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Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsfahrt – Mitwirkungspflicht Betroffener

VG Trier – Az.: 1 L 940/14.TR – Beschluss vom 04.06.2014

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis für die Klassen CE, DE und B unverzüglich wiederzuerteilen, ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um unter anderem wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen. Deren tatsächlichen Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Überprüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen im Einzelfall an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Führt die begehrte Maßnahme zur auch nur vorläufigen und zeitweiligen unumkehrbaren Vorwegnahme – wie vorliegend vom Antragsteller begehrt – kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden.

Der Antragsteller hat zunächst keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Soweit er hierzu lediglich ausführt, dass er dringend seinen Führerschein benötige und ihm ein weiteres Zuwarten nicht mehr möglich sei, weil er den Verlust seines Arbeitsplatzes befürchte, so hat er diese ausgesprochene Vermutung bislang nicht glaubhaft gemacht. Sein Vortrag, dass er voraussichtlich nur noch bis Ende Juni 2014 bei seinem bisherigen Arbeitgeber beschäftigt sein wird, lässt vielmehr den Rückschluss zu, dass der Arbeitgeber ihn seit Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund des Strafbefehls vom 14. Dezember 2011, rechtskräftig seit dem 5. Januar 2012, auch ohne Besitz einer Fahrerlaubnis weiterbeschäftigt hat, was nicht erkennen lässt, weshalb der Arbeitgeber nunmehr nach Ablauf von 2 ½ Jahren den Besitz der Fahrerlaubnis wieder für notwendig erachtet.

Schon allein wegen dieser fehlenden Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unbegründet.

In Anwendung der vorgenannten Maßstäbe hat der Antragsteller zudem keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Vielmehr spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht.

Der Anspruch auf (Wieder)Erteilung der Fahrerlaubnis setzt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – und § 11 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung – FeV – die im Zweifelsfall vom Antragsteller nachzuweisende Fahreignung voraus. Einen solchen hier erforderlichen Nachweis hat der Antragsteller nicht geführt, weil er ein notwendiges medizinisch-psychologisches Gutachten mit entsprechendem positivem Ergebnis nicht beigebracht hat.

Die Notwendigkeit der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens folgt – ohne Ermessensspielraum für die Fahrerlaubnisbehörde aus § 13 Satz 1 Nr. 2 d) FeV. Nach dieser Vorschrift ordnet die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn die Fahrerlaubnis aus einem unter den Buchstaben a) bis c) genannten Gründen entzogen war. Letzteres ist vorliegend der Fall. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 14. Dezember 2011 wurde der Antragsteller wegen Trunkenheitsfahrt mit 2,49 Promille nach § 316 Strafgesetzbuch – StGB – verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von neun Monaten entzogen mit der Begründung, der Antragsteller habe sich durch die Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Mithin hat der Antragsteller den Tatbestand des § 13 Abs. 2 c) FeV verwirklicht, da er ein Fahrzeug mit über 1,6 Promille geführt hat.

Nach § 13 Abs. 2 FeV war der Antragsgegner folglich nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig zu machen mit der Folge, dass der Antragsteller nur auf diesem Wege den Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung führen kann. Ein solches wurde vom Antragsteller nach Beantragung der Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen CE, DE unter dem 22. August 2012 mit Schreiben vom 14. September 2012 erstmals eingefordert. Das vom Antragsteller eingeholte Fahreignungsgutachten vom 14. Dezember 2012 fiel jedoch negativ aus. Am 22. Januar 2013 beantragte der Antragsteller erneut die Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen CE und DE. Das von ihm abermals eingeholte Fahreignungsgutachten bei einer anderen Begutachtungsstelle kam ebenso zu einem für ihn negativen Ergebnis. Am 21. November 2013 beantragte der Antragsteller nochmals die Neuerteilung der Fahrerlaubnisklassen CE und DE. Gleichzeitig erklärte er sich mit der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung einverstanden. Die Begutachtung sollte von der … GmbH durchgeführt werden. Die der Begutachtungsstelle zur Verfügung gestellten Unterlagen erhielt die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 27. Dezember 2013 jedoch ohne Kommentar zurück. Unter dem 25. März 2014 beantragte der Antragsteller – nunmehr über einen Verfahrensbevollmächtigten – die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis der Klassen CE und DE unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 9. April 2014. Der Aufforderung der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 31. März 2012 ein medizinisch-psychologisches Eignungsgutachten vorzulegen, damit über den Neuerteilungsantrag entschieden werden könne, kam der Antragsteller nicht nach.

Da ohne ein derartiges Gutachten eine Entscheidung über die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nicht möglich ist, der Antragsteller ein solches nicht beigebracht hat, scheidet schon deshalb die Annahme eines Anordnungsanspruchs aus, ohne dass es im Einzelnen auf die Rechtmäßigkeit einer Gutachtensanforderung – hier zuletzt mit Schreiben vom 31. März 2013 – ankommt.

Daher bleibt lediglich anzumerken, dass die vom Antragsteller vorgetragenen Einwände insgesamt nicht verfangen. Das Gesetz sieht weder für den Fall einer – wie von ihm behauptet – nur einmaligen Verfehlung, der nachgewiesenen Inanspruchnahme verkehrspsychologischer Hilfe noch für den Fall eines konstruktiven Auseinandersetzens mit der Verfehlung eine Ausnahme vom Erfordernis der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vor.

Auch eine Interessenabwägung kann dem Antrag vorliegend nicht ausnahmsweise zum Erfolg verhelfen. Im Hinblick auf die erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, die von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgehen, sind die persönlichen und beruflichen Nachteile hinzunehmen, die der Antragsteller erleidet, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht. Diese Nachteile halten sich, da die vom Antragsteller befürchtete Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bislang nicht erfolgt ist, in Grenzen. Unabhängig davon steht es ihm frei, sich der – wie dargelegt – gebotenen medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen und damit die Voraussetzungen zu schaffen, um eine baldige Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu ermöglichen und somit den beruflichen Nachteilen entgegenzuwirken.

Nach alledem war der Antrag mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Ziffern 46.3, 46.4, 46.6 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169).

 

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