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Wiederholte Geschwindigkeitsüberschreitungen – Fahrverbot und Vorsatz

AG Tiergarten, Az.:  (342 OWi) 3024 Js-OWi 15468/14 (831/14), Beschluss vom 16.03.2015

Gegen den Betroffenen wird wegen einer vorsätzlichen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 3 Abs. 3, 49 StVO in Verbindung mit §§ 24, 25 Abs. 1, Abs. 2a StVG eine Geldbuße in Höhe von 200,– (zweihundert) Euro festgesetzt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeglicher Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Entscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten nach Eintritt der Rechtskraft.

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Betroffene ist von Beruf Bauunternehmer. Berufsbedingt beträgt seine Fahrleistung als Kraftfahrer etwa 60000 bis 80000 km pro Jahr. Der Betroffene ist verkehrsrechtlich vorbelastet. Der Auszug aus dem Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 16.02.2015 weist nachfolgende Eintragungen auf:

[…]

II.

Am 15.08.2014 befuhr der Betroffene als Führer des Kraftfahrzeugs Pkw BMW, amtliches Kennzeichen […], um 10.03 Uhr die S-Straße in B in Richtung BAB 100. In dem vom Betroffenen befahrenen Streckenabschnitt gilt die gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO innerörtliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Gleichwohl befuhr der Betroffene den Streckenabschnitt mit einer Geschwindigkeit von 75 km/h, wobei er billigend in Kauf nahm, die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten.

III.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen hat sich der Betroffene mit Schriftsatz vom 9. Januar 2015 wie unter I. dargelegt eingelassen und zugleich eingeräumt, zur Tatzeit der Fahrzeugführer des beschriebenen Fahrzeugs gewesen zu sein.

IV.

Der Betroffene hat nach Überzeugung des Gerichts den unter II. dargelegten Streckenabschnitt mit einer Geschwindigkeit von 75 km/h befahren. Dazu bekundete der in der Hauptverhandlung gehörte Zeuge PHS K, er habe die in der S- Straße befindliche stationäre Geschwindigkeitsüberwachungsanlage Traffistar S 330 ausgewertet. Er legte dazu die von ihm ausgewerteten Fotoaufzeichnungen vor. Das Gericht hat diese mit den bei der Akte befindlichen Lichtbildern, die allseits in Augenschein genommen wurden verglichen und festgestellt, dass die vom Zeugen ausgewerteten Lichtbilder und die bei der Akte befindlichen Lichtbilder identisch sind. Der Zeuge bekundete weiter, dass die Geschwindigkeitsaufzeichnungsanlage eine Geschwindigkeit von 78 km/h gemessen habe. Von dieser gemessenen Geschwindigkeit hat das Gericht eine Messtoleranz von 3 km/h abgezogen, sodass eine vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung um 25 km/h zu Grunde zu legen ist. Der Zeuge K bekundete ferner, dass es sich bei dem Messabschnitt um einen Bereich handele, in dem die gesetzliche innerörtliche Höchstgeschwindigkeitsregelung von 50 km/h bestehe. Der Zeuge bekundete weiter, dass er bei der Auswertung der Anlage keinerlei Defekte oder sonstige Unregelmäßigkeiten habe feststellen können. Ebenso wenig seien ihm Eichmarkenverletzungen bekannt. Das Gericht geht deswegen davon aus, dass eine ordnungsgemäße Geschwindigkeitsmessung mit dem stationären Messverfahren nach Traffistar S 330 durchgeführt wurde, und hat sich von der ordnungsgemäßen Eichung durch die Verlesung des Eichscheins für die Messanlage Traffipax Traffistar S 330, Standort: B, S-straße, überzeugt. Ausweislich des am 14.10.2013 ausgestellten Eichscheins bestand eine gültige Eichung bis zum Ende des Jahres 2014. Das Gericht merkt dazu an, dass die Eichung nicht nur die eigentliche Geschwindigkeitsaufzeichnungsanlage betrifft, sondern auch die in der Fahrbahn eingelassenen piezoelektrischen Drucksensoren. Hinsichtlich der Einzelheiten der Fotos zur Messdokumentation wird auf die bei der Akte befindlichen Lichtbildkopien (Blatt 2 bis 4 der Akte) verwiesen.

V.

Nach den getroffenen Feststellungen hat sich daher der Betroffene eines vorsätzlich begangenen Geschwindigkeitsverstoßes gemäß §§ 3 Abs. 3, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG schuldig gemacht.

Das Gericht geht davon aus, dass der Betroffene den Geschwindigkeitsverstoß nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich beging.

Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 50 % ist im Regelfall Vorsatz anzunehmen, weil einem Fahrzeugführer die hohe Geschwindigkeitsüberschreitung auf Grund der vorbeiziehenden Umgebung sowie der Fahrgeräusche bewusst wird (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 8. März 2005 – 3 Ws (B) 551/04, Beschluss vom 17.04.2002 – 3 Ws (B) 118/02 und Beschluss vom 15.04.2005 – 3 Ws (B) 132/05 – alle bei Juris). So liegt der Fall hier. Dem Betroffenen war als Kraftfahrer auch bekannt, dass die innerorts maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h beträgt (vgl. dazu KG Berlin, Beschluss vom 08.12.2011 – 3 Ws (B) 555/11).

VI.

Das Gericht hat als Grundlage seiner Rechtsfolgenentscheidung die Regelungen der Bußgeldkatalogverordnung nebst dazugehöriger Anlagen herangezogen. Tabelle 1 Nr. 11.3.4 des Anhangs zur Bußgeldkatalogverordnung sieht als Regelsatz für eine innerorts begangene Geschwindigkeitsüberschreitung von maximal 25 km/h eine Geldbuße von 80,00 € vor. Das Gericht hatte daneben § 3 Abs. 4 a Satz 1 der Bußgeldkatalogverordnung zu berücksichtigen, wonach bei vorsätzlicher Tatbestandsverwirklichung die im Bußgeldkatalog enthaltene Geldbuße zu verdoppeln ist. Daneben hat das Gericht weiter berücksichtigt, dass der Betroffene ausweislich des verlesenen Auszugs aus dem Fahreignungsregister erheblich verkehrsrechtlich vorbelastet ist. Da neben diesen bußgelderhöhenden Merkmalen keine eine Verringerung der Geldbuße rechtfertigenden Gesichtspunkte ersichtlich sind, hat das Gericht die Geldbuße angemessen auf 200,00 € erhöht. Anhaltspunkte dafür, dass die Geldbuße für den Betroffenen eine unzumutbare wirtschaftliche Härte darstellt, hat weder die Hauptverhandlung ergeben noch ist dies von dem Betroffenen vorgetragen worden.

Daneben hat das Gericht gegen den Betroffenen ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Zwar ist bei Geschwindigkeitsverstößen innerorts, die unterhalt von 31 km/h liegen, ein solches nach dem Bußgeldkatalog regelmäßig nicht vorgesehen. Das Gericht hat jedoch gegen den Betroffenen nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 der Bußgeldkatalogverordnung ein Fahrverbot wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verhängt.

Ein Fahrverbot wegen beharrlichen Pflichtenverstoßes setzt voraus, dass eine wiederholte Begehung von Verkehrsverstößen eine mangelnde rechtstreue Gesinnung erkennen lässt. Bedeutung gewinnt der innere Zusammenhang der Verkehrsverstöße, die Schwere der jeweiligen Verkehrsverstöße sowie der zeitliche Abstand der einzelnen Taten zueinander und auch der Abstand zwischen der urteilsgegenständlichen Tat und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 22.08.2007 – 3 Ws (B) 429/06, OLG Bamberg, Beschluss vom 23.11.2012 – 3 Ss OWi 1576/12 mit weiteren Nachweisen – alle bei Juris).

Auf der Grundlage der vorgenannten Kriterien ist bei dem Betroffenen von einem beharrlichen Pflichtenverstoß auszugehen. Neben dem hier abgeurteilten erheblichen und vorsätzlich begangenen Geschwindigkeitsverstoß ergingen gegen den Betroffenen nachfolgende Bußgeldbescheide, die allesamt Geschwindigkeitsverstöße schwereren Ausmaßes betrafen:

1. Am 05.04.2011 erging gegen den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 24 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften ein Bußgeldbescheid über 70,00 €.

2. Am 19.12.2011 erging gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h über 120,00 €.

3. Am 18.12.2012 erging gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes von 27 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften von 140,00 €.

4. Am 27.03.2013 erging gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes um 23 km/h über 160,00 €.

5. Am 04.12.2013 erging gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid über 140,00 € wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes außerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h.

6. Am 11.12.2013 erging gegen den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h eine Geldbuße von 120,00 €.

7. Am 23.05.2014 erging gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid über 160,00 € wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h.

Nach Überzeugung des Gerichts ist ein innerer Zusammenhang sämtlicher Verkehrsverstöße gegeben, da alle Eintragungen – ebenso wie die hier abgeurteilte Tat – ausnahmslos Geschwindigkeitsverstöße betreffen. Die Taten wurden in einem engen inhaltlichen Zeitraum begangen; immerhin hat der Betroffene von April 2011 bis Mai 2014 insgesamt 10 Punkte nach altem Recht und einem Punkt nach neuem Registerrecht, umgerechnet also 5 Punkte nach neuem Recht „angesammelt“. Die niedrigste Geschwindigkeitsüberschreitung betrug 21 km/h, die höchste 30 km/h. Allein daraus wird ersichtlich, dass der Betroffene ausnahmslos Verkehrsverstöße erschwerter Art begangen hat. Der vergleichsweise geringe Abstand zwischen dem hier abgeurteilten Tatvorwurf vom 15.08.2014 und der Hauptverhandlung vom 16.03.2015 lässt nicht erkennen, dass sich an dem aus dem Fahreignungsregister erkennbaren Verhaltensmuster des Betroffenen grundlegendes geändert hat. Das Gericht ist deswegen der Auffassung, dass dem Betroffenen nicht nur ein beharrlicher Pflichtenverstoß zur Last zu legen ist, sondern dass auf Grund seines dargelegten Gesamtverhaltens dem Betroffenen durch die Verhängung eines Fahrverbots verdeutlicht werden muss, dass er seine Einstellung bezüglich angemessener Fahrweise im Straßenverkehr grundlegend überdenken muss.

Der Vortrag des Betroffenen, er sei als Bauunternehmer bei einer Fahrleistung von etwa 60000 bis 80000 km pro Jahr auf seine Fahrerlaubnis angewiesen, gab dem Gericht keine Veranlassung, von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen. Wenn der Betroffene, wie er vorträgt, dringend auf seine Fahrerlaubnis und die Möglichkeit sein Kraftfahrzeug nutzen zu können, angewiesen ist, wäre es an dem Betroffenen gewesen, seine unangemessene Fahrweise entsprechend zu korrigieren und auf diesem Wege Fahrverbote oder ähnliche verkehrsrechtliche Sanktionen zu vermeiden.

VII.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO in Verbindung mit § 46 OWiG.

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