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Vorläufige Fahrerlaubnisentziehung – Wegfall des Eignungsmangels wegen Zeitablaufs

OLG Koblenz 1. Strafsenat, Az: 1 Ws 513/07

Beschluss vom 10.10.2007

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 10. September 2007 wird als unbegründet auf seine Kosten (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO) verworfen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen á 40 Euro. Außerdem entzog es ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist von 6 Monaten für ihre Neuerteilung an.

Auf die dagegen eingelegte Berufung änderte die kleine Strafkammer in der Hauptverhandlung vom 10. September 2007 das Urteil lediglich im Rechtsfolgenausspruch ab, indem sie die Höhe des Tagessatzes auf 30 Euro ermäßigte und die Sperrfrist auf 3 Monate herabsetzte. Im Übrigen hat sie das Rechtsmittel verworfen.

Zugleich hat sie dem Angeklagten die Fahrerlaubnis gem. § 111a Abs. 1 StPO vorläufig entzogen.

Gegen diesen Beschluss hat der Angeklagte Beschwerde und gegen das Urteil Revision eingelegt.

II.

Zu entscheiden ist vorliegend über die Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Das Rechtsmittel ist zulässig (vgl. Senat NStZ-RR 1997, 206), jedoch unbegründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu wie folgt Stellung genommen:

„1. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis setzt gemäß § 111a Abs. 1 Satz 1 StPO voraus, dass dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, die Fahrerlaubnis werde gemäß § 69 StGB entzogen werden. Das ist hier der Fall.

a) Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis unter anderem dann, wenn jemand wegen einer rechtswidrigen Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB), die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt wird und sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Ist die rechtswidrige Tat ein Vergehen der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB), ist der Täter gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. Die Wirkung der Regelvermutung für den von § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB vorausgesetzten Zusammenhang zwischen Anlasstat und Eignungsmangel geht dahin, dass eine die charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begründende eingehende Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Straftäters nur dann erforderlich ist, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Ausnahmefall gegeben sein könnte (Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 69 Rdnr. 22 m.w.N.). Ist der Sachverhalt demgegenüber nicht auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles atypisch gelagert, bedarf es der ansonsten erforderlichen Würdigung der Täterpersönlichkeit nicht (OLG Koblenz, 1. Strafsenat, Beschluss vom 6. April 2006 – 1 Ws 217/06 -).

b) Liegt – wie hier – ein mit der Revision angefochtenes Urteil vor, kommt den Feststellungen des Tatrichters zu den Voraussetzungen des § 69 StGB für die zu treffende Beschwerdeentscheidung zwar keine Bindungs-, aber eine Indizwirkung zu, da das Tatgericht auf Grund der durchgeführten Hauptverhandlung über eine größere Sachnähe und bessere Erkenntnismöglichkeiten verfügt als das Beschwerdegericht, das sich nur auf den Akteninhalt stützen kann (OLG Koblenz, 1. Strafsenat, NStZ-RR 1997, 206 <207>; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2000, 240 <241>). Dessen Wertung von der fehlenden charakterlichen Eignung hat das Beschwerdegericht grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie die dem Urteil zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen (KG, a.a.O. <444>). Eine von dem Urteil abweichende Beurteilung der Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Beschwerdegericht kann danach nur ausnahmsweise in Betracht kommen. Das ist etwa dann der Fall, wenn die schriftlichen Urteilsgründe in dieser Frage einen offensichtlichen sachlich-rechtlichen Fehler aufweisen, der einen Erfolg der Revision mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten lässt oder wenn neue Tatsachen vorliegen, deren Nichtberücksichtigung sich in der Revisionsentscheidung als rechtsfehlerhaft erweisen wird oder die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 359 Nr. 5 StPO) nach dessen rechtskräftigen Abschluss nahe legt (OLG Koblenz, 1. Strafsenat, Beschluss vom 6. April 2006 – 1 Ws 217/06 -). Gründe, die danach zu einer Aufhebung des Beschlusses nach § 111a StPO führen könnten, sind auf Grund des bislang allein vorliegenden Urteilstenors hier nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Beschwerde rechtfertigt der bloße bisherige Zeitablauf nicht zwangsläufig die Annahme, der durch die Tatbegehung indizierte Eignungsmangel sei in dem Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung entfallen. Zwar kann darin, wenn die eine charakterliche Ungeeignetheit begründenden Taten geraume Zeit zurückliegen und der Täter seitdem nicht mehr nachteilig aufgefallen ist, ein Grund liegen, der die Beurteilung rechtfertigt, der ursprünglich vorhandene Mangel bestehe nicht mehr (BGH, BGHR, StGB, § 69 Abs. 1 Entziehung 2; 4). Das ist hier angesichts des bisherigen Zeitablaufs von etwa einem Jahr nach Begehung der Tat allerdings nicht zu besorgen. Dem Umstand, dass die Anlasstat längere Zeit zurück liegt, kommt vielmehr erst nach deutlich längeren Zeiträumen Bedeutung zu (vgl. etwa BGH, a.a.O.: zwei Jahre und sechs Monate bzw. vier Jahre; s. ferner zu § 44 StGB: OLG Hamm, VRs 109, 19 <20>: zwei Jahre und drei Monate).

2. Gesichtspunkte, die die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis als nicht verhältnismäßig erscheinen lassen könnten (BVerfG, NJW 2001, 357), sind ebenfalls nicht erkennbar.“

Diese Ausführungen sind zutreffend. Der Senat schließt sich ihnen an.

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