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Bußgeldverfahren – verlesene Urkunden im Hauptverhandlungsprotokoll

OLG Koblenz – Az.: 1 SsRs 99/12 – Beschluss vom 20.12.2012

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung seiner Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 2. Oktober 2012 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

1. Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde richtet sich gegen das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 2. Oktober 2012, durch das er wegen vorsätzlicher Überschreitung der außerörtlichen Höchstgeschwindigkeit um 24 km/h zu einer Geldbuße von 140 € verurteilt wurde.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, weil trotz der (tatsächlichen oder auch nur behaupteten) Verfahrensfehler oder Mängel der schriftlichen Urteilsgründe keiner der in § 80 Abs. 1 OWiG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.

Die Versagung rechtlichen Gehörs wird nicht geltend gemacht.

Eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht geboten, weil

– die Verfahrensrügen nicht den Anforderungen des auch im Rechtsbeschwerdeverfahren geltenden § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügen und/oder dem Hauptverhandlungsprotokoll widersprechen (so wurden Eichschein und Schulungszertifikat ausweislich Bl. 73 d.A. verlesen und nicht nur – wie überflüssigerweise auch protokolliert ist -, zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht);

– die Sachrüge keine Rechtsfragen aufwirft, die einer grundsätzlich Klärung bedürfen – dies gilt auch für die Anforderungen an die Darstellung der subjektiven Tatseite (siehe dazu Senatsbeschl. v. 19.09.2006 – 1 Ss 145/06 – juris Rn. 4) – und auch nicht ersichtlich ist, dass ein Eingreifen des Rechtsbeschwerdegerichts zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.

Mit dieser Entscheidung tritt die Rücknahmefiktion des § 80 Abs. 4 Satz 3 OWiG ein.

2. Protokoll, Verfahren und schriftliche Urteilsgründe geben Anlass zu folgenden Anmerkungen:

a) Die verlesenen Urkunden sind im Hauptverhandlungsprotokoll so genau zu bezeichnen, dass später kein Zweifel über den Umfang der Verlesung entstehen kann („Bl. 4 ff. d.A.“ ist unzureichend).

b) Die Protokollnotiz „zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht“ ist als Zusatz zu protokollierten Beweiserhebungen wie Verlesung oder Inaugenscheinnahme überflüssig und für allein nichtssagend und deshalb unzureichend.

c) Ist in der Hauptverhandlung weder der Betroffene noch ein Verteidiger anwesend, gibt es niemanden, dem wirksam ein rechtlicher Hinweis erteilt werden kann. Wird der Betroffene von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden, muss damit gerechnet werden, dass der Verteidiger versuchen wird, durch Fernbleiben eine drohende Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise zu unterlaufen. Es empfiehlt sich deshalb, den Hinweis vorsorglich schon vor der Hauptverhandlung zu geben – z.B. in Verbindung mit der Terminsladung -, wenn sich die Möglichkeit der Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes auch nur entfernt abzeichnet.

d) Auch für ein Urteil in Bußgeldsachen gilt § 267 StPO. Nach dessen Abs. 1 müssen im Falle einer Verurteilung „die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden.“ Dies erfordert eine geschlossene Darstellung der Tatsachen, die unter die objektiven und subjektiven Merkmale eines Straf- oder Bußgeldtatbestands zu subsumieren sind. Dass der Betroffene eine Autobahn befuhr und dabei einen Audi mit … lenkte (UA S. 3 Mitte), ist für sich gesehen nicht sanktionswürdig.

e) Was die Messbeamten (oder sonstige Zeugen) getan oder nicht getan haben, gehört, falls erforderlich, in die Beweiswürdigung. In den Feststellungen ist darzustellen, was der Betroffene getan und was er sich dabei gedacht bzw. was er warum erkannt hat oder hätte erkennen können.

f) Technische Messsysteme mit einer Bauartzulassung der PTB sind bei gültiger Eichung und Beachtung der Bedienungsanleitung grundsätzlich standardisierte Messverfahren mit der Folge, dass es grundsätzlich ausreicht, wenn die schriftlichen Gründe den Anforderungen genügen, die der BGH im Beschluss vom 19.08.1993 – 4 StR 627/92 – juris Rn. 33, 34 aufgestellt hat. Weitergehende Ausführungen – in der Beweiswürdigung, nicht in den Feststellungen zur Tat – sind nur notwendig, wenn (und soweit) der Betroffene substantiierte Einwendungen (siehe dazu und zu vielem mehr Cierniak, ZfS 2012, 664 f. <666>; Download über http://blog.strafrecht.jurion.de/2012/11/danke-herr-cierniak-akteneinsicht-im-bussgeldverfahren-teil-i/) erhebt oder aus sonstigen Gründen hinreichende Zweifel an der Korrektheit der Messung bestehen.

3. Kosten: §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 StPO

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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