Weil ein Handwerksbetrieb den Fahrer einer 25 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung nicht benannte, erging die Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark von 34 Firmenwagen. Vor Gericht musste geklärt werden, ob die mangelnde interne Fahrerfeststellung die weitreichende Anordnung über alle Fahrzeuge rechtfertigen konnte.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was passiert, wenn ich den Fahrer meines Firmenwagens nach einem Verstoß nicht nennen kann?
- Kann die Fahrtenbuchauflage von der Behörde auf meinen gesamten Fuhrpark ausgeweitet werden?
- Wie kann ich meine Fahrzeugnutzung intern belegen, um die Fahrtenbuchauflage abzuwenden?
- Was tun, wenn das Landratsamt die Anordnung als unverhältnismäßig begründet?
- Muss die Behörde jeden Mitarbeiter befragen oder reichen die Ermittlungen vor Ort aus?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 11 CS 24.2017 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
- Datum: 05.05.2025
- Aktenzeichen: 11 CS 24.2017
- Verfahren: Beschwerde im Eilverfahren
- Rechtsbereiche: Straßenverkehrsrecht, Verwaltungsrecht, Ordnungswidrigkeiten
- Das Problem: Ein Handwerksunternehmen fuhr mit einem Firmenwagen zu schnell. Der verantwortliche Fahrer konnte trotz Ermittlungen nicht festgestellt werden. Daraufhin ordnete die Behörde ein Fahrtenbuch für den gesamten Fuhrpark an. Das Unternehmen klagte gegen diese sofortige Anordnung.
- Die Rechtsfrage: Darf die Behörde ein Fahrtenbuch für alle Firmenfahrzeuge vorschreiben? Gilt das auch, wenn nur ein Fahrer einen Verstoß begangen hat und nicht identifiziert werden konnte?
- Die Antwort: Ja, die sofortige Anordnung ist rechtmäßig. Die Geschwindigkeitsüberschreitung war erheblich und die Ermittlungen der Behörde waren ausreichend. Die Ausweitung auf den gesamten Fuhrpark ist wegen Organisationsmängeln und früheren Verstößen verhältnismäßig.
- Die Bedeutung: Fahrzeughalter müssen die Fahrzeugnutzung lückenlos dokumentieren. Wer dies nicht tut, riskiert eine Fahrtenbuchauflage. Diese Maßnahme kann sich rechtmäßig auf den gesamten Firmenfuhrpark erstrecken.
Der Fall vor Gericht
Warum wurde ein Fahrtenbuch für den gesamten Fuhrpark angeordnet?
Eine einzige Geschwindigkeitsmessung. 25 km/h zu schnell auf einer Bundesstraße. Für den Fahrer wäre es ein Bußgeld und ein Punkt in Flensburg gewesen – ärgerlich, aber überschaubar. Für das Handwerksunternehmen, dem der Wagen gehörte, wurde dieses Blitzerfoto zur Zündschnur einer administrativen Explosion. Am Ende stand eine Anordnung, die nicht nur dieses eine Fahrzeug betraf, sondern den gesamten Fuhrpark mit 34 Wagen.

Das Landratsamt begründete diesen drastischen Schritt mit dem Gesetz. Nach § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) kann eine Behörde eine Fahrtenbuchauflage verhängen, wenn nach einem Verkehrsverstoß der verantwortliche Fahrer nicht ermittelt werden kann. Die Logik dahinter ist präventiv: Der Halter soll gezwungen werden, seine Fahrzeugnutzung so zu organisieren, dass zukünftige Verstöße lückenlos aufgeklärt werden können.
Im konkreten Fall sah die Behörde ein systemisches Problem. Die Firma konnte oder wollte den Fahrer nicht benennen. Anhörungsbögen blieben unbeantwortet. Ein Polizeibesuch vor Ort brachte keine Klarheit. Der angetroffene Mann, der sich als Geschäftsführer ausgab, erklärte, es gäbe keine Aufzeichnungen über die Fahrzeugnutzung. Dieses Verhalten, gepaart mit früheren, unaufgeklärten Verstößen und bereits verhängten Fahrtenbuchauflagen, schuf eine Negative Prognose. Die Behörde schloss daraus: Die unklare Fahrzeugvergabe ist im Betrieb Methode. Jeder der 34 Wagen könnte morgen für einen Verstoß genutzt werden, dessen Fahrer dann wieder im Dunkeln bliebe. Die Gefahr wiederholte sich für den gesamten Fuhrpark. Die Anordnung für alle Fahrzeuge war aus Sicht des Amtes die einzig logische Konsequenz.
Waren die Ermittlungen der Behörde wirklich ausreichend?
Die Firma argumentierte, die Behörden hätten sich nicht genug bemüht. Ein paar Briefe und ein kurzes Gespräch reichten nicht aus, um die Fahrersuche als gescheitert zu erklären. Das Gericht sah das anders. Es zeichnete die Kette der Ermittlungsversuche nach und kam zu einem klaren Ergebnis.
Die Behörde hatte mehr getan als nur einen Anhörungsbogen zu verschicken. Nach ausbleibender Reaktion ging ein Erinnerungsschreiben raus. Die Polizei verglich das unscharfe Blitzerfoto mit öffentlich zugänglichen Bildern des Geschäftsführers – ohne Erfolg. Der entscheidende Schritt war der Besuch eines Polizisten direkt im Unternehmen. Diese persönliche Nachfrage ist ein überdurchschnittlicher Ermittlungsaufwand.
Als der Beamte vor Ort die Auskunft erhielt, dass es keine Dokumentation über die Fahrzeugnutzung gebe, durfte die Behörde ihre Ermittlungen einstellen. Ab diesem Punkt war es unzumutbar, aufwendig jeden einzelnen potenziellen Mitarbeiter zu befragen. Der Ball lag beim Fahrzeughalter. Seine Aufgabe wäre es gewesen, an der Aufklärung mitzuwirken. Das Gegenteil war der Fall. Die mangelnde Kooperation zementierte die Unmöglichkeit, den Fahrer zu finden. Die Ermittlungen waren damit nicht nur ausreichend – sie waren an der organisierten Intransparenz des Unternehmens gescheitert.
Wie bewertete das Gericht die Gegenargumente der Firma?
Das Unternehmen feuerte aus allen Rohren. Es rügte eine angebliche Personenverwechslung beim Polizeibesuch, eine fehlende Rechtsbelehrung, die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme und Verfahrensfehler. Das Gericht nahm jeden einzelnen Punkt auseinander – und ließ keinen davon stehen.
Die angebliche Verwechslung – es sei der Bruder des Geschäftsführers gewesen – hielt das Gericht für nicht überzeugend dargelegt. Die Aktennotizen des Beamten sprachen eine andere Sprache. Entscheidender war aber ein anderer Punkt: Das Argument der fehlenden Belehrung, wie man sie aus dem Strafrecht kennt, lief ins Leere. Eine Fahrtenbuchauflage ist keine Strafe, sondern eine Verwaltungsrechtliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr. Strafprozessuale Regeln wie eine Zeugen- oder Beschuldigtenbelehrung sind hier schlicht nicht anwendbar. Die Aussage war verwertbar.
Auch das Argument der Unverhältnismäßigkeit überzeugte nicht. Ein Verkehrsverstoß, der einen Punkt im Fahreignungsregister nach sich zieht, besitzt genug Gewicht, um eine solche Auflage zu rechtfertigen. Die enorme Belastung für den Betrieb durch ein Fahrtenbuch für 34 Fahrzeuge hat die Firma selbst zu verantworten.
Die Richter stellten klar: Die organisatorischen Mängel, die eine Fahrerfeststellung unmöglich machen, sind der Grund für die Ausweitung der Maßnahme. Hätte das Unternehmen eine klare Zuteilung seiner Fahrzeuge sichergestellt, wäre es nie dazu gekommen. Frühere, bereits getilgte Fahrtenbuchauflagen durften ebenfalls herangezogen werden. Sie dienten nicht der Bestrafung, sondern als Beleg für die negative Zukunftsprognose des Halterverhaltens. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Beschwerde des Unternehmens zurück.
Die Urteilslogik
Eine systematisch mangelhafte Organisation im Betrieb kann eine einzelne Geschwindigkeitsüberschreitung in eine verpflichtende Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark eskalieren lassen.
- [Systemischer Mangel erweitert die Auflage]: Stellt die Behörde fest, dass die Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung auf systemische Organisationsmängel zurückzuführen ist, darf sie die Fahrtenbuchauflage auf den gesamten Fuhrpark ausweiten, da die Wiederholungsgefahr jedes Fahrzeug betrifft.
- [Grenzen der behördlichen Ermittlungspflicht]: Die Behörde darf ihre Ermittlungen als gescheitert erklären, sobald sie durch gezielte Nachfragen feststellt, dass der Fahrzeughalter mangels interner Dokumentation keine Aufklärung leisten kann.
- [Natur der Fahrtenbuchauflage]: Eine Fahrtenbuchauflage stellt eine präventive Maßnahme zur Gefahrenabwehr dar, weshalb strafprozessuale Verfahrensregeln wie die Pflicht zur Belehrung des Halters keine Anwendung finden.
Der Fahrzeughalter muss organisatorisch sicherstellen, dass er seiner gesetzlichen Pflicht zur Benennung des Fahrers bei Verkehrsverstößen jederzeit nachkommen kann.
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Droht Ihrem Unternehmen nach einem Verstoß die Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark?
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Experten Kommentar
Es ist der Albtraum jedes Fuhrparkmanagers: Aus einem einzigen Bußgeld wird plötzlich eine Auflage für den gesamten Fuhrpark. Dieses Urteil macht unmissverständlich klar, dass die Behörde organisierte Intransparenz im Betrieb nicht hinnehmen muss. Wer seine Organisationspflichten missachtet und die Fahrzeugnutzung nicht lückenlos dokumentiert, dem wird dies als systemisches Versagen bei der Fahrerfeststellung ausgelegt. Die Behörde muss dann nicht lange Detektiv spielen; sie darf die Fahrtenbuchauflage auf alle Firmenwagen ausweiten, sobald die Aufklärung durch die Mängel des Halters systematisch unmöglich wird. Ein Punktverstoß reicht damit als Hebel, um einen massiven und teuren Verwaltungsaufwand im gesamten Betrieb zu erzwingen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was passiert, wenn ich den Fahrer meines Firmenwagens nach einem Verstoß nicht nennen kann?
Die unmittelbare Konsequenz der gescheiterten Fahreridentifizierung ist die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage. Diese Maßnahme dient der Gefahrenabwehr und ist in § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) geregelt. Sie stellt keine Bestrafung für den Verkehrsverstoß dar, sondern zwingt den Fahrzeughalter, zukünftige Fahrer lückenlos nachzuweisen.
Die Behörde ergreift diese verwaltungsrechtliche Auflage, sobald sie den verantwortlichen Fahrer trotz angemessener Ermittlungen nicht feststellen konnte. Die Grundlage bildet die sogenannte negative Prognose: Wenn der Fahrzeughalter keine klare Zuteilung des Wagens nachweisen kann, geht die Behörde davon aus, dass die Fahrerfeststellung auch bei künftigen Verstößen scheitern wird. Damit signalisiert das Unternehmen organisatorische Mängel, die eine Auflage zur Folge haben.
Das Risiko für Unternehmen steigt drastisch, wenn die Behörde ein systemisches Problem in der Fahrzeugvergabe vermutet. In diesem Fall kann die Auflage vom betroffenen Einzelfahrzeug auf den gesamten Fuhrpark ausgeweitet werden. Ignorieren Sie Anhörungsbögen oder verweigern die Kooperation, zementieren Sie die Unmöglichkeit der Fahrerermittlung. Dies signalisiert der Behörde mangelnde Organisation und provoziert die Ausweitung der Maßnahme.
Sichern Sie sofort alle internen Dokumente wie digitale Zeiterfassungen oder Schlüsselprotokolle, die die Nutzung des betreffenden Fahrzeugs zum Tatzeitpunkt lückenlos belegen könnten.
Kann die Fahrtenbuchauflage von der Behörde auf meinen gesamten Fuhrpark ausgeweitet werden?
Ja, eine Ausweitung der Fahrtenbuchauflage auf den gesamten Fuhrpark ist zulässig und wird von Gerichten regelmäßig bestätigt. Dies geschieht, wenn die Behörde feststellt, dass die fehlende Fahrerfeststellung kein Einzelfall, sondern ein systemisches Problem in Ihrem Betrieb darstellt. Die Anordnung beschränkt sich dann nicht nur auf das betroffene Einzelfahrzeug, sondern dient der allgemeinen Gefahrenabwehr.
Die Behörde stützt ihre Entscheidung auf eine sogenannte negative Prognose. Konkret geht sie davon aus, dass die organisatorischen Mängel, die zur gescheiterten Fahrerermittlung geführt haben, prinzipiell bei allen Fahrzeugen im Fuhrpark vorliegen. Wenn die Firma die Zuordnung bei einem Wagen nicht sicherstellen kann, wiederholt sich diese Gefahr bei jedem anderen Fahrzeug. Frühere, auch bereits getilgte Fahrtenbuchauflagen dürfen die Behörden zusätzlich als Beleg für ein anhaltend problematisches Halterverhalten heranziehen.
Gerichte bewerten die Ausweitung trotz der damit verbundenen enormen Belastung nicht als unverhältnismäßig. Die Auflage dient der reinen verwaltungsrechtlichen Gefahrenabwehr, nicht der Bestrafung für den ursprünglichen Verstoß. Nehmen wir an, ein Fuhrparkbetreiber muss 34 Fahrtenbücher führen. Die Richter sehen diese Belastung als selbst verschuldet an, da die Firma durch mangelnde Organisation die Notwendigkeit der drastischen Maßnahme erst geschaffen hat.
Identifizieren Sie umgehend alle Fahrzeuge in Ihrem Betrieb, bei denen die lückenlose Zuweisung des Fahrers nicht durch Protokolle oder digitale Systeme nachweisbar ist.
Wie kann ich meine Fahrzeugnutzung intern belegen, um die Fahrtenbuchauflage abzuwenden?
Die wirksamste Methode zur Abwendung der Fahrtenbuchauflage ist der Nachweis einer lückenlosen Dokumentation der Fahrzeugzuteilung. Sie müssen der Behörde verwertbare und zeitlich nachvollziehbare Unterlagen präsentieren können. Fehlen solche Aufzeichnungen, gilt die Fahrerfeststellung als gescheitert. Eine fehlende Organisation verhindert die Aufklärung und bestätigt damit die Notwendigkeit der verwaltungsrechtlichen Auflage.
Der Ball liegt klar beim Fahrzeughalter, nicht bei der ermittelnden Behörde. Implementieren Sie deshalb Systeme, die eine verbindliche Zuordnung von Fahrer und Fahrzeug zu jeder Stunde sicherstellen. Schlüssel-Scan-Protokolle oder GPS-basierte Aufzeichnungen gelten als Goldstandard für einen gerichtsfesten Nachweis. Ihre Dokumentation muss aktiv an der Aufklärung eines Verstoßes mitwirken. Passives oder verweigerndes Verhalten zementiert die Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung und die daraus resultierende Auflage.
Konkret: Vermeiden Sie unbedingt die Aussage, es gäbe generell „keine Aufzeichnungen über die Fahrzeugnutzung“. Diese Antwort beendet die Ermittlungen der Behörde sofort und signalisiert mangelnde Kooperationsbereitschaft. Die Behörde ist nicht verpflichtet, die Ermittlungsarbeit zu übernehmen, die durch Ihre interne, fehlende Organisation entsteht. Dieser Mangel wird als organisatorische Intransparenz ausgelegt, welche die Fahrtenbuchauflage im Sinne der Gefahrenabwehr rechtfertigt.
Erstellen Sie sofort eine interne „Fahrzeug-Übergabeverpflichtung“, die jeder Mitarbeiter vor Fahrtantritt unterzeichnen muss und den Übernahmezeitpunkt klar dokumentiert.
Was tun, wenn das Landratsamt die Anordnung als unverhältnismäßig begründet?
Die Berufung auf die Unverhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage greift in diesem Kontext fast nie. Fahrtenbücher sind präventive Maßnahmen der Gefahrenabwehr und keine Strafe für den Verkehrsverstoß. Das Gericht bewertet die entstehende Belastung für den Halter meistens als selbst verschuldet. Wenn die Fahrerfeststellung scheitert, dient die Auflage der Wiederherstellung der Ordnung und der lückenlosen Aufklärung zukünftiger Verstöße.
Die juristische Hürde für das Unverhältnismäßigkeitsargument ist hoch. Gerichte stellen fest, dass ein Verkehrsverstoß, der einen Punkt im Fahreignungsregister nach sich zieht, ausreichend gewichtig ist, um die Auflage zu rechtfertigen. Dieser Punkt signalisiert eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit. Es spielt keine Rolle, ob der Aufwand für den Halter durch die Auflage für den gesamten Fuhrpark enorm erscheint. Entscheidend bleibt die Schwere des ursprünglichen Verstoßes und die daraus abgeleitete negative Prognose des Halterverhaltens.
Die Richter ziehen eine klare Trennlinie: Die erhebliche Belastung der Firma resultiert direkt aus der mangelnden internen Organisation. Hätte der Halter seine Fahrzeuge lückenlos zugeordnet, wäre die Maßnahme überflüssig gewesen. Zudem sind Argumente aus dem Strafprozessrecht, wie etwa eine fehlende Rechtsbelehrung, irrelevant, da die Auflage rein verwaltungsrechtlich ist. Das Landratsamt betrachtet die Ausweitung der Auflage als logische Konsequenz der systematischen Mängel in der Fahrzeugverwaltung.
Analysieren Sie den ursprünglichen Verstoß objektiv: Trägt er einen Punkt in Flensburg ein? Wenn ja, akzeptieren Sie die Schwere und fokussieren Sie Ihre Verteidigung auf den Nachweis der Kooperationsbereitschaft. Diese allgemeinen Informationen ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.
Muss die Behörde jeden Mitarbeiter befragen oder reichen die Ermittlungen vor Ort aus?
Die Behörde muss nicht jeden einzelnen Mitarbeiter eines Unternehmens befragen, um den Fahrer eines Firmenwagens festzustellen. Das Gesetz verlangt lediglich einen angemessenen Ermittlungsaufwand, der die Behörde nicht unzumutbar belastet. Die Grenze des Zumutbaren ist sehr schnell erreicht, wenn der Fahrzeughalter seine interne Organisation nicht im Griff hat. Fehlt es an einer aktiven Pflicht zur Mitwirkung durch den Halter, gelten die Ermittlungen als an der betrieblichen Organisation gescheitert.
Als ausreichende Ermittlung gilt bereits eine Kette von Maßnahmen: Anhörungsbogen, Erinnerungsschreiben, polizeilicher Fotoabgleich und ein persönlicher Besuch im Unternehmen. Der entscheidende Punkt ist der Moment, in dem der ermittelnde Beamte vor Ort die Auskunft erhält, dass der Halter keine Dokumentation über die Fahrzeugnutzung besitzt. Ab diesem Zeitpunkt muss die Behörde die Ermittlungen nicht weiter fortführen und ist nicht verpflichtet, die mangelhafte Organisation des Unternehmens durch eigene Personalbefragungen auszugleichen.
Die Gerichte sehen in diesem Fall die Fahrerfeststellung als gescheitert an der sogenannten „organisierten Intransparenz“ des Halters. Weil der Halter keine verwertbaren Aufzeichnungen liefert, verletzt er seine Mitwirkungspflicht. Die Behörde kann die Suche einstellen, selbst wenn das Blitzerfoto unscharf war. Wichtiger als die Bildqualität ist die Tatsache, dass es keine interne Dokumentation gab, die eine lückenlose Klärung ermöglicht hätte.
Prüfen Sie bei Erhalt eines Anhörungsbogens sofort, ob das Blitzerfoto mit Geschäftsführern oder Fuhrparkleitern verglichen werden könnte, und liefern Sie proaktiv die Namen der möglichen Fahrer.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Angemessener Ermittlungsaufwand
Juristen definieren den angemessenen Ermittlungsaufwand als das notwendige Mindestmaß an behördlicher Recherche, das zur Fahrerfeststellung nach einem Verkehrsverstoß erbracht werden muss.
Diese Grenze schützt die Behörde davor, unverhältnismäßig aufwendige oder endlose Nachforschungen durchzuführen, insbesondere wenn der Halter die Aufklärung aktiv verhindert oder behindert.
Beispiel: Der persönliche Besuch eines Polizisten im Unternehmen, gefolgt von der Auskunft, dass keine Aufzeichnungen existieren, wertete das Gericht als überdurchschnittlichen und damit ausreichenden angemessenen Ermittlungsaufwand.
Gefahrenabwehr
Gefahrenabwehr beschreibt den zentralen Zweck des Verwaltungsrechts, nämlich die öffentliche Sicherheit und Ordnung vor potenziellen Risiken zu schützen, anstatt bereits geschehene Taten nachträglich zu bestrafen.
Dieses Rechtsprinzip ist der Grund dafür, dass eine Fahrtenbuchauflage keine Strafe für den ursprünglichen Verkehrsverstoß darstellt, sondern eine präventive Maßnahme zur Verhinderung zukünftiger ungeklärter Verstöße.
Beispiel: Da das Landratsamt die Gefahr sah, dass künftige Verstöße mit jedem der 34 Firmenwagen nicht aufgeklärt werden könnten, diente die Anordnung der reinen Gefahrenabwehr.
Negative Prognose
Eine negative Prognose ist die juristische Voraussage der Behörde, dass der Fahrzeughalter aufgrund des bisherigen Verhaltens auch in Zukunft seine Pflicht zur korrekten Fahreridentifizierung nicht erfüllen wird.
Nur wenn diese negative Zukunftsprognose festgestellt wird, darf die Behörde drastische präventive Maßnahmen wie die Ausweitung der Auflage auf den gesamten Fuhrpark verhängen.
Beispiel: Das Gericht stützte die Ausweitung der Maßnahme auf die negative Prognose, da frühere, unaufgeklärte Verstöße als Beleg für ein anhaltend problematisches Halterverhalten dienten.
Organisatorische Intransparenz
Organisatorische Intransparenz beschreibt den Umstand, dass ein Fahrzeughalter es durch mangelhafte interne Dokumentation und fehlende Aufzeichnungen aktiv unmöglich macht, den tatsächlichen Fahrer eines Wagens zu ermitteln.
Dieser betriebliche Mangel entbindet die Behörden von der Pflicht zur Weiterführung aufwendiger Ermittlungen, da die Fahrerfeststellung durch die Verhältnisse im Unternehmen gescheitert ist.
Beispiel: Die Feststellung der organisierten Intransparenz erfolgte, weil der angetroffene Mann dem Beamten die Auskunft gab, es gäbe keinerlei Aufzeichnungen über die Nutzung des Fuhrparks.
Pflicht zur Mitwirkung
Der Gesetzgeber legt dem Fahrzeughalter eine Pflicht zur Mitwirkung auf, die verlangt, dass dieser die Behörden bei der Aufklärung eines Verkehrsverstoßes durch die Bereitstellung von verwertbaren, lückenlosen Informationen unterstützt.
Weil der Halter als einziger alle internen Abläufe kennt, muss er aktiv an der Feststellung des Fahrers mitwirken; passives oder verweigerndes Verhalten zementiert die Unmöglichkeit der Aufklärung.
Beispiel: Die mangelnde Kooperation des Handwerksunternehmens bei der Klärung des Geschwindigkeitsverstoßes zementierte die Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung und verletzte die Pflicht zur Mitwirkung.
Verwaltungsrechtliche Maßnahme
Eine verwaltungsrechtliche Maßnahme ist ein hoheitlicher Akt, der von einer Verwaltungsbehörde zur Regelung eines Sachverhalts im öffentlichen Interesse getroffen wird und dem öffentlichen Recht unterliegt.
Weil die Fahrtenbuchauflage diese Rechtsnatur besitzt, kann die Firma keine Einwände aus dem Strafprozessrecht, wie etwa die Rüge einer fehlenden Rechtsbelehrung, erfolgreich geltend machen.
Beispiel: Das Gericht stellte klar, dass die Fahrtenbuchauflage keine Strafe, sondern eine verwaltungsrechtliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr darstellt, weshalb strafprozessuale Regeln nicht anwendbar waren.
Das vorliegende Urteil
VGH München – Az.: 11 CS 24.2017 – Beschluss vom 05.05.2025
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