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Verwertbarkeit Geschwindigkeitsmessung ohne Abspeicherung von Rohmessdaten

OLG Zweibrücken – Az.: 1 OWi 2 Ss Bs 122/19 – Beschluss vom 11.02.2020

1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Speyer vom 24. September 2019 wird als unbegründet verworfen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

Das Amtsgericht Speyer hat den Betroffenen auf dessen rechtzeitig erhobenen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 18. Februar 2019 (Az.: 500.06106022.0) wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 48 km/h zu einer Geldbuße von 160,– Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.

Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 21. Oktober 2018 die BAB 61 im Bereich der Gemarkung Speyer mit einer – gemessenen – Geschwindigkeit von 153 km/h, obwohl die Geschwindigkeit dort mittels Verkehrszeichen auf 100 km/h beschränkt war. Die Messung wurde mit einem Gerät der Baureihe Poliscan FM 1 durchgeführt, das im Zeitpunkt der Messung ordnungsgemäß betrieben wurde und über eine gültige Eichung verfügte.

Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit der auf die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde. Der Einzelrichter des Senats hat mit Beschluss vom heutigen Tag die Sache gem. § 80a Abs. 3 S. 1 OWiG an den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1.

Die auf die allgemein erhobene Sachrüge veranlasste umfassende Prüfung des Schuld- und Rechtsfolgeausspruchs hat keinen den Betroffenen benachteiligenden Rechtsfehler ergeben; § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG.

2.

a) Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich des Messergebnisses ein Verwertungsverbot geltend macht, ist diese, in der Form einer Verfahrensrüge anzubringende Beanstandung (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2016 – 2 StR 46/15, juris Rn. 8 ff. = BGHSt 61, 266) zwar zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG). Insbesondere hat der in der Hauptverhandlung verteidigte Betroffene dargelegt und durch das Protokoll bewiesen, einer Verwertung des Messergebnisses rechtzeitig widersprochen zu haben (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.01.2019 – IV-2 RBs 141/19, NZV 2020, 54; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.11.2019 – 2 Rb 35 Ss 808/19, juris Rn. 4).

b) Die Rüge ist jedoch nicht begründet.

Der Umstand, dass bei dem verfahrensgegenständlichen, mit dem Gerät PoliScan FM 1 vorgenommenen Geschwindigkeitsmessung, die im Übrigen alle Kriterien einer standardisierten Messung erfüllt (hierzu: BGH, Beschluss vom 30.10.1997 – 4 StR 24/97, BGHSt 43, 277; vgl. auch Senat, Beschluss vom 23.07.2019 – 1 OWi 2 Ss Rs 68/19, ZfS 2019, 591; OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2019 – 1 RBs 75/19, juris Rn. 3), nach dem Rechtsbeschwerdevorbringen keine sog. Rohmessdaten abgespeichert wurden, stellt die Verwertbarkeit des Messergebnisses nicht in Frage; ob und in welchem Umfang das vorliegend verwendete Gerät tatsächlich Messdaten speichert (vgl. Senat aaO.), bedarf daher keiner weiteren Betrachtung.

Zwar hat der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes in seinem, das Gerät Traffistar S 350 betreffenden Urteil vom 5. Juli 2019 (Lv 7/17, NJW 2019, 2456 mit Anm. Krumm) in der zum Nachteil eines Betroffenen erfolgten Verwendung eines Messergebnisses, dessen zugrunde liegende Rohmessdaten nicht zum Zwecke der Ermöglichung einer nachträglichen Befundüberprüfung und „Plausibilisierung“ gespeichert wurden, generell eine Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren sowie auf eine effektive Verteidigung (Art. 60 Abs. 1 Verf SL i.V.m. Art. 20, Art. 14 Abs. 3 Verf SL) mit der Folge eines Verwertungsverbotes gesehen. Dieser, ihn nicht bindenden Ansicht folgt der Senat aber nicht. Er schließt sich der – soweit ersichtlich außerhalb des Saarlandes in der Rechtsprechung jedenfalls der Oberlandesgerichte einheitlich vertretenen – Auffassung an, dass die Verwertbarkeit der Ergebnisse eines standardisierten Messverfahrens nicht von dessen nachträglicher Überprüfbarkeit anhand von aufzuzeichnenden, zu speichernden und an den Betroffenen auf Verlangen herauszugebenden Rohmessdaten abhängig ist, und durch die fehlende Reproduzierbarkeit der zum einzelnen Messwert führenden Berechnung weder der Anspruch auf ein faires Verfahren noch der auf eine effektive Verteidigung berührt wird (OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.09.2019 – 2 Ss (OWi) 233/19, juris Rn. 13 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.09.2019 – 1 Rb 28 Ss 300/19, juris Rn. 4; OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2019 – III-1 RBs 339/19, DAR 2019, 695; BayObLG, Beschluss vom 09.12.2019 – 202 ObOWi 1955/19, juris Rn. 3 ff.; OLG Schleswig, Beschluss vom 20.12.2019 – II OLG 65/19, SchlHA 2020, 42 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.01.2020 – 3 Rb 33 Ss 763/19, juris Rn. 7 ff.; vgl. a. Senat, Beschluss vom 29.08.2019 – 1 OWi 2 Ss Bs 68/19, juris Rn. 6; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.01.2020 – VGH B 19/19, Rn. 48; AG St. Ingbert, Beschlüsse vom 08.08.2019 – 23 OWi 66 Js 1126/19 (1845/19), juris Rn 2 und vom 29.08.2019 – 25 OWi 63 Js 1212/19, juris; Verwaltungsgericht des Saarlands, Beschluss vom 09.01.2020 – 5 L 1710/19, juris Rn. 26; Krenberger, NZV 2019, 421; Peuker, NZV 2019, 443; Hartmann SVR 2019, 356). Auf die in den zitierten Entscheidungen dargestellten Argumenten, denen hier kein weiteres hinzugesetzt werden muss, kann verwiesen werden.

 

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