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Verletzung rechtliches Gehörs bei Nichtberücksichtigung Entbindungsantrags

Ein 115-Euro-Bußgeld sorgt für Aufsehen: Das Oberlandesgericht Oldenburg rügt ein Amtsgericht, weil dieses den Antrag eines Betroffenen auf Entbindung von der Verhandlungspflicht ignorierte und sein rechtliches Gehör verletzte. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Sorgfaltspflicht von Gerichten bei der Bearbeitung von Eilanträgen und zeigt, dass auch kleine Bußgelder zu Grundsatzentscheidungen führen können.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
  • Datum: 22.05.2024
  • Aktenzeichen: 2 ORbs 79/24 (375 Js 2462/24)
  • Verfahrensart: Rechtsbeschwerdeverfahren
  • Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Rechtsmittelrecht

Beteiligte Parteien:

  • Betroffener: Der Betroffene legte Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil ein, in dem sein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid verworfen wurde. Er argumentierte, dass sein Rechtliches Gehör verletzt worden sei, da sein Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht beschieden wurde.
  • Landkreis Ammerland: Erließ den Bußgeldbescheid über 115 € gegen den Betroffenen, der Gegenstand des Verfahrens war.
  • Amtsgericht Westerstede: Ursprungliches Gericht, das den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid ohne Berücksichtigung des Entbindungsantrags verwarf.
  • Generalstaatsanwaltschaft: Befand die Rechtsbeschwerde für begründet, da das rechtliche Gehör des Betroffenen verletzt worden war.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Betroffene hatte Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid des Landkreises Ammerland eingelegt. In der Hauptverhandlung erschien er nicht, da er einen Antrag gestellt hatte, von der Anwesenheitspflicht entbunden zu werden. Dieser Antrag wurde jedoch vom Amtsgericht Westerstede weder entschieden noch berücksichtigt, was zur Verwerfung seines Einspruchs führte.
  • Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits war, ob das Amtsgericht dem Antrag des Betroffenen auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung hätte nachkommen müssen und ob sein rechtliches Gehör dadurch verletzt wurde, dass der Antrag unbeachtet blieb.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht Oldenburg hob das Urteil des Amtsgerichts Westerstede auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück.
  • Begründung: Die Entscheidung wurde damit begründet, dass das Amtsgericht gegen die Verfahrensnorm verstieß, indem es den Entbindungsantrag des Betroffenen nicht beschied. Dies stellte einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör dar. Der Betroffene konnte davon ausgehen, dass sein fristgerecht gestellter Antrag berücksichtigt würde, insbesondere weil der damit verbundene Schriftsatz deutlich mit dem Hinweis „EILT SEHR!“ versehen war.
  • Folgen: Der Fall wird neu vor dem Amtsgericht verhandelt, das dabei den Entbindungsantrag des Betroffenen berücksichtigen muss. Der Betroffene erhält somit die Möglichkeit, seine Argumente erneut in einem ordnungsgemäßen Verfahren vorzubringen. Das Urteil hebt die Bedeutung der Einhaltung prozessualer Rechte, insbesondere des rechtlichen Gehörs, hervor.

Verfahrensgarantie im Fokus: Die Bedeutung des rechtlichen Gehörs im Gericht

Das rechtliche Gehör ist eine fundamentale Verfahrensgarantie im deutschen Rechtssystem. Es sichert jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich vor Gericht zu äußern und gehört zu werden. Diese grundgesetzlich verankerte Rechtsposition gilt als wesentliches Element eines fairen Gerichtsverfahrens und ist im Artikel 103 des Grundgesetzes verankert.

Fehler bei der Anhörung oder Nichtberücksichtigung von Anträgen können erhebliche prozessrechtliche Konsequenzen haben. Sie können als Verfahrensfehler gewertet werden und stellen eine mögliche Verletzung der Rechte der Beteiligten dar. Die korrekte Durchführung gerichtlicher Verfahren erfordert daher eine sorgfältige Prüfung aller rechtlichen Schritte und eine umfassende Berücksichtigung der Anträge und Argumente aller Prozessbeteiligten.

Der Fall vor Gericht


Gericht hebt Bußgeldurteil nach Verletzung des rechtlichen Gehörs auf

Verwaltungsschalter in einem deutschen Gericht mit einem Mann in Freizeitkleidung und einem Mitarbeiter in Anzug.
Verletzung des rechtlichen Gehörs im Bußgeldverfahren | Symbolfoto: Flux gen.

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat ein Urteil des Amtsgerichts Westerstede aufgehoben, in dem ein Bußgeldbescheid über 115 Euro bestätigt worden war. Die Richter sahen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen als gegeben an, da sein Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen nicht berücksichtigt wurde.

Missachteter Entbindungsantrag führt zur Aufhebung

Der Betroffene hatte am 23. Februar 2024 um 15:44 Uhr über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) einen Antrag eingereicht, ihn von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Dieser Antrag befand sich zwar am Ende eines mehrseitigen Schriftsatzes, war jedoch auf der ersten Seite mit dem deutlichen Hinweis auf den Gerichtstermin am 26. Februar 2024 um 11:20 Uhr und dem Vermerk „EILT SEHR!“ gekennzeichnet. Das Amtsgericht verwarf dennoch den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid mit der Begründung, der Betroffene sei in der Hauptverhandlung ohne Entschuldigung ausgeblieben.

OLG stärkt Rechte von Betroffenen im Bußgeldverfahren

In seiner Entscheidung bezog sich das OLG Oldenburg auf einen grundlegenden Beschluss vom 14. November 2016. Demnach muss das Gericht einem Entbindungsantrag entsprechen, wenn der Betroffene sich zur Sache geäußert hat und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts in der Hauptverhandlung nicht erforderlich ist. Die Richter betonten, dass die unterbliebene Kenntnisnahme und Bescheidung des Entbindungsantrags im Verantwortungsbereich des Amtsgerichts lag.

Gerichtsorganisation in der Pflicht

Das OLG stellte klar, dass es der ordnungsgemäßen Gerichtsorganisation entspricht, zeitnah eingehende Anträge zu bearbeiten. Die Richter verwiesen auf die Aufklärungs- und Fürsorgepflicht des Gerichts, die es erfordert, dass sich der zuständige Richter vor der Verkündung eines Verwerfungsurteils bei der Geschäftsstelle über mögliche vorliegende Nachrichten informiert. Dies gelte besonders vor dem Hintergrund der Erfahrung, dass häufig noch am Terminstag Entbindungsanträge bei den Amtsgerichten eingehen.

Der Senat ordnete die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Westerstede an, das nun erneut über den Fall verhandeln und auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde entscheiden muss.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil stärkt die Rechte von Bürgern im Bußgeldverfahren, indem es die Bedeutung des Entbindungsantrags von der persönlichen Erscheinungspflicht hervorhebt. Das Gericht muss einen solchen Antrag zwingend berücksichtigen und darf ihn nicht einfach ignorieren. Wird ein Entbindungsantrag rechtzeitig gestellt und nicht bearbeitet, verletzt dies das rechtliche Gehör des Betroffenen und führt zur Aufhebung eines Verwerfungsurteils.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erhalten und zum Gerichtstermin geladen werden, können Sie einen Antrag stellen, nicht persönlich erscheinen zu müssen. Diesen Antrag sollten Sie rechtzeitig und mit deutlichem Hinweis auf den Termin einreichen. Das Gericht muss Ihren Antrag dann prüfen und darüber entscheiden. Wird Ihr Antrag ignoriert und das Verfahren deswegen zu Ihren Ungunsten entschieden, können Sie sich dagegen erfolgreich wehren. Sie sollten den Antrag am besten schriftlich stellen und einen Nachweis über den Eingang beim Gericht aufbewahren.

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Das Oberlandesgericht Oldenburg hat klargestellt: Gerichte müssen Entbindungsanträge von Betroffenen ernst nehmen. Wurde Ihnen das rechtliche Gehör verweigert und ein Bußgeldbescheid zu Unrecht erlassen? Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen und gegen ungerechtfertigte Bußgelder vorzugehen. Sprechen Sie uns an und lassen Sie Ihre Situation individuell prüfen.

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FAQ - Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Fristen muss ich bei einem Entbindungsantrag von der persönlichen Erscheinungspflicht beachten?

Ein Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 2 OWiG kann grundsätzlich bis zum Beginn der Hauptverhandlung gestellt werden. Dabei müssen Sie jedoch einige wichtige zeitliche Aspekte beachten:

Rechtzeitige Einreichung

Drei Stunden vor Verhandlungsbeginn reichen in der Regel aus, damit das Gericht den Antrag noch bearbeiten kann. Wenn Sie den Antrag per Fax oder beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) einreichen, sollten Sie einen deutlichen Hinweis auf die Eilbedürftigkeit anbringen.

Bearbeitungszeit des Gerichts

Bei der Antragstellung ist zu berücksichtigen, dass das Gericht eine angemessene Bearbeitungszeit benötigt. Hierbei kommt es auf folgende Faktoren an:

Die gewöhnlichen Geschäftszeiten des jeweiligen Gerichts sind maßgeblich für die Frage, ob Ihr Antrag noch rechtzeitig bearbeitet werden kann. Ein Antrag, der außerhalb der Geschäftszeiten eingeht, kann möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.

Besonderheiten bei Terminsverlegung

Wenn Sie bereits einen erfolgreichen Entbindungsantrag gestellt haben und der Termin verlegt wird, müssen Sie keinen neuen Antrag stellen. Die Entbindung wirkt bei einer bloßen Terminsverlegung fort. Dies hat der BGH in einem aktuellen Beschluss vom 10.10.2023 bestätigt.

Formale Anforderungen

Der Entbindungsantrag ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie müssen jedoch in Ihrem Antrag:

  • Sich zur Sache äußern oder erklären, dass Sie sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werden
  • Darlegen, warum Ihre Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, muss das Gericht dem Antrag entsprechen, da die Entscheidung nicht im Ermessen des Gerichts steht.


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Welche Angaben muss ein Entbindungsantrag zwingend enthalten?

Ein Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 2 OWiG muss keine strengen Formvorschriften einhalten. Für einen wirksamen Antrag sind jedoch folgende Kernelemente erforderlich:

Eindeutige Willensbekundung

Der Antrag muss klar erkennen lassen, dass Sie von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden möchten. Eine verklausulierte oder versteckte Formulierung reicht nicht aus. Die Formulierung sollte unmissverständlich sein.

Äußerung zur Sache

Sie müssen in Ihrem Antrag eine der beiden folgenden Erklärungen abgeben:

  • Eine bereits erfolgte Äußerung zur Sache erwähnen oder
  • Ausdrücklich erklären, dass Sie sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werden.

Vertretungsvollmacht

Wenn ein Verteidiger den Antrag für Sie stellt, benötigt dieser eine besondere, nachgewiesene Vertretungsvollmacht. Eine allgemeine Verteidigungsvollmacht reicht nicht aus. Die Vollmacht muss ausdrücklich die Berechtigung zur Vertretung in der Hauptverhandlung umfassen. Formulierungen wie „zu verteidigen und zu vertreten“ oder „für den Fall der Abwesenheit“ sind dabei ausreichend.

Zeitliche Komponente

Der Antrag sollte möglichst frühzeitig nach Erhalt der Ladung gestellt werden. Er kann jedoch grundsätzlich bis zum Beginn der Hauptverhandlung eingereicht werden. Selbst ein Antrag, der kurz vor dem Termin eingeht, muss vom Gericht berücksichtigt werden, sofern er eindeutig und nicht rechtsmissbräuchlich gestellt wurde.

Inhaltliche Gestaltung

Der Antrag sollte klar gegliedert sein und keine weiteren, den Blick auf das Entbindungsbegehren verstellenden Prozesserklärungen enthalten. Eine Begründung des Antrags ist nicht zwingend erforderlich, kann aber die Erfolgsaussichten erhöhen.


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Wann muss ich persönlich vor Gericht erscheinen und wann kann ich mich entbinden lassen?

Grundsätzliche Erscheinungspflicht

Als Betroffener sind Sie grundsätzlich verpflichtet, zum Hauptverhandlungstermin persönlich zu erscheinen. Dies gilt auch dann, wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragt haben.

Möglichkeiten der Entbindung

Sie können sich von der Erscheinungspflicht entbinden lassen, wenn Sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie haben sich bereits zur Sache geäußert oder erklären schriftlich, dass Sie sich in der Hauptverhandlung nicht äußern werden.
  • Ihre Anwesenheit ist zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich.

Wichtig: Das Gericht hat bei Vorliegen dieser Voraussetzungen keinen Ermessensspielraum – es muss Sie von der Erscheinungspflicht entbinden.

Antragstellung und Wirkung

Wenn Sie einen Entbindungsantrag stellen möchten, beachten Sie:

  • Der Antrag muss spätestens in der Hauptverhandlung bis zur Vernehmung zur Sache gestellt werden.
  • Eine gewährte Entbindung wirkt auch bei einer Terminsverlegung fort – Sie müssen keinen neuen Antrag stellen.
  • Die Entbindung von der Erscheinungspflicht lässt Ihr Recht auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung unberührt.

Besondere Situationen

Bei wichtigen Verhinderungsgründen wie:

  • Krankheit
  • Längerer geplanter Urlaub
  • Geschäftsreise
  • Große Entfernung zum Gericht

müssen Sie das Gericht umgehend informieren. In diesen Fällen wird das Gericht in der Regel den Termin verlegen oder Sie von der Erscheinungspflicht entbinden.

Beachten Sie: Wenn Sie trotz bestehender Erscheinungspflicht unentschuldigt nicht erscheinen, kann das Gericht Ihren Einspruch durch ein Verwerfungsurteil zurückweisen. Eine solche Entscheidung kann Ihre Rechtsposition erheblich verschlechtern.


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Wie kann ich nachweisen, dass ich einen Entbindungsantrag gestellt habe?

Ein rechtssicherer Nachweis des Entbindungsantrags nach § 73 Abs. 2 OWiG ist für Sie besonders wichtig, da ein übergangener Antrag zur Verletzung des rechtlichen Gehörs führt.

Formale Nachweismöglichkeiten

Der Entbindungsantrag ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie können den Antrag auf verschiedene Arten nachweisbar einreichen:

Per Fax: Eine Telefaxkopie ist als Nachweis ausreichend. Bewahren Sie unbedingt das Sendeprotokoll mit Datum, Uhrzeit und Faxnummer des Gerichts auf. Bei Versand an einen allgemeinen Gerichtsanschluss sollten Sie einen Hinweis auf Eilbedürftigkeit anbringen.

Über beA: Wenn Sie durch einen Anwalt vertreten werden, ist die Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) möglich. Der elektronische Eingang wird dabei automatisch dokumentiert.

Inhaltliche Anforderungen

Ihr Antrag muss eindeutig und unmissverständlich formuliert sein. Folgende Elemente sollten Sie dokumentieren:

  • Die ausdrückliche Erklärung, dass Sie einen Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 2 OWiG stellen
  • Das Einräumen der Fahrereigenschaft bei Verkehrsordnungswidrigkeiten
  • Die Erklärung, dass Sie sich in der Hauptverhandlung nicht weiter zur Sache äußern werden

Zeitliche Dokumentation

Der Antrag sollte rechtzeitig vor dem Termin gestellt werden. Dokumentieren Sie genau:

  • Das Datum und die Uhrzeit der Antragstellung
  • Den Zeitpunkt des Eingangs beim Gericht
  • Die Frist zwischen Eingang und Verhandlungstermin – selbst ein Antrag drei Stunden vor Verhandlungsbeginn muss vom Gericht berücksichtigt werden

Ein in der Sphäre der Justiz liegendes Organisationsverschulden, etwa wenn der Antrag die zuständige Richterin nicht rechtzeitig erreicht, darf Ihnen nicht zum Nachteil gereichen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Rechtliches Gehör

Ein fundamentales Grundrecht im deutschen Rechtssystem, das jedem Beteiligten eines Gerichtsverfahrens garantiert, sich zu den Vorwürfen und relevanten Sachverhalten äußern zu können und dabei vom Gericht angehört zu werden. Es ist in Art. 103 Abs. 1 GG verankert und sichert eine faire Verhandlung. Eine Verletzung liegt vor, wenn das Gericht Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht berücksichtigt. Beispiel: Wenn ein Gericht einen fristgerecht eingereichten Antrag ignoriert und dadurch eine Entscheidung ohne Berücksichtigung der Argumente des Antragstellers trifft.


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Bußgeldbescheid

Ein behördlicher Bescheid, mit dem eine Ordnungswidrigkeit durch Verhängung einer Geldbuße geahndet wird. Er ist ein Verwaltungsakt nach § 35 VwVfG und kann durch Einspruch angefochten werden. Nach Einspruchseinlegung prüft zunächst die Behörde den Fall erneut. Wird der Einspruch nicht zurückgenommen, geht der Fall ans Gericht. Beispiel: Ein Autofahrer erhält einen Bußgeldbescheid wegen Geschwindigkeitsüberschreitung.


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Entbindungsantrag

Ein Antrag im Verfahrensrecht, mit dem ein Verfahrensbeteiligter beantragt, nicht persönlich zur Gerichtsverhandlung erscheinen zu müssen. Nach § 73 Abs. 2 OWiG kann das Gericht einem solchen Antrag stattgeben, wenn der Betroffene sich bereits zur Sache geäußert hat und seine Anwesenheit für die Sachaufklärung nicht erforderlich ist. Eine Entscheidung über den Antrag muss vor der Verhandlung erfolgen.


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Verwerfungsurteil

Eine gerichtliche Entscheidung, bei der ein Rechtsmittel (z.B. Einspruch) als unzulässig oder unbegründet verworfen wird, ohne dass über die inhaltlichen Aspekte des Falls entschieden wird. Im Bußgeldverfahren ergeht nach § 74 OWiG ein Verwerfungsurteil, wenn der Betroffene unentschuldigt der Hauptverhandlung fernbleibt. Die Folge ist, dass der ursprüngliche Bußgeldbescheid rechtskräftig wird.


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Aufklärungs- und Fürsorgepflicht

Eine wesentliche Verpflichtung des Gerichts, aktiv zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen und die Rechte aller Verfahrensbeteiligten zu wahren. Sie ergibt sich aus verschiedenen Verfahrensordnungen und dem Grundsatz des fairen Verfahrens. Das Gericht muss beispielsweise auf Formfehler hinweisen, über Rechte aufklären und sicherstellen, dass alle relevanten Anträge und Unterlagen berücksichtigt werden.


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Besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA)

Ein sicheres elektronisches Kommunikationssystem für den Rechtsverkehr zwischen Anwälten und Gerichten, eingeführt durch § 31a BRAO. Es ermöglicht die rechtssichere elektronische Übermittlung von Dokumenten und ist seit 2022 für Anwälte verpflichtend zu nutzen. Nachrichten über beA gelten als offiziell zugestellt und müssen von Gerichten bearbeitet werden. Beispiel: Ein Anwalt reicht einen Eilantrag elektronisch über das beA beim Gericht ein.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG: Diese Vorschrift regelt die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen in Ordnungswidrigkeitenverfahren. Sie ermöglicht es Betroffenen, gegen Entscheidungen, die ihren Einspruch betreffen, Rechtsmittel einzulegen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zugelassen, da das Amtsgericht sein rechtliches Gehör verletzt hatte.
  • § 73 Abs. 2 OWiG: Dieser Paragraph behandelt die Verfahrensrüge und stellt klar, dass Fehler im Verfahren, die die Rechte des Betroffenen beeinträchtigen, zur Begründung einer Rechtsbeschwerde führen können. Das Amtsgericht hatte den Entbindungsantrag des Betroffenen nicht ordnungsgemäß berücksichtigt, was einen Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt und somit die Rechtsbeschwerde begründet.
  • Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG): Diese Grundrechtsnorm garantiert das rechtliche Gehör, welches sicherstellt, dass jede Person vor einer gerichtlichen Entscheidung die Möglichkeit hat, sich zu den Sachverhalten und Beweismitteln zu äußern. Im vorliegenden Fall wurde dieses Grundrecht verletzt, da der Entbindungsantrag des Betroffenen nicht angemessen geprüft wurde.
  • § 73 OWiG: Allgemeine Vorschriften zur Durchführung von Ordnungswidrigkeitenverfahren. Dieser Paragraph legt die Verfahrensgrundsätze fest, die von den Gerichten einzuhalten sind, um die Rechte der Betroffenen zu wahren. Das Amtsgericht hat hier gegen diese Verfahrensnorm verstoßen, indem es den Entbindungsantrag nicht richtig behandelt hat.
  • Rechtsprechung des OLG Bamberg (NStZ-RR 2009, 149): Diese Entscheidung erläutert die Pflichten der Gerichte bei der Prüfung von Entbindungsanträgen und betont die Notwendigkeit, dass solche Anträge rechtzeitig und ordnungsgemäß berücksichtigt werden müssen. Im aktuellen Fall wurde diese Rechtsprechung herangezogen, um festzustellen, dass das Amtsgericht seine Sorgfaltspflichten verletzt hat, wodurch das rechtliche Gehör des Betroffenen beeinträchtigt wurde.

Das vorliegende Urteil


OLG Oldenburg – Az.: 2 ORbs 79/24 (375 Js 2462/24) – Beschluss vom 22.05.2024


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