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Fahrerlaubnisentziehung – typische Drogenausfallerscheinungen bei Verkehrskontrolle

THC-Sünder im Visier: Fahrerlaubnisentzug bei Verkehrskontrolle

Das Verwaltungsgericht Minden hat in seinem Urteil vom 11. Juli 2022 entschieden, dass die Fahrerlaubnisentziehung aufgrund von Drogenkonsum (speziell Cannabis) rechtswidrig war. Es fehlte an ausreichenden Beweisen für regelmäßigen Cannabiskonsum des Klägers. Die ermittelten THC-Werte in den Blutproben waren nicht ausreichend, um einen regelmäßigen Konsum zu belegen. Der Beklagte hätte vor dem Entzug der Fahrerlaubnis weitere Aufklärungsmaßnahmen ergreifen müssen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 K 6630/21  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Entscheidung: Das Gericht hob die Fahrerlaubnisentziehung und die damit verbundene Gebührenfestsetzung auf.
  2. Grundlage: Die Entziehungsverfügung fand keine ausreichende rechtliche Grundlage in den vorliegenden Beweisen.
  3. THC-Werte: Die in den Blutproben festgestellten THC-Werte reichten nicht aus, um regelmäßigen Cannabiskonsum nachzuweisen.
  4. Rechtslage: Die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung wurde anhand der aktuellen Sach- und Rechtslage bewertet.
  5. Eignungsmangel: Ein Eignungsmangel zum Führen eines Fahrzeugs aufgrund von Cannabis war nicht erwiesen.
  6. Gutachtenanforderung: Vor einer Fahrerlaubnisentziehung hätte der Kläger zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert werden müssen.
  7. Gelegentlicher Konsum: Gelegentlicher Cannabiskonsum reicht für sich allein nicht aus, um von fehlender Fahreignung auszugehen.
  8. Zusätzliche Tatsachen: Zusätzliche Tatsachen wie Mischkonsum oder fehlende Trennung zwischen Konsum und Fahren waren nicht ausreichend belegt.

Fahrerlaubnis und Verkehrssicherheit: Eine juristische Betrachtung

Die Frage der Verkehrssicherheit erstreckt sich auch auf das Gebiet der körperlichen und geistigen Fitness von Fahrerlaubnisinhabern. Eine zentrale Rolle nimmt dabei der Cannabiskonsum ein, der häufig im Kontext mit diskutierten und verhandelten Fahrerlaubnisentziehungen steht. Im Mittelpunkt der Diskussion steht hier die Fähigkeit des Fahrers, zwischen Konsum und Fahren – auch unterhalb der erlaubten Grenzwerte – zu trennen.

Untersuchungsmethoden, wie die Blutprobe, dienen dazu, den Konsum psychoaktiver Substanzen wie THC nachzuweisen. Allerdings besteht nach wie vor Diskussionsbedarf, was die juristische Handhabung und die Auslegung der erhobenen Daten betrifft. Einblick in die Praxis erhält man durch die Auseinandersetzung mit realen Fällen und Urteilen. Gehen Sie mit uns auf eine spannende Analyse eines solchen Urteils und lassen Sie uns gemeinsam die Feinheiten des Rechtssystems erforschen.

Die Rechtsprechung bei Cannabiskonsum und Führerscheinentzug

Das Verwaltungsgericht Minden hatte sich in einem bemerkenswerten Fall mit der Entziehung der Fahrerlaubnis eines Autofahrers zu befassen. Der Kläger wurde zweimal innerhalb kurzer Zeit unter dem Einfluss von Cannabis am Steuer erwischt. Die entscheidenden Fragen im Prozess waren, ob der Kläger als gelegentlicher Cannabiskonsument eingestuft werden kann und ob sein Verhalten ein fehlendes Trennungsvermögen zwischen Cannabiskonsum und Teilnahme am Straßenverkehr belegt.

Ablauf der Ereignisse vor der Fahrerlaubnisentziehung

Die erste Verkehrskontrolle fand am 9. Juli 2021 statt, bei der der Kläger typische Drogenausfallerscheinungen zeigte. Eine Blutprobe ergab 20,2 ng/ml THC und 88,8 ng/ml THC-COOH. Bei einer zweiten Kontrolle am 14. Juli zeigte der Kläger erneut drogentypische Verhaltensweisen, und ein Urintest reagierte positiv auf THC. Der Kläger behauptete, seit dem ersten Vorfall kein Cannabis mehr konsumiert zu haben, was die Behörden jedoch anzweifelten.

Kernproblematik: Trennungsvermögen zwischen Konsum und Verkehrsteilnahme

Die zentrale Frage war, ob der Kläger das notwendige Trennungsvermögen zwischen dem Konsum von Cannabis und der Teilnahme am Straßenverkehr aufwies. Dies ist insbesondere relevant, da bei gelegentlichem Konsum von Cannabis zusätzliche Umstände – wie das Fahren unter Einfluss – hinzukommen müssen, um eine Fahrungeeignetheit zu begründen.

Gerichtliche Entscheidung: Aufhebung der Fahrerlaubnisentziehung

Das Gericht stellte fest, dass die in den Blutproben gemessenen THC-Werte allein nicht ausreichten, um einen regelmäßigen Cannabiskonsum und damit eine Fahrungeeignetheit zu belegen. Ferner war das Gericht der Ansicht, dass der Beklagte vor dem Entzug der Fahrerlaubnis weitere Ermittlungen hätte anstellen müssen, wie zum Beispiel die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Das Gericht hob daher die Entziehung der Fahrerlaubnis auf und entschied, dass die Kosten des Verfahrens vom Beklagten zu tragen sind.

Fazit und Weiterleitung zum Urteil

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden zeigt die Komplexität bei der Beurteilung von Cannabiskonsum in Verbindung mit der Teilnahme am Straßenverkehr und der Beurteilung der Fahreignung. Es betont die Notwendigkeit einer differenzierten Einzelfallbetrachtung und stellt klar, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum zusätzliche Umstände für die Annahme einer Fahrungeeignetheit erforderlich sind. Das vollständige Urteil des VG Minden – Az.: 2 K 6630/21 vom 11.07.2022 bietet detaillierte Einblicke in diese Materie und die zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Welche Rolle spielen „typische Drogenausfallerscheinungen“ bei der Beurteilung der Fahrtüchtigkeit in einer Verkehrskontrolle?

„Typische Drogenausfallerscheinungen“ spielen eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Fahrtüchtigkeit in einer Verkehrskontrolle. Diese Ausfallerscheinungen können sich in Form von Fahrfehlern oder Verhaltensauffälligkeiten äußern, die auf den Konsum von Drogen hinweisen. Beispiele für solche Ausfallerscheinungen sind gerötete Augen, Lidflattern oder starkes Zittern.

Es ist jedoch zu beachten, dass der bloße Nachweis von Drogen im Körper eines Fahrers nicht zwangsläufig zu einer Straftat führt. Es müssen zusätzlich spezifische Anknüpfungstatsachen – Ausfallerscheinungen oder Fehlleistungen – festgestellt werden, die unter Berücksichtigung der Drogenbelastung nach Überzeugung des Gerichts auf Fahruntüchtigkeit schließen lassen.

Das bedeutet, dass eine strafrechtliche Ahndung des Fahrens unter Drogeneinfluss nur unter den Voraussetzungen der relativen Fahruntüchtigkeit in Betracht kommt, bei der im Einzelfall der Nachweis erbracht werden muss, dass der Angeklagte im konkreten Fall aufgrund der Wirkung berauschender Mittel zur sicheren Verkehrsteilnahme nicht in der Lage war.

Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass der Konsum von Drogen im Straßenverkehr grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit angesehen wird, unabhängig davon, ob es zu einer Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit gekommen ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „typische Drogenausfallerscheinungen“ ein wichtiger Indikator für die Beurteilung der Fahrtüchtigkeit in einer Verkehrskontrolle sind. Sie können jedoch nur in Kombination mit anderen Faktoren, wie dem Nachweis von Drogen im Körper und dem Verhalten des Fahrers, zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen.

Wie wird der Grenzwert für THC im Straßenverkehrsrecht definiert und welche rechtlichen Konsequenzen hat dessen Überschreitung?

Der Grenzwert für Tetrahydrocannabinol (THC) im Straßenverkehr in Deutschland ist derzeit auf 1,0 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) Blut festgelegt. Dieser Grenzwert ist jedoch umstritten, da er oft noch Tage nach dem Cannabiskonsum überschritten wird, wenn keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit mehr vorliegt. Es gibt daher Forderungen, den Grenzwert zu erhöhen.

Die Überschreitung des Grenzwertes kann sowohl als Ordnungswidrigkeit als auch als Straftat betrachtet werden und hat verschiedene rechtliche Konsequenzen. Im Allgemeinen kann das Fahren unter Drogeneinfluss mit Geldstrafen, dem Entzug der Fahrerlaubnis oder sogar Gefängnisstrafen geahndet werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass bereits eine THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blut zum Entzug der Fahrerlaubnis ausreichen kann.

Es ist jedoch zu erwähnen, dass die rechtlichen Konsequenzen von verschiedenen Faktoren abhängen, wie zum Beispiel der Menge des THC im Blut, der Fahrtüchtigkeit des Fahrers und ob es zu einem Unfall gekommen ist.


Das vorliegende Urteil

VG Minden – Az.: 2 K 6630/21 – Urteil vom 11.07.2022

Die Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 13. September 2021 und die darin enthaltene Gebührenfestsetzung werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

Er wurde am 9. Juli 2021 um 0.40 Uhr als Fahrer eines Kraftfahrzeugs einer Verkehrskontrolle unterzogen. Im hierzu gefertigten Erfassungsbeleg „Schriftliche Verwarnung / OWi-Anzeige“ ist protokolliert, dass bei dem Kläger im Verlaufe der Verkehrskontrolle typische Drogenausfallerscheinungen festgestellt werden konnten. Seine Bindehäute seien gerötet und seine Augen wässrig gewesen. Die Pupillen hätten kaum auf Lichteinwirkungen reagiert. Ein freiwillig durchgeführter Urintest verlief positiv auf THC. Im Rahmen seiner Anhörung nach § 55 OWiG ließ der Kläger sich dahingehend ein, dass er vor eineinhalb Stunden einen Joint geraucht habe. Eine dem Kläger um 01.11 Uhr entnommene Blutprobe enthielt ausweislich der Befundmitteilung von Prof. Dr. med. N. H. , Institut für Rechtsmedizin der M1. -N1. -Universität N2. , vom 21. Juli 2021 20,2 ng/ml THC sowie 88,8 ng/ml THC-COOH.

Am 14. Juli 2021 um 18.30 Uhr wurde der Kläger erneut als Führer eines Kraftfahrzeugs polizeilich kontrolliert. Ausweislich des gefertigten Erfassungsbelegs „Schriftliche Verwarnung / OWi-Anzeige“ habe der Kläger ein drogentypisches Verhalten gezeigt. Er sei nervös gewesen und habe glasige Augen gehabt. Ein freiwillig durchgeführter Urintest schlug auf THC an. Der Kläger gab gegenüber den Polizeibeamten an, er habe seit dem Donnerstag der Vorwoche nichts mehr konsumiert und sei seitdem auch kein Auto mehr gefahren. Dem Kläger wurde um 19.50 Uhr eine Blutprobe entnommen, die sich nach der Befundmitteilung von Prof. Dr. med. N. H. , Institut für Rechtsmedizin der M1. -N1. -Universität N2. , vom 23. Juli 2021 hinsichtlich Cannabinoiden als positiv erwies (1,4 ng/ml THC und 29,4 ng/ml THC-COOH).

Unter dem 5. August 2021 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. September 2021 ließ der Kläger vortragen: Er habe seit dem 9. Juli 2021 kein Cannabis mehr konsumiert. Die Werte der am 14. Juli 2021 entnommenen Blutprobe erklärten sich dadurch, dass noch kein gänzlicher Abbau von THC bzw. THC-Carbonsäure seit dem 9. Juli 2021 stattgefunden habe. Er sei jedoch sicher davon ausgegangen, dass am 14. Juli 2021 – fünf Tage nach der ersten Fahrt – jegliches THC abgebaut sein würde. Es sei für ihn gänzlich überraschend gewesen, dass die Blutprobe immer noch positiv ausgefallen sei. Zwar treffe es zu, dass er zweimal unter Überschreitung des relevanten Grenzwertes von 1,0 ng/ml ein Kraftfahrzeug geführt habe. Hieraus lasse sich aber nicht der Schluss auf ein fehlendes Trennungsvermögen ziehen.

Mit Ordnungsverfügung vom 13. September 2021, den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. September 2021 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt, entzog der Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen (Ziffer 1), forderte den Kläger auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung des Schreibens abzugeben (Ziffer 2) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Ziffer 3). Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung zur Führerscheinabgabe nicht fristgerecht nachkommen sollte, drohte ihm der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR an (Ziffer 4). Gleichzeitig setze der Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 150 EUR fest (Seite 4 der Ordnungsverfügung). Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus: Die Tatsache, dass der Kläger gleich mehrfach – innerhalb von nur knapp einer Woche und trotz für ihn erwartbarer Führerscheinproblematik – unter Überschreitung des relevanten THC-Grenzwertes Fahrzeuge geführt habe, lasse ein nachhaltig nicht ausreichend vorhandenes Trennungsvermögen zwischen dem Cannabiskonsum und der Verkehrsteilnahme erkennen und stelle eine Ausnahme von dem durch das Bundesverwaltungsgericht skizzierten „Regelfall“ des erstmals unter Cannabis-Einfluss fahrenden Gelegenheitskonsumenten dar. Insofern sei die gefahrenrechtliche Annahme bzw. Prognose, dass fehlende Steuerungsfähigkeit oder -bereitschaft zwischen Konsum und Fahren bestehe und somit auch künftig nicht ausreichend zwischen einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Fahren getrennt werde, gerechtfertigt. Dem könne auch nicht die Stellungnahme des Klägers entgegenstehen, er habe seit dem Vorfall vom 9. Juli 2021 kein Cannabis mehr konsumiert und es habe sich bei der zweiten Fahrt um Nachwirkungen des gesicherten Cannabiskonsums der ersten Tat gehandelt. Darauf komme es nicht an, sondern auf die Tatsache, dass der Kläg er innerhalb eines Zeitraums von sechs Tagen ein Kraftfahrzeug unter Überschreitung des maßgeblichen Grenzwertes von 1 ng/ml geführt habe.

Am 20. September 2021 versicherte der Kläger gegenüber dem Beklagten gemäߧ 5 StVG an Eides statt, dass sein Führerschein vermutlich im September bei den Vorbereitungen auf einen geplanten Umzug verlorengegangen sei. Er habe ihn nicht wieder aufgefunden und wisse auch nicht, wo er sich befinde. Er besitze auch keinen anderen Führerschein (keine Ersatz-/Zweitausfertigung, keinen ausländischen Führerschein und keinen internationalen Führerschein).

Der Kläger hat am 13. Oktober 2021 Klage erhoben, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt.

Der Kläger beantragt, die Ordnungsverfügung vom 13. September 2021 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Gründe der angefochtenen Ordnungsverfügung und führt ergänzend aus: Es sei im Hinblick auf die neuerliche Missachtung des Trennungsgebotes am 14. Juli 2021 angezeigt gewesen, unter Beachtung von § 11 Abs. 7 FeV von der Ungeeignetheit aufgrund eines als gesichert anzunehmenden Eignungsmangels gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auszugehen und die Fahrerlaubnis ohne vorheriges Gutachten mit sofortiger Wirkung gemäß § 3 Absatz 1 Satz 1 StVG zu entziehen. Dazu bedürfe es besonderer Umstände des Einzelfalls, welche die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegten, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum. Diese Anforderungen seien im Fall des Klägers im Hinblick auf den sehr engen zeitlichen Zusammenhang der beiden Fahrten unter Cannabiseinfluss gegeben. Im Übrigen werde die klägerseitige Behauptung, seit dem Vorfall am 9. Juli 2021 habe er kein Cannabis mehr konsumiert und bei der zweiten Fahrt am 14. Juli 2021 hätten noch Auswirkungen des gesicherten Cannabiskonsums aus der ersten Tat bestanden, unter Berücksichtigung der wissenschaftlich erwiesenen Nachweisbarkeitsdauer von Cannabis im Blut durch den festgestellten THC-Wert vom 14. Juli 2021 widerlegt; THC sei sechs bis 24 Stunden nachweisbar; lediglich das Abbauprodukt THC-COOH könne – je nach Konsummuster – über einen wie hier in Rede stehenden Zeitraum von 5 Tagen ggf. im Blut festgestellt werden.

Mit Beschluss vom 24. Mai 2022 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten.

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage hat überwiegend Erfolg.

Sie ist indes unstatthaft und somit unzulässig, soweit die Aufhebung der unter Ziffer 4 der Ordnungsverfügung vom 13. September 2021 verfügten Zwangsgeldandrohung begehrt wird. Die Statthaftigkeit einer insoweit allein in Betracht kommenden Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO setzt einen noch nicht erledigten Verwaltungsakt voraus.

Vgl. Schmidt-Kötters, in: Posser/Wolff, BeckOK, VwGO, Stand: 1. Oktober 2019, § 42, Rn. 23.

Die verfügte Zwangsgeldandrohung hat sich indes bereits erledigt, nachdem der Kläger eine eidesstattliche Versicherung über den Verlust des Führerscheins abgegeben hat. Die Abgabepflicht wurde dadurch wirksam durchgesetzt, denn der Verstoß gegen die Wahrheitspflicht ist nach § 156 StGB strafbewehrt.

Vgl. Siegmund in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 12. Dezember 2016, § 5 StVG, Rn. 5.

Die Vollstreckung hat deshalb zu unterbleiben (§ 60 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW). Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte das in Ziffer 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld gleichwohl noch festsetzen und beitreiben wird.

Vgl. VG Würzburg, Urteil vom 24. Februar 2021 – W 6 K 20.1735 -, juris, Rn. 23; VG Bayreuth, Beschluss vom 8. November 2021 – B 1 S 21.1102 -, juris, Rn. 21; unter Bezugnahme auf Art. 37 Abs. 4 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes.

Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.

Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 13. September 2021 ist hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 sowie hinsichtlich der Gebührenfestsetzung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die in Ziffer 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis ist rechtswidrig. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. April 2019 – 3 C 14.17 -, juris, Rn. 11, m.w.N.

Die Entziehungsverfügung findet keine rechtliche Grundlage in §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Nach diesen Vorschriften hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Diese Voraussetzungen sind in der Person des Klägers nicht erfüllt. Ein Eignungsmangel liegt nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV bei regelmäßiger Einnahme von Cannabis vor, wobei es (insoweit anders als bei Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV) nicht darauf ankommt, ob zusätzlich zur Einnahme noch fehlendes Trennungsvermögen oder ein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Für die Annahme einer regelmäßigen und nicht nur gelegentlichen Einnahme von Cannabis fehlt es hier an zureichenden Anhaltspunkten. Anhand der in den Blutproben des Klägers ermittelten Werte lässt sich nicht feststellen, dass er besonders häufig Cannabis konsumiert. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen kann bei Blutproben, die nur wenige Stunden nach dem letzten Konsum abgenommen wurden, ab einer Konzentration des Metaboliten THC-COOH von 150 ng/ml ein regelmäßiger (d.h. nahezu täglicher) Konsum als gesichert angesehen werden.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11 Februar 2015 – 16 B 50/15 -, juris, Rn. 8 und vom 18. Februar 2020 – 16 B 210/19 -, juris, Rn. 13.

Eine solche THC-COOH-Konzentration konnte in den dem Kläger am 9. und 14. Juli 2021 entnommenen Blutproben nicht nachgewiesen werden.

Selbst wenn man mit dem Beklagten aufgrund der in den Blutproben des Klägers ermittelten THC-Werte von einem gelegentlichen Cannabiskonsum des Klägers ausgeht, war der Beklagte nicht ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen zur unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV, 11 Abs. 7 FeV berechtigt, sondern hätte den Kläger zunächst zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auffordern müssen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser „Zusatztatsachen“ ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt.

Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot liegt immer schon dann vor, wenn eine Person als Fahrzeugführer objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben. Auf die Frage, ob der Betroffene erkennen oder auch nur damit rechnen musste, im Zeitpunkt der Verkehrsteilnahme noch unter relevantem Cannabiseinfluss zu stehen, kommt es demgegenüber nicht an.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 -, juris, Rn. 23; Bay. VGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 11 CS 09.1443 -, juris, Rn. 19, jeweils m.w.N.

Der Kläger hat zweimal objektiv unter dem Einfluss einer den Grenzwert von 1 ng/ml übersteigenden THC-Konzentration

Vgl. zu diesem Grenzwert etwa BVerwG, Urteil vom 11. April 2019 – 3 C 14/17 -, juris, Rn. 33.

am Straßenverkehr teilgenommen. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Verneinung der Fahreignung nach einem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose Voraussetzung, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel aber die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. April 2019 – 3 C 13.17 -, 3 C 7.18 -, juris, Rn. 27, – 3 C 14.17 -, juris, Rn. 37, – 3 C 25.17 -, juris, Rn. 28, – 3 C 2.18 -, juris, Rn. 33, – 3 C 8.18 -, juris, Rn. 34, – 3 C 9.18 -, juris, Rn. 26.

Auch ein zweimaliges Auffälligwerden eines Fahrerlaubnisinhabers, der gelegentlich Cannabis konsumiert, im Straßenverkehr unter dem Einfluss von Cannabis rechtfertigt es in der Regel nicht, ohne weitere Sachverhaltsaufklärung die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen anzunehmen und die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2020 – 16 B 885/19 -, juris, Rn. 12; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Dezember 2021 – 13 S 3408/21 -, juris, Rn. 18.

Nach § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist vielmehr – als gebundene Entscheidung – die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden (sofern nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Nichteignung bereits feststeht). Bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG, d.h. auch bei mehreren nach § 24a StVG geahndeten Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ist nach § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV – als gebundene Entscheidung – zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. April 2019 – 3 C 13.17 -, 3 C 7.18 -, juris Rn. 30, – 3 C 14.17 -, juris, Rn. 40, – 3 C 25.17 -, juris, Rn. 31, – 3 C 2.18 -, juris, Rn. 36, – 3 C 8.18 -, juris, Rn. 37, – 3 C 9.18 -, juris, Rn. 29; OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 2020 – 16 B 210/19 -, juris, Rn. 7, vom 23. Juni 2020 – 16 A 2571/18 -, juris, Rn. 7, und vom 15. April 2021 – 16 B 1313720 -, n.V., Seite 2 f. des Beschlussabdrucks.

Eine Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist nur dann nach § 11 Abs. 7 FeV entbehrlich, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. Dies erfordert besondere Umstände des Einzelfalls, aus denen die zuständige Behörde die mangelnde Fahreignung ohne Weiteres selbst feststellen kann. Dazu kann etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, der die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegt, zählen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. April 2019 – 3 C 14.17 -, juris, Rn. 41; OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Februar 2020 – 16 B 885/19 -, juris, Rn. 16, und vom 23. Juni 2020 – 16 A 2571/18 -, juris, Rn. 9.

Derartige Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Ein die Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV rechtfertigender Umstand liegt nicht darin, dass der Kläger die beiden Fahrten unter Cannabiseinfluss innerhalb kurzer Zeit, nämlich innerhalb von fünf Tagen, begangen hat. Dieses Verhalten begründet zwar erhebliche Zweifel an seiner Fahreignung. Hieraus lässt sich aber ein die Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV rechtfertigender Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der innerhalb kurzer Zeit zweimal das Trennungsgebot verletzt, dies wieder tun wird, nicht ableiten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. April 2021 – 16 B 1313720 -, n.V., Seite 3 f. des Beschlussabdrucks.

Ein besonders verantwortungsloser Umgang mit der Einnahme von Cannabis ergibt sich nach Auffassung des Einzelrichters nicht aus der Höhe der in den Blutproben des Klägers festgestellten THC-Werte. Der in der am 14. Juli 2021 entnommenen Blutprobe ermittelte THC-Wert von 1,4 ng/ml liegt nur geringfügig über dem Grenzwert von 1 ng/ml.

Der in der Blutprobe vom 9. Juli 2021 gemessene THC-Wert von 20,2 ng/ml lag zwar – in der Diktion des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – „weit“ über dem vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Grenzwert von 1,0 ng/ml.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2020 – 16 A 2571/18 -, juris, Rn. 11; zu THC-Werten von 11 ng/ml, 10 ng/ml und 7,2 ng/ml.

Indes verbietet es sich nach Auffassung des Einzelrichters, ohne gesetzliche Grundlage oder entsprechende wissenschaftliche Evidenz gleichsam willkürlich zu bestimmen, um welchen Faktor der THC-Grenzwert von 1 ng/ml überschritten werden muss, damit die ab der Grenzwertüberschreitung anzunehmende Beeinträchtigung der Fahrsicherheit bei generell-abstrakter Betrachtung eine neue Qualität erreicht, die den Vorwurf des besonders verantwortungslosen Umgangs mit dem Konsum von Cannabis rechtfertigt und deshalb die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegt.

Vgl. zur beschränkten Aussagekraft einzelner Werte und deren etwaiger Bewertung als „hoch“ auch BGH, Beschluss vom 3. November 1998 – 4 StR 395/98 -, juris, m.w.N.

Mangels normativer Vorgaben oder wissenschaftlich begründbarer Annahmen für einen solchen „Grenzwert über dem Grenzwert“ lässt sich auch nicht definieren, welcher zeitliche Sicherheitsabstand zwischen dem Cannabiskonsum und der Verkehrsteilnahme einzuhalten ist, damit ein Verstoß gegen das Trennungsgebot noch nicht die Schwelle zum besonders verantwortungslosen Umgang mit dem Cannabiskonsum überschreitet. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt auch der Umstand, dass der Kläger am 9. Juli 2021 nur eineinhalb Stunden nach dem inhalativen Konsum von Cannabis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hat, nicht die Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV. Ein besonderer, die vorherige Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens entbehrlich machender Grund liegt hier auch nicht darin, dass der Kläger den Tatbestand des § 316 StGB verwirklicht hätte. Ungeachtet der Frage, inwiefern sich aus der Vorschrift des § 316 StGB Kriterien für die Bewertung eines Umgangs mit dem Cannabiskonsum als besonders verantwortungslos ableiten lassen, hat der Kläger den Tatbestand des § 316 StGB schon nicht erfüllt, weil nicht festgestellt werden kann, dass er zu den Vorfallszeitpunkten fahruntüchtig im Sinne dieser Vorschrift gewesen ist. Der Kläger hat zwar bei beiden Vorfällen ausweislich der gefertigten Ordnungswidrigkeitenanzeigen drogentypische Auffälligkeiten gezeigt (gerötete Bindehäute, wässrige Augen und kaum vorhandene Pupillenreaktion auf Lichteinwirkungen am 9. Juli 2021; glasige Augen und Nervosität am 14. Juli 2021), die aber mangels Feststellungen zu den konkreten Auswirkungen auf die Fahrsicherheit keine hinreichenden Schlüsse auf die Fahrtüchtigkeit erlauben. Rauschmittelbedingte Auffälligkeiten im Fahrverhalten des Klägers sind ebenfalls nicht dokumentiert. Allein aus der nach der Tat gemessenen Wirkstoffkonzentration des Rauschmittels im Blut des Betroffenen kann mangels entsprechender wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht auf die Fahruntüchtigkeit geschlossen werden; einen Grenzwert für eine so genannte „absolute“ Fahruntüchtigkeit i.S.d. § 316 StGB nach Rauschmittelkonsum gibt es nicht.

Vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1998 – 4 StR 395/98 -, juris, Rn. 10; OLG Hamburg, Beschluss vom 19. Februar 2018 – 2 Rev 8/18 -, juris, Rn. 12; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28. Oktober 2010 – Ss 104/2010 (141/10) -, juris, Rn. 7; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27. Januar 2004 – 1 Ss 242/03 -, juris, Rn. 6; a.A. AG Tiergarten, Urteil vom 6. April 2011 – (310 Ds) 3012 PLs 11869/10 (32/10) -, juris, Rn. 13.

Wohl aus diesem Grund ist gegen den Kläger – soweit ersichtlich – auch kein Strafverfahren anhängig.

Schließlich kann der Vorwurf eines besonders verantwortungslosen Umgangs mit der Einnahme von Cannabis hier auch nicht daran geknüpft werden, dass der Kläger sich das erstmalige Auffälligwerden unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr nicht zur Warnung hat gereichen lassen, sondern danach nochmals gegen das Trennungsgebot verstoßen hat. Denn wie bereits dargelegt, ist der Fahrerlaubnisinhaber regelmäßig auch dann (nur) nach § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern, wenn er mehrere nach § 24a StVG geahndete Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis der Fahrerlaubnisinhaber unternommen hat. Der nochmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot unter dem Eindruck eines vorangegangenen Auffälligwerdens stellt somit den Regelfall des § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV dar

– vgl. etwa die Sachverhaltskonstellation, die dem (die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 7 FeV im konkreten Fall ebenfalls verneinenden) Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 11. August 2020 – 6 L 1319/20 – zu Grunde lag (bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 15. April 2021 – 16 B 1313720 -, n.V.) -,

der ein ausnahmsweises Absehen von der Gutachtensanordnung in Anwendung des § 11 Abs. 7 FeV deshalb nicht rechtfertigen kann.

Infolge der Rechtswidrigkeit der Entziehungsverfügung in Ziffer 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung kann auch die in Ziffer 2 ausgesprochene Verpflichtung zur Führerscheinabgabe keinen Bestand haben. Die Verpflichtung zur Führerscheinabgabe setzt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV eine rechtmäßige Entziehung der Fahrerlaubnis voraus, an der es nach den vorstehenden Ausführungen fehlt. Die Gebührenfestsetzung ist als Nebenentscheidung ebenfalls aufzuheben, weil sich die Entziehung der Fahrerlaubnis und dem folgend die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins als rechtswidrig erweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Klageabweisung in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung fällt kostenmäßig nicht ins Gewicht, so dass von einer Kostenquotelung abzusehen war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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