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Bußgeldverfahren – Inhalt der gerichtlichen Entscheidung im Beschlussweg

OLG Hamm – Az.: III-4 RBs 144/19 – Beschluss vom 09.05.2019

Der angefochtene Beschluss wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an das Amtsgericht Rheine zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen im Beschlusswege nach § 72 OWiG wegen „fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 2000 Euro“ verhängt, ihm Ratenzahlung eingeräumt sowie ein Fahrverbot von einem Monat Dauer unter Gewährung der sog. „Viermonatsfrist“ angeordnet. Wegen des festgestellten Sachverhalts verweist der angefochtene Beschluss gem. § 72 Abs. 6 OWiG auf den Bußgeldbescheid, schildert allerdings das festgestellte Verhalten zusätzlich kurz und stellt fest, dass der Betroffene mit einer Geldbuße zu belegen sei, welche in der festgesetzten Höhe tat- und schuldangemessen sei.

Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel beigetreten und beantragt, den angefochtenen Beschluss mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Eine Sachrüge wurde zwar nicht ausdrücklich erhoben.  Jedoch ergibt die Rechtsbeschwerdebegründung, mit der Rechtsfehler im Rahmen der Sanktionsbemessung geltend gemacht werden sowie die Annahme einer fehlerhaften Schuldform, insgesamt noch hinreichend die Erhebung dieser Rüge.

Auf die Sachrüge hin war der angefochtene Beschluss aufzuheben, weil die Gründe des angefochtenen Beschlusses eine Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht auf die Sachrüge hin nicht zulassen.

Die Begründung eines Beschlusses nach § 72 OWiG entspricht der eines Urteils in Strafsachen (Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 72 Rdn. 63). Eine fehlende Beweiswürdigung führt bei einem solchen auf die Sachrüge hin zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (BGH NStZ-RR 1999, 45; KG Berlin, Beschl. v. 16.01.2019 – 3 Ws (B) 312/18 – juris; OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2018 – 4 RBs 378/18 -juris). Von der Begründung durfte hier nicht nach § 72 Abs. 6 OWiG dauerhaft abgesehen werden. In den Fällen, in denen zunächst (zu Recht) von einer Begründung abgesehen werden könnte, ist die vollständige Beschlussbegründung innerhalb von fünf Wochen ab Einlegung der Rechtsbeschwerde zu den Akten zu bringen (§ 72 Abs. 6 S. 3 OWiG), was hier nicht geschehen ist.

Der angefochtene Beschluss enthält keinerlei Beweiswürdigung, insbesondere nicht bzgl. der Annahme einer – trotz der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung von 73% – fahrlässigen Begehungsweise. Auch enthält er keinerlei nähere Erwägungen zur Sanktionsbemessung (die auch im Hinblick auf den Bußgeldrahmen gem. § 24 Abs. 3 StVG, § 17 Abs. 2 OWiG angesichts der angenommenen fahrlässigen begehungsweise fragwürdig erscheint), insbesondere nicht, warum hier von der Regelsanktion (600 Euro Geldbuße und drei Monate Fahrverbot) abgewichen werden konnte. Er war mithin bereits deswegen aufzuheben. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend einen Beschluss nach § 72 OWiG dem Rechtsbeschwerdegericht in gewissem Umfang die Kenntnisnahme des Akteninhalts möglich ist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 05.01.2016 – III – 4 RBs 320/15 – juris; Seitz/Bauer a.a.O. Rdn. 79 m.w.N.). Wollte man auf das Erfordernis einer Beweiswürdigung und der Sanktionsbemessung des Tatrichters völlig verzichten, weil er sich selbst aus den Akten eine Überzeugung bzgl. der Richtigkeit der Feststellungen verschaffen könnte, so würde dies dazu führen, dass  die Rechtsbeschwerdeinstanz – contra legem (vgl. § 79 Abs. 3 OWiG) – von einer Rechtsüberprüfungsinstanz zu einer Berufungsinstanz würde (OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2018 – 4 RBs 378/18 -juris).

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