AG Walsrode – Az.: 5 OWi 571/12 – Beschluss vom 08.08.2012
1. Es wird festgestellt, dass die Fahrverbote aus dem Bußgeldbescheid des Landkreises G. vom 13.12.2011, Aktenzeichen …, und aus dem Bußgeldbescheid des Landkreises H. vom 07.02.2012, Aktenzeichen …, nebeneinander und damit zeitgleich vollstreckt werden können.
2. Es wird festgestellt, dass die Vollstreckung des einmonatigen Fahrverbotes aus dem Bußgeldbescheid des Landkreises H. vom 07.02.2012 spätestens seit dem 20.07.2012 erledigt ist.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.
Gründe
Gegen den Betroffenen ist mit Bußgeldbescheid des Landkreises G. vom 13.12.2011 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße in Höhe von 130,00 € und ein Fahrverbot für die Dauer von 1 Monat festgesetzt worden, wobei für das Fahrverbot die Viermonatsfrist des § 25 Abs. 2 a StVG zugebilligt wurde.
Ferner ist gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid des Landkreises H. vom 07.02.2012 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße in Höhe von 180,00 € und ein Fahrverbot für die Dauer von 1 Monat festgesetzt worden, wobei das Fahrverbot gemäß § 25 Abs. 2 StVG mit Rechtskraft der Entscheidung wirksam wurde.
Die gegen beide Bußgeldbescheide eingelegten Einsprüche hat der Betroffene gleichzeitig zurückgenommen, so dass beide Bußgeldbescheide seit dem 20.06.2012 rechtskräftig sind.
Seinen Führerschein hat der Betroffene nach Mitteilung des Landkreises G. am 18.06.2012 – nach Angaben des Verteidigers im Antrag auf gerichtliche Entscheidung am 20.06.2012 – in amtliche Verwahrung gegeben. Da der Betroffene auf Aufforderung des Landkreises H., seinen Führerschein zwecks Abgeltung des Bußgeldbescheides aus dem Bußgeldbescheid des Landkreises H. in amtliche Verwahrung zu geben, nicht reagierte, ordnete der Landkreis H. die Beschlagnahme des Führerscheins an, der sich nunmehr (wieder) seit dem 31.07.2012 in amtlicher Verwahrung befindet.
Zur Entscheidung über den Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung vom 01.08.2012 vorgelegen haben dem Gericht ein vom Landkreis H. vorgelegter Ausdruck des dortigen Bußgeldvorgangs und die von der Staatsanwaltschaft erforderte restliche Hauptakte, die nach Entheftung des Bußgeldvorgangs der Verwaltungsbehörde noch den gerichtlichen Verfahrensteil einschließlich Einspruchsrücknahmeerklärung enthält.
Der Antrag des Betroffenen vom 01.08.2012 auf gerichtliche Entscheidung ist begründet, da eine Parallelvollstreckung der beiden Fahrverbote zulässig ist.
Für vorliegende Fallkonstellationen von Fahrverbotsvollstreckungen, sogenannte Mischfälle, besteht im Gegensatz zu sonstigen Fällen gleichzeitig bestehender Fahrverbote keine ausdrückliche gesetzliche Regelung.
Bestehen nebeneinander für Wiederholungstäter gleichzeitig mehrere Fahrverbote mit sofort beginnender Rechtskraft der Fahrverbote, können solche Fahrverbote gemäß § 25 Abs. 2 S. 2, Abs. 5 S. 1 StVG nebeneinander und damit zeitgleich oder zeitlich überlappend vollstreckt werden.
Bei sogenannten Ersttätern, denen die Viermonatsfrist zur Abgabe des Führerscheins gemäß § 25 Abs. 2 a StVG eingeräumt ist, bestimmt § 25 Abs. 2 a S. 2 StVG ausdrücklich, dass solche Fahrverbote nacheinander in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidungen zu vollstrecken und zu berechnen sind, wenn weitere entsprechende Fahrverbote hinzukommen.
Für Mischfälle der vorliegenden Fallkonstellation besteht keine ausdrückliche gesetzliche Regelung.
Jedoch belegt die systematische Stellung der eine Nacheinandervollstreckung ausdrücklich für zulässig erklärenden Regelung des Satzes 2 nur in § 25 Abs. 2 a StVG, dass eine solche Nacheinandervollstreckung vom Gesetzgeber nur für solche Fahrverbote vorgesehen ist, für die eine viermonatige Abgabefrist eingeräumt wurde. Für alle übrigen Fahrverbotskonstellationen, somit auch für Mischfälle, verbleibt es damit bei dem Grundsatz, dass Fahrverbote nebeneinander vollstreckt werden können. Dies steht auch in Übereinstimmung mit der Intention des Gesetzgebers, den durch mehrfache Einräumung der Viermonatsfrist begünstigten Ersttäter nicht noch zusätzlich zu begünstigen, sondern durch eine Nacheinandervollstreckung insoweit einen Ausgleich zu schaffen. Für den – auch in Mischfällen – nicht über das vollständige Wohl der Viermonatsfrist verfügenden Betroffenen gilt damit die in § 25 Abs. 2 a StVG getroffene Ausnahmeregelung nicht, sondern es gilt auch für Mischfälle die Regelung der Zulässigkeit einer Parallelvollstreckung. Insoweit schließt sich das Gericht also der inzwischen wohl herrschenden Meinung an (vgl. auch Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., Rdnr. 1103 ff., mit weiteren Nachweisen).
Dass der Landkreis H. keine Kenntnis von der bereits erfolgten Abgabe des Führerscheins hatte, ändert nichts an der Tatsache einer bereits erfolgten Vollstreckung auch des Fahrverbots aus dem Bußgeldbescheid des Landkreises H.. Denn maßgeblich für die Vollstreckung eines Fahrverbotes ist die Abgabe des Führerscheins mit dem Willen des Betroffenen zur Ableistung des Fahrverbotes – hier zugleich des Fahrverbotes aus dem Bußgeldbescheid des Landkreises G. und aus dem Bußgeldbescheid des Landkreises H.. Diesen Willen hat der Betroffene auch mit seiner an das Amtsgericht Walsrode gerichteten Einspruchsrücknahme vom 20.06.2012 erklärt. Jedoch hatte im Ergebnis offensichtlich die Staatsanwaltschaft V. dem Landkreis H. ausschließlich die am 20.06.2012 erklärte Einspruchsrücknahme mitgeteilt, dem Landkreis H. aber nicht Kenntnis von dem weiteren Inhalt des Schreibens vom 20.06.2012 gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 467 Abs. 1 StPO, 62 Abs. 2 S. 2 OWiG.
Die Entscheidung ist gemäß § 62 Abs. 2 OWiG unanfechtbar.