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Trunkenheit im Verkehr – Absehen von Fahrerlaubnisentziehung bei Verkehrstherapie

AG Tiergarten – Az.: (342 Ds) 3012 Js 2149/17 (15/17) – Urteil 16.10.2017

Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von90 Tagessätzen zu je 40,00 Euro verurteilt.

Dem Angeklagten wird für die Dauer von 3 Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot gilt für die Zeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis als verbüßt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

§§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 1, 44 StGB

Gründe

I.

Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 49 Jahre alte Angeklagte ist deutscher Staatsbürger, verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder, mit denen er zusammen in einem Haushalt lebt. Er arbeitet als selbständiger Projektentwickler und erzielt damit zur Zeit ein Nettoeinkommen von monatlich ca. 1.500 Euro.

Er ist bislang einmal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Am 21.03.2014 verurteilte ihn das Amtsgericht Tiergarten – 301 Cs 70/14 – wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 70,- Euro, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperre zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis bis zum 20.11.2014 an.

Für das hiesige Verfahren wurde ihm mit Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 28.02.2017 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen vorläufig entzogen und die Beschlagnahme des Führerscheins vom Tattag (16.02.2017) bestätigt.

II.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf die Anklageschrift der Amtsanwaltschaft Berlin vom 10.04.2017 verwiesen.

Der Angeklagte hat sich damit wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 1 StGB strafbar gemacht. Die Tenorierung ist insoweit nach § 11 Abs. 2 StGB unzutreffend, weil sich der Fahrlässigkeitsvorwurf nur auf die konkrete Gefährdung, nicht jedoch auf das Führen des Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss bezieht, das hier vorsätzlich erfolgte.

III.

Trunkenheit im Verkehr - Absehen von Fahrerlaubnisentziehung bei Verkehrstherapie
(Symbolfoto: easyclickshop/Shutterstock.com)

Für den Angeklagten sprachen hier vor allem sein vollumfängliches Geständnis und die dabei in der Hauptverhandlung gezeigte Reue. Auch wurde zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass die Gefährdung im Sinne des § 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB lediglich fahrlässig erfolgte und er nach der Tat eine mehrmonatige Verkehrstherapie absolvierte. Zu seinen Lasten hatte sich neben der ganz erheblichen Alkoholisierung vor allem seine einschlägige vorherige Verurteilung auszuwirken, die zudem noch nicht allzu lange Zeit zurücklag. Nach Abwägung aller Umstände erschien sodann eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen als tat- und schuldangemessen. Die Tagessatzhöhe entspricht den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten.

Zum Zeitpunkt der Tat war der Angeklagte ohne Zweifel gemäß § 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. Er hat jedoch die Zeit bis zu hiesiger Hauptverhandlung genutzt, sich diese Eignung wieder zu verschaffen. Er hat an einer viereinhalbmonatigen Verkehrstherapie teilgenommen, in deren Rahmen er 34,66 Einzeltherapiestunden und 53,66 Gruppentherapiestunden in Kleingruppen absolviert hat. Weitere zwölf Gruppentherapiestunden hat er bereits im Voraus bezahlt; die bisherigen Gesamtkosten belaufen sich auf 4.324,00 Euro. Die Therapie scheint beim Angeklagten auch tatsächlich zu einem völligen Umdenken hinsichtlich der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss geführt zu haben. Zunächst sprechen der ganz erhebliche zeitliche und finanzielle Aufwand der Therapie für den ernsthaften Willen des Angeklagten, eine wirklich nachhaltige Verhaltensänderung herbeizuführen. Hinzu kommt, dass er durch Abgeben einer Haarprobe und die regelmäßige Teilnahme an einem ETG-Urin-Screening-Programm seine Alkoholabstinenz für die Zeit von ungefähr Anfang April bis Mitte Oktober 2017 nachgewiesen hat. Insbesondere aber hat er sich in der Hauptverhandlung in Bezug auf die psychischen Ursachen und möglichen Folgen seines Fehlverhaltens in hohem Maße reflektiert und einsichtig gezeigt, so dass auch von einem tatsächlichen Erfolg seiner Therapiebemühungen auszugehen war. Danach vermochte das Gericht zum Urteilszeitpunkt keine charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten, der acht Monate auf seinen Führerschein verzichten musste, zum Führen von Kraftfahrzeugen mehr festzustellen Zur nachträglichen Ahndung erschien vielmehr die Verhängung eines dreimonatigen Fahrverbotes gemäß § 44 StGB als ausreichend. Dieses war zum Urteilszeitpunkt bereits gemäß § 51 Abs. 1, Abs. 5 StGB vollstreckt so dass dem Angeklagten der Führerschein wieder ausgehändigt werden konnte. Auf eine Entschädigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 StrEG hat er in der Hauptverhandlung verzichtet.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.

 

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