeschleppt und dem für den Mini Verantwortlichen hierfür die Kosten einer Vollfahrt in Rechnung gestellt wurden.
In einem solchen Fall erweist sich die zusätzliche Berechnung von Kosten für eine Leerfahrt nämlich nachträglich im Einzelfall als nicht mehr erforderlich, weil die Anfahrt des Abschleppfahrzeugs dem Verantwortlichen für das benachbart geparkte, unmittelbar anschließend tatsächlich abgeschleppte Fahrzeug zu Gute kommen und diesem gegenüber in Rechnung gestellt werden kann. Werden in einer solchen Konstellation die Kosten für die Anfahrt über eine Pauschale für eine Leerfahrt – oder wie hier gar für eine Vollfahrt – ein weiteres Mal in Ansatz gebracht, widerspricht dies dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Juli 2013 – 5 A 1687/12 –, juris, Rn. 7). Im Rahmen grundsätzlich zulässiger Abschleppmaßnahmen ergibt sich demgemäß, dass Kostenpflichten – auch hinsichtlich solcher Kosten, die bereits angefallen sind – abgewendet werden müssen, wenn dies offensichtlich ohne nennenswerte Beeinträchtigung praktikabler Verwaltungsabläufe möglich ist. So darf etwa für ein abzuschleppendes Fahrzeug kein Abschleppfahrzeug beauftragt werden, wenn an Ort und Stelle bereits ein Schleppwagen vorhanden ist, der zwar für ein anderes Fahrzeug bestellt worden ist, hierfür aber nicht mehr benötigt wird. Dieser kann den Abschleppvorgang zudem schneller durchführen als ein Abschleppfahrzeug, das erst zum Einsatzort gerufen werden muss (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Juli 2013 – 5 A 1687/12 –, juris, Rn. 11; vgl. auch: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juni 2002 – 1 S 1531/01 –, juris, Rn. 24; Hamburgisches OVG, Urteil vom 28. März 2000 – 3 Bf 215/98 –, juris, Rn. 43ff.).
Vor diesem Hintergrund dürfte auch eine – seitens des Beklagten behauptete – Vereinbarung der Beklagten mit dem Abschleppunternehmen, wonach die Kosten einer Vollfahrt auch bei einem Abbruch des Abschleppvorgangs anfallen, jedenfalls für den Fall, dass unmittelbar danach ein weiteres Fahrzeug abgeschleppt und diesem die Kosten einer Vollfahrt in Rechnung gestellt werden, unverhältnismäßig sein.
(c) Wurden indes im Falle eines abgebrochenen Abschleppvorgangs bereits spezifische auf die Entfernung des Fahrzeugs des Klägers gerichtete Leistungen erbracht, die nicht dem für das ersatzweise abgeschleppte Fahrzeug Verantwortlichen in Rechnung gestellt werden können, ist die Geltendmachung von Kosten auch unter Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips gerechtfertigt (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 28. März 2000 – 3 Bf 215/98 –, juris, Rn. 44 ff.; VG Köln, Urteil vom 5. Juni 2014 – 20 K 3268/13 –, juris, Rn. 22; VG Koblenz, Urteil vom 10. November 2008 – 3 K 416/08 –, juris, Rn. 33).
Solche abrechenbaren Leistungen entstehen nicht erst, wenn eine technische Verbindung zwischen dem abzuschleppenden Fahrzeug und dem Abschleppwagen besteht (so aber: OVG Hamburg, Urteil vom 28. März 2000 – 3 Bf 215/98 –, juris, Rn. 46), vielmehr kommt es nach Auffassung der erkennenden Einzelrichterin darauf an, ob bereits so erhebliche Aufwendungen seitens des Abschleppunternehmers getätigt wurden, die eine Abrechnung dieser Leistungen rechtfertigen. Hierzu zählen bereits Vorbereitungsmaßnahmen wie das Überprüfen der Lenkung, ob ein Gang eingelegt und die Handbremse angezogen ist sowie die Prüfung des Fahrzeugs auf Beschädigungen und die Positionierung des Abschleppwagens zur Aufladung des abzuschleppenden Fahrzeugs (vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. November 2008 – 3 K 416/08 –, juris, Rn. 33).
Solche vorbereitenden Maßnahmen hat der Abschleppunternehmer hier nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten getroffen, indem er das Abschleppfahrzeug in Position brachte und das Fahrzeug des Klägers in Augenschein nahm. Darüber hinaus hat dieser nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auch die Gabel des Abschleppfahrzeugs bereits unter das Fahrzeug des Klägers geschoben, wenngleich eine feste Verankerung mit dem Fahrzeug des Klägers – nunmehr unstreitig – noch nicht erfolgt war. Diese Aufwendungen sind spezifisch für das Fahrzeug des Klägers entstanden und konnten dem Verantwortlichen des tatsächlich abgeschleppten Fahrzeugs nicht in Rechnung gestellt werden.
Tatsächlich entspricht dies weitestgehend auch den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Abschleppunternehmens (AGB), die in Ziffer II. 4. regeln, dass in dem Fall, dass der Auftrag nicht abgeschlossen werden kann, weil das abzuschleppende Fahrzeug bereits auf andere Weise entfernt wurde, der Unternehmer Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten enthalten die AGB aber keine Regelung, wonach in diesem Fall oder im Falle eines abgebrochenen Abschleppvorgangs die Kosten einer Vollfahrt stets in Rechnung gestellt werden. Dies erfolgt ausweislich Ziffer II.4 nur, wenn der Auftrag infolge des Verschuldens des Auftraggebers nicht abgeschlossen werden kann.
Da eine Pauschale für die hier vorliegende Konstellation nicht vereinbart ist und die Beteiligten zur Höhe der spezifisch auf das Fahrzeug des Klägers erbrachten Leistungen nichts vorgetragen haben und sich auch aus den AGB hierzu nichts herleiten lässt schätzt das Gericht diese im Interesse der Beteiligten analog § 287 ZPO unter Zugrundelegung der für eine Vollfahrt an Sonntagen vereinbarten Pauschale in Höhe von 205,00 EUR (brutto) und der für eine Leerfahrt von 143,44 EUR auf 61,56 EUR. Ein weiterer Abschlag aufgrund der Tatsache, dass eine feste technische Verbindung zwischen dem Fahrzeug des Klägers und dem Abschleppwagen noch nicht bestand war angesichts des Umstandes, dass der hierfür notwendige Technikeinsatz mit dem Herunterlassen der Hubbrille und dem Schieben dieser unter das Fahrzeug des Klägers bereits überwiegend erfolgt war, nicht angezeigt.
(d) Zuletzt durfte der Beklagte, da die Beauftragung des Abschleppunternehmens rechtmäßig erfolgte (s.o.), hierfür auch gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 LGebG i.V.m. Ziff. 14.1 Landesverordnung über die Gebühren der allgemeinen und inneren Verwaltung einschließlich der Polizeiverwaltung (Besonderes Gebührenverzeichnis) eine Gebühr verlangen. Ziffer 14.1 legt einen Gebührenrahmen von 38,50 bis 7.800,00 EUR fest. Vor diesem Hintergrund scheint die Gebühr i.H.v. 52 EUR nicht überhöht. Allerdings sieht die Verordnung keinen eigenen Posten „Gebühr Kostenbescheid“ vor, die hier mit 18,00 EUR veranschlagt wurde. Der Erlass des Kostenbescheids ist logische Konsequenz der unmittelbaren Ausführung und in deren Verwaltungsgebühr einzupreisen (vgl. zur Ersatzvornahme: VG Koblenz, Urteil vom 18. Januar 2010 – 4 K 536/09.KO –, juris, Rn. 38; VG Neustadt/Weinstr., Urteil vom 20. September 2021 – 5 K 857/20.NW -, n.v.), sodass die Verwaltungsgebühr um 18,00 EUR zu kürzen ist.
IV. Lediglich ergänzend weist die erkennende Einzelrichterin darauf hin, dass die hier erfolgte Praxis, die Rückgabe des im Abschleppen begriffenen Fahrzeugs von der Zahlung der Abschleppkosten an den Abschleppunternehmer abhängig zu machen, rechtswidrig sein dürfte. Ein Zurückbehaltungsrecht wie dies gesetzlich für den Fall der Sicherstellung nach § 25 Abs. 3 Satz 3 POG ausdrücklich geregelt ist, findet für den Fall der unmittelbaren Ausführung nach § 6 Abs. 2 POG in den landesrechtlichen Regelungen weder im POG noch im LVwVG eine Stütze. Soweit sich der Beklagte hierzu auf die Regelung des § 63 Abs. 2 LVwVG beruft, wonach die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme vor deren Durchführung von dem Vollstreckungsschuldner verlangt werden können, begründet diese Regelung kein Zurückbehaltungsrecht an Gegenständen des Vollstreckungsschuldners. Zumal sie eine völlig andere Konstellation regelt, nämlich die, dass Kosten vor der Vollstreckungsmaßnahme erhoben werden, nicht – wie im Falle des Abschleppens – danach, zumal hier nicht einmal eine Ersatzvornahme vorlag, sondern eine unmittelbare Ausführung. Auch eine analoge Anwendung der Regelung des § 273 Abs. 2 BGB, wonach wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist ein Zurückbehaltungsrecht an diesem hat, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, scheidet mangels vergleichbarer Interessenlage aus. Insofern sind hier die Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens zu beachten, die bei analoger Anwendung dieser Vorschrift dazu führten, dass die nach § 80 Abs. 1 VwGO bestehende aufschiebende Wirkung eines gegen den Kostenbescheid der Beklagten als Rechtsbehelf statthaften Widerspruchs umgangen würde, da der Kläger faktisch zur Begleichung der Kosten gezwungen würde. Die gleiche Erwägung spricht indes auch gegen eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 2 LVwVG. Es dürfte in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Verantwortliche noch während des Abschleppvorgangs sein Fahrzeug am Ort des Geschehens zurückverlangt und es ohne weiteres möglich ist – und so auch hier geschehen -, seine persönlichen Daten zu erfassen, auch kein berechtigtes Interesse des Beklagten an einer sofortigen Eintreibung der Kosten bei dem Kläger bestehen. Vielmehr grenzt ein Versagen des berechtigten Wunsches nach Herausgabe unter diesen Umständen an strafrechtlich relevantes Verhalten (vgl. VG Gießen, Urteil vom 12. Mai 2003 – 10 E 4973/02 –, juris, Rn. 30).
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO und waren angesichts des überwiegenden Obsiegens des Klägers zu 2/3 der Beklagten und zu 1/3 dem Kläger aufzuerlegen.
C. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 313,95 EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG).