Skip to content
Menü

Fahrerlaubnisentziehung wegen Alkoholabhängigkeit

Entzug der Fahrerlaubnis wegen nachgewiesener Alkoholabhängigkeit

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Alkoholabhängigkeit abgelehnt. Die Entscheidung begründet sich auf die gutachterlich festgestellte Alkoholabhängigkeit des Antragstellers und das damit verbundene erhöhte Verkehrsrisiko. Das Gericht sieht das öffentliche Interesse an der sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis als höher an als das Interesse des Antragstellers, diese vorläufig zu behalten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 L 730/23.KO >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  • Einstweiliger Rechtsschutz gegen Fahrerlaubnisentziehung wurde abgelehnt.
  • Alkoholabhängigkeit des Antragstellers wurde gutachterlich festgestellt.
  • Das öffentliche Interesse an der Entziehung der Fahrerlaubnis überwiegt das Interesse des Antragstellers.
  • Die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung ist formell und materiell rechtmäßig.
  • Die Entscheidung basiert auf § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV.
  • Die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen wurde angenommen.
  • Ein Jahr Abstinenz wurde vom Antragsteller nicht nachgewiesen.
  • Berufliche und familiäre Gründe führen nicht zur Rechtswidrigkeit der Entziehungsentscheidung.

Ursachen einer Fahrerlaubnis-Entziehung bei Alkoholabhängigkeit

Die Fahrerlaubnis-Entziehung aufgrund von Alkoholabhängigkeit ist ein gravierender Eingriff in die persönliche Freiheit und Mobilität. In Deutschland ist diese Maßnahme gesetzlich verankert und wird bei Personen angewandt, die alkoholabhängig sind und dadurch nicht mehr in der Lage sind, den Konsum von Alkohol und das Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr zu trennen.

Die rechtlichen Herausforderungen bei der Fahrerlaubnis-Entziehung aufgrund von Alkoholabhängigkeit liegen darin, dass es sich um eine komplexe Thematik handelt, die sowohl strafrechtliche als auch verwaltungsrechtliche Aspekte umfasst. Es müssen die Rechte des Betroffenen gewahrt werden. Dabei spielen auch die Schwere der Alkoholabhängigkeit, die Verkehrssicherheit und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Rolle.

Wenn Sie Fragen zur Fahrerlaubnisentziehung aufgrund von Alkoholabhängigkeit haben, zögern Sie nicht und fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Kern des Falles steht die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Antragstellers aufgrund festgestellter Alkoholabhängigkeit. Das Verwaltungsgericht Koblenz (VG Koblenz) musste über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entscheiden, der sich gegen die sofort vollziehbare Entziehung der Fahrerlaubnis richtete. Die rechtliche Auseinandersetzung wurde durch den Beschluss des Antragsgegners ausgelöst, die Fahrerlaubnis des Antragstellers aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit zu entziehen. Die Herausforderung in diesem Fall lag in der Bewertung der Alkoholabhängigkeit des Antragstellers und deren Auswirkungen auf seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Einblick in die juristische Bewertung der Fahrerlaubnisentziehung

Das Gericht stellte fest, dass die Anordnung des Sofortvollzugs formell rechtmäßig war. Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Bescheids schriftlich begründet werden. Die Begründung der angegriffenen Verfügung genügte diesen Anforderungen, da sie auf die gutachterlich festgestellte Alkoholabhängigkeit des Antragstellers und das dadurch bedingte erhöhte Verkehrsrisiko abstellt.

Die Rolle des Gutachtens und die Kriterien der Alkoholabhängigkeit

Ein wesentlicher Punkt in der Argumentation des Gerichts war das Gutachten des Neurozentrums, welches die Alkoholabhängigkeit des Antragstellers bestätigte. Gemäß den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung muss die Diagnose „Abhängigkeit“ gestellt werden, wenn innerhalb des letzten Jahres mindestens drei der festgelegten Kriterien gleichzeitig vorhanden waren. Bei dem Antragsteller wurden unter anderem eine körperliche Entzugssymptomatik, eine entwickelte Alkoholtoleranz und fortwährender Alkoholkonsum trotz bekannter schädlicher Folgen festgestellt.

Die Abwägung des öffentlichen Interesses gegenüber dem Einzelinteresse

Die Abwägung der gegenseitigen Interessen fiel zuungunsten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Entziehung seiner Fahrerlaubnis wog schwerer als sein Interesse, diese vorläufig zu behalten. Dies begründete sich durch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Maßnahme im summarischen Prüfverfahren. Die Entziehung der Fahrerlaubnis fand ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV, wonach die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.

Die materiellen und formellen Aspekte der Entscheidung

Das Gericht lehnte den Antrag des Antragstellers ab, mit der Folge, dass dieser die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Entscheidung unterstreicht, dass die Feststellung der Alkoholabhängigkeit und die fehlende Nachweisführung einer einjährigen Abstinenz zur Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führen. Einzelbefunde oder mögliche alternative Ursachen für die erhobenen Befunde konnten die gutachterliche Feststellung der Alkoholabhängigkeit nicht erschüttern.

Das VG Koblenz bestätigt mit seinem Beschluss die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Alkoholabhängigkeit, basierend auf einer umfassenden Bewertung der vorliegenden Gutachten und unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wird das öffentliche Interesse gegenüber dem persönlichen Interesse des Fahrerlaubnisinhabers abgewogen?

Die Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und persönlichem Interesse des Fahrerlaubnisinhabers, insbesondere im Kontext der Fahrerlaubnisentziehung wegen Alkoholabhängigkeit, basiert auf rechtlichen Rahmenbedingungen und medizinischen Erkenntnissen. Das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs steht dabei im Vordergrund. Personen, die alkoholabhängig sind, wird grundsätzlich die erforderliche Fähigkeit abgesprochen, den Konsum von Alkohol und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr zu trennen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie bereits mit Alkohol im Straßenverkehr auffällig geworden sind.

Alkoholabhängigkeit wird in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) und den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung als Ausschlusskriterium für die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen definiert. Hohe Blutalkoholkonzentrationen (BAK-Werte) deuten auf eine Toleranzentwicklung hin, die bei Werten ab 3,0 ‰ für eine Alkoholabhängigkeit spricht. Die Fahrerlaubnisbehörden sind verpflichtet, bei Anhaltspunkten für eine Alkoholabhängigkeit die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen.

Das persönliche Interesse des Fahrerlaubnisinhabers, insbesondere die berufliche Notwendigkeit der Fahrerlaubnis, wird im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt. Jedoch überwiegt in der Regel das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Alkoholabhängigkeit vorliegen. Eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung und der Nachweis von mindestens einem Jahr Abstinenz können jedoch zu einer positiven Neubeurteilung der Fahreignung führen.

In Fällen, in denen die Alkoholabhängigkeit nicht eindeutig nachgewiesen werden kann oder wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Anforderungen an die Gutachtensanordnung nicht erfüllt, kann der Fahrerlaubnisentzug rechtlich angefochten werden. Die Gerichte prüfen in solchen Fällen, ob die Fahrerlaubnisbehörde ihre Entscheidung auf eine hinreichend solide Tatsachengrundlage gestützt hat.

Zusammenfassend basiert die Abwägung zwischen öffentlichem und persönlichem Interesse auf der Notwendigkeit, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, und der individuellen Situation des Fahrerlaubnisinhabers. Die rechtlichen und medizinischen Kriterien für die Beurteilung der Fahreignung bei Alkoholabhängigkeit sind dabei maßgeblich.

Inwiefern beeinflusst die Diagnose der Alkoholabhängigkeit die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung?

Die Diagnose der Alkoholabhängigkeit hat weitreichende Konsequenzen für die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung. Gemäß den rechtlichen Bestimmungen und medizinischen Richtlinien wird Alkoholabhängigkeit als ein Ausschlusskriterium für die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen. Dies bedeutet, dass bei einer festgestellten Alkoholabhängigkeit grundsätzlich von einer fehlenden Fahreignung ausgegangen wird, da die betroffene Person nicht in der Lage ist, Alkoholkonsum und das Führen eines Fahrzeugs zu trennen.

Die Fahrerlaubnisbehörden sind verpflichtet, bei Anhaltspunkten für eine Alkoholabhängigkeit die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens zu verlangen. Dieses Gutachten dient dazu, die Alkoholabhängigkeit zu bestätigen oder auszuschließen. Die Diagnose wird dabei anhand der Internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD) festgestellt, wobei bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen.

Sobald eine Alkoholabhängigkeit gutachterlich festgestellt wird, führt dies in der Regel zur Entziehung der Fahrerlaubnis, unabhängig davon, ob die Person bereits alkoholisiert im Straßenverkehr aufgefallen ist oder nicht. Die Entziehung der Fahrerlaubnis basiert auf der Annahme, dass bei Alkoholabhängigkeit jederzeit die Gefahr eines Kontrollverlusts besteht und somit eine Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss möglich ist.

Eine Wiedererlangung der Fahrerlaubnis ist in der Regel erst nach einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung und dem Nachweis einer mindestens einjährigen Alkoholabstinenz möglich. Hierbei muss die betroffene Person glaubhaft machen, dass sie die Alkoholabhängigkeit überwunden hat und zukünftig ein Kraftfahrzeug nicht unter Alkoholeinfluss führen wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Diagnose der Alkoholabhängigkeit maßgeblich für die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung ist und das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit in diesem Kontext das persönliche Interesse des Fahrerlaubnisinhabers überwiegt.

Welche Konsequenzen hat die Nichtvorlage eines Nachweises für einjährige Alkoholabstinenz?

Die Nichtvorlage eines Nachweises für einjährige Alkoholabstinenz kann schwerwiegende Konsequenzen für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis haben. Nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung und der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ist der Nachweis einer mindestens einjährigen Alkoholabstinenz in der Regel erforderlich, um nach einer Alkoholabhängigkeit die Fahreignung wieder zu belegen.

Fehlt dieser Nachweis, kann die Fahrerlaubnisbehörde davon ausgehen, dass die Fahreignung weiterhin nicht gegeben ist. Dies liegt daran, dass bei Alkoholabhängigkeit ein hohes Risiko für die Verkehrssicherheit besteht, da die betroffene Person möglicherweise nicht in der Lage ist, Alkoholkonsum und das Führen eines Fahrzeugs zu trennen.

Die Fahrerlaubnisbehörden sind verpflichtet, bei Anhaltspunkten für eine Alkoholabhängigkeit die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens zu verlangen, das unter anderem die Abstinenz bestätigt. Wird ein solches Gutachten nicht vorgelegt, kann dies zur Entziehung oder zur Nichtwiedererteilung der Fahrerlaubnis führen.

In einigen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde auch eine Kontrollauflage zum Nachweis fortbestehender Alkoholabstinenz anordnen. Die Nichtvorlage des Abstinenznachweises kann dann als Nichterfüllung dieser Auflage gewertet werden, was ebenfalls negative Auswirkungen auf den Status der Fahrerlaubnis haben kann.

Zusätzlich kann die Nichtvorlage eines Abstinenznachweises auch in gerichtlichen Verfahren relevant sein, wenn es um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung geht.


Das vorliegende Urteil

VG Koblenz – Az.: 4 L 730/23.KO – Beschluss vom 19.10.2023

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2.500,– € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig, aber unbegründet.

1. Bei verständiger Würdigung des Begehrens des Antragstellers (§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO) ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass er nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO im Hinblick auf die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis sowie bezüglich der Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins begehrt. Denn die Antragsbegründung verhält sich nicht zu den weiteren Elementen des angegriffenen Bescheids des Antragsgegners vom 15. August 2023 (Androhung des unmittelbaren Zwangs; Kostenfestsetzung).

Der so verstandene Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

2. Die Anordnung des Sofortvollzugs ist formell rechtmäßig. Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Bescheids schriftlich zu begründen. Die Begründung soll auf den konkreten Fall abstellen und darf nicht lediglich formelhaft sein (vgl. W.-R. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO-Komm., 29. Aufl. 2023, § 80 Rn. 85). Diesen Anforderungen genügt die Begründung in der angegriffenen Verfügung. Der Antragsgegner stellt auf die gutachterlich festgestellte Alkoholabhängigkeit des Antragstellers sowie auf das davon ausgehende erhöhte Verkehrsrisiko ab.

3. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen der Beteiligten fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus.

Das öffentliche Interesse an der sofortigen Entziehung seiner Fahrerlaubnis über-wiegt sein Interesse, sie vorläufig behalten zu dürfen, da sich die Maßnahme bei der in Eilverfahren angezeigten summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist.

a) Die Entziehung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Danach hat die Verwaltungsbehörde demjenigen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen; Ermessen hat die Behörde insoweit nicht.

b) Der Antragsgegner hat zu Recht angenommen, der Antragsteller sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.

aa) Nach § 46 Abs. 1 Satz 1, 2 FeV ist die Fahrerlaubnis insbesondere zu entziehen, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Dies ist hier der Fall, denn es liegt ein Mangel nach Ziffer 8.3 Anlage 4 FeV vor. Demnach fehlt es an der erforderlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber alkoholabhängig ist. Gemäß Ziffer 8.4 ist die Eignung erst dann wieder gegeben, wenn die Abhängigkeit nicht mehr besteht und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist.

bb) Nach dem Gutachten des Neurozentrums A*** vom 24. Juli 2023 ist der Antragsteller alkoholabhängig; eine einjährige Alkohol-Abstinenz hat er nicht nachgewiesen.

Entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung bestehen keine Bedenken gegen die gutachterliche Feststellung der Alkoholabhängigkeit. Sie ist schlüssig und sie wurde leitlinienkonform herausgearbeitet.

Nach Ziffer 3.13.2 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Stand: 1. Juni 2022, soll die Diagnose „Abhängigkeit“ bei Alkohol nur gestellt werden, wenn während des letzten Jahres drei oder mehr der in den Leitlinien genannten Kriterien gleichzeitig vorhanden waren. Zu diesen Kriterien zählen neben einem starken oder zwanghaften Konsumwunsch (Nr. 1) eine verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Konsummenge (Nr. 2), ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums (Nr. 3), der Nachweis einer Toleranz (Nr. 4), eine fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen und Interessen (Nr. 5) und ein anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen (Nr. 6).

Im Gutachten wurden beim Antragsteller drei dieser Kriterien festgestellt: Es liege eine körperliche Entzugssymptomatik in Form von andauerndem Zittern, einem erhöhten Ruhepuls, massiver Anspannung und psychomotorischer Unruhe vor. Diese Symptomatik sei in ihrer konkreten Ausprägung nicht durch eine lediglich im Rahmen der Begutachtungssituation erhöhte Anspannung zu erklären. Der Antragsteller habe eine Alkoholtoleranz entwickelt. Dies gehe aus den im Polizeibericht geschilderten Umständen eindeutig hervor. Trotz des Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen gebrauche er fortdauernd Alkohol.

cc) Die Einwände des Antragstellers sind nicht geeignet, diese Feststellungen zu erschüttern.

Dabei ist es nicht ausreichend, Einzelbefunde isoliert anzugreifen. Denn die getroffene Diagnose der Alkoholabhängigkeit basiert auf einer Gesamtschau der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung sowie der Laborwerte (S. 19 f. der Verwaltungsakte). Vor diesem Hintergrund bedarf es zur Erschütterung der sachverständigen Bewertung einer schlüssigen Gegendarstellung, die sich zu den Feststellungen in ihrer Gesamtheit verhält.

Dem werden die Darlegungen des Antragstellers zu einzelnen Laborwerten nicht gerecht. Es mag zutreffen, dass – wie er meint – der MCV-Wert und die Leber-enzyme nur geringfügig erhöht sind, der MCH-Wert noch gerade innerhalb des Normbereichs liegt und der erhobene CDT-Wert für sich genommen lediglich belegt, dass er über einen gewissen Zeitraum „wenigstens 1,5 Liter Bier täglich getrunken“ habe. Dadurch wird die sachverständige Feststellung, der Antragsteller leide unter Alkoholabhängigkeit, indes nicht in Zweifel gezogen. Denn im Gutachten wurden ihr weder unzutreffende Laborwerte zu Grunde gelegt noch diesen eine ihnen nicht zukommende Bedeutung beigemessen. Vielmehr wird ausdrücklich auf die „Konstellation der Laborbefunde“ abgestellt, die einen langfristigen und erheblichen Alkoholkonsum belegten. Diese Schlussfolgerung erscheint stimmig, selbst wenn aus den einzelnen Befunden nicht zwingend der Schluss auf das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit gezogen werden könnte. Denn im Zusammenspiel handelt es sich um gewichtige Indizien, die darauf hinweisen und die Schlussfolgerung, eine Alkoholabhängigkeit liege vor, erlauben.

Dies gilt insbesondere dann, wenn es keine Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Ursachen gibt. Davon ist hier auszugehen. Insoweit erschöpfen sich die Ausführungen des Antragstellers im Aufzeigen von denkbaren Alternativursachen für die erhobenen Befunde, ohne diese Ursachen zu belegen. So wird darauf verwiesen, dass ein erhöhter MCV-Wert, wie er beim Antragsteller festgestellt wurde, auch durch einen Mangel an Folsäure oder Vitamin B12, Lebererkrankungen oder die Einnahme von Medikamenten hervorgerufen werden könne. Ein Tremor könne auch durch Kaffee, Aufregung, Kälte oder Stoffwechselstörungen ausgelöst werden.

Der Antragsteller belegt jedoch nicht, inwiefern in seinem Fall die vom Neurozent-rum A*** erhobenen Befunde auf diese möglichen Alternativursachen – und nicht auf übermäßigen Alkoholkonsum bzw. Entzugserscheinungen – zurückzuführen sind. So legt er schon keine ärztlichen Befunde zu den genannten Nährstoffmängeln, zu einer Lebererkrankung oder zu Stoffwechselstörungen vor. In diesem Zusammenhang muss er sich außerdem entgegenhalten lassen, dass er gegenüber dem Gutachter angegeben hat, keine bekannten Vorerkrankungen zu haben und nicht regelmäßig Medikamente einzunehmen.

Der Antragsteller hat schließlich nichts vorgetragen, um den Nachweis einer besonderen Alkoholtoleranz zu entkräften. Anlässlich des Polizeieinsatzes am 29. Januar 2023 wurde bei ihm eine Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille festgestellt. Dieser Wert weist auf eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Antragstellers hin. Dies gilt umso mehr, als er trotz dieses hohen Wertes zwar nach Alkohol roch, sich aber insgesamt unauffällig („normal“) verhielt, wohingegen es der durchschnittlich alkoholgewöhnten Bevölkerung nicht möglich ist, durch eigenes Handeln überhaupt eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille zu erreichen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 11. September 2006 – 10 B 10734/06.OVG –, juris, Rn. 11).

Das Ergebnis der Blutuntersuchung der Universitätsmedizin Mainz vom 30. August 2023 führt zu keiner anderen Bewertung. Es mag belegen, dass der Antragsteller in dem Zeitraum zwischen der Begutachtung und der Blutuntersuchung durch die Universitätsmedizin seinen Alkoholkonsum erheblich verringert hat. Es bildet indes nur einen Teil der für die gutachterliche Diagnose der Alkoholabhängigkeit maßgeblichen Faktoren ab und ist schon deshalb nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen zu entkräften. Ferner wird die Annahme, der Antragsteller sei infolge seiner Alkoholabhängigkeit ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, durch die dortigen Untersuchungen nicht widerlegt. Da das Gutachten des Neurozentrums A*** das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit belegt, ist zur Annahme der Fahreignung der Nachweis einer in der Regel einjährigen Abstinenz erforderlich (Ziff. 8.4 Anlage 4 FeV). Dieser wird durch die vom Antragsteller vorgelegten Befunde nicht geführt.

Da ein Alkoholmissbrauch i.S.d. Ziffer 8.1 Anlage 4 FeV nicht in Rede steht, kommt es auf die diesbezüglichen Ausführungen des Antragstellers nicht an.

c) Der Einwand des Antragstellers, er benötige die Fahrerlaubnis für seinen Beruf sowie die Familienführung, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Entziehungsentscheidung. Negative Folgen einer Fahrerlaubnisentziehung für die berufliche Situation kommen nicht selten vor und sind vom Gesetz- und Verordnungsgeber bei den einschlägigen Regelungen berücksichtigt und als zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer hinzunehmende Härten eingestuft worden. Überdies hat der Antragsteller im Rahmen der Begutachtung angegeben, vorwiegend im Home-Office zu arbeiten. Vor diesem Hintergrund sind nur geringfügige Auswirkungen der Entziehung auf seine Berufstätigkeit zu erwarten.

4. Ist der Entzug der Fahrerlaubnis rechtlich nicht zu beanstanden, gilt entsprechendes auch für die in der streitgegenständlichen Verfügung auf Grundlage von § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV angeordnete Herausgabe seines Führerscheins.

5. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, wobei sich die Kammer an Nr. 1.5 sowie 46.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013, LKRZ 2014, S. 169) orientiert hat.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!