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Bußgeldverfahren – Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags

LG Neubrandenburg, Az.: 8 Qs 20/11 – 744 Js 16438/10 OWi, Beschluss vom 18.03.2011

Auf die Beschwerde des Betroffenen vom 07.03.2011 wird die Verfügung des Amtsgerichts Pasewalk über die Ablehnung des Terminsverlegungsantrages vom 14.02.2011 aufgehoben. Der mit Verfügung des Amtsgerichts Pasewalk vom 11.02.2011 auf den 21.03.2011 anberaumte Hauptverhandlungstermin wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Der Landkreis Uecker-Randow erließ unter dem 18.06.2010 gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid – Az.: 1/005139/10 -, da der Betroffene den vorgeschriebenen Sicherheitsgurt im Straßenverkehr nicht angelegt habe. Es wurde ein Verwarnungsgeld in Höhe von 30,00 € festgesetzt sowie Gebühren und Auslagen in Höhe von 23,50 €.

Gegen diesen Bescheid legte der Betroffene mit Schreiben vom 24.06.2010 Einspruch ein, der vom Landkreis Uecker-Randow als unbegründet verworfen wurde.

Bußgeldverfahren - Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags
Symbolfoto: : Yastremska/Bigstock

Das sodann mit der Entscheidung über den Einspruch befasste Amtsgericht Pasewalk beraumte den Termin für die Hauptverhandlung mit Verfügung vom 11.02.2011, Az. 4 OWi 472/10 (744 Js 16438/10 OWi) auf den 21.03.2011, 14:00 Uhr, an. Der Verteidiger des Betroffenen beantragte mit Schreiben vom 14.02.2011, eingegangen bei Gericht am 15.02.2011, die Aufhebung des anberaumten Termins, da er – der Verteidiger – an diesem Tag bereits längerfristig feststehende andere Verhandlungstermine vor dem Amtsgericht Senftenberg habe, wobei er diesbezüglich die Az. 50 b OWi 1411 Js-Owi 23443/10 (85810) und 51 b Ds 1610 Js 12489/10 (559/10) angab.

Mit Verfügung des Amtsgerichts Pasewalk vom 28.02.2011 wurde der Antrag des Betroffenen abgelehnt mit der Begründung, es handele sich um einen Bagatellvorwurf, bei dem die Verteidigung von einem Unterbevollmächtigten geführt werden könne.

Hiergegen legte der Verteidiger des Betroffenen mit Schreiben vom 07.03.2011 Beschwerde ein, wobei er zur Begründung weiter ausführte, dass der Betroffene ausschließlich zu ihm Vertrauen genieße. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat der Verteidiger des Betroffenen die Fotokopie einer an den Verteidiger adressierten Ladung des Amtsgerichts Senftenberg vom 29.12.2010 zu einer Hauptverhandlung am 21.03.2011 um 12:00 Uhr nachgereicht. Weiterhin versicherte der Verteidiger anwaltlich, dass auch sein Sozius am 21.02.2011 verhindert sei, da er am 22.03.2011 um 09:00 Uhr einen Termin vor dem Landgericht Karlsruhe unter dem Az. 5 KLs 570 Js 32374/03 habe, zu dem er bereits am 21.03.2011 anreisen müsse.

Das Amtsgericht Pasewalk hat der Beschwerde nicht abgeholfen, da es diese bereits für unzulässig, weil nicht statthaft, hielt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig nach §§ 71 Abs. 1 OWiG, 304 Abs. 1 StPO. Sie ist insbesondere nicht unstatthaft. Zwar ist eine ablehnende Verfügung des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts im Hinblick auf § 305 Abs. 1 StPO in der Regel unanfechtbar. Sie ist jedoch nach der von der Kammer geteilten herrschenden Meinung ausnahmsweise dann statthaft, wenn eine in rechtsfehlerhafter Ermessensausübung getroffene Entscheidung für Verfahrensbeteiligte eine besondere selbständige Beschwer bewirkt, weil sie zum Beispiel unschwer vermeidbar das Recht des Betroffenen beeinträchtigt, sich des Beistandes eines Verteidigers seines Vertrauens zu bedienen und die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung evident ist (OLG Dresden, Beschl. v. 28.06.2004, Az.: 1 Ws 121/04 m. w. N., zitiert nach juris). Dies macht der Betroffene durch seinen Verteidiger vorliegend geltend, wenn er vorträgt, dass sowohl sein Wahlverteidiger als auch dessen Sozius aufgrund anderer Hauptverhandlungstermine, deren Terminsbestimmung, zumindest soweit es den Wahlverteidiger betrifft, vor derjenigen durch das Amtsgericht Pasewalk erfolgte und er ausschließlich zu seinem Wahlverteidiger Vertrauen habe.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Zwar ergibt sich aus dem Grundsatz der Terminshoheit nach § 213 StPO eine Einschränkung der Überprüfbarkeit der Verfügung dahingehend, dass lediglich die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des Ermessensspielraumes bei der Entscheidung über die Terminierung nachprüfbar sind.

Vorliegend ist die Ermessensausübung jedoch evident fehlerhaft, da dem Betroffenen das Recht auf die freie Wahl seines Verteidigers unzumutbar verkürzt wird. Zwar gibt es kein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht auf einen bestimmten Verteidiger. Überdies hat ein Betroffener gemäß § 228 Abs. 2 StPO keinen Anspruch darauf, im Falle der Verhinderung des Verteidigers die Aussetzung der Verhandlung zu verlangen. Gleichwohl ist dem berechtigten Interesse des Betroffenen auf Verteidigung durch einen Rechtsbeistand seiner Wahl im Rahmen der erforderlichen Abwägung mit dem Interesse der Justiz an einer möglichst reibungslosen Durchführung des Verfahrens angemessen zu berücksichtigen, wobei dem Verteidigungsinteresse im Zweifel Vorrang gebührt (OLG Hamm, Beschl. v. 22.07.2010, Az.: III-3 RBs 200/10, 3 RBs 200/10 m. w. N., zitiert nach juris).

Im vorliegenden Fall war dem Interesse des Betroffenen an dem Beistand durch seinen Wahlverteidiger der Vorrang einzuräumen. Das gilt umso mehr, als dass es sich um den erstmaligen Antrag auf Terminsaufhebung handelte, sodass die Gefahr einer Beeinträchtigung eines reibungslosen Verfahrensganges ohne nicht hinnehmbare Verzögerungen von vornherein nicht bestand.

Zudem hatten Betroffener und Verteidiger keinen Einfluss auf die Terminsfestlegung. Zwar hat ein Verteidiger kein Recht auf vorherige Terminsabsprache. Wird jedoch das Recht des Angeklagten auf freie Wahl des Verteidigers dadurch eingeschränkt, dass dieser die Termine wegen anderer Verteidigungen nicht wahrnehmen kann, ohne dass er Einfluss auf die Terminsanberaumung hätte nehmen können, kann die Terminsverfügung prozessordnungswidrig sein. Auch hier kommt wiederum erschwerend hinzu, dass es sich um die erstmalige Beantragung einer Terminsaufhebung handelt und die Einschränkung des Wahlrechts des Betroffenen unschwer vermeidbar gewesen wäre.

Der Antrag des Betroffenen war durch die Angabe der Aktenzeichen der anderweitigen Termine auch insoweit substantiiert begründet, als dass unschwer eine telefonische Überprüfung dieser Termine beim Amtsgericht Senftenberg hätte erfolgen können. Zumindest aber gaben die Angaben des Verteidigers genügend Anlass, im Rahmen der prozessualen Fürsorgepflicht des Gerichtes auf die Nachreichung entsprechender Nachweise wie etwa Ablichtungen der Terminsladungen hinzuwirken.

Überdies erfolgte der Terminsverlegungsantrag unverzüglich nach Erhalt der Terminsladung, sodass für eine andere – womöglich sogar frühere – Terminierung ausreichend Zeit verblieb.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.

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