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Fahrtenbuchauflage – Geschäftsbetrieb

VG Oldenburg – Az.: 7 A 1941/19 – Urteil vom 21.02.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die klagende GmbH hält als größerer Geschäftsbetrieb etliche Fahrzeuge.

Mit dem von der Klägerin gehaltenen Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen C. wurde am 24. Januar 2019 ein Verkehrsverstoß begangen, der bei erfolgreicher Ahndung u.a. zur Eintragung von einem Punkt in das Fahreignungsregister geführt hätte. Der Fahrer wurde nicht ermittelt.

Darauf ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin das Führen eines Fahrtenbuchs für die Dauer von sechs Monaten ab Bestandskraft an (Bescheid vom 27. Mai 2019, zugestellt am 31. Mai 2019).

Die Klägerin hat am Montag, den 1. Juli 2019, Klage erhoben und beruft sich unter anderem darauf, es gäbe keine gesetzliche Dokumentationspflicht hinsichtlich der Nutzung ihrer Fahrzeuge.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2019 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Gründe seines angegriffenen Bescheides wiederholend, vertiefend und ergänzend, die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges verwiesen; er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die das Gericht nach Übertragungsbeschluss der Kammer vom 17. Juli 2019 durch den Einzelrichter entscheidet, bleibt aus den Gründen des Gerichtsbescheides des erkennenden Gerichtes vom 16. August 2019 ohne Erfolg.

Die angegriffene Verfügung des Beklagten hat Bestand, weil er zu Recht die Fahrtenbuchanordnung verfügt hat. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, die dagegen erhobene Klage unbegründet § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Diese Verfügung begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken, zumal der Beklagte die Klägerin vor dem Erlass des Bescheides angehört hat.

In materieller Hinsicht begegnet der angegriffene Bescheid ebenfalls keinen zu Gunsten der Klägerin durchgreifenden Bedenken.

Nach § 31a StVZO kann die Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. jeweils mit weiteren Nachweisen u.a. z.B. Kammerbeschlüsse vom 23. Dezember 2008 – 7 B 3216/08 -, vom 9. März 2009 – 7 B 682/09 – und vom 26. November 2009 – 7 B 3014/09 -).

Die Voraussetzungen des § 31a StVZO für die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches sind erfüllt. Auch hat der Beklagte das Ermessen hinsichtlich der angeordneten Dauer von sechs Monaten angesichts der Schwere des Delikts, das zur Eintragung von einem Punkt geführt hätte, zutreffend ausgeübt.

Zur Begründung wird insgesamt auf die Gründe des angegriffenen Bescheides des Beklagten verwiesen und zusätzlich diejenigen der inhaltlich richtigen, ausführlichen und detaillierten, insgesamt zutreffenden Klageerwiderung des Beklagten vom 16. Juli 2019, denen das Gericht folgt (Feststellung entsprechend § 117 Absatz 5 VwGO). Ihnen gegenüber greift das Vorbringen der Klägerin insgesamt nicht durch, auch nicht ihr Vorbringen aus den später noch eingegangenen Schriftsätzen, insbesondere soweit sie offenbar zu meinen scheint, es käme auf die Mitteilung des tatsächlichen Fahrers im Laufe der Verfolgungsverjährung an den jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten und nicht, wie es aber richtig wäre, an die Verfolgungsbehörde an.

Zu Lasten der Klägerin geht insbesondere, dass sie als Zeugin im Bußgeldverfahren angehört wurde und gleichwohl ihren dortigen Mitwirkungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist. Es hätte hier bei der Klägerin als Zeugin gelegen, innerhalb des Laufs der Verfolgungsverjährung den Fahrzeugführer zu benennen und dadurch an der Aufklärung mitzuwirken. Dies hat sie unterlassen, was nun auf sie zurückfällt. Der Behörde waren nach Anhörung der Klägerin weitere Ermittlungsschritte nicht zumutbar.

Ergänzend nimmt das Gericht dazu Bezug auf seine ausführliche Hinweis- und Aufklärungsverfügung vom 17. Juli 2019.

Zur Begründung bezieht sich das Gericht ferner auf seinen angeführten Gerichtsbescheid, gegen den die Klägerin mündliche Verhandlung beantragt hat. Gemäß § 84 Abs. 4 VwGO kann das Gericht in einem solchen Fall in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Hier liegt ein solcher Fall vor und hat das Gericht auf den Antrag auf mündliche Verhandlung der Klägerin mündlich verhandelt, wobei die Durchführung der mündlichen Verhandlung nichts Neues ergeben hat. Danach und auch unter Berücksichtigung des weiteren schriftsätzlichen Vorbringens verbleibt es bei den Gründen des angeführten Gerichtsbescheides. Zusätzlich führt das Gericht zum weiteren Vorbringen im gerichtlichen Verfahren noch folgende Entscheidungsgründe an.

Der angegriffene Bescheid stellt zutreffend nicht nur allein auf das Fehlen der erforderlichen Mitwirkung der (Geschäftsführung der) Klägerin ab, sondern auch auf die Erfolglosigkeit bzw. Unzumutbarkeit weiterer Ermittlungen. Dies wird zutreffend ergänzt durch die Klageerwiderung des Beklagten vom 16. Juli 2019, die im Einzelnen auch auf die maßgeblichen Umstände dessen Rücksicht nimmt und zudem zu Recht betont, dass es sich hier um ein Geschäftsfahrzeug handelt. Insbesondere zutreffend hält der Beklagte fest, dass es nicht auf die Frage ankommt, ob anhand des Fotos eine Identifizierungsmöglichkeit gegeben gewesen sei, worauf aber die Klageschrift (nebst weiterem schriftsätzlichen Vorbringen) irrigerweise offenbar abzustellen versucht.

Maßgeblich ist hier die einschlägige Rechtsprechung zur Anordnung eines Fahrtenbuchs bei ausbleibender Mitwirkung der Geschäftsführung eines Betriebes, vgl. nur z.B. die vom Beklagten zutreffend herangezogenen Entscheidungen, aber insbesondere auch den

Beschluss des Gerichtes vom 14. März 2017 – 7 B 1386/17 – zu § 31a StVZO, dokumentiert in juris

(„Bestätigung und Fortführung der Rechtsprechung Fahrtenbuchauflage gegen-über Geschäftsbetrieb“),

der im Einzelnen nochmals die vorangegangene und hier maßgebliche Rechtsprechung auffächert, bestätigt und fortführt.

Danach kommt es auch auf die Einhaltung der sogenannten Zwei-Wochen-Frist hier nicht an, weil ein Geschäftsbetrieb unabhängig vom Erinnerungsvermögen einzelner Personen die verantwortliche Person feststellen können muss. Das Fehlen einer entsprechenden Dokumentation fällt auf ihn selber zurück.

Hervorzuheben ist insoweit schon der damalige Kammerbeschluss vom 30. März 2009 – 7 B 1004/09 –, juris, mit folgendem Orientierungssatz:

„Unterlässt ein Unternehmen die Nutzung eines Fahrzeugs … zu dokumentieren, geht es das Risiko ein, dass das Führen eines Fahrtenbuchs angeordnet wird, ohne dass es sich erfolgreich auf eine Verletzung der Zweiwochenfrist … berufen könnte.“

Außerdem hat sich die Klägerin nicht schon im Bußgeldverfahren auf die (i.Ü. nur angebliche) Überschreitung dieser „Frist“ berufen, wie es sodann aber erforderlich gewesen wäre (std. Rspr., so z.B. Beschl. v. 7. April 2015 – 7 B 1343/15 – Vnb.). Dasselbe gilt für eine schlechte Bildqualität (ebd.). Auch greift ihr Einwand nicht durch, das Anhörungsschreiben sei ihr nicht „sicher“ zugegangen (Schriftsatz vom 13. Februar 2020)

Die Klägerin kann auch nicht mit dem unerheblichen Einwand gehört werden, die Daten des Fahrers innerhalb der Verfolgungsverjährung an ihren Prozessvertreter übermittelt gehabt zu haben, zumal dort zunächst (vgl. Bl. 44 GA) nur ein Name, nicht aber die ladungsfähige Anschrift genannt ist („… wird ihnen morgen … durchgeben.“), ohne dass es auf die Verschuldensfrage laut Schriftsatz des Klägers vom 19. September 2019 oder vom 13. und15. Februar 2020 überhaupt ankäme. Auch wenn sodann mit letztgenanntem Schriftsatz noch ein offenbar anwaltlicher Gesprächsvermerk vorgelegt wird, der die volle Anschrift dokumentieren soll (Blatt 84 Gerichtsakte), so haben die dort enthaltenen Angaben aber die zuständige Ermittlungsbehörde nicht erreicht.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 7. Oktober 2019 – 7 B 2739/19 -Vnb. – insoweit bestätigend erneut Folgendes festgehalten:

„Für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage kommt es darauf an, ob der Fahrzeugführer bis zum Eintritt der dreimonatigen Verfolgungsverjährung (§§ 26 Abs. 3, 24 StVG) festgestellt werden konnte. Eine Fahrerbenennung danach hilft dem Halter nicht (Nds. OVG Lüneburg, Beschl. v. 31. Oktober 2006 – 12 LA 463/05 – juris, Rn. 6; VGH München, Urt. v. 6. Oktober 1997 – 11 B 96.4036 – juris).“

So liegt der Fall. Dies gilt erst Recht, soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht nachfolgend die dagegen gerichtete Beschwerde zwar verworfen, aber in seinen Gründen zur zuvor zitierten Textpassage des erstinstanzlichen Beschlusses der Kammer ausdrücklich noch das Folgende ausgeführt hat (12. Senat, Beschluss vom 12. November 2019 – 12 ME 186/19 – Vnb.):

„Die Antragstellerin geht nicht hinreichend argumentativ auf die oben unter I. verkürzt zitierte Passage aus der Begründung des Beschlusses der Vorinstanz ein.

Soweit sie geltend macht, sie habe sich umgehend um die Ermittlung der ladungsfähigen Anschrift des Fahrzeugführers bemüht und diese unmittelbar nach deren Erhalt weitergeleitet, ist dies zudem unerheblich. Denn die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuchs setzt nicht voraus, dass die Nichtfeststellbarkeit des verantwortlichen Fahrzeugführers auf einer – aus welchem Grund auch immer – unzureichenden Mitwirkung der Fahrzeughalterin an den Ermittlungen der Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren beruht (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 14.1.2019 – 12 ME 170/18 -, NJW 2019, 1013 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 16, m. w. N.). Es kommt vielmehr für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO allein darauf an, dass der verantwortliche Fahrer mit zumutbarem Aufwand der Verfolgungsbehörde nicht festzustellen war. Ohne Belang ist also insbesondere, ob die Fahrzeughalterin ein Verschulden an der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers trifft. Das entspricht dem gefahrenabwehrrechtlichen Charakter der Regelung über die Fahrtenbuchanordnung mit dem Ziel, die Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs bei gegebenem Anlass dadurch zu gewährleisten, dass in Zukunft der Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit über das Fahrtenbuch alsbald ermittelt werden kann (BVerfG, Beschl. v. 7.12.1981 – 2 BvR 1172/81 -, NJW 1982, 568; BVerwG, Beschl. v. 23.6.1989 – BVerwG 7 B 90.89 -, NJW 1989, 2704, hier zitiert nach juris, Rn. 8; Nds. OVG, Beschl. v. 2.11.2006 – 12 LA 176/06 -, zfs 2007, 119; v. 12.12.2007 – 12 LA 267/07 -, zfs 2008, 356 und v. 1.3.2016 – 12 LA 105/15 -).“

Mithin geht das Vorbringen der Klägerin insgesamt ins Leere und ist sie rechtlich gehalten, das Fahrtenbuch wie vom Beklagten angeordnet zu führen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 167 Abs. 2 VwGO.

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