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Fahrerlaubnisentziehung wegen Einnahme von Amphetamin außerhalb des Straßenverkehrs

VG Gelsenkirchen – Az.: 7 L 291/18 – Beschluss vom 18.04.2018

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 827/18 des Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 5. Februar 2018 wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zulässig, aber unbegründet.

Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen in der angegriffenen Verfügung, denen sie im Wesentlichen folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).

Ergänzend ist mit Rücksicht auf das Klage- und Antragsvorbringen Folgendes auszuführen: Die Entziehungsverfügung findet ihre Grundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV -. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde demjenigen, der sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Ungeeignet ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wer Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV aufweist. Gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 ist die Eignung oder bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu verneinen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes – BtMG – einnimmt.

Der Antragsteller ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, weil er Amphetamin, welches in der Anlage 3 zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt ist, konsumiert hat. Die Einnahme von Amphetamin schließt die Kraftfahreignung unabhängig davon aus, ob – wie vorliegend – unter der Wirkung dieser sog. harten Droge ein Kraftfahrzeug geführt worden ist oder nicht (Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV; vgl. auch: Nr. 3.14.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung des gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und beim Bundesministerium für Gesundheit, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch-Gladbach, Stand: 14. August 2017).

Der Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (Ausnahme: Cannabis) ist nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ein die Kraftfahreignung ausschließender Mangel. Dabei stellt Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV für den Regelfall weder auf die Häufigkeit der Einnahme noch auf ihren Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeuges ab. Es wird weder der missbräuchliche Konsum, noch eine Abhängigkeit, noch eine gelegentliche oder häufige Einnahme vorausgesetzt, sondern lediglich die „Einnahme“ selbst. Deshalb ist im Regelfall von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auch dann auszugehen, wenn es sich lediglich um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 – 16 B 332/07 -, juris, m. w. N.; anders verhält es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss v. 20. Juni 2002, NJW 2002, 2378 ff. und vom 8. Juli 2002, NJW 2002, 2381) nur hinsichtlich der Frage des Zusammenhangs von gelegentlichem Cannabis-Konsum und Kraftfahreignung.

Der zumindest einmalige Amphetamin-Konsum des Antragstellers ist forensisch nachgewiesen durch das Gutachten des Labors L. vom 5. Januar 2018. Danach konnten im Blutserum des Antragstellers 176 µg/l (= ng/ml) Amphetamin festgestellt werden. Zudem hat er sich gegenüber den Polizeibeamten am Abend des 21. Dezember 2017 dahingehend eingelassen, vier Tage zuvor erstmalig Amphetamin konsumiert zu haben; dies hat er auch in der Antrags- und Klageschrift bestätigt. Ein freiwillig durchgeführter Vortest verlief hinsichtlich Amphetamin ebenfalls positiv.

Besondere Umstände, die es im Fall des Antragstellers rechtfertigten, eine Abweichung vom Regelfall im Sinne der Nr. 9.1. der Anlage 4 zur FeV anzunehmen, sind auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen beruflichen Konsequenzen für den Antragsteller nicht erkennbar, da dieser zumindest einmal bewusst harte Drogen konsumiert hat.

Bei feststehender Ungeeignetheit unterbleibt gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung eines Gutachtens und kommen – entgegen der Ansicht des Antragstellers – auch Auflagen nach § 46 Abs. 2 FeV nicht in Betracht, sondern die Fahrerlaubnis ist zwingend zu entziehen; ein Ermessen steht der Antragsgegnerin nicht zu. Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis ist gemäß § 48 Abs. 10 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 FeV auch die dem Antragsteller erteilte Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erloschen.

Die ebenfalls in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 5. Februar 2018 enthaltene deklaratorische Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG) sowie des Führerscheins zur Fahrgastbeförderung (vgl. § 48 Abs. 10 Satz 3 i.V.m. § 47 Abs. 1 FeV entsprechend) begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Angesichts der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung insoweit überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nicht. Dass das Interesse des Antragstellers, seine Fahrerlaubnis wenigstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu können, aus anderen Gründen Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Entziehungsverfügung genießt, ist nicht festzustellen. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen und im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für den Antragsteller muss er als Betroffener jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.

So auch: OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2015 – 16 B 74/15 -, juris m. w. N.

Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 7 K 827/18 gegen die in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung vom 5. Februar 2018 enthaltene Zwangsgeldandrohung kommt ebenfalls nicht in Betracht, da sich diese im Rahmen der summarischen Überprüfung voraussichtlich als rechtmäßig erweist. Sie entspricht den Anforderungen von §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Der Streitwert eines Klageverfahrens, das die Entziehung einer beruflich genutzten Fahrerlaubnis betrifft, beträgt 10.000,- EUR, wenn die berufliche Nutzung – wie bei einem Berufskraftfahrer der Fall – gerade im Führen eines Kraftfahrzeugs besteht.

St. Rspr.: vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Mai 2009 – 16 E 550/09 -, juris, Rn. 2 f., vom 8. April 2014 – 16 B 207/14 -, juris, Rn. 8 und vom 22. Oktober 2015 – 16 E 415/15.

Die Kammer geht von einer beruflichen Nutzung der Fahrerlaubnis durch den Antragsteller aus, da dieser über eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung verfügt und als Krankenwagenfahrer tätig ist. Ist die qualifizierte berufliche Nutzung der entzogenen (allgemeinen) Fahrerlaubnis in der Tätigkeit z.B. als Krankenwagenfahrer begründet, kommt dem mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundenen Verlust der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung keine zusätzliche streitwerterhöhende Bedeutung zu, die es erfordern würde, im Klageverfahren über den doppelten Auffangwert aus § 52 Abs. 2 GKG hinauszugehen. Der sich daraus ergebende Betrag von 10.000,- Euro ist für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um die Hälfte zu ermäßigen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2010 – 16 B 34/10 -, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15. November 2017 – 7 L 3071/17 -.

 

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