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Fahrerlaubnisneuerteilung nach Entziehung wegen Zuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss

Fahrerlaubnisentzug wegen Alkoholeinfluss: Neuerteilung verweigert

Das deutsche Verkehrsrecht sieht strenge Regelungen vor, wenn es um den Entzug und die spätere Neuerteilung der Fahrerlaubnis geht, insbesondere nach Zuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss. Ein zentraler Aspekt in solchen Fällen ist die Bewertung der Fahreignung des Betroffenen, die oft durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten erfolgt. Dieses Gutachten spielt eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung der Behörden, ob und unter welchen Bedingungen eine Fahrerlaubnis wieder erteilt werden kann. Dabei sind nicht nur die Ergebnisse des Gutachtens selbst, sondern auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen es erstellt wurde, von großer Bedeutung.

Hierbei entstehen häufig Fragen hinsichtlich der Angemessenheit der Anforderungen an die Fahreignung und der Gleichbehandlung der Fahrerlaubnisinhaber. In solchen Konstellationen können rechtliche Auseinandersetzungen entstehen, die bis zu den Verwaltungsgerichten führen. Besonders brisant wird es, wenn es um die Interpretation und Anwendung spezifischer rechtlicher Vorschriften wie § 11 Abs. 8 FeV oder § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV geht, die die Voraussetzungen für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach deren Entzug definieren.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 ZB 21.2115  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung aufgrund von Alkoholmissbrauch abgewiesen, da der Kläger die erforderlichen fahreignungsrelevanten Nachweise nicht erbracht hat.

Liste der zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Entzug der Fahrerlaubnis: Der Kläger verlor seine Fahrerlaubnis nach zwei Verkehrszuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss.
  2. Medizinisch-psychologisches Gutachten: Dieses Gutachten war für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis erforderlich, fiel jedoch negativ aus.
  3. Kurse zur Wiederherstellung der Fahreignung: Eine anfängliche Empfehlung für einen solchen Kurs wurde von der Begutachtungsstelle später widerrufen.
  4. Rechtliche Anforderungen: Der Kläger konnte die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV und § 11 Abs. 10 Satz 1 FeV nicht erfüllen.
  5. Anspruch auf Neuerteilung verneint: Das Gericht sah keinen Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis, da die Fahreignungszweifel nicht ausgeräumt waren.
  6. Kosten des Verfahrens: Der Kläger wurde zur Übernahme der Kosten des Zulassungsverfahrens verpflichtet.
  7. Keine Berufung zugelassen: Die geltend gemachten Gründe für die Zulassung einer Berufung wurden als nicht hinreichend angesehen.
  8. Unanfechtbarkeit der Entscheidung: Der Beschluss des Gerichts wurde rechtskräftig und ist unanfechtbar.

Fahrerlaubnisentzug wegen Alkoholverstößen

In diesem komplexen Rechtsfall geht es um die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach deren Entziehung wegen Zuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss. Der Kläger, dem ursprünglich im April 1996 eine Fahrerlaubnis der Klasse 3 erteilt wurde, verlor diese aufgrund zweier Verkehrsverstöße im Juli 2018 und Mai 2019, bei denen er unter Alkoholeinfluss stand. Die entscheidenden Atemalkoholkonzentrationen lagen bei 0,25 mg/l und 0,27 mg/l. Daraufhin wurde ein medizinisch-psychologisches Gutachten angefordert, das jedoch zu einem negativen Ergebnis hinsichtlich seines Trennungsvermögens kam. Interessanterweise wurde in dem Gutachten ursprünglich die Möglichkeit aufgezeigt, dass der Kläger seine Einstellungsmängel durch die Teilnahme an einem Kurs gemäß § 70 FeV beheben könnte. Jedoch wurde diese Kursempfehlung von der Begutachtungsstelle später widerrufen.

Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung?

Der Kläger beantragte am 11. März 2020 die Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis. Die Beklagte forderte jedoch eine erneute medizinisch-psychologische Begutachtung, was der Kläger akzeptierte. Die Begutachtungsstelle erklärte in einem späteren Schreiben, dass ein Gutachten mit Kursempfehlung grundsätzlich als negatives Ergebnis zu werten sei und dass eine eindeutige Hypothesenzuordnung für eine positive Prognose vorausgesetzt werde. Sie betonte jedoch, dass der Kläger von einer Kursteilnahme profitieren und seine Fahreignung wiederherstellen könnte.

Gerichtliche Auseinandersetzung um Fahrerlaubnis

Trotz der verlängerten Frist zur Vorlage des Gutachtens reichte der Kläger kein solches ein und zeigte stattdessen Bereitschaft zur Teilnahme an einem Kurs nach § 70 FeV. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 FeV ab. Der Kläger erhob daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht München, welche jedoch abgewiesen wurde. Das Gericht argumentierte, dass kein Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis bestehe, da die Fahreignung des Klägers fehle. Es betonte, dass die Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtlich nicht zu beanstanden sei.

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs

Das Gericht stellte fest, dass die Kursempfehlung der Begutachtungsstelle nicht mit den in der Anlage 4a zur FeV festgelegten Grundsätzen vereinbar sei. Es wurde argumentiert, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung noch im Besitz einer Fahrerlaubnis war und die Empfehlung zur Teilnahme an Kursen zur Wiederherstellung der Kraftfahrereignung nur gegenüber Personen erfolgen dürfe, die zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis seien.

Der Kläger legte Berufung ein und machte geltend, dass ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestünden. Er argumentierte, dass die Anordnung der Beklagten materiell rechtswidrig sei und dass die Fahreignungszweifel ausgeräumt seien. Er behauptete, dass die Begutachtungsstelle nach einer erneuten Überprüfung ihres Gutachtens zu dem Schluss gekommen sei, dass er von einer Kursteilnahme profitieren könne.

Der Verwaltungsgerichtshof München lehnte die Zulassung der Berufung jedoch ab, da die vorgebrachten Gründe nicht hinreichend dargelegt wurden. Es wurde festgestellt, dass ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht gegeben seien, da der Kläger die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV nicht in Frage gestellt hatte. Zudem wurden rechtliche Schwierigkeiten oder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verneint.

Abschließend wurde festgelegt, dass der Kläger als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen habe und dass der Beschluss unanfechtbar sei. Dieser Fall beleuchtet die komplexen Anforderungen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach Entziehung wegen Alkoholeinflusses zu berücksichtigen sind. Er zeigt auch die Bedeutung medizinisch-psychologischer Gutachten und die strengen Kriterien, die für die Wiederherstellung der Fahreignung gelten.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was beinhaltet die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) im Hinblick auf den Entzug und die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis?

Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) regelt in Deutschland den Entzug und die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis.

Gemäß § 46 FeV wird die Fahrerlaubnis entzogen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn Erkrankungen oder Mängel vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Auch wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, ist die Fahrerlaubnis zu entziehen. In solchen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen.

Typische Gründe für den Entzug der Fahrerlaubnis können Alkohol und Drogen am Steuer, zu viele Punkte in Flensburg oder körperliche bzw. geistige Mängel sein. Die Dauer des Entzugs (Sperrfrist) hängt von der Schwere des Verstoßes ab. Bei Alkohol- oder Drogenmissbrauch im Straßenverkehr beträgt die Mindestdauer sechs Monate, bei Unfallflucht mindestens ein Jahr. In besonders schweren Fällen kann die Fahrerlaubnis auf Lebenszeit entzogen werden.

Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung gelten die Vorschriften für die Ersterteilung gemäß § 20 FeV. Bevor die Fahrerlaubnis neu erteilt wird, haben Betroffene das Recht auf eine Anhörung. Hier können sie sich äußern und die Umstände schildern. Auf Basis der Anhörung trifft die Behörde dann die Entscheidung über die Dauer und die Bedingungen des Entzugs.

Es ist zu erwähnen, dass der Entzug der Fahrerlaubnis eine schwerwiegende Maßnahme ist, die das Recht, ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen, einschränkt oder beendet. Der Verlust der Fahrerlaubnis kann für viele Autofahrer zu einem großen Nachteil werden, vor allem wenn das Fahrzeug für den Weg zur Arbeit oder für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlich ist.


Das vorliegende Urteil

VGH München – Az.: 11 ZB 21.2115 – Beschluss vom 05.01.2022

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1 und C1E.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. Februar 2020 entzog die Beklagte dem Kläger die ihm am 16. April 1996 erteilte Fahrerlaubnis der Klasse 3, nachdem er am 5. Juli 2018 mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l und am 10. Mai 2019 mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,27 mg/l ein Kraftfahrzeug geführt hatte und ein nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV angeordnetes medizinisch-psychologisches Gutachten vom 16. Januar 2020 (Versand) zu seinem Trennungsvermögen negativ ausgefallen war. Darüber hinaus bestand nach dem Gutachten die begründete Aussicht, die Einstellungsmängel durch eine Teilnahme an einem Kurs gemäß § 70 FeV zu beheben. Nach einem schriftlichen Hinweis der Beklagten auf Nr. 1 Buchst. f Satz 7 der Anlage 4a zur FeV berichtigte die Begutachtungsstelle mit Schreiben vom 30. Januar 2020 das Gutachten durch Streichung der Kursempfehlung.

Am 11. März 2020 beantragte der Kläger die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis.

Mit Schreiben vom 30. März 2020 teilte die Beklagte dem Kläger die Gründe mit, weshalb sie im Rahmen der Überprüfung seiner Fahreignung die Teilnahme an einem Kurs nach § 70 FeV nicht für ausreichend, sondern eine erneute medizinisch-psychologische Begutachtung für erforderlich halte.

Mit Schreiben vom 20. April 2020 ordnete sie gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten zum Trennungsvermögen des Klägers an. Mit Formularerklärung vom 20. April 2020 erklärte dieser sich mit einer erneuten Begutachtung einverstanden.

Mit Schreiben vom 6. Mai 2020 nahm die Begutachtungsstelle zu der von der Beklagten geäußerten Rechtsauffassung dahingehend Stellung, dass es sich bei einem Gutachten mit Kursempfehlung grundsätzlich um ein negatives Ergebnis handle. Eine eindeutige Hypothesenzuordnung werde für eine positive Prognose vorausgesetzt. Das Ergebnis sei entsprechend formuliert. Dennoch sei zu erwarten, dass der Kläger von einer Teilnahme an einem Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung nach § 70 FeV in einem solchen Maße profitieren könne, dass seine Fahreignung danach wiederhergestellt sei. Betrachte man die Beurteilungskriterien für eine Kursteilnahme, so seien sie in der Mehrzahl erfüllt. Eine Kursteilnahme sei bei allen Hypothesen außer A1 möglich. Da beim Kläger keinerlei belastbare Befunde in Richtung einer Alkoholabhängigkeit wiesen, werde in der nicht erfolgten Hypothesenzuordnung kein Kontraindikator für eine Kursteilnahme gesehen. Dieser sei als solcher in den Beurteilungskriterien nirgendwo vermerkt.

In der Folge legte der Kläger auch nach einer beantragten Verlängerung der Beibringungsfrist kein Gutachten vor, sondern ließ seinen Bevollmächtigten vortragen, dass ein Gutachten nicht erforderlich und er bereit sei, an einem Kurs nach § 70 FeV teilzunehmen.

Mit Bescheid vom 24. September 2020 lehnte die Beklagte den Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV ab.

Am 23. Oktober 2020 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München erheben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids zu verpflichten, ihm die beantragte Fahrerlaubnis für die Klassen B, BE, C1 und C1 E zu erteilen.

Mit Urteil vom 23. Juni 2021 wies das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers ab. Er habe keinen Anspruch auf Neuerteilung der ihm entzogenen Fahrerlaubnis, da nach § 11 Abs. 8 FeV davon auszugehen sei, dass ihm die Fahreignung fehle. Die Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens begegne keinen Bedenken. Die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV seien erfüllt. Die Anordnung sei im Hinblick auf den Begutachtungsumfang, die Fristsetzung und die hiermit verbundenen Belehrungen nicht zu beanstanden. Der Kläger habe zwei verwertbare Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen. Die Fahrerlaubnisbehörde habe danach kein Ermessen hinsichtlich der Anordnung eines Gutachtens. Der Anordnung stünden – ungeachtet dessen, ob dies im Rahmen sicherheitsrechtlicher Befugnisse überhaupt in Betracht komme – auch keine Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes entgegen. Jedenfalls lägen keine Umstände vor, die ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers darauf hätten begründen können, dass er im Neuerteilungsverfahren kein medizinisch-psychologisches Gutachten hätte vorlegen, sondern lediglich an einem Kurs für alkoholauffällige Kraftfahrer nach § 70 FeV (vgl. § 11 Abs. 10 Satz 1 FeV) hätte teilnehmen müssen. Die Kursempfehlung der Begutachtungsstelle habe im Widerspruch zu den in Anlage 4a zur FeV niedergelegten „Grundsätzen für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten“ gestanden, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung und -versendung noch im Besitz einer Fahrerlaubnis gewesen sei und die Empfehlung zur Teilnahme an Kursen zur Wiederherstellung der Kraftfahrereignung nur gegenüber Personen erfolgen dürfe, die zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis seien (Nr. 1 Buchst. f Satz 7 der Anlage 4a zur FeV). Darüber hinaus habe die Begutachtungsstelle die Kursempfehlung widerrufen, sodass es einen entsprechenden Hinweis in einem medizinisch-psychologischen Gutachten nicht mehr gegeben habe. Die Aussage der Begutachtungsstelle im Schreiben vom 6. Mai 2020 sei ohne aktuelle Untersuchung des Klägers und nicht im Rahmen der Erstellung eines Fahreignungsgutachtens erfolgt. Ihre Aussage in dem am 16. Januar 2020 versendeten Gutachten sei – ungeachtet der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit im Übrigen – auch inhaltlich nicht schlüssig und nachvollziehbar. Dem Kläger würden massive Defizite vorgehalten, so eine noch nicht ausreichende Einsicht in sein tatsächliches früheres Trinkverhalten, die aus nicht stringenten bzw. widersprüchlichen Angaben gerade zur zweiten Alkoholfahrt gefolgert worden seien, und eine ungenügende Reflexion von Themen wie Suchtgedächtnis, Rückfallvermeidungsstrategien, Notfallplan und eigene Ressourcen. Angesichts dieser Defizite erscheine es nicht einleuchtend, dass die bloße Teilnahme an einem Kurs nach § 70 FeV über einige Stunden hinweg ausreichen solle, um die aufgezeigten Einstellungsmängel zu beheben. Die hierzu im Gutachten enthaltene Erklärung, beim Kläger sei ein ausreichendes Maß an Selbstreflexion und Durchsetzungsvermögen vorhanden, um eine Verhaltensänderung durch den Kurs einzuleiten, stehe im Widerspruch zu den zuvor genannten Defiziten und überzeuge daher nicht.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt, macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, besondere rechtliche Schwierigkeiten und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Er trägt zur Begründung vor, das Verwaltungsgericht habe die Anordnung der Beklagten zu Unrecht für materiell rechtmäßig gehalten. Es verkenne, dass nicht nach § 11 Abs. 8 FeV auf eine fehlende Fahreignung geschlossen werden könne, sofern die Eignungszweifel ausgeräumt seien. Dies sei hier der Fall. Die Begutachtungsstelle habe in ihrem Schreiben vom 6. Mai 2020 nach einer erneuten intensiven Prüfung ihres Gutachtens den Schluss gezogen, der Kläger könne von einer Teilnahme an einem Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung nach § 70 FeV in einem solchen Maß profitieren, dass seine Fahreignung danach wiederhergestellt sei. Die Kriterien hierfür habe die Begutachtungsstelle als erfüllt angesehen. Der Kläger habe sich mit der Absolvierung eines solchen Kurses einverstanden erklärt. Ferner verkenne das Verwaltungsgericht, dass es nicht um eine Frage des „Vertrauensschutzes“ gehe. Vielmehr sei bei bestehender Bereitschaft zur Absolvierung des Kurses nicht davon auszugehen, dass grundlos kein Gutachten beigebracht werde. Dabei sei irrelevant, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung und Versendung des Gutachtens noch eine Fahrerlaubnis besessen habe. Selbst wenn sich Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur FeV an Kraftfahrer richte, die im Zeitpunkt der Begutachtung keine Fahrerlaubnis innehätten, müsse für Personen, die zu diesem Zeitpunkt Inhaber einer Fahrerlaubnis seien, dasselbe gelten. Solche Personen könnten nicht schlechter gestellt werden als jene, die sich nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis befänden. Die rechtliche Schwierigkeit ergebe sich daraus, dass darauf abzustellen sei, ob Fahreignungszweifel ausgeräumt seien. In diesem Falle könne keine Nichteignung angenommen werden. Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung, weil davon auszugehen sei, dass es sich bei der zugrundeliegenden Problematik nicht um einen Einzelfall handelt. Die Thematik des Ausräumens von Eignungszweifeln sei daher durch den Verwaltungsgerichtshof zu klären.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI 04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), nicht hinreichend dargelegt sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerf-GE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).

Dies ist hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zum Nachweis seiner Fahreignung gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. April 2021 (BGBl I S. 822), zum Teil in Kraft getreten zum 2. August 2021, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beibringen muss.

Er hat nicht in Abrede gestellt, dass die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b erfüllt sind, sondern beruft sich auf § 11 Abs. 10 Satz 1 FeV. Nach dieser Vorschrift ersetzt eine Teilnahmebescheinigung an einem Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung alkohol- oder drogenauffälliger Kraftfahrer (§ 70 FeV) zum Nachweis der Wiederherstellung der Fahreignung regelmäßig ein erneutes medizinisch-psychologisches Gutachten, wenn der betreffende Kurs nach § 70 FeV anerkannt ist (Nr. 1), aufgrund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben (Nr. 2), der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist (Nr. 3) und die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach § 11 Abs. 10 Satz 1 FeV vor Kursbeginn zugestimmt hat (Nr. 4).

Hier fehlt es bereits an einer Kursempfehlung der Begutachtungsstelle nach § 11 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 FeV, sodass es dahinstehen kann, ob auch die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 10 Satz 1 gegeben sind. Die im Schreiben vom 6. Mai 2020 geäußerte Rechtsauffassung ändert nichts daran, dass die Begutachtungsstelle ihre ursprüngliche Kursempfehlung mit Schreiben vom 30. Januar 2020 „ersatzlos“ gestrichen hat. Sie hätte nach Nr. 1 Buchst. f Satz 7 der Anlage 4a zur FeV auch keine Kursempfehlung aussprechen dürfen, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Begutachtung noch Inhaber einer Fahrerlaubnis war. Entgegen der Auffassung des Klägers war diese Bestimmung, als er begutachtet worden ist, nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers (vgl. BR-Drs. 253/16, S. 12) anwendbar (vgl. auch Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 60 a.E.) und daher auch von der Begutachtungsstelle zu beachten. Die Regelung soll offenbar verhindern, dass ein Fahrerlaubnisinhaber, dem die Fahreignung nach gutachterlicher Feststellung fehlt, während einer mehrmonatigen Laufzeit eines Kurses zur Wiederherstellung der Fahreignung im Besitz seiner Fahrerlaubnis bleibt (vgl. Trésoret in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 1.12.2021, § 11 FeV Rn. 206).

Ferner kommt es weder darauf an, dass das Verwaltungsgericht diese Frage unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes erörtert hat, noch auf die – nicht zu beanstandende – gerichtliche Bewertung, dass das Gutachten nicht schlüssig und nachvollziehbar sei, was die Kursempfehlung betreffe. Insoweit wird auf die gerichtlichen Ausführungen gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen.

2. Damit sind auch keine rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ersichtlich (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 70). Die Zweifel an der Fahreignung des Klägers sind schon deshalb nicht ausgeräumt, weil das medizinisch-psychologische Gutachten vom 16. Januar 2020 ihm die Fahreignung abspricht und ein Nachweis über die Wiederherstellung der Fahreignung bisher nicht vorliegt. Wie ausgeführt wäre der Kläger auch nicht berechtigt gewesen, diesen Nachweis durch Teilnahme an einem Kurs gemäß § 70 FeV zu führen.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Dies setzt voraus, dass es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 = juris Rn. 33 m.w.N.). Zu verneinen ist die grundsätzliche Bedeutung, wenn sich die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist oder aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 7.7.2016 – 20 ZB 16.30003 – NVwZ 2017, 335 = juris Rn. 9; BVerwG, B.v. 20.3.2018 – 1 B 5.18 – juris Rn. 2; B.v. 24.4.2017 – 1 B 22.17 – NVwZ 2017, 1204 = juris Rn. 3).

Mit der pauschalen Behauptung, bei der „zugrundeliegenden Problematik“ handle es sich nicht um einen Einzelfall, ist deren fallübergreifende Bedeutung nicht im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt. Abgesehen davon lässt sich dem Zulassungsvorbringen keine hinreichend bestimmte Frage entnehmen, die in einem Berufungsverfahren geklärt werden könnte. Die „Thematik des Ausräumens von Eignungszweifeln“ ist in dieser Allgemeinheit weder klärungsfähig noch entscheidungserheblich.

4. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und der Empfehlung in Nr. 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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