Skip to content

Zeugenbeweis bei Rotlichtverstoß – Rotlichtverstöße nur mittels technischer Beweismittel

Gilt bei Rotlicht nur der Blitzer als Beweis? Ein Autofahrer wollte das vor Gericht durchsetzen – und scheiterte. Das Kammergericht Berlin machte klar: Auch Zeugenaussagen von Polizisten zählen. Damit bleibt die Beweiswürdigung in Verkehrsordnungswidrigkeiten frei.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 ORbs 220/24 – 122 SsRs 50/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Kammergericht Berlin
  • Datum: 18. Dezember 2024
  • Aktenzeichen: 3 ORbs 220/24 – 122 SsRs 50/24
  • Verfahrensart: Rechtsbeschwerdeverfahren

Beteiligte Parteien:

  • Betroffener: Antragsteller auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. September 2024

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen, ohne dass eine Begründung erforderlich ist.
  • Begründung: Die Rechtsbeschwerde kann zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bei einer verhängten Geldbuße von 90 Euro nicht zugelassen werden, da keine klärungsbedürftige abstraktionsfähige Rechtsfrage vorliegt. Ein vom Betroffenen geforderter Rechtssatz, dass Rotlichtverstöße nur mittels technischer Beweismittel festgestellt werden dürfen, wird vom Gericht nicht anerkannt. Eine solche Einschränkung der Beweismittel würde gegen die Freie richterliche Beweiswürdigung und die Gewaltenteilung verstoßen und müsste vom Gesetzgeber geregelt werden.
  • Folgen: Der Betroffene trägt die Kosten seiner als zurückgenommen geltenden Rechtsbeschwerde.

Der Fall vor Gericht


Rechtsbeschwerde bei Rotlichtverstoß: KG Berlin bestätigt freie Beweiswürdigung und lehnt Zulassung wegen geringer Geldbuße ab

Das Kammergericht (KG) Berlin hat in einem Beschluss klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsbeschwerde gegen ein Bußgeld wegen eines Rotlichtverstoßes zulässig ist.

Polizei notiert Rotlichtverstoß. Polizist, Ampel, Verkehrskontrolle.
Symbolbild: KI generiertes Bild

Im konkreten Fall wurde der Antrag eines Autofahrers auf Zulassung der Rechtsbeschwerde verworfen, da die Geldbuße zu gering war und keine grundsätzliche Rechtsfrage zur Klärung anstand. Das Gericht betonte zudem den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung und erteilte der Forderung, Rotlichtverstöße nur mittels technischer Geräte nachweisen zu dürfen, eine klare Absage.

Ausgangslage: 90 Euro Bußgeld wegen Rotlichtverstoß durch Amtsgericht Tiergarten

Der Fall begann mit einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. September 2024. Ein Autofahrer wurde wegen eines Verkehrsverstoßes – dem Überfahren einer roten Ampel (Rotlichtverstoß) – zu einer Geldbuße von 90 Euro verurteilt. Mit diesem Urteil war der Autofahrer nicht einverstanden und suchte nach Möglichkeiten, die Entscheidung anzufechten.

Der Versuch des Autofahrers: Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde beim Kammergericht

Der Autofahrer legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Rechtsbeschwerde ein bzw. beantragte deren Zulassung beim Kammergericht Berlin. Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel im Ordnungswidrigkeitenrecht (geregelt im Ordnungswidrigkeitengesetz – OWiG), das ähnlich wie die Revision im Strafrecht funktioniert. Sie dient dazu, Urteile auf Rechtsfehler zu überprüfen, nicht jedoch, die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts erneut zu untersuchen. Allerdings ist die Rechtsbeschwerde nicht in jedem Fall automatisch möglich, insbesondere bei geringen Geldbußen bedarf es einer gesonderten Zulassung durch das höhere Gericht.

Streitpunkt: Müssen Rotlichtverstöße ausschließlich durch technische Beweismittel nachgewiesen werden?

Ein zentraler Punkt in der Argumentation des Autofahrers war offenbar die Art und Weise, wie der Rotlichtverstoß nachgewiesen wurde. Er vertrat die Auffassung, dass solche Verstöße nur „mittels technischer Beweismittel“ – also beispielsweise durch Blitzerfotos oder Videoaufzeichnungen – festgestellt werden dürften. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass er andere Beweismittel, wie etwa die Aussage von Polizeibeamten, die den Verstoß beobachtet haben, für nicht ausreichend oder unzulässig hielt. Mit dieser Argumentation versuchte er, die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu erreichen, möglicherweise weil er hoffte, dass das Gericht diese Rechtsfrage als grundsätzlich klärungsbedürftig einstufen würde.

Entscheidung des Kammergerichts Berlin: Keine Zulassung der Rechtsbeschwerde

Das Kammergericht Berlin lehnte den Antrag des Autofahrers auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ab (Az.: 3 ORbs 220/24 – 122 SsRs 50/24). Der Beschluss vom 18. Dezember 2024 fiel deutlich aus und benötigte laut Gesetz (§ 80 Abs. 4 Satz 3 OWiG) formal nicht einmal eine Begründung, das Gericht fügte jedoch Erläuterungen hinzu.

Begründung: Geringe Geldbuße schließt Zulassung zur Sicherung einheitlicher Rechtsprechung aus

Der Hauptgrund für die Ablehnung liegt in der geringen Höhe der Geldbuße von nur 90 Euro. Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (§ 80 Abs. 1 und 2 OWiG) sieht vor, dass eine Rechtsbeschwerde nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen wird. Eine Zulassung kommt in Betracht, wenn die Geldbuße mehr als 250 Euro beträgt oder wenn bestimmte Nebenfolgen (wie ein Fahrverbot) angeordnet wurden. Eine weitere Möglichkeit ist die Zulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts.

Das Gericht stellte klar, dass eine Zulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bei einer Geldbuße von lediglich 90 Euro gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift setzt voraus, dass die Zulassung zur Fortbildung des Rechts, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder wegen eines schwerwiegenden Verfahrensfehlers notwendig erscheint – jedoch nur, wenn es nicht allein um eine Geldbuße bis 250 Euro geht. Da hier nur eine geringe Geldbuße im Raum stand, war diese Hürde nicht genommen.

Begründung: Kein Bedarf zur Fortbildung des Rechts mangels grundsätzlicher Rechtsfrage

Auch die zweite mögliche Begründung für eine Zulassung – die Notwendigkeit zur Fortbildung des Rechts – sah das Gericht als nicht gegeben an. Eine Zulassung aus diesem Grund erfordert eine klärungsbedürftige, abstraktionsfähige Rechtsfrage, also eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die über den Einzelfall hinausgeht und für viele ähnliche Fälle relevant ist. Eine solche Frage sah das Kammergericht hier nicht.

Ablehnung des Arguments: Forderung nach ausschließlich technischen Beweismitteln unzulässig

Das Gericht ging auch explizit auf die Argumentation des Autofahrers bezüglich der Beweismittel ein. Die Forderung, Rotlichtverstöße dürften nur durch technische Beweismittel nachgewiesen werden, wies das Gericht entschieden zurück. Es erklärte unmissverständlich, dass es einen solchen Rechtssatz nicht aufstellen werde.

Ablehnung des Arguments: Verstoß gegen Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung

Die Begründung hierfür ist fundamental: Ein solcher Grundsatz würde gegen das Prinzip der freien richterlichen Beweiswürdigung verstoßen. Dieses Prinzip ist sowohl im Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 71 OWiG) als auch im Strafprozessrecht (§ 261 StPO) fest verankert. Es besagt, dass das Gericht frei darin ist, wie es die erhobenen Beweise würdigt. Es gibt keinen Vorrang bestimmter Beweismittel (wie technischer Aufzeichnungen) gegenüber anderen (wie Zeugenaussagen). Der Richter entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die vom Autofahrer geforderte Einschränkung auf technische Beweise würde diese richterliche Freiheit unzulässig beschneiden.

Ablehnung des Arguments: Eingriff in die Gewaltenteilung – Beweisregeln Sache des Gesetzgebers

Darüber hinaus betonte das Gericht, dass die vom Autofahrer gewünschte Regelung auch gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen würde. Die Festlegung, welche Beweismittel in einem Gerichtsverfahren zulässig sind und wie sie zu verwenden sind, ist eine Frage des Prozessrechts. Änderungen oder Einschränkungen der zulässigen Beweismittel fallen in die Zuständigkeit des Gesetzgebers, nicht der Gerichte. Die Gerichte wenden das geltende Recht an. Eine derart tiefgreifende Änderung, die die richterliche Beweiswürdigung einschränkt, müsste gesetzlich kodifiziert werden. Nach geltendem Recht („de lege lata“) sei die Forderung des Autofahrers prozessrechtswidrig.

Konsequenz der Entscheidung: Rechtsbeschwerde gilt als zurückgenommen, Kosten für den Autofahrer

Da der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde verworfen wurde, gilt die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG automatisch als zurückgenommen. Die Folge für den Autofahrer ist, dass das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten (90 Euro Geldbuße) rechtskräftig wird. Zusätzlich muss der Autofahrer gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels tragen.

Fazit: Freie Beweiswürdigung gilt auch bei Rotlichtverstößen – Hohe Hürden für Rechtsbeschwerde bei geringen Bußgeldern

Der Beschluss des Kammergerichts Berlin unterstreicht zwei wichtige Punkte im Ordnungswidrigkeitenrecht:

  1. Die Hürden für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde sind bei geringen Geldbußen hoch. Liegt die Geldbuße unter 250 Euro und wurde kein Fahrverbot verhängt, ist eine Zulassung nur in Ausnahmefällen zur Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen möglich.
  2. Der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gilt uneingeschränkt. Gerichte sind nicht darauf beschränkt, Verkehrsverstöße nur durch technische Mittel wie Blitzer nachzuweisen. Auch Zeugenaussagen, beispielsweise von Polizeibeamten, sind zulässige und vollwertige Beweismittel, deren Glaubwürdigkeit das Gericht frei würdigt. Eine Änderung dieser fundamentalen Prozessregel wäre Sache des Gesetzgebers.

Die Schlüsselerkenntnisse

Das Gericht bestätigt, dass Rotlichtverstöße nicht nur durch technische Beweismittel (wie Blitzer), sondern auch durch Zeugenaussagen nachgewiesen werden können. Richter dürfen frei entscheiden, welche Beweismittel sie für glaubwürdig halten – eine Einschränkung auf technische Beweise wäre rechtswidrig und könnte nur durch den Gesetzgeber festgelegt werden. Für Betroffene bedeutet dies, dass ein Rotlichtverstoß auch dann bestehen kann, wenn er nur durch Zeugen (wie Polizeibeamte) beobachtet wurde.

Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet freie richterliche Beweiswürdigung im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten?

Freie richterliche Beweiswürdigung bedeutet, dass das Gericht nicht an starre Regeln gebunden ist, wie es einzelne Beweismittel bewerten muss. Stattdessen bildet sich das Gericht seine Überzeugung über den Sachverhalt aus dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme. Das heißt, der Richter oder die Richterin prüft alle vorgelegten Beweise (wie Zeugenaussagen, Fotos, Messprotokolle etc.) und entscheidet dann nach freier Überzeugung, was er oder sie für wahr hält.

Wie würdigt das Gericht die Beweise?

Stellen Sie sich vor, das Gericht muss verschiedene Puzzleteile zusammensetzen, um ein Bild vom Geschehen zu bekommen. Diese Puzzleteile sind die Beweismittel. Das Gericht schaut sich jedes Teil genau an:

  • Wie glaubhaft ist ein Zeuge? Waren seine Beobachtungen zuverlässig?
  • Ist das Messgerät (z.B. Blitzer) korrekt geeicht und bedient worden?
  • Sind die Angaben in einem Dokument schlüssig?

Der Richter oder die Richterin wägt die Aussagekraft jedes einzelnen Beweismittels ab und betrachtet sie im Zusammenhang mit allen anderen Beweisen. Es gibt keine Vorschrift, die besagt, dass z.B. ein technisches Gutachten immer mehr wiegt als eine Zeugenaussage oder umgekehrt. Die Überzeugungskraft des jeweiligen Beweises im konkreten Fall ist entscheidend.

Zählen auch Zeugenaussagen als Beweis?

Ja, Zeugenaussagen sind ein wichtiges und zulässiges Beweismittel, auch bei Ordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Rotlichtverstößen. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass immer ein technisches Gerät (wie ein Blitzerfoto) nötig ist.

Ein Gericht kann jemanden auch dann für schuldig befinden, wenn die Überzeugung allein auf der glaubhaften Aussage eines Zeugen (z.B. eines Polizeibeamten, der den Verstoß beobachtet hat) beruht. Entscheidend ist, ob das Gericht die Aussage für so zuverlässig und überzeugend hält, dass keine vernünftigen Zweifel am geschilderten Sachverhalt bleiben.

Gibt es Grenzen für die Beweiswürdigung?

Auch wenn die Beweiswürdigung „frei“ ist, bedeutet das nicht, dass sie willkürlich sein darf. Das Gericht muss sich an bestimmte Grenzen halten:

  • Gesetzliche Vorschriften: Bestimmte Beweisregeln im Gesetz müssen beachtet werden.
  • Logik und Erfahrung: Die Schlussfolgerungen des Gerichts müssen logisch nachvollziehbar sein und dürfen nicht allgemeinen Erfahrungssätzen oder Naturgesetzen widersprechen.
  • Begründungspflicht: Das Gericht muss seine Entscheidung im Urteil nachvollziehbar begründen. Es muss darlegen, welche Beweise es wie gewürdigt hat und warum es zu seiner Überzeugung gelangt ist. Diese Begründung ermöglicht eine Überprüfung des Urteils in einer höheren Instanz.

Für Sie bedeutet das: Ob Sie wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt werden, hängt davon ab, ob das Gericht nach sorgfältiger Prüfung aller relevanten Beweismittel – seien es technische Daten oder Zeugenaussagen – davon überzeugt ist, dass Sie die Ordnungswidrigkeit begangen haben.


zurück zur FAQ Übersicht

Wann kann ich gegen ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit Rechtsbeschwerde einlegen?

Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel, das Sie unter bestimmten Voraussetzungen gegen eine gerichtliche Entscheidung in einer Bußgeldsache einlegen können. Sie ist nicht der erste Schritt, um sich gegen einen Bußgeldbescheid zu wehren.

Der Weg zur Rechtsbeschwerde: Erst der Einspruch

Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erhalten, mit dem Sie nicht einverstanden sind, ist der erste Schritt der Einspruch. Diesen legen Sie bei der Behörde ein, die den Bescheid erlassen hat. Wenn die Behörde den Einspruch nicht zurücknimmt, wird der Fall an das zuständige Amtsgericht abgegeben. Das Gericht prüft den Fall dann in einer Hauptverhandlung und trifft eine Entscheidung, meist durch ein Urteil.

Wichtig: Der Einspruch richtet sich gegen den ursprünglichen Bußgeldbescheid der Behörde. Die Rechtsbeschwerde richtet sich erst gegen das spätere Urteil (oder bestimmte Beschlüsse) des Gerichts.

Voraussetzungen für die Rechtsbeschwerde

Eine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts ist nicht automatisch möglich. Sie kommt nur in Betracht, wenn bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind. Mit der Rechtsbeschwerde wird das Urteil des Amtsgerichts nur auf Rechtsfehler überprüft, nicht der gesamte Sachverhalt neu aufgerollt. Das bedeutet, es wird geprüft, ob das Gericht das Gesetz richtig angewendet hat.

Die Rechtsbeschwerde ist hauptsächlich in zwei Fallgruppen möglich:

  1. Bei höheren Geldbußen oder Nebenfolgen:
    • Wenn das Gericht Sie zu einer Geldbuße von mehr als 250 Euro verurteilt hat.
    • Oder wenn gegen Sie eine Nebenfolge angeordnet wurde. Die wichtigste Nebenfolge ist ein Fahrverbot.
    • Auch in diesen Fällen prüft das nächsthöhere Gericht (meist das Oberlandesgericht), ob die Beschwerde zulässig ist und ob tatsächlich Rechtsfehler vorliegen.
  2. Bei Notwendigkeit der Zulassung (insbesondere bei geringeren Geldbußen):
    • Liegt die Geldbuße bei 250 Euro oder darunter und wurde keine Nebenfolge (wie ein Fahrverbot) verhängt, ist die Rechtsbeschwerde nur möglich, wenn sie ausdrücklich zugelassen wird.
    • Die Zulassung muss durch das Oberlandesgericht erfolgen. Sie wird nur erteilt, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt:
      • Grundsätzliche Bedeutung: Der Fall wirft eine Rechtsfrage auf, die über Ihren Einzelfall hinaus wichtig ist und bisher nicht eindeutig von höheren Gerichten geklärt wurde. Stellen Sie sich vor, es geht um die Auslegung einer ganz neuen Vorschrift, bei der Unsicherheit besteht. Ihr Fall könnte dann helfen, diese Frage für alle zu klären.
      • Fortbildung des Rechts: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist notwendig, um das Recht weiterzuentwickeln.
      • Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung: Das Urteil des Amtsgerichts weicht von Entscheidungen höherer Gerichte ab, und die Rechtsbeschwerde ist nötig, um sicherzustellen, dass Gerichte ähnliche Fälle gleich behandeln.

Was bedeutet das für Sie?

Die Hürden für eine Rechtsbeschwerde sind bewusst hoch angesetzt. Sie ist nicht dazu gedacht, jede gerichtliche Entscheidung in Bußgeldsachen nochmals überprüfen zu lassen, sondern konzentriert sich auf Fälle mit höheren Sanktionen oder solche, die für die Rechtsordnung von besonderer Bedeutung sind. Ob eine Rechtsbeschwerde in einem konkreten Fall möglich und sinnvoll ist, hängt stark von den Details des Einzelfalls und der gerichtlichen Entscheidung ab. Die Rechtsbeschwerde muss zudem innerhalb einer bestimmten Frist eingelegt und begründet werden.


zurück zur FAQ Übersicht

Welche Rolle spielen technische Beweismittel (z.B. Blitzerfotos) bei der Feststellung von Verkehrsverstößen?

Technische Beweismittel wie Blitzerfotos oder Videos von Rotlichtkameras sind wichtige, aber nicht die einzigen Mittel, um Verkehrsverstöße nachzuweisen. Auch andere Beweise, wie zum Beispiel die Aussagen von Zeugen, können für die Feststellung eines Verstoßes ausreichen.

Die Bedeutung technischer Beweismittel

Technische Geräte liefern oft Daten, die als objektiv wahrgenommen werden. Ein Blitzerfoto kann beispielsweise das Fahrzeug, das Kennzeichen und manchmal den Fahrer zeigen, zusammen mit der gemessenen Geschwindigkeit oder der Zeit, die seit dem Umschalten der Ampel auf Rot vergangen ist.

Damit solche technischen Beweise verwertbar sind, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört in der Regel, dass das Messgerät gültig geeicht war und von geschultem Personal korrekt aufgestellt und bedient wurde. Liegen diese Voraussetzungen vor, gelten die Messergebnisse oft als starkes Indiz für den entsprechenden Verkehrsverstoß. Sie helfen dabei, den Ablauf des Geschehens möglichst genau zu dokumentieren.

Zeugenaussagen als Beweismittel

Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass bestimmte Verstöße, wie das Überfahren einer roten Ampel, ausschließlich durch technische Geräte bewiesen werden müssen. Auch die Aussage eines Zeugen, insbesondere eines erfahrenen Polizeibeamten, kann als Beweis genügen.

Stellen Sie sich vor, ein Polizeibeamter beobachtet, wie ein Fahrzeug bei Rot über die Ampel fährt. Wenn dieser Beamte seine Beobachtung im Bußgeldverfahren oder vor Gericht klar, detailliert und nachvollziehbar schildert, kann diese Aussage als glaubhaft und überzeugend gewertet werden. Eine solche Zeugenaussage kann dann allein oder zusammen mit anderen Indizien ausreichen, um den Rotlichtverstoß festzustellen, auch ohne dass ein Foto oder Video existiert.

Entscheidung nach Gesamteindruck

Im deutschen Recht gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Das bedeutet, dass die zuständige Behörde oder das Gericht alle vorliegenden Beweismittel prüft und bewertet. Es gibt keine starre Regel, die besagt, dass ein technischer Beweis automatisch mehr zählt als eine glaubwürdige Zeugenaussage oder umgekehrt.

Entscheidend ist der Gesamteindruck aller Beweise. Die Behörde oder das Gericht muss davon überzeugt sein, dass der Verstoß tatsächlich stattgefunden hat. Sowohl technische Daten als auch Zeugenaussagen werden auf ihre Zuverlässigkeit und Überzeugungskraft hin geprüft. Technische Beweismittel sind also ein häufiges und oft starkes, aber eben nicht das einzig mögliche Beweismittel bei Verkehrsverstößen.


zurück zur FAQ Übersicht

Was bedeutet es, wenn ein Gericht die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ablehnt?

Wenn ein Gericht die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ablehnt, bedeutet das, dass sich das nächsthöhere Gericht nicht mehr mit dem Fall beschäftigen wird. Die Entscheidung des vorherigen Gerichts wird damit endgültig und rechtskräftig.

Was ist eine Rechtsbeschwerde?

Eine Rechtsbeschwerde ist ein spezielles Rechtsmittel, das nur in bestimmten Gerichtsverfahren vorgesehen ist. Sie ist vergleichbar mit der Revision in anderen Verfahrensarten. Mit einer Rechtsbeschwerde kann eine gerichtliche Entscheidung daraufhin überprüft werden, ob das vorherige Gericht das Recht richtig angewendet, also Rechtsfehler gemacht hat. Es geht dabei in der Regel nicht darum, den Sachverhalt neu zu untersuchen oder Zeugen erneut zu befragen.

Warum wird die Zulassung manchmal abgelehnt?

Eine Rechtsbeschwerde ist nicht automatisch in jedem Fall möglich. Sie muss vom Gericht ausdrücklich zugelassen werden. Das Gericht prüft dafür bestimmte Voraussetzungen. Die Zulassung erfolgt meist nur, wenn:

  • der Fall eine grundsätzliche Bedeutung hat (also eine Frage betrifft, die über den Einzelfall hinaus wichtig ist) oder
  • die Entscheidung des höheren Gerichts notwendig ist, um das Recht fortzubilden (also bei neuen Rechtsfragen) oder
  • eine einheitliche Rechtsprechung sichergestellt werden muss (also wenn verschiedene Gerichte ähnliche Fälle unterschiedlich entscheiden).

Liegen diese Voraussetzungen nach Ansicht des Gerichts nicht vor, lehnt es die Zulassung der Rechtsbeschwerde ab. Manchmal entscheidet schon das Gericht, dessen Entscheidung angefochten werden soll, über die Zulassung. Lehnt es die Zulassung ab, gibt es unter Umständen die Möglichkeit einer sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde zum höheren Gericht. Lehnt auch dieses Gericht die Zulassung (oder die Nichtzulassungsbeschwerde) ab, ist der Weg der Rechtsbeschwerde endgültig verschlossen.

Was sind die Folgen der Ablehnung?

Die wichtigste Folge der Ablehnung ist: Die Entscheidung des vorherigen Gerichts wird rechtskräftig. Das bedeutet:

  • Die Entscheidung ist endgültig und bindend.
  • Sie kann mit den üblichen Rechtsmitteln (wie eben der Rechtsbeschwerde) nicht mehr angefochten werden.
  • Der Rechtsstreit in dieser Sache ist damit abgeschlossen. Es findet keine weitere gerichtliche Überprüfung des Falls in diesem Verfahrenszug statt.

Für Sie bedeutet das, dass Sie das Ergebnis des vorherigen Urteils oder Beschlusses akzeptieren müssen, so wie es entschieden wurde.

Gibt es noch andere Möglichkeiten?

Nachdem die Zulassung einer Rechtsbeschwerde abgelehnt wurde und die Entscheidung damit rechtskräftig ist, sind die Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, sehr begrenzt. Der normale Weg durch die Gerichtsinstanzen ist beendet.

In ganz besonderen Ausnahmefällen und unter sehr strengen Voraussetzungen könnte theoretisch noch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht oder einem Landesverfassungsgericht in Betracht kommen. Dies ist jedoch kein normales Rechtsmittel, sondern ein außerordentlicher Rechtsbehelf, der nur möglich ist, wenn man geltend machen kann, durch die Gerichtsentscheidung in seinen Grundrechten verletzt worden zu sein. Die Hürden hierfür sind sehr hoch.


zurück zur FAQ Übersicht

Was bedeutet der Begriff „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ im Zusammenhang mit Rechtsbeschwerden?

Der Begriff „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ bedeutet im Grunde, dass ähnliche Rechtsfragen von verschiedenen Gerichten möglichst gleich entschieden werden sollen. Es geht darum, Widersprüche in der Rechtsprechung zu vermeiden und sicherzustellen, dass das Recht im ganzen Land einheitlich angewendet wird. Eine Rechtsbeschwerde kann aus diesem Grund zugelassen werden, damit ein höheres Gericht eine wichtige Rechtsfrage klären kann, zu der es unterschiedliche Meinungen gibt.

Warum ist einheitliche Rechtsprechung wichtig?

Stellen Sie sich vor, zwei Personen haben einen fast identischen Streitfall, leben aber in unterschiedlichen Regionen Deutschlands. Es wäre ungerecht und verwirrend, wenn die Gerichte in diesen Regionen zu völlig unterschiedlichen Urteilen kämen, obwohl die Fälle so ähnlich sind.

Eine einheitliche Rechtsprechung sorgt für:

  • Gleichbehandlung: Alle Bürgerinnen und Bürger sollen vor dem Gesetz gleichbehandelt werden, unabhängig davon, vor welchem Gericht ihr Fall verhandelt wird.
  • Rechtssicherheit: Menschen und Unternehmen müssen sich darauf verlassen können, wie Gerichte bestimmte Rechtsfragen wahrscheinlich entscheiden werden. Das macht das Recht vorhersehbar.
  • Vertrauen in die Justiz: Einheitliche Entscheidungen stärken das Vertrauen in die Gerichte und das gesamte Rechtssystem.

Wann ist die Einheitlichkeit gefährdet?

Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist insbesondere dann gefährdet, wenn:

  • Unterschiedliche Gerichte ähnliche Fälle unterschiedlich beurteilen: Zum Beispiel könnte ein Oberlandesgericht in München eine bestimmte Vertragsklausel für gültig halten, während ein Oberlandesgericht in Hamburg dieselbe Art von Klausel für ungültig erklärt.
  • Ein Gericht von der Entscheidung eines höheren Gerichts abweicht: Wenn zum Beispiel ein Amts- oder Landgericht bewusst anders entscheidet, als es der Bundesgerichtshof (eines der obersten Gerichte in Deutschland) in einem früheren Urteil getan hat, entsteht ein Widerspruch.

Beispiel: Verschiedene Gerichte könnten uneinig darüber sein, ob eine bestimmte Formulierung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Online-Shops Kunden unangemessen benachteiligt oder nicht. Wenn hier unterschiedliche Urteile gesprochen werden, führt das zu Unsicherheit bei Kunden und Unternehmen.

Wie hilft die Rechtsbeschwerde dabei?

Wenn eine solche Uneinigkeit besteht oder ein Gericht von einer wichtigen Entscheidung eines höheren Gerichts abweichen möchte, kann eine Rechtsbeschwerde zugelassen werden, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu sichern.

Das bedeutet: Ein höheres Gericht (oft der Bundesgerichtshof oder ein anderes oberstes Bundesgericht) bekommt die Möglichkeit, die strittige Rechtsfrage grundsätzlich zu klären. Die Entscheidung dieses höheren Gerichts ist dann wegweisend für alle untergeordneten Gerichte. Diese müssen sich in zukünftigen, ähnlich gelagerten Fällen an diese Entscheidung halten.

Dadurch wird die Einheitlichkeit wiederhergestellt und Rechtssicherheit geschaffen. Es geht also nicht nur um die Korrektur einer einzelnen Entscheidung im konkreten Fall, sondern darum, eine klare Linie für die Auslegung des Rechts vorzugeben, von der alle profitieren.


zurück zur FAQ Übersicht

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Rechtsbeschwerde

Die Rechtsbeschwerde ist ein besonderes Rechtsmittel gegen Urteile in Ordnungswidrigkeitenverfahren, das vor allem zur Überprüfung von Rechtsfehlern dient, nicht jedoch zur erneuten Prüfung der Tatsachen. Sie ist im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geregelt (§ 80 OWiG) und kann nur zugelassen werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, etwa bei einer höheren Geldbuße oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Im Unterschied zur Berufung oder Revision überprüft die Rechtsbeschwerde nicht den gesamten Fall, sondern fokussiert sich auf rechtliche Fragen.

Beispiel: Wenn jemand wegen einer Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße verurteilt wird, kann er gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde einlegen, falls er glaubt, dass das Gericht das Recht falsch angewendet hat.


Zurück zur Glossar Übersicht

Freie richterliche Beweiswürdigung

Die freie richterliche Beweiswürdigung bedeutet, dass das Gericht selbstständig entscheidet, wie es vorgelegte Beweise bewertet, ohne an starre Beweisregeln gebunden zu sein (§ 71 OWiG, § 261 StPO). Es gibt keinen Vorrang bestimmter Beweismittel; beispielsweise darf Zeugenaussagen genauso berücksichtigt werden wie technische Aufnahmen. Dieses Prinzip sichert, dass Richter auf Grundlage aller Umstände zu einer Überzeugung gelangen, was besonders im Bußgeldverfahren relevant ist, um eine faire und ausgewogene Beurteilung zu gewährleisten.

Beispiel: Bei einem Rotlichtverstoß kann das Gericht sowohl Fotos von Blitzeranlagen als auch Zeugenberichte prüfen und selbst entscheiden, welcher Beweis überzeugender ist.


Zurück zur Glossar Übersicht

Zulassung der Rechtsbeschwerde

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist eine behördliche Erlaubnis, die notwendig ist, damit das Rechtsmittel bei geringeren Geldbußen überhaupt geprüft wird (§ 80 Abs. 1 und 2 OWiG). Sie wird nur erteilt, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, wie das Überschreiten einer Mindestgeldbuße (z. B. mehr als 250 Euro) oder wenn eine wichtige Rechtsfrage vorliegt, die für viele ähnlich gelagerte Fälle von Bedeutung ist (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder Fortbildung des Rechts). Fehlt diese Zulassung, kann das Rechtsmittel nicht durchgesetzt werden.

Beispiel: Wer eine Geldbuße von 90 Euro akzeptabel findet, hat keine automatische Möglichkeit, mit einer Rechtsbeschwerde das Urteil anzufechten; er braucht vorher die Zulassung des höheren Gerichts.


Zurück zur Glossar Übersicht

Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ein Gesetzeszweck, der darauf abzielt, gleiche rechtliche Fragen in allen ähnlichen Fällen gleich zu behandeln und dadurch Widersprüche zwischen Gerichten zu vermeiden (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Ein Gericht kann die Rechtsbeschwerde deshalb zulassen, wenn eine begründete Unsicherheit oder Abweichung in der bisherigen Rechtsprechung besteht. Ohne diese Begründung, insbesondere bei geringfügigen Geldbußen, ist eine Zulassung in der Regel ausgeschlossen.

Beispiel: Wenn unterschiedliche Gerichte widersprüchlich beurteilen, ob ein bestimmtes Beweismittel zulässig ist, könnte das Kammergericht die Rechtsbeschwerde zulassen, um eine einheitliche Linie zu schaffen.


Zurück zur Glossar Übersicht

Fortbildung des Rechts

Fortbildung des Rechts bedeutet, dass Gerichte durch ihre Entscheidungen neue Rechtsgrundsätze entwickeln oder bestehende Klärungen vornehmen, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben (§ 80 Abs. 2 OWiG). Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts setzt voraus, dass eine grundlegende, abstrakte Rechtsfrage vorliegt, die noch nicht abschließend geklärt ist und eine wichtige Bedeutung für die Rechtsprechung hat. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, wird eine Zulassung versagt.

Beispiel: In dem Fall könnte etwa die Frage, ob Rotlichtverstöße ausschließlich durch technische Beweismittel nachweisbar sein müssen, eine solche Rechtsfrage darstellen – was das Gericht hier jedoch verneinte.

Zurück zur Glossar Übersicht


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 80 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Regelt die Zulassung und das Verfahren der Rechtsbeschwerde im Ordnungswidrigkeitenrecht, insbesondere wann Rechtsbeschwerden zulässig oder unzulässig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Ablehnung der Rechtsbeschwerde gegen eine geringe Geldbuße von 90 Euro stützt sich auf § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, der die Rechtsbeschwerde zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung bei geringfügigen Bußgeldern ausschließt.
  • § 71 OWiG (freie Beweiswürdigung): Bestimmt, dass Gerichte im Bußgeldverfahren die Beweise frei und nach eigener Überzeugung würdigen dürfen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Forderung des Betroffenen, Rotlichtverstöße nur mittels technischer Beweismittel festzustellen, wird mit Verweis auf die freie richterliche Beweiswürdigung zurückgewiesen.
  • § 261 StPO (Beweiswürdigung im Strafprozess): Entspricht dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Strafprozess und bindet die Richter nur an das Gerichtsergebnis, nicht an konkrete Beweismittel. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Stützt die Entscheidung des Gerichts, keine Einschränkung der zulässigen Beweismittel auf technische Verfahren vorzunehmen, weil dies der richterlichen Beweiswürdigung widerspräche.
  • § 46 Abs. 1 OWiG (Kostenentscheidung): Regelt die Tragung der Kosten des Bußgeldverfahrens, wobei der Betroffene im Falle des Unterliegens diese Kosten zu tragen hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Betroffene trägt die Kosten der zurückgenommenen Rechtsbeschwerde gemäß dieser Vorschrift.
  • § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (Kostenentscheidung in gerichtlichen Verfahren): Bestimmt, dass Kostenentscheidungen auch im Zusammenhang mit Verfahren zur Rechtsbeschwerde getroffen werden können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Ergänzend zur OWiG-Vorschrift wird hier die Entscheidung über die Kostentragung bei der Rechtsbeschwerde belegt.
  • Gewaltenteilung (Verfassungsprinzip, Art. 20 Abs. 2 GG): Verhindert eine Vermischung der Kompetenzen zwischen Legislative, Exekutive und Judikative, insbesondere hinsichtlich der Festlegung von Beweiserhebungsregeln durch die Gerichte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht lehnt die einseitige Beweismittelerhebung durch Vorschläge des Betroffenen ab, da nur der Gesetzgeber solche prozessrechtlichen Änderungen kodifizieren kann.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Autofahrer bei einem Bußgeld wegen Rotlichtverstoß

Wer schon einmal wegen eines Rotlichtverstoßes eine Geldbuße erhalten hat, überlegt oft, wie man dagegen vorgehen kann. Viele fragen sich, ob sie dagegen Rechtsmittel einlegen können und welche Beweise vor Gericht zugelassen werden.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Rechtsbeschwerde bei geringem Bußgeld nur in Ausnahmefällen möglich
Bei kleinen Geldbußen, wie zum Beispiel 90 Euro, ist die Zulassung einer Rechtsbeschwerde nicht selbstverständlich. Das höhere Gericht prüft bei geringen Beträgen häufig nicht, ob das Urteil richtig ist, wenn keine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt.

Beispiel: Sie bekommen ein Bußgeld von unter 100 Euro wegen eines Rotlichtverstoßes – eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist in solchen Fällen meist schwierig.

⚠️ ACHTUNG: Wer eine Rechtsbeschwerde ohne Zulassung einlegt, riskiert, dass der Antrag schnell abgelehnt wird und keine weitere Überprüfung erfolgt.


Tipp 2: Beweise für Rotlichtverstöße müssen nicht zwingend technisch sein
Ein Rotlichtverstoß kann nicht nur durch Fotos oder Videos (z. B. Blitzeraufnahmen) bewiesen werden. Auch Zeugenaussagen, etwa von Polizeibeamten, sind grundsätzlich als Beweismittel zulässig und können zur Verurteilung führen. Es besteht keine Pflicht, ausschließlich technische Beweise vorzulegen.

Beispiel: Wenn ein Polizist den Rotlichtverstoß beobachtet und darüber aussagt, können Sie auch darauf verurteilt werden, obwohl keine Kameraaufnahme existiert.


Tipp 3: Widerspruch prüfen und schriftlich einlegen
Bevor Sie eine Rechtsbeschwerde anstreben, können Sie innerhalb der vorgesehenen Frist Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen. Dabei ist es wichtig, die Frist genau einzuhalten und Gründe korrekt anzugeben.

Beispiel: Innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Bußgeldbescheids schriftlich Einspruch einlegen und dabei auf formale Mängel oder Beweislücken hinweisen.

⚠️ ACHTUNG: Ein verspäteter Einspruch oder eine nicht ordnungsgemäß eingelegte Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung und führt meist zum Verlust von Rechten.


Tipp 4: Bei unsicherer Rechtslage professionelle Hilfe suchen
Wenn Sie Zweifel an der Beweisführung oder der Entscheidung haben, ist es sinnvoll, frühzeitig einen Anwalt für Verkehrsrecht zu konsultieren. Dieser kann einschätzen, ob eine Rechtsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat oder ob andere Verteidigungsmöglichkeiten bestehen.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?

Die Rechtsbeschwerde überprüft keine Tatsachen, sondern nur Rechtsfragen. Überdies muss bei geringen Bußgeldern ein spezieller Zulassungsantrag gestellt werden, der oft als unzulässig abgelehnt wird. Planen Sie daher Ihren Rechtsbehelf sorgfältig und informieren Sie sich über Fristen und Voraussetzungen.

Checkliste: Umgang mit Bußgeld wegen Rotlichtverstoß

  • Fristen für Einspruch und Rechtsbeschwerde genau einhalten
  • Prüfen, ob die Geldbuße hoch genug ist, um Rechtsbeschwerde zuzulassen
  • Kenntnis haben, dass Zeugenaussagen als Beweis zulässig sind
  • Rechtzeitig schriftlichen Einspruch oder Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde stellen
  • Bei Unsicherheiten Verkehrsrechtsanwalt zu Rate ziehen

Das vorliegende Urteil


KG Berlin – Az.: 3 ORbs 220/24 – 122 SsRs 50/24 – Beschluss vom 18.12.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!