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Voraussetzung einer wirksamen Ersatzzustellung des Bußgeldbescheides

Ein kleiner Formfehler, große Wirkung: Weil ein Datum auf einem Briefumschlag fehlte, entging eine Autofahrerin im Saarland einer Strafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung. Das Oberlandesgericht Saarbrücken erklärte den Bußgeldbescheid für unwirksam und ließ die Verjährung eintreten. Ein Sieg für den Formalismus im Verkehrsrecht?

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Bußgeldbescheid wurde aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung für ungültig erklärt.
  • Das Amtsgericht St. Ingbert setzte eine Geldbuße und ein Fahrverbot fest, obwohl die Verjährungsfrist abgelaufen war.
  • Die Verteidigung beanstandete die Missachtung der erforderlichen Zustellungsregelungen und die mangelnde Bereitstellung von Messunterlagen.
  • Das Oberlandesgericht hob das Urteil des Amtsgerichts auf und stellte das Verfahren ein.
  • Die Hauptschwierigkeit lag in der Frage, ob die Zustellung des Bußgeldbescheids korrekt und wirksam erfolgte.
  • Das Gericht entschied, dass die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit verjährt war und somit kein Verfahren mehr zulässig ist.
  • Die Zustellung war nicht wirksam, da auf dem Umschlag das Datum der Zustellung fehlte, was eine zwingende Vorschrift ist.
  • Die Entscheidung stützt sich auf die Verletzung formeller Zustellungsvorschriften, die nicht eingehalten wurden.
  • Diese Entscheidung betont die Wichtigkeit der genauen Einhaltung von Zustellungsprozeduren für die Wirksamkeit von Bußgeldbescheiden.
  • Betroffene können gegen Bußgeldbescheide vorgehen, wenn Zustellungsmängel vorliegen, die ihre Rechte verletzen.

Gericht hebt Bußgeldbescheid auf: Fehler bei Ersatzzustellung entscheidend

Die Zustellung von Bußgeldbescheiden ist ein wichtiger Bestandteil im deutschen Rechtswesen. Damit ein Bußgeldbescheid rechtswirksam ist und die darin festgelegte Geldstrafe eingefordert werden kann, muss er ordnungsgemäß zugestellt werden. Neben der Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher, kann dies auch durch eine sogenannte „Ersatzzustellung“ geschehen, beispielsweise durch die Post. Für die Wirksamkeit einer Ersatzzustellung sind allerdings bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, die im Gesetz genau festgelegt sind. Diese Voraussetzungen dienen dazu sicherzustellen, dass der Betroffene tatsächlich vom Bußgeldbescheid Kenntnis erlangt und sich gegen die darin festgestellte Ordnungswidrigkeit wehren kann.

Erfüllt der Bußgeldbescheid die Voraussetzungen einer wirksamen Ersatzzustellung nicht, kann er später im Falle eines Rechtsstreits vor Gericht angefochten werden. Ob eine Ersatzzustellung wirksam ist, hängt von vielen Faktoren ab, etwa dem konkreten Zustellungsweg, der Einhaltung von Fristen und den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls. Um die rechtlichen Anforderungen an eine Ersatzzustellung im Einzelnen zu verstehen, ist es hilfreich, einen konkreten Fall zu betrachten, der vor einem Gericht verhandelt wurde. Im Folgenden wollen wir ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) untersuchen, das sich genau mit dieser Frage auseinandersetzt.

Ihr Bußgeldbescheid ist fehlerhaft zugestellt worden?

Wir kennen Ihre Rechte. Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Verkehrsrecht und verfügt über langjährige Erfahrung in der erfolgreichen Anfechtung von Bußgeldbescheiden. Nutzen Sie Ihre Chance und lassen Sie uns Ihren Fall unverbindlich prüfen. Ihr Rechtsschutz könnte die Kosten übernehmen. Kontaktieren Sie uns noch heute für eine erste Einschätzung.

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Der Fall vor Gericht


Unwirksame Zustellung eines Bußgeldbescheids führt zu Verjährung

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Saarbrücken hat in einem Beschluss vom 03.06.2024 (Az. 1 Ss (OWi) 44/24) entschieden, dass die Verfolgung einer Geschwindigkeitsüberschreitung verjährt war, weil der Bußgeldbescheid nicht wirksam zugestellt wurde.

Sachverhalt: Geschwindigkeitsüberschreitung und fehlerhafte Zustellung

Die Zentrale Bußgeldbehörde hatte gegen die Betroffene einen Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erlassen. Laut Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid am 09.06.2023 in den Briefkasten der Betroffenen eingelegt. Der Verteidiger der Betroffenen legte am 12.06.2023 Einspruch ein. Das Amtsgericht verurteilte die Betroffene daraufhin zu einer Geldbuße von 320 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot.

Entscheidungsgründe: Fehlender Datumsvermerk führt zu unwirksamer Zustellung

Das OLG hob das Urteil auf und stellte das Verfahren ein. Entscheidend war, dass auf dem Umschlag des Bußgeldbescheids entgegen der gesetzlichen Vorschrift des § 180 Satz 3 ZPO das Datum der Zustellung nicht vermerkt war. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH handelt es sich hierbei um eine zwingende Zustellungsvorschrift. Bei Verletzung dieser Vorschrift gilt das Schriftstück erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt.

Ein tatsächlicher Zugang bei der Betroffenen selbst konnte nicht nachgewiesen werden. Auch der Zugang des Duplikats beim Verteidiger reichte nicht aus, da dieser zum Zeitpunkt des Zugangs weder kraft Gesetzes noch rechtsgeschäftlich zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt war.

Rechtsfolge: Eintritt der Verfolgungsverjährung

Da die dreimonatige Verjährungsfrist nicht wirksam unterbrochen wurde, war die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit zum Zeitpunkt des amtsgerichtlichen Urteils bereits verjährt. Das OLG hob daher das Urteil auf und stellte das Verfahren ein.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung verdeutlicht die hohen formalen Anforderungen an eine wirksame Zustellung von Bußgeldbescheiden. Fehlt der vorgeschriebene Datumsvermerk auf dem Umschlag, kann dies zur Unwirksamkeit der Zustellung und letztlich zur Verjährung führen. Für Betroffene kann es sich daher lohnen, den Zustellungsumschlag aufzubewahren und auf formale Fehler zu prüfen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Diese Entscheidung unterstreicht die strikte Auslegung der Zustellungsvorschriften im Bußgeldverfahren. Der fehlende Datumsvermerk auf dem Zustellungsumschlag führte zur Unwirksamkeit der Zustellung und letztlich zur Verjährung des Bußgeldverfahrens. Dies verdeutlicht die hohe Bedeutung formaler Korrektheit bei Zustellungen und eröffnet Betroffenen die Möglichkeit, Bußgeldbescheide aufgrund von Zustellungsmängeln erfolgreich anzufechten. Behörden müssen daher äußerste Sorgfalt bei der Einhaltung aller Zustellungsvorschriften walten lassen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erhalten haben, lohnt es sich, den Zustellungsumschlag genau zu prüfen. Fehlt der vorgeschriebene Datumsvermerk auf dem Umschlag, könnte die Zustellung unwirksam sein. Dies kann dazu führen, dass die Verjährungsfrist nicht unterbrochen wird und der Bußgeldbescheid letztlich seine Gültigkeit verliert. Bewahren Sie daher den Umschlag sorgfältig auf und zeigen Sie ihn im Zweifel einem Anwalt. Auch wenn der Bußgeldbescheid in Ihren Briefkasten eingelegt wurde, während Sie abwesend waren, könnte dies für Ihre Verteidigung relevant sein. Das Urteil stärkt Ihre Rechte als Betroffener und unterstreicht die Wichtigkeit formaler Korrektheit im Bußgeldverfahren.


FAQ – Häufige Fragen

Sie haben einen Bußgeldbescheid erhalten und sind sich nicht sicher, ob dieser rechtmäßig ist? Unwirksame Zustellung von Bußgeldbescheiden ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen praktische Antworten und Klarheit in diesem Rechtsbereich.


Wie prüfe ich, ob die Zustellung meines Bußgeldbescheids wirksam war?

Die Prüfung der wirksamen Zustellung eines Bußgeldbescheids erfordert die genaue Betrachtung mehrerer rechtlicher Aspekte. Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass die Zustellung den Beginn der Einspruchsfrist markiert und somit für die Rechtskraft des Bescheids entscheidend ist.

Ein wesentlicher Punkt bei der Überprüfung ist das Zustellungsdatum. Dieses muss auf dem Umschlag oder dem Zustellungsnachweis vermerkt sein. Fehlt dieser Vermerk, könnte die Zustellung unwirksam sein. Es empfiehlt sich daher, den Briefumschlag sorgfältig aufzubewahren und das Datum zu notieren.

Die Zustellung muss an den Betroffenen persönlich oder an eine zum Empfang berechtigte Person erfolgen. Bei einer Ersatzzustellung an Familienangehörige oder andere Personen im Haushalt ist zu prüfen, ob diese tatsächlich zum Empfang berechtigt waren. Eine Zustellung an Minderjährige oder Personen, die offensichtlich nicht zum Haushalt gehören, wäre unwirksam.

Ein häufiger Fehler bei der Zustellung ist die Verwendung eines falschen oder veralteten Namens oder einer fehlerhaften Adresse. In solchen Fällen könnte die Zustellung ebenfalls unwirksam sein. Es ist daher ratsam, die persönlichen Angaben auf dem Bescheid genau zu überprüfen.

Die Form des Bußgeldbescheids spielt ebenfalls eine Rolle. Er muss bestimmte Mindestangaben enthalten, wie die Personalien des Betroffenen, die Tatvorwürfe, die Rechtsgrundlagen und die Höhe der Geldbuße. Fehlen wesentliche Angaben, könnte dies die Wirksamkeit der Zustellung beeinträchtigen.

Bei der Prüfung ist auch der Zeitpunkt der Zustellung zu beachten. Nach dem Gesetz muss die Zustellung innerhalb von drei Monaten nach Feststellung der Ordnungswidrigkeit erfolgen, andernfalls tritt Verfolgungsverjährung ein. Es ist daher wichtig, das Datum der Tat mit dem Zustellungsdatum zu vergleichen.

Im Falle einer Postzustellungsurkunde sollte diese auf Vollständigkeit und Korrektheit geprüft werden. Fehler in der Urkunde, wie ein fehlender Stempel oder eine unleserliche Unterschrift des Zustellers, können die Wirksamkeit der Zustellung in Frage stellen.

Bei einer Ersatzzustellung durch Einwurf in den Briefkasten ist zu prüfen, ob eine Benachrichtigung über die Zustellung im Briefkasten hinterlassen wurde. Fehlt diese, könnte die Zustellung unwirksam sein.

Es ist zu beachten, dass auch die Art der Zustellung relevant ist. Bei schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten, die mit einem Fahrverbot verbunden sind, muss die Zustellung in der Regel per Postzustellungsurkunde erfolgen. Eine einfache Briefzustellung wäre in solchen Fällen nicht ausreichend.

Die Prüfung der wirksamen Zustellung erfordert oft juristisches Fachwissen. Bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Zustellung oder bei Unsicherheiten bezüglich der rechtlichen Bewertung ist es ratsam, einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Dieser kann die spezifischen Umstände des Einzelfalls genau prüfen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten.

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Welche Schritte kann ich unternehmen, wenn ich glaube, dass mein Bußgeldbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde?

Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Zustellung eines Bußgeldbescheides können Betroffene mehrere Schritte unternehmen. Zunächst ist es ratsam, den Briefumschlag des Bußgeldbescheides aufzubewahren, da dieser wichtige Informationen zum Zustellungsdatum enthält. Dieses Datum ist entscheidend für die Berechnung der Einspruchsfrist.

Ein wesentlicher Schritt besteht darin, innerhalb von zwei Wochen nach der vermeintlichen Zustellung schriftlich Einspruch bei der Bußgeldbehörde einzulegen. Dabei sollte explizit darauf hingewiesen werden, dass der Bußgeldbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde. Es empfiehlt sich, den Einspruch per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, um den fristgerechten Eingang nachweisen zu können.

Im Rahmen des Einspruchs sollten Betroffene detailliert darlegen, warum sie von einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung ausgehen. Hierbei können Umstände wie längere Abwesenheit vom Wohnort, Krankenhausaufenthalte oder andere triftige Gründe angeführt werden, die eine Kenntnisnahme des Bußgeldbescheides verhindert haben könnten.

Die Beweislast für die ordnungsgemäße Zustellung liegt grundsätzlich bei der Behörde. Sie muss nachweisen können, dass der Bußgeldbescheid dem Empfänger zugegangen ist. Bei einer Ersatzzustellung, etwa durch Einlegen in den Briefkasten, muss die Behörde belegen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt waren.

Betroffene sollten sich bewusst sein, dass eine bloße Behauptung, den Bußgeldbescheid nicht erhalten zu haben, in der Regel nicht ausreicht. Es ist wichtig, konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Zustellung vorzubringen. Dies kann beispielsweise der Nachweis sein, dass man zum Zeitpunkt der angeblichen Zustellung nachweislich nicht an der Zustelladresse anwesend war.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Akteneinsicht. Betroffene haben das Recht, Einsicht in die Bußgeldakte zu nehmen. Dies ermöglicht es, die Zustellungsdokumentation zu überprüfen und mögliche Fehler im Zustellungsvorgang aufzudecken. Die Akteneinsicht kann schriftlich bei der Bußgeldbehörde beantragt werden.

In komplexen Fällen oder wenn die Behörde den Einspruch zurückweist, ist es ratsam, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht hinzuzuziehen. Dieser kann die rechtliche Situation fundiert beurteilen, weitere Handlungsoptionen aufzeigen und gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren einleiten.

Sollte sich herausstellen, dass tatsächlich ein Zustellungsfehler vorliegt, kann dies zur Aufhebung des Bußgeldbescheides führen. In diesem Fall müsste die Behörde das Verfahren neu aufrollen und den Bußgeldbescheid erneut und diesmal ordnungsgemäß zustellen.

Es ist zu beachten, dass bei einer öffentlichen Zustellung, die als letztes Mittel eingesetzt wird, wenn der Aufenthaltsort des Betroffenen unbekannt ist, besondere Regeln gelten. Hier gilt der Bußgeldbescheid zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung als zugestellt, unabhängig davon, ob der Betroffene tatsächlich Kenntnis erlangt hat.

Für Betroffene ist es wichtig, schnell und proaktiv zu handeln, sobald sie von einem möglicherweise nicht ordnungsgemäß zugestellten Bußgeldbescheid erfahren. Nur so können sie ihre Rechte effektiv wahren und mögliche negative Konsequenzen abwenden.

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Welche formellen Anforderungen müssen bei der Zustellung eines Bußgeldbescheids erfüllt sein?

Bei der Zustellung eines Bußgeldbescheids müssen bestimmte formelle Anforderungen erfüllt sein, um die Rechtmäßigkeit des Verfahrens sicherzustellen. Die Zustellung erfolgt in der Regel mittels eines gelben Umschlags, der als Zustellungsurkunde dient. Auf diesem Umschlag vermerkt der Zusteller das genaue Datum der Zustellung. Dieser Datumsvermerk ist von großer Bedeutung, da er den Beginn der zweiwöchigen Einspruchsfrist markiert.

Die Behörde muss den Bußgeldbescheid an die richtige Person zustellen. Bei natürlichen Personen bedeutet dies in der Regel den Empfänger selbst oder einen bevollmächtigten Vertreter. Bei juristischen Personen muss die Zustellung an die vertretungsberechtigte Person erfolgen. Wurde dem Betroffenen ein Verteidiger bestellt oder liegt eine Verteidigervollmacht vor, reicht gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG die Zustellung an den Verteidiger aus.

Ein wichtiger Aspekt ist, dass der Bußgeldbescheid nicht persönlich übergeben werden muss. In den meisten Fällen wird er vom Zusteller in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen. Der Zusteller füllt anschließend eine Zustellungsurkunde aus, mit der er der Bußgeldstelle das Datum des Einwurfs mitteilt.

Sollte der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt sein, muss die Behörde zunächst alle zumutbaren Mittel ausschöpfen, um den aktuellen Aufenthaltsort zu ermitteln. Dies kann Meldeanfragen beim Einwohnermeldeamt oder die Anlage eines Suchvermerks umfassen. Erst wenn diese Bemühungen erfolglos bleiben, kann eine öffentliche Zustellung in Betracht gezogen werden.

Die öffentliche Zustellung ist in § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) geregelt. Sie kommt nur als letztes Mittel in Frage, wenn alle anderen Zustellungsversuche gescheitert sind. Bei der öffentlichen Zustellung wird der wesentliche Inhalt des Bußgeldbescheids öffentlich bekannt gemacht, beispielsweise durch Aushang an der Behörde oder Veröffentlichung im Amtsblatt.

Der Bußgeldbescheid muss bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllen. Dazu gehören die genaue Angabe der Person des Betroffenen, die Beschreibung der Ordnungswidrigkeit und die verhängte Sanktion. Auch eine Rechtsbehelfsbelehrung muss enthalten sein, die den Empfänger über seine Möglichkeiten informiert, gegen den Bescheid vorzugehen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Zustellung innerhalb der Verjährungsfrist erfolgen muss. In der Regel hat die Behörde nach dem Verkehrsverstoß drei Monate Zeit, um den Bußgeldbescheid zuzustellen. Diese Frist kann sich auf bis zu sechs Monate verlängern, wenn zuvor ein Anhörungsbogen verschickt wurde.

Für den Betroffenen ist es ratsam, den Bußgeldbescheid sorgfältig auf formelle Fehler zu prüfen. Sollten Mängel in der Zustellung vorliegen, könnte dies unter Umständen die Wirksamkeit des Bescheids beeinträchtigen. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen, um die Erfolgsaussichten eines möglichen Einspruchs zu bewerten.

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Was bedeutet Verfolgungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten und wie wirkt sie sich aus?

Die Verfolgungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten bezeichnet den Zeitraum, innerhalb dessen die zuständigen Behörden einen Verstoß ahnden müssen. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Verfolgung und Sanktionierung nicht mehr zulässig.

Für Verkehrsordnungswidrigkeiten gilt in der Regel eine Verjährungsfrist von drei Monaten ab dem Tag der Begehung. Bei anderen Ordnungswidrigkeiten variiert die Frist je nach Höhe des angedrohten Bußgeldes zwischen sechs Monaten und drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit Beendigung der Handlung oder Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs.

Wichtig ist, dass bestimmte behördliche Maßnahmen die Verjährung unterbrechen können. Dazu gehört beispielsweise die Zustellung eines Anhörungsbogens oder die Anordnung einer Beschlagnahme. Mit jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist von Neuem. Dies ermöglicht es den Behörden, auch komplexere Fälle gründlich zu bearbeiten.

Die Wirksamkeit solcher unterbrechenden Maßnahmen hängt von ihrer ordnungsgemäßen Durchführung ab. Bei einer Zustellung ist etwa entscheidend, dass sie den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Fehlerhafte Zustellungen können dazu führen, dass die Verjährung nicht unterbrochen wird.

Für Betroffene bedeutet die Verfolgungsverjährung einen wichtigen Schutz vor überlanger Strafverfolgung. Sie schafft Rechtssicherheit, indem sie einen zeitlichen Rahmen für die behördliche Ahndung setzt. Nach Eintritt der Verjährung können keine Sanktionen mehr verhängt werden – weder Bußgelder noch Fahrverbote oder Punkte im Fahreignungsregister.

Allerdings ist zu beachten, dass die Verjährung nicht automatisch eintritt. Sie muss von Amts wegen berücksichtigt oder vom Betroffenen geltend gemacht werden. In einem laufenden Verfahren kann die Einrede der Verjährung noch bis zum Abschluss der Hauptverhandlung erhoben werden.

Die Verfolgungsverjährung unterscheidet sich von der Vollstreckungsverjährung. Letztere betrifft den Zeitraum, in dem eine bereits rechtskräftig verhängte Sanktion vollstreckt werden muss. Für die Vollstreckung eines Bußgeldes gilt in der Regel eine dreijährige Verjährungsfrist.

Betroffene sollten beachten, dass die Verjährungsfristen relativ kurz sein können. Es empfiehlt sich daher, Bußgeldbescheide zeitnah zu prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Eine sorgfältige Dokumentation des Vorfalls und aller behördlichen Schreiben kann im Streitfall hilfreich sein.

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Wie kann ich mich gegen einen Bußgeldbescheid wehren, der nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde?

Bei einem nicht ordnungsgemäß zugestellten Bußgeldbescheid stehen Betroffenen verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Zunächst ist es wichtig, die Zustellung genau zu prüfen. Eine wirksame Ersatzzustellung erfordert, dass der Bußgeldbescheid tatsächlich in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist. Wurde der Bescheid beispielsweise nur in den Briefkasten geworfen, ohne dass ein Zustellungsversuch unternommen wurde, liegt ein Zustellungsmangel vor.

In diesem Fall sollte umgehend Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt werden. Die Einspruchsfrist von zwei Wochen beginnt erst mit der ordnungsgemäßen Zustellung zu laufen. Der Einspruch muss schriftlich bei der Bußgeldbehörde eingehen, die den Bescheid erlassen hat. Es empfiehlt sich, den Einspruch per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, um den fristgerechten Eingang nachweisen zu können.

Im Einspruchsschreiben sollte der Zustellungsmangel konkret dargelegt und begründet werden. Dabei ist es ratsam, alle relevanten Umstände zu schildern, die belegen, dass keine wirksame Zustellung erfolgt ist. Beispielsweise kann angeführt werden, dass man zum angeblichen Zustellungszeitpunkt nachweislich nicht zu Hause war oder dass kein Zustellungsversuch unternommen wurde.

Die Bußgeldbehörde muss den Einspruch prüfen und über das weitere Vorgehen entscheiden. Erkennt sie den Zustellungsmangel an, wird der Bußgeldbescheid in der Regel aufgehoben und neu zugestellt. Andernfalls kann die Behörde den Einspruch zurückweisen und das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgeben.

Angesichts der rechtlichen Komplexität und möglichen Folgen ist es dringend anzuraten, einen spezialisierten Rechtsanwalt für Verkehrsrecht hinzuzuziehen. Ein erfahrener Anwalt kann die Erfolgsaussichten eines Einspruchs fundiert einschätzen und die optimale Verteidigungsstrategie entwickeln. Er prüft den Bußgeldbescheid auf weitere formelle und inhaltliche Fehler und kann gegebenenfalls zusätzliche Einwände vorbringen.

Der Anwalt übernimmt die gesamte Korrespondenz mit der Bußgeldbehörde und vertritt die Interessen des Betroffenen. Er kann beispielsweise Akteneinsicht beantragen, um die Beweislage zu prüfen. Sollte es zu einer gerichtlichen Verhandlung kommen, gewährleistet anwaltlicher Beistand eine professionelle Vertretung vor Gericht.

Neben dem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen. Dies kommt in Betracht, wenn die Einspruchsfrist bereits abgelaufen ist, der Betroffene aber ohne Verschulden an der rechtzeitigen Einlegung des Einspruchs gehindert war. Auch hier ist anwaltliche Unterstützung empfehlenswert, da strenge formelle Anforderungen zu beachten sind.

Es ist zu beachten, dass die Einlegung eines Einspruchs oder die Beantragung der Wiedereinsetzung die Vollstreckung des Bußgeldbescheids zunächst hemmt. Das bedeutet, dass die festgesetzte Geldbuße vorerst nicht gezahlt werden muss. Allerdings sollte man sich darauf einstellen, dass bei Erfolglosigkeit des Einspruchs zusätzliche Kosten entstehen können.

Die Anfechtung eines nicht ordnungsgemäß zugestellten Bußgeldbescheids erfordert ein strategisches und rechtlich fundiertes Vorgehen. Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann die Erfolgsaussichten realistisch einschätzen und die bestmögliche Verteidigung gewährleisten. Dies ist besonders wichtig, wenn neben einer Geldbuße auch ein Fahrverbot oder Punkte im Fahreignungsregister drohen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Ersatzzustellung: Dies ist eine alternative Methode der Zustellung, wenn der Empfänger nicht persönlich angetroffen wird. Hierbei wird das Schriftstück, wie ein Bußgeldbescheid, in den Briefkasten des Empfängers gelegt. Die Ersatzzustellung ist nur dann wirksam, wenn bestimmte gesetzliche Vorgaben, wie z.B. der Vermerk des Zustellungsdatums, erfüllt sind.
  • Verfolgungsverjährung: Dies bezeichnet die Zeitspanne, innerhalb derer eine Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann. Nach Ablauf dieser Frist darf die Tat nicht mehr geahndet werden. Im vorliegenden Fall war die Verjährung eingetreten, weil der Bußgeldbescheid nicht wirksam zugestellt wurde.
  • Postzustellungsurkunde: Dies ist ein Dokument, das vom Zusteller ausgefüllt wird und den Nachweis erbringt, dass und wann ein Schriftstück zugestellt wurde. Fehlt der Datumsvermerk auf dieser Urkunde, kann dies die Zustellung unwirksam machen, wie im vorliegenden Fall.
  • Bußgeldbescheid: Dies ist ein Verwaltungsakt, der eine Geldstrafe für eine Ordnungswidrigkeit, wie z.B. eine Geschwindigkeitsüberschreitung, festsetzt. Er muss ordnungsgemäß zugestellt werden, damit er rechtswirksam wird und die Strafe eingefordert werden kann.
  • Einspruch: Dies ist das Rechtsmittel, mit dem man gegen einen Bußgeldbescheid vorgehen kann. Der Einspruch muss innerhalb einer bestimmten Frist nach Zustellung des Bescheids eingelegt werden. Im vorliegenden Fall legte die Betroffene Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein.
  • Zustellungsmangel: Dies liegt vor, wenn bei der Zustellung eines Schriftstücks, wie eines Bußgeldbescheids, gesetzliche Vorschriften nicht eingehalten wurden. Ein solcher Mangel kann zur Unwirksamkeit der Zustellung und somit zur Verjährung der Ordnungswidrigkeit führen. Im vorliegenden Fall war der fehlende Datumsvermerk ein solcher Mangel.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 180 Satz 3 ZPO (Zustellungsdatum): Dieser Paragraph schreibt vor, dass auf der Zustellungsurkunde das Datum der Zustellung vermerkt werden muss. Im vorliegenden Fall fehlte dieser Vermerk, was zur Unwirksamkeit der Zustellung führte.
  • § 31 Abs. 1 Satz 1 OWiG (Verfolgungsverjährung): Dieser Paragraph regelt den Eintritt der Verjährung bei Ordnungswidrigkeiten. Im vorliegenden Fall war die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit verjährt, da der Bußgeldbescheid nicht wirksam zugestellt wurde und somit die Verjährungsfrist nicht unterbrochen wurde.
  • § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG (Unterbrechung der Verjährung): Dieser Paragraph bestimmt, dass die Verjährung durch bestimmte Handlungen, wie z.B. die Anordnung der Anhörung, unterbrochen wird. Im vorliegenden Fall wurde die Verjährung durch die Anhörung zwar zunächst unterbrochen, lief aber aufgrund der unwirksamen Zustellung des Bußgeldbescheids erneut ab.
  • § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG (Unterbrechung der Verjährung): Dieser Paragraph legt fest, dass die Verjährung durch den Erlass eines Bußgeldbescheids unterbrochen wird. Im vorliegenden Fall konnte der Bußgeldbescheid die Verjährung nicht unterbrechen, da er nicht wirksam zugestellt wurde.
  • § 26 Abs. 3 Satz 1 StVG (Verjährungsfrist): Dieser Paragraph bestimmt die Dauer der Verjährungsfrist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten. Im vorliegenden Fall betrug die Verjährungsfrist drei Monate, da innerhalb dieser Frist weder ein wirksamer Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben worden war.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 1 Ss (OWi) 44/24 – Beschluss vom 03.06.2024

Lesen Sie hier das Urteil…

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert vom 12. März 2024 a u f g e h o b e n.

2. Das Verfahren wird e i n g e s t e l l t.

3. Die Kosten des Verfahrens und die der Betroffenen darin entstandenen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Die Zentrale Bußgeldbehörde beim Landesverwaltungsamt setzte gegen die Betroffene mit Bußgeldbescheid vom 5. Juni 2023, der laut Postzustellungsurkunde durch eine Zustellerin der Deutschen Post AG am 9. Juni 2023 in den zur Wohnung der Betroffenen gehörenden Briefkasten eingelegt wurde, wegen fahrlässiger Überschreitung der außerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 46 km/h eine Geldbuße in Höhe von 320 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat fest.

Auf den hiergegen vom Verteidiger der Betroffenen, der mit Schreiben der Zentralen Bußgeldbehörde vom 5. Juni 2023 unter Übersendung eines Duplikats über den Erlass des Bußgeldbescheids gegen die Betroffene informiert worden war, am 12. Juni 2023 eingelegten Einspruch hat das Amtsgericht St. Ingbert gegen die Betroffene mit Urteil vom 12. März 2024 wegen der ihr im Bußgeldbescheid vom 5. Juni 2023 zur Last gelegten Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße in Höhe von 320 Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.

Am 15. März 2024 hat der Verteidiger der Betroffenen gegen das Urteil Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach der an demselben Tag erfolgten Zustellung der Urteilsgründe am 15. April mit der Rüge der Verletzung sowohl formellen als auch sachlichen Rechts begründet. Verfahrensrechtlich beanstandet er die Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren und eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung infolge der Missachtung eines aus der fehlenden Speicherung sog. Rohmessdaten folgenden Verbots zur Verwertung des Ergebnisses der Geschwindigkeitsmessung und der Ablehnung eines im Hinblick auf nicht zur Verfügung gestellte Messunterlagen gestellten Aussetzungsantrags sowie die Ablehnung eines in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrags. Sachlich-rechtlich macht er insbesondere geltend, dass die Verfolgung der verfahrensgegenständlichen Ordnungswidrigkeit zum Zeitpunkt der Verurteilung bereits verjährt gewesen sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil vom 12. März 2024 auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht St. Ingbert zurückzuverweisen, weil das Recht der Betroffenen auf ein faires Verfahren jedenfalls dadurch entscheidungserheblich verletzt worden sei, dass das Amtsgericht es unterlassen habe, darauf hinzuwirken, dass der Betroffenen und ihrem Verteidiger die sog. Token-Datei samt zugehörigem Passwort zur Entschlüsselung der digitalen Falldatei zur Verfügung gestellt wird, die dem Ordnungswidrigkeitenvorwurf zugrunde liegt.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 341 Abs. 1, § 345 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 2 StPO) Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Auf die Rechtsbeschwerde waren das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren gemäß § 206a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG einzustellen, weil der Verfolgung der der Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 OWiG das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung entgegensteht.

1.

Die Frage, ob Verfolgungsverjährung eingetreten ist, ist als Verfahrenshindernis vom Senat auf die mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts zulässig erhobene Rechtsbeschwerde vorrangig von Amts wegen eigenständig im Freibeweisverfahren zu überprüfen (vgl. Bauer in: Göhler, OWiG, 19. Aufl., § 31 Rn. 17; Krehl in: KK-StPO, 9. Aufl., § 244 Rn. 12; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. März 2012 – 6 Ss 54/12 –, juris; BayObLG, Beschluss vom 17. November 2020 – 201 ObOWi 1385/20 –, juris Rn. 7).

2.

Zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils am 12. März 2024 war die maßgebliche Verjährungsfrist auch unter Berücksichtigung etwaiger Unterbrechungen gemäß § 33 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 OWiG bereits abgelaufen.

a)

Für die der Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 24 Abs. 1 StVG beträgt die Frist der Verfolgungsverjährung gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 StVG drei Monate, solange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen ist noch öffentliche Klage erhoben worden ist, danach sechs Monate.

Die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 Satz 1 StVG begann gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG am 9. Februar 2023, dem Tag, an dem die Betroffene die ihr zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung begangen haben soll, und lief damit zunächst bis zum Ablauf des 8. Mai 2023. Innerhalb dieses Zeitraums wurde die Verjährungsfrist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG durch die am 15. März 2023 angeordnete Anhörung der Betroffenen unterbrochen und begann infolge dessen gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 OWIG neu zu laufen bis zum 14. Juni 2023.

b)

Eine erneute rechtswirksame Unterbrechung der Verjährungsfrist ist nicht erfolgt. Insbesondere der Erlass des Bußgeldbescheids am 5. Juni 2023 und dessen Einlegung durch eine Zustellerin der Deutschen Post AG in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten der Betroffenen am 9. Juni 2023 bewirkten weder eine Unterbrechung der Verfolgungsverjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG noch eine Verlängerung der Verjährungsfrist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 2. HS StVG auf sechs Monate, innerhalb derer durch den Eingang der Akten beim Amtsgericht gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1 OWiG am 19. September 2023 eine erneute Verjährungsunterbrechung bewirkt worden wäre.

Zwar erbringt die bei der Akte befindliche Postzustellungsurkunde vom 9. Juni 2023 (Bl. III f. d.A.) als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG, § 1 SVwZG, § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG (vgl. BVerfG NJW-RR 2002, 1008; BGH VersR 1984, 81, 82, 442, 443; NJW 1992, 1963; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2011, 00211; OLG Düsseldorf VRS 87, 441, 442; OLG Hamm NJW-RR 1995, 223, 224; KG VRS 83, 52) den vollen Beweis für die darin von der Zustellerin bezeugte Tatsache (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2023 – AnwZ (Brfg) 14/23 –, juris Rn. 6), dass der Bußgeldbescheid vom 5. Juni 2023 am 9. Juni 2023 in den zur Wohnung der Betroffenen gehörenden Briefkasten eingelegt wurde, nachdem die Betroffene von der Zustellerin nicht angetroffen worden war, ohne dass insoweit der nach § 418 Abs. 2 ZPO zulässige Beweis der Unrichtigkeit erbracht ist. Dies allein belegt aber noch keine Verlängerung und Unterbrechung der Verjährungsfrist. Sowohl für die Verlängerung der Verjährungsfrist auf sechs Monate gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 2. HS StVG als auch für die Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG ist erforderlich, dass die Zustellung im Einzelfall auch wirksam war, mithin unter Beachtung der für die gewählte Art der (Ersatz-)Zustellung maßgeblichen zwingenden Zustellungsvorschriften erfolgte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1999 – 4 StR 453/99 –, juris Rn. 9 f.; OLG Celle, Beschluss vom 18. August 2015 – 2 Ss (OWi) 240/15 –, juris Rn. 11 m.w.N.; zur Unterbrechung der Verjährung vgl. auch BT-Drucks. 13/3691, S. 7). Daran fehlt es hier. Ebenso wenig kann angenommen werden, dass der Zustellungsmangel rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist geheilt worden ist.

aa)

Die gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 51 Abs. 2 OWiG gesetzlich vorgeschriebene Zustellung des Bußgeldbescheids (zur Einordnung des Bußgeldbescheids als Maßnahme i.S.d. § 50 Abs. 1 Satz 2 OWiG vgl. Bauer in: Göhler, OWiG, 19. Aufl., § 50 Rn. 6) an die Betroffene war nicht wirksam.

(1)

Für das Zustellungsverfahren der Verwaltungsbehörde gelten gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG die Vorschriften des Saarländischen Verwaltungszustellungsgesetzes (SVwZG), das für das Zustellungsverfahren der Behörden des Landes die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (des Bundes) für entsprechend anwendbar erklärt (§ 1 SVwZG). Danach sind für die Ausführung der Zustellung die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend anzuwenden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG).

(2)

Bei der durch Einlegen des Bußgeldbescheids in den Briefkasten der Betroffenen erfolgten Zustellung sind die gesetzlichen Regelungen über das Zustellungsverfahren nicht eingehalten worden, weil davon auszugehen ist, dass die Zustellerin entgegen § 180 Satz 3 ZPO auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung nicht vermerkt hat.

(a)

Die Voraussetzungen einer wirksamen Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten ergeben sich aus § 180 ZPO. Gemäß § 180 Satz 1 ZPO kann, wenn der Zustellungsadressat – wie hier – in seiner Wohnung nicht angetroffen wird und die Ersatzzustellung durch Übergabe in der Wohnung an einen erwachsenen Familienangehörigen, eine in der Familie beschäftigte Person oder einen erwachsenen ständigen Mitbewohner (§ 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) nicht ausführbar ist, das Schriftstück in einen zu der Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO). Gemäß § 180 Satz 3 ZPO hat der Zusteller auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung zu vermerken.

Bei der Verpflichtung nach § 180 Satz 3 ZPO handelt es sich nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs um eine zwingende Zustellungsvorschrift i.S.d. § 189 ZPO mit der Folge, dass das eingelegte Schriftstück bei einer Missachtung dieser Vorschrift erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt gilt (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 15. März 2023 – VIII ZR 99/22 –, juris Rn. 18 ff.; Beschlüsse vom 29. Juli 2022 – AnwZ (Brfg) 28/20 –, juris Rn. 15 ff. in Abkehr von BGH, Beschluss vom 14. Januar 2019 – AnwZ (Brfg) 59/17 –, juris, sowie vom 22. August 2023 – AnwZ (Brfg) 14/23 –, juris Rn. 10; vgl. auch dem folgend OLG Koblenz, Urteil vom 13. Dezember 2023 – 10 U 472/23 –, juris Rn. 21 sowie BayObLG, Beschluss vom 31. Juli 2023 – 102 AR 128/23 e –, juris Rn. 18; noch a.A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 1. August 2018 – 2 Rb 8 Ss 387/18 –, juris Rn. 6 ff.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 12. Oktober 2021 – 1 Ss (OWi) 172/21 –, juris; Lampe in: KK-OWiG, 5. Aufl., § 51 Rn. 35). Der Bundesgerichtshof stellt insoweit ausgehend davon, dass der Wortlaut des § 180 ZPO einem solchen Verständnis nicht entgegenstehe, neben der systematischen Erwägung, dass die Pflicht, das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks zu vermerken, ausdrücklich in der die Art und Weise dieser Form der Ersatzzustellung regelnden Vorschrift des § 180 ZPO und nicht in der Vorschrift des § 182 ZPO über die – nur dem Nachweis dienende (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S. 22) – Beurkundung der Zustellung geregelt sei (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 15. März 2023 – VIII ZR 99/22 –, juris Rn. 20), insbesondere auf den Willen des Gesetzgebers (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 15. März 2023 – VIII ZR 99/22 –, juris Rn. 24 ff.) und den Schutzzweck der Verpflichtung aus § 180 Satz 3 ZPO ab, die im Hinblick darauf, dass sich an die Zustellung prozessuale Wirkungen knüpfen, die Ungewissheit über den genauen Zeitpunkt der Zustellung und damit über den Beginn einer gegebenenfalls mit der Einlegung in Gang gesetzten Frist für den Zustellungsadressaten ausgleichen und ihm so ermöglichen soll, seine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darauf einzurichten (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 15. März 2023 – VIII ZR 99/22 –, juris Rn. 22 f.).

Im Anwendungsbereich der für das Bußgeldverfahren maßgeblichen Regelungen von § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. § 1 SVwZG, § 3 Abs. 2 Satz 1 und § 8 VwZG kann der Vorgabe des § 180 Satz 3 ZPO keine abweichende Bedeutung beigemessen werden. Die Zustellung des Bußgeldbescheids bewirkt als einheitlicher Akt nicht bloß den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist, sondern auch denjenigen der Frist zur Einlegung des Einspruchs nach § 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG. Die Einheit der Rechtsordnung verbietet es, die Wirksamkeit einer Zustellung insoweit unterschiedlich zu beurteilen. Die danach anzunehmende Bedeutsamkeit der Beachtung der Vorgabe des § 180 Satz 3 ZPO auch für die Unterbrechung der Verjährungsfrist nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG im Bereich der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten stellt sich als Ergebnis gesetzgeberischer Wertentscheidung dar. Die Verjährung wird im Interesse der Beschleunigung und der Rechtssicherheit (vgl. BT-Drucks. 13/3691, S. 7) durch den Erlass des Bußgeldentscheids gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG nur (noch) dann unterbrochen wird, sofern er binnen zwei Wochen zugestellt wird, ansonsten durch die Zustellung. Dies ist in der Rechtsanwendung hinzunehmen.

Soweit das Oberlandesgericht Karlsruhe und das Oberlandesgericht Braunschweig in früheren Entscheidungen angenommen haben, dass eine Verletzung der Vorgabe des § 180 Satz 3 ZPO durch den Zusteller die Wirksamkeit der Zustellung nicht berührt und der Ersatzzustellung, die durch Einlegung der ohne Datumsvermerk versehenen Sendung erfolgt, verjährungsunterbrechende Wirkung zugesprochen haben (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 1. August 2018 – 2 Rb 8 Ss 387/18 –, juris Rn. 6 ff.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 12. Oktober 2021 – 1 Ss (OWi) 172/21 –, juris), sieht sich der Senat zu einer Vorlage nach § 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG nicht veranlasst. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig stützt sich ausdrücklich auf frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2019 – AnwZ (Brfg) 59/17 –, juris), die dieser durch seine dargelegte jüngste Rechtsprechung aufgegeben hat (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 15. März 2023 – VIII ZR 99/22 –, juris Rn. 18 ff.; Beschlüsse vom 29. Juli 2022 – AnwZ (Brfg) 28/20 –, juris Rn. 15 ff. und vom 22. August 2023 – AnwZ (Brfg) 14/23 –, juris Rn. 10). Dabei hat der Bundesgerichtshof zugleich die vom Oberlandesgericht Karlsruhe seiner bisherigen abweichenden Auffassung zugrunde gelegten historischen, gesetzessystematischen und teleologischen Erwägungen verworfen. Der Senat geht daher davon aus, dass die abweichenden Entscheidungen der Obergerichte durch die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überholt sind.

(b)

Vorliegend ist anzunehmen, dass die Zustellerin entgegen § 180 Satz 3 ZPO auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung nicht vermerkt hat und der Widerspruchsbescheid daher erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt galt.

(aa)

Zwar erbringt die Postzustellungsurkunde vom 9. Juni 2023 (Bl. III f. d.A.) als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO (vgl. BVerfG NJW-RR 2002, 1008; BGH VersR 1984, 81, 82, 442, 443; NJW 1992, 1963; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2011, 00211; OLG Düsseldorf VRS 87, 441, 442; OLG Hamm NJW-RR 1995, 223, 224; KG VRS 83, 52) vollen Beweis zunächst auch insoweit, als die Zustellerin darin durch Unterschrift bestätigt hat, auf dem Umschlag des in den Briefkasten der Betroffenen eingelegten Schriftstücks den Tag der Zustellung vermerkt zu haben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2023 – AnwZ (Brfg) 14/23 –, juris Rn. 6).

Hiergegen ist aber gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2, § 418 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG, § 1 SVwZG, § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG der im Wege des Freibeweises zu führende Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsache zulässig, den die Betroffene hier hinsichtlich des unterbliebenen Vermerks des Datums der Zustellung auf dem Umschlag des zugestellten Schriftstücks erbracht hat.

Der Beweis der Unrichtigkeit setzt grundsätzlich den vollen Beweis des Gegenteils, das heißt der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen, voraus (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2017 – VIII ZR 224/16 –, juris Rn. 18 m.w.N.). Die Beweiswirkung der Zustellungsurkunde muss vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr niedergelegten Tatsachen ausgeschlossen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2023 – AnwZ (Brfg) 14/23 –, juris Rn. 7 m.w.N.). Dementsprechend muss ein anderer Geschehensablauf substantiiert dargelegt werden und die dargelegten Umstände müssen dabei geeignet sein, ein Fehlverhalten des Postzustellers und damit eine Falschbeurkundung zu belegen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2002, 1008; BVerwG, NJW 1986, 2127, 2128; BGH, Beschluss vom 22. August 2023 – AnwZ (Brfg) 14/23 –, juris Rn. 7, jew. m.w.N.). Dort, wo die oder der Betroffene keine umfassende Kenntnis der Umstände haben kann oder sonst eine Beweisnot besteht, dürfen die Anforderungen an substantiierten Vortrag aber nicht überspannt werden (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2017 – VIII ZR 224/16 –, juris Rn. 20). Ist der Vortrag schlüssig, so ist der im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis zu erheben; ob der vorgetragene Sachverhalt wahrscheinlich ist, obliegt der freien Beweiswürdigung des Gerichts (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 17. Februar 2012 − V ZR 254/10 –, juris Rn. 9 f.).

(bb)

Danach ist hier der Beweis als erbracht anzusehen, dass die Urkunde über die Zustellung des Bußgeldbescheids an die Betroffene (Bl. III f. d.A.) in Bezug auf die darin enthaltene Erklärung, die Zustellerin habe den Tag der Zustellung auf dem Umschlag des Schriftstücks vermerkt, unrichtig ist.

Der Verteidiger der Betroffenen hat das Vorbringen, bei der Einlegung des Bußgeldbescheids in den Briefkasten sei entgegen der Angabe im Protokoll über die Zustellung das Datum der Einlegung nicht auf dem Umschlag vermerkt worden, damit untermauert, dass er eine Lichtbildaufnahme eines Umschlags vorgelegt hat, der – mit der Ausnahme, dass er ein Sichtfenster aufweist – dem Muster nach Anlage 2 zu § 1 Nr. 2 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für die Zustellung im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsvordruckverordnung – ZustVV) entspricht, das Landesverwaltungsamt – Zentrale Bußgeldbehörde als Absender ausweist und durch das Sichtfenster hindurch erkennbar ein gegen Zustellungsurkunde an die Betroffene gerichtetes Schreiben beinhaltet, das das Aktenzeichen des ihr gegenüber erlassenen Bußgeldbescheids vom 5. Juni 2023 trägt. Das auf dem Umschlag für die Eintragung des Datums der Zustellung vorgesehene Textfeld ist nicht ausgefüllt.

Anhaltspunkte dafür, dass die vorgelegte Lichtbildaufnahme nicht den Zustellungsumschlag des gegen die Betroffene erlassenen Bußgeldbescheids vom 5. Juni 2023 zeigt, sind nicht ersichtlich. Zwar trägt der Umschlag selbst mit Ausnahme der Angabe des Landesverwaltungsamtes als Absender keinen Hinweis auf einen Zusammenhang mit dem gegen die Betroffene erlassenen Bußgeldbescheid. Insbesondere ist das für einen Aufdruck des Aktenzeichens auf dem Umschlag vorgesehene Textfeld nicht ausgefüllt. Die Handhabung, in Wahrnehmung der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 ZustVV Umschläge mit Sichtfenster zu verwenden und von der Angabe des Aktenzeichens auf dem Umschlag selbst abzusehen, entspricht aber nach Auskunft der Zentralen Bußgeldbehörde gegenüber dem Senat der dort ständigen Praxis. Dieses zulässige Verwaltungshandeln, das praktischen Erwägungen der verwaltungsinternen Organisation entspringt, darf aber nicht zu Lasten von Betroffenen gehen, indem von ihnen verlangt wird, die Zuordnung eines Umschlags zu einer konkreten Sendung im Einzelfall über den schlüssigen Vortrag hinaus, dass es sich um den Umschlag der Zustellung handele, zu belegen. Ein solcher Nachweis ist in Fällen, in denen die Verwaltungsbehörde von der Möglichkeit nach § 2 Abs. 2 ZustVV Gebrauch macht, regelmäßig nicht möglich. Ihn zu verlangen, würde daher die Anforderungen an den Nachweis i.S.d. § 418 Abs. 2 ZPO überspannen. Anhaltspunkte dafür, dass im konkreten Fall das vorgelegte Lichtbild nicht den Umschlag der Zustellung an die Betroffene zeigt und die Betroffene insoweit, ggf. gar bewusst, falsch vorträgen lässt, liegen nicht vor. Ein solches Handeln kann, selbst wenn darin im Einzelfall noch zulässiges Verteidigungsverhalten liegen sollte (vgl. Bartel in: MüKo-StPO, 2. Aufl., § 261 Rn. 194), der Betroffenen auch nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Demnach ist durch die Vorlage des Umschlags die Angabe auf der Zustellungsurkunde, dass das Datum der Zustellung auf dem Umschlag vermerkt ist, gem. § 418 Abs. 2 ZPO widerlegt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2023 – AnwZ (Brfg) 14/23 –, juris Rn. 11).

bb)

Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Zustellungsmangel rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist geheilt worden ist.

(1)

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Bußgeldbescheids nicht nachweisen    oder ist er unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt der Bußgeldbescheid gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. § 1 SLVwZG und § 8 VwZG in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem er dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist.

Eine solche Heilung des Zustellungsmangels durch tatsächlichen Zugang war zwar nicht bloß bis zum Ablauf der ohne erneute Unterbrechung bis zum 14. Juni 2023 laufenden Verjährungsfrist, sondern bis zum Ablauf des 19. Juni 2023 möglich, da die Verjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 1. Alt. OWiG aufschiebend bedingt bereits durch den Erlass des Bußgeldbescheids am 5. Juni 2023 unterbrochen worden wäre, sofern er binnen zwei Wochen nach Erlass zugestellt worden wäre. Ein tatsächlicher Zugang bei einer empfangsberechtigten Person ist aber auch bis zum Ablauf dieser längeren Frist nicht nachweisbar.

(a)

Ein tatsächlicher Zugang des am 9. Juni 2023 im Briefkasten der Betroffenen eingelegten Bußgeldbescheids bis zum Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 1. Alt. OWiG bei der Betroffenen selbst, der voraussetzen würde, dass sie den Bußgeldbescheid bis dahin „in die Hand“ bekam (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 15. März 2023 – VIII ZR 99/22 –, juris Rn. 30 m.w.N.), ist dem in der Akte dokumentierten Verfahrensgang nicht zu entnehmen. Allein der Umstand, dass der Bußgeldbescheid ausweislich der Postzustellungsurkunde, deren Beweiskraft gemäß § 418 Abs. 1 ZPO insoweit unberührt ist (vgl. dazu unter 2. b)), am 9. Juni 2023 in den Briefkasten der Betroffenen eingelegt wurde, belegt nicht, dass der Bußgeldbescheid der Betroffenen persönlich auch tatsächlich vor dem Ablauf der Frist aus § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 1. Alt. StGB körperlich zugegangen ist. Auch daraus, dass der Verteidiger der Betroffenen bereits am 12. Juni 2023 Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hat, kann nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass der Betroffenen selbst zu diesem Zeitpunkt der Bußgeldbescheid bereits tatsächlich zugegangen war, zumal die Verwaltungsbehörde den Verteidiger zuvor gem. § 51 Abs. 3 Satz 5 OWiG unter Übersendung eines Duplikats des Bußgeldbescheids über dessen Erlass informiert hatte und der Verteidiger hierauf entsprechend seines Vorbringens bei Einlegung des Einspruchs gemäß § 297 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG aus eigenem Recht gehandelt haben kann, ohne dass die Betroffene hiervon zunächst Kenntnis erlangt und den Bußgeldbescheid bis zum Ablauf des 19. Juni 2023 in die Hand bekommen haben muss (zur Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels durch einen Verteidiger zunächst ohne Wissen des Mandanten vgl. OLG Hamm NJW 2008, 3799). Selbst bei einem Handeln im ausdrücklichen Auftrag der Betroffenen wäre nicht ohne Weiteres belegt, dass der Bußgeldbescheid der Betroffenen zu diesem Zeitpunkt bereits tatsächlich zugegangen und nicht bloß dessen Inhalt durch den Verteidiger vermittelt war, was für einen Zugang i.S.d. § 8 VwZG nicht ausreicht (vgl. BVerwG NVwZ 1999, 178; Preisner in: BeckOK OWiG, 42. Ed. 1.4.2024, VwZG § 8 Rn. 20). Ein tatsächlicher Zugang vor Ablauf der Frist des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 1. Alt. StGB kann auch mit den dem Senat im Wege des Freibeweises zur Verfügung stehenden Mitteln nicht nachgewiesen werden. Im Freibeweisverfahren gilt kein im Verhältnis zum gesetzlich geregelten sog. Strengbeweis abgeschwächter Überzeugungsgrad. Es gilt der allgemeine Grundsatz der freien Beweiswürdigung (vgl. Becker in: LR-StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 37). Beweise, die einen tatsächlichen Zugang vor Ablauf der Frist des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 1. Alt. OWiG, belegen könnten, der nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegen mag, aber im Hinblick auf zahlreiche denkbare Gründe einer längerfristigen Abwesenheit etwa infolge Urlaubs oder auswärtiger Erwerbstätigkeit nicht ohne Weiteres angenommen werden kann, liegen nicht vor. Eine Verpflichtung der Betroffenen, sich zum Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs oder zu Gründen zu verhalten, die einem solchen entgegenstehen, besteht von Rechts wegen im Bußgeldverfahren, ebenso wie es für das Strafverfahren anerkannt ist (vgl. Becker in: LR-StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 37; Krehl in: KK-StPO, 9. Aufl., § 244 Rn. 16; Dahs, Die Revision im Strafprozess, Rn. 94), nicht. Im Wege des Freibeweises nicht zu beseitigende Zweifel, ob die tatsächlichen Voraussetzungen einer Verjährungsunterbrechung vorliegen, wirken zugunsten der Betroffenen (vgl. BGH NStZ 1996, 274; NStZ 2009, 205, 206; NStZ-RR 2018, 172; Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 78c Rn. 26 m.w.N.).

(b)

Eine Heilung ist auch nicht durch den spätestens am 12. Juni 2023, dem Tag der Einlegung des Einspruchs, erfolgten tatsächlichen Zugang des Bußgeldbescheids beim Verteidiger infolge der informatorischen Übersendung eines Duplikats durch die Verwaltungsbehörde gem. § 51 Abs. 3 Satz 5 OWiG eingetreten.

(aa)

In der Rechtsprechung wird zwar angenommen, dass eine unwirksame Zustellung an einen Betroffenen im Bußgeldverfahren gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. § 1 SVwZG, § 8 VwZG (vgl. BT-Drucks. 15/5216, S. 14) auch durch den Zugang einer gemäß § 51 Abs. 3 Satz 5 OWiG übersandten Abschrift des Bußgeldbescheids beim Verteidiger geheilt werden kann (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 31. März 2022 – 1 OWi 32 SsBs 233/21 –, juris Rn. 5 ff. m.w.N. auch zur verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung; BayObLG, Beschluss vom 21. Januar 2022 – 202 ObOWi 2/22 –, juris Rn. 25 ff.; Preisner in: BeckOK OWiG, 42. Edition 01.04.2024, § 8 VwZG Rn. 19; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. April 2009 – Ss (Z) 205/2009 (37/09) –, juris Rn. 10 für den Fall der Heilung einer unwirksamen Zustellung an den Verteidiger durch tatsächlichen Zugang beim Betroffenen; offengelassen von OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Oktober 2020 – 2 Rb 35 Ss 618/20 –, juris Rn. 10; a.A. OLG Celle, Beschlüsse vom 30. August 2011 – 311 SsRs 126/11 –, juris, Rn. 17 f. und vom 18. August 2015 – 2 Ss (OWi) 240/15 –, juris, Rn. 12; OLG Stuttgart, Beschluss vom 10. Oktober 2013 – 4a Ss 428/13 –, juris Rn. 11; im Allgemeinen zur Eignung des Zugangs einer Kopie oder eines Duplikats zur Heilung im Anwendungsbereich der Verwaltungszustellungsgesetze BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, juris Rn. 29 für § 9 VwZG a.F. sowie speziell für das Bußgeldverfahren OLG Hamm, Beschluss vom 8. August 2017 – 3 RBs 106/17 –, juris Rn. 29). Empfangsberechtigter i.S.d. nach dem Willen des Gesetzgebers inhaltlich an § 189 BGB (zur einschlägigen Rechtsprechung zu § 189 BGB vgl. BGH BeckRS 2015, 6671 Rn. 15; NJW 2016, 1517, 1518; OLG Köln, Urteil vom 6. November 2019 – I-13 U 226/17 –, juris Rn. 56 ff.)angelehnten § 8 VwZG (vgl. BT-Drs. 15/5216, S. 14) sei nicht nur derjenige, an den die Zustellung gerichtet sei, sondern jede Person, an die die Zustellung nach den gesetzlichen Bestimmungen hätte gerichtet werden können (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 31. März 2022 – 1 OWi 32 SsBs 233/21 –, juris Rn. 7; BayObLG, Beschluss vom 21. Januar 2022 – 202 ObOWi 2/22 –, juris Rn. 25). Danach kann die Heilung eines Zustellungsmangels gemäß § 51 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 1 SLVwZG, § 8 VwZG aber nur dann angenommen werden, wenn ein Verteidiger, dem gemäß § 51 Abs. 3 Satz 5 OWiG ein Duplikat eines seinem Mandanten nicht wirksam zugestellten Bußgeldbescheids tatsächlich zugeht, kraft Gesetzes (§ 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG) oder rechtsgeschäftlich (zur Möglichkeit rechtsgeschäftlicher Zustellungsermächtigung vgl. BGH StraFo 2010, 339; KG, Beschluss vom 15. Juni 2020 – (4) 161 Ss 55/20 (59/20) –, juris Rn. 11; BayObLG NJW 2004, 1263 f.) ermächtigt war, Zustellungen für die oder den Betroffenen entgegenzunehmen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 31. März 2022 – 1 OWi 32 SsBs 233/21 –, juris Rn. 7; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Oktober 2020 – 2 Rb 35 Ss 618/20 –, juris Rn. 9).

(bb)

Nichts von dem kann hier unter Berücksichtigung dessen, dass sich Zweifel auch insoweit zugunsten der Betroffenen auszuwirken haben, angenommen werden.

Der Verteidiger war nicht gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 1. HS OWiG kraft Gesetzes berechtigt, Zustellungen entgegenzunehmen, weil er weder bestellt war noch die ihm als gewähltem Verteidiger erteilte Bevollmächtigung im Zeitpunkt des Zugangs des Duplikats des Bußgeldbescheids nachgewiesen war. Letzteres setzt voraus, dass sich zum Zeitpunkt der Zustellung eine Vollmacht bei der Akte befand (vgl. Senatsbeschluss vom 29. April 2009 – Ss (Z) 205/2009 (37/09) –, juris Rn. 10); das bloße Auftreten des Verteidigers gegenüber der Bußgeldbehörde genügt nicht, um die gesetzlich fingierte Zustellungsvollmacht gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 1. HS OWiG auszulösen (vgl. BGHSt 41, 303; OLG Karlsruhe NStZ-RR 1996, 237; Senatsbeschluss vom 29. April 2009 – Ss (Z) 205/2009 (37/09) –, juris Rn. 10).

Es kann auch nicht angenommen werden, dass dem Verteidiger zum Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs des Bußgeldbescheids oder, soweit angenommen wird, dass eine Heilung auch in dem Fall und Zeitpunkt eintritt, in dem ein Rechtsanwalt erst nachträglich zustellungsbevollmächtigt wird und er bereits zuvor oder zeitgleich mit der Bevollmächtigung in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks gelangt war (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 11/16 –, juris Rn. 44 m.w.N.; BayObLG, Beschluss vom 21. Januar 2022 – 202 ObOWi 2/22 –, juris Rn. 28; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2008 – IV-2 Ss (OWi) 191/07 – (OWi) 101/07 III –, juris Rn. 24), zumindest vor Ablauf der Frist des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 1. Alt. OWiG rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht erteilt worden war. Soweit der Verteidiger bei der vom Amtsgericht veranlassten Zustellung des angefochtenen Urteils am 15. März 2024 durch elektronisch signiertes Empfangsbekenntnis bestätigt hat, zur Entgegennahme ermächtigt zu sein, erlaubt dies allein nicht die Annahme einer Zustellungsbevollmächtigung bereits zum Zeitpunkt des Zugangs des Bußgeldbescheids im Juni 2023. Zwar liegt in der Bestätigung im Empfangsbekenntnis, zur Entgegennahme legitimiert zu sein, der Nachweis einer rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6. Februar 2017 – 2 (6) SsRs 723/16 –, BeckRS 2017, 103585 Rn. 7 m.w.N.; KG VRS 125, 230; BayObLG NJW 2004, 1263). Nicht angenommen werden kann indes, dass die rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht bereits zum Zeitpunkt des Zugangs des Bußgeldbescheids im Juni 2023 bestand. Die Möglichkeit zur Urteilszustellung an den Verteidiger folgte daraus, dass der Verteidiger in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht eine ihm von der Betroffenen am 9. Januar 2024 erteilte Vollmacht zur Akte gereicht hatte, die ihn auch zur Entgegennahme von Zustellungen ermächtigt (Bl. 126 d.A.). Eine frühere, bereits im Juni 2023 bestehende Zustellungsvollmacht kann nicht nachgewiesen werden. Auf Ersuchen des Senats hat der Verteidiger erklärt, dass ihm vor dem 9. Januar 2024 von der Betroffenen keine Zustellungsvollmacht erteilt worden war (vgl. Bl. 244 d.A.). Umstände, die Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit dieser Auskunft geben könnten, liegen nicht vor. Auf das Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht bereits im Juni 2023 kann, was anders als im Rahmen des § 51 Abs. 3 Satz 1 1. HS OWiG bezüglich der allgemeinen Bevollmächtigung grundsätzlich möglich ist, im konkreten Fall auch nicht aus konkludentem Verhalten geschlossen werden. Liegt eine ausdrückliche Bevollmächtigung zur Entgegennahme von Zustellungen nicht vor, so ist die Frage, ob der Angeklagte und sein Verteidiger dahingehend übereingekommen sind, anhand der Gesamtheit der erkennbaren Umstände sowie des Auftretens des Rechtsanwalts im Verfahren zu entscheiden (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 20. April 2016 – 1 Ws 40/16 –, juris Rn. 12). Allein daraus, dass ein Verteidiger wie hier gegenüber der Bußgeldbehörde die Verteidigung eines Betroffenen anzeigt und um Akteneinsicht ersucht, ergibt sich nicht die Erklärung, dass der Verteidiger rechtsgeschäftlich auch zur Empfangnahme von Zustellungen bevollmächtigt ist. Denn nach außen erkennbar ist aufgrund der Anzeige der Bestellung allenfalls die Bevollmächtigung hinsichtlich der vom Verteidiger vorgenommenen Verteidigungshandlungen, während eine Zustellungsvollmacht passiven Charakter hat (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Oktober 2020 – 2 Rb 35 Ss 618/20 –, juris Rn. 15). Sonstige Umstände, die belegen könnten, dass der Verteidiger bereits im Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs des Bußgeldbescheids bei ihm im Juni 2023 rechtsgeschäftlich zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt war, liegen nicht vor und ließen sich auch mit den dem Senat im Wege des Freibeweisverfahrens zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ermitteln.

c)

Umstände, die eine Vereitelung der Zustellung oder deren Heilung durch bewusst irreführende Verfahrensgestaltung seitens der Verteidigung belegen könnten, liegen nicht vor.

d)

War die Frist zur Verfolgungsverjährung demnach mit Ablauf des 14. Juni 2023 abgelaufen, konnten der Eingang der Akten beim Amtsgericht am 19. September 2023 (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 OWiG) und die Anberaumungen von Hauptverhandlungen am 6. Oktober 2023 und 9. Februar 2024 (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 OWiG) als weitere, dem Grunde nach verjährungsunterbrechende Tatbestände (vgl. zur wiederholten Unterbrechung der Verfolgungsverjährung: OLG Celle, Beschluss vom 18. August 2015 – 2 Ss (OWi) 240/15 –, juris Rn. 14) erneute Verjährungsunterbrechungen nicht mehr bewirken.

Die angefochtene Entscheidung war daher bereits auf die Sachrüge hin wegen des im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr behebbaren Verfahrenshindernisses eingetretener Verfolgungsverjährung gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben. Zudem war das Verfahren gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 206a StPO einzustellen, was der Senat gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst aussprechen konnte. Einer weitergehenden sachlich-rechtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung bedurfte es bei dieser Sachlage ebenso wenig wie einer Entscheidung über die verfahrensrechtlichen Beanstandungen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. Nachdem der Verteidiger der Betroffenen bereits im Ausgangsverfahren auf den Eintritt der Verfolgungsverjährung hingewiesen hatte, sind keine Gründe ersichtlich, die es unbillig erscheinen lassen würden, von einer Auferlegung der notwendigen Auslagen der Betroffenen auf die Landeskasse ausnahmsweise gemäß § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO abzusehen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 18. August 2015 – 2 Ss (OWi) 240/15 –, juris Rn. 17).


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