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Verletzung des rechtlichen Gehörs im Zulassungsverfahren ohne Anhörungspflicht

Ein Betroffener im Ordnungswidrigkeitenverfahren sah eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Zulassungsverfahren, da ihm die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft nicht zugestellt wurde. Das Gericht musste klären, ob dieses spezielle Verfahren wegen seines Filtercharakters die unmittelbare Anwendung der üblichen Anhörungsnormen ausschließt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 103/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt
  • Datum: 30. Mai 2024
  • Aktenzeichen: 1 ORbs 103/24
  • Verfahren: Rüge wegen fehlendem rechtlichem Gehör
  • Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Verfahrensrecht

  • Das Problem: Ein Bürger beantragte die Zulassung einer Beschwerde gegen ein Urteil. Er bekam eine schriftliche Stellungnahme der Staatsanwaltschaft nicht zugestellt. Deswegen sah der Bürger sein Grundrecht auf Rechtliches Gehör verletzt.
  • Die Rechtsfrage: Muss das Gericht dem Bürger die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft in diesem speziellen Beschwerdezulassungsverfahren zwingend zur Gegendarstellung schicken?
  • Die Antwort: Nein, die Rüge wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Gericht entschied, dass die allgemeine Pflicht zur Zustellung in diesem speziellen Zulassungsverfahren nicht gilt.
  • Die Bedeutung: Das Verfahren zur Zulassung einer Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsbehelf eigener Art. Dies bedeutet, dass nicht alle strengen Zustellungsregeln des allgemeinen Strafprozesses zwingend angewendet werden müssen.

Der Fall vor Gericht


Wieviel Mitsprache hat man, wenn man nur an die Tür des Gerichts klopft?

Der Weg durch die deutschen Gerichtsinstanzen ist kein offenes Tor, sondern eine Reihe von Türen, für die man den passenden Schlüssel braucht. Ein Mann, verurteilt in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren, stand vor einer solchen Tür: der Zulassung zur Rechtsbeschwerde. Als der Türsteher – das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – ihm den Eintritt verwehrte, protestierte er. Er argumentierte, der Türsteher habe sich mit dem Staatsanwalt unterhalten, ohne ihm eine Chance zur Erwiderung zu geben. Seine Klage warf eine präzise Frage auf: Wie viel Mitsprache hat man eigentlich, wenn man nur an die Tür klopft, aber noch nicht im Raum ist?

Warum fühlte sich der Mann in seinem Recht auf Gehör verletzt?

Der Richter entscheidet über die Zulassung der Rechtsbeschwerde, nachdem eine Gehörsrüge wegen fehlender Zustellung einging.
Mitsprache im Zulassungsverfahren: Beteiligte haben kein Recht auf Stellungnahme der Staatsanwaltschaft. | Symbolbild: KI

Der Betroffene war vom Amtsgericht Sangerhausen verurteilt worden. Mit diesem Urteil wollte er sich nicht abfinden und beantragte die Zulassung einer Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht. Dieser Antrag wurde mit einem knappen Beschluss verworfen. Im Nachhinein erfuhr der Mann, dass die Generalstaatsanwaltschaft dem Gericht eine Stellungnahme geschickt hatte – mutmaßlich mit der Empfehlung, seinen Antrag abzulehnen.

Genau hier setzte seine Rüge an. Er argumentierte: Wenn die Gegenseite dem Gericht etwas schreibt, das meine Sache betrifft, muss ich das zu sehen bekommen. Ich muss die Chance haben, darauf zu antworten. Er berief sich auf sein grundlegendes Recht auf rechtliches Gehör. Dieses Recht wird unter anderem in der Strafprozessordnung konkretisiert. Der § 349 Abs. 3 StPO sieht vor, dass die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer mitgeteilt wird. Da dies nicht geschah, sah er einen klaren Verfahrensfehler. Zusätzlich bemängelte er, dass die Ablehnung seines Antrags völlig unbegründet war. Auch das sei eine Missachtung seines Anspruchs, die Gedankengänge des Gerichts nachzuvollziehen.

Weshalb sah das Gericht hier keinen Fehler?

Das Oberlandesgericht wies die Rüge des Mannes zurück. Die Richter erklärten ihm im Grunde, dass er die Spielregeln für diese spezielle Phase des Verfahrens falsch verstanden hatte. Ihr zentrales Argument: Der Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde ist ein „Rechtsbehelf eigener Art“.

Im Klartext bedeutet das: Dieses Verfahren ist kein vollwertiges Berufungs- oder Revisionsverfahren. Es ist eine Art Vorprüfung, ein Filter. Das Gericht prüft hier nur, ob der Fall überhaupt die Voraussetzungen erfüllt, um in der nächsten Instanz noch einmal komplett aufgerollt zu werden. Es ist die Frage an den Türsteher, ob man überhaupt eintreten darf. Wegen dieses speziellen Charakters gelten nicht alle Regeln, die im Hauptverfahren oder in einer regulären Rechtsbeschwerde gelten.

Das Gericht stützte sich auf die herrschende Meinung in der Rechtswissenschaft und auf frühere Urteile anderer Gerichte. Diese bestätigen: Die Vorschrift über die Mitteilungspflicht der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahme (§ 349 Abs. 3 StPO) findet im Zulassungsverfahren in der Regel keine direkte Anwendung. Die Kommunikation zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht auf dieser Stufe ist Teil der internen Prüfung des Gerichts.

Musste das Gericht seine Ablehnung nicht begründen?

Nein. Auch hier greift die besondere Natur des Zulassungsverfahrens. Die Richter machten deutlich, dass Beschlüsse, die einen Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde verwerfen, grundsätzlich keiner Begründung bedürfen.

Der Gedanke dahinter ist Effizienz. Das Gericht soll schnell filtern können, welche Fälle eine weitere Prüfung rechtfertigen und welche nicht. Müsste jede Ablehnung an dieser Schwelle ausführlich begründet werden, würde der Zweck dieses Filters – die Entlastung der höheren Instanz – unterlaufen. Der Betroffene hat einen Anspruch darauf, dass sein Antrag geprüft wird. Er hat aber keinen Anspruch auf eine detaillierte Erklärung, warum das Gericht die Tür für ihn geschlossen hält.

Das Gericht stellte außerdem klar, dass es seine Entscheidung nicht auf Fakten gestützt hatte, zu denen der Mann sich nicht hätte äußern können. Sein eigener Vortrag wurde vollständig zur Kenntnis genommen. Die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft enthielt keine neuen Tatsachen, sondern lediglich eine rechtliche Einschätzung – eine Einschätzung, die das Gericht ohnehin eigenständig vornehmen muss.

Wer bezahlt den Versuch, das Gehör einzuklagen?

Der Antrag des Mannes war zwar zulässig, aber in der Sache ohne Erfolg. Die Konsequenz dieser Niederlage ist im Gesetz klar geregelt. Wer einen Rechtsbehelf ohne Erfolg einlegt, trägt die Kosten des Verfahrens. Das Oberlandesgericht verurteilte den Betroffenen zur Übernahme der Kosten für seine eigene, unbegründete Gehörsrüge. Diese Regelung findet sich im Ordnungswidrigkeitengesetz (§ 46 Abs. 1 OWiG) in Verbindung mit der Strafprozessordnung (§ 465 Abs. 1 StPO). Der Kampf um ein vermeintlich verletztes Recht endete für den Mann mit einer weiteren Kostenrechnung.

Die Urteilslogik

Das Recht auf umfassendes Gehör weicht der Notwendigkeit gerichtlicher Effizienz, wenn das Verfahren lediglich als vorgeschalteter Filter dient.

  • Verfahrensfilter definieren eigene Regeln: Das Zulassungsverfahren zur Rechtsbeschwerde gilt als Rechtsbehelf eigener Art und unterliegt spezifischen, vereinfachten Verfahrensregeln, die von den umfassenden Vorschriften des Hauptverfahrens abweichen.
  • Keine zwingende Mitteilung bei Rechtsgutachten: Die Pflicht des Gerichts, eine Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft zuzustellen, entfällt, wenn diese lediglich eine juristische Einschätzung der Rechtslage liefert und keine neuen, dem Betroffenen unbekannten Tatsachen in das Verfahren einführt.
  • Konsequenz der Verfahrensökonomie: Gerichtliche Beschlüsse, welche die Zulassung einer Rechtsbeschwerde verwerfen, müssen grundsätzlich keine Begründung enthalten, da die Verpflichtung zur detaillierten Darlegung den Zweck des Entlastungsfilters unterlaufen würde.

Wer gerichtliche Verfahrensrechte erfolglos durch eine Rüge einfordert, trägt die vollständigen Kosten dieses Versuchs.


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Haben Sie Bedenken wegen fehlender Zustellung im Rechtsbeschwerdeverfahren? Fordern Sie unsere juristische Ersteinschätzung zu Ihrem Fall an.


Experten Kommentar

Wer im Gerichtsprozess anklopft, um die Tür zur nächsten Instanz aufzumachen, muss wissen: An der Schwelle gelten andere Regeln als im Hauptverfahren. Das Oberlandesgericht stellt konsequent fest, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde nur ein administrativer Filter ist, kein echtes Hauptverfahren. Wer in diesem Stadium eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, weil er die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft nicht zugestellt bekam, ignoriert die juristische Realität. Das Gericht muss auf dieser Ebene weder umfassend begründen, warum die Tür zu bleibt, noch eine Anhörung zu rechtlichen Voreinschätzungen der Gegenseite gewähren.


Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Gilt mein Recht auf rechtliches Gehör auch im Zulassungsverfahren zur Rechtsbeschwerde?

Das Recht auf rechtliches Gehör ist ein fundamentales Grundrecht und gilt grundsätzlich in jeder Phase des Verfahrens. Allerdings sind seine konkreten Ausprägungen im Zulassungsverfahren zur Rechtsbeschwerde stark eingeschränkt. Sie haben daher keinen automatischen Anspruch darauf, zu einer Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft replizieren zu dürfen.

Dieses Verfahren dient dem Gericht lediglich als juristischer Filter, um die höhere Instanz effektiv zu entlasten. Die Richter betrachten die Kommunikation der Staatsanwaltschaft auf dieser frühen Stufe als Teil ihrer internen rechtlichen Prüfung. Deshalb findet die Spezialvorschrift über die Mitteilungspflicht staatsanwaltschaftlicher Stellungnahmen (§ 349 Abs. 3 StPO) hier in der Regel keine Anwendung. Die Kernelemente Ihres Gehörs, wie die Kenntnisnahme Ihres eigenen Vortrags an das Gericht, bleiben unberührt.

Viele Betroffene empfinden es als ungerecht, wenn die Gegenseite argumentieren darf, ohne dass sie davon erfahren. Stützen Sie eine Gehörsrüge jedoch allein auf die fehlende Zusendung der Stellungnahme, führt dies zur sicheren Abweisung. Eine Mitteilungspflicht entsteht nur dann, wenn die Staatsanwaltschaft dem Gericht völlig neue, für die Entscheidung relevante Tatsachen vortragen würde. Enthielt die Stellungnahme lediglich eine rechtliche Einschätzung, gilt der Mangel rechtlich nicht als Fehler.

Überprüfen Sie Ihren Schriftsatz daraufhin, ob die Generalstaatsanwaltschaft tatsächlich neue Tatsachen und nicht nur eine rechtliche Einschätzung abgegeben hat, da nur dies eine Mitteilungspflicht entstehen lässt.


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Muss mir die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft im OWi-Verfahren zugestellt werden?

Im Zulassungsverfahren zur Rechtsbeschwerde müssen Sie die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft in der Regel nicht zwingend zugestellt bekommen. Viele Betroffene befürchten eine heimliche Beeinflussung des Gerichts. Die Zustellungspflicht entfällt aber, weil dieses Verfahren lediglich als rechtlicher Filter dient. Eine Zustellungspflicht entsteht nur in einer eng definierten Ausnahmesituation.

Der Grund für diese Ausnahme liegt darin, dass der Antrag auf Zulassung als Rechtsbehelf eigener Art gilt. Die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft dient auf dieser Stufe meist nur der internen, rechtlichen Würdigung des Falls durch das Oberlandesgericht. Das Gericht beurteilt die Rechtslage ohnehin eigenständig. Enthält die Stellungnahme lediglich eine juristische Empfehlung zur Ablehnung des Antrags, ist eine förmliche Zustellung daher nicht erforderlich.

Die Zustellung wird erst dann zwingend erforderlich, wenn die Staatsanwaltschaft neue Tatsachen oder bisher unbekannte Sachverhalte vortragen würde, die für die gerichtliche Entscheidung entscheidend sind. Nur wenn sich der Betroffene zu diesen neuen, tatsächlichen Argumenten noch nicht äußern konnte, liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Gerichte gehen davon aus, dass die Stellungnahme in diesen Verfahrensstadien primär eine rechtliche Einschätzung darstellt.

Fordern Sie sofort Einsicht in die Gerichtsakte, um festzustellen, ob die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft tatsächlich neue Tatsachen und nicht nur eine rechtliche Empfehlung enthielt, bevor Sie eine Rüge einlegen.


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Muss das Gericht die Ablehnung meiner Rechtsbeschwerde begründen?

Die Richter sind grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Beschluss zur Verwerfung Ihres Antrags auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde detailliert zu begründen. Dieses Vorgehen mag frustrierend wirken, weil es den Eindruck erweckt, das Gericht habe den Antrag nur „weggewischt“. Es ist jedoch ein zentrales Merkmal des Zulassungsverfahrens, welches als Effizienz-Filter der Justiz dient.

Die Gerichte sind zur Begründungsfreiheit befugt, um den Zweck des Verfahrens zu gewährleisten: die Entlastung der höheren Instanz. Müsste jede Ablehnung an dieser Schwelle ausführlich begründet werden, würde der notwendige Filtermechanismus unterlaufen. Sie haben zwar Anspruch darauf, dass Ihr Antrag sorgfältig geprüft wird, aber keinen Anspruch auf eine detaillierte Nachvollziehung der richterlichen Gedankengänge.

Eine Begründungspflicht entsteht nur in eng begrenzten Ausnahmefällen. Dies wäre der Fall, wenn die Ablehnung auf neuen Tatsachen oder Fakten beruhen würde, zu denen Sie sich noch nicht äußern konnten. Enthält der Beschluss jedoch lediglich eine rechtliche Einschätzung der bereits bekannten Sachlage, ist eine zusätzliche Erklärung nicht erforderlich.

Konzentrieren Sie Ihre weitere Strategie nicht auf die fehlende Begründung, sondern überprüfen Sie, ob Ihr ursprünglicher Antrag die formalen Voraussetzungen für eine Zulassung hinreichend dargelegt hat.


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Wer trägt die Kosten, wenn meine Gehörsrüge abgewiesen wird?

Wenn Ihr Antrag auf Gehörsrüge vom Gericht verworfen wird, müssen Sie die entstandenen Kosten des Rügeverfahrens selbst übernehmen. Die Kostenlast folgt der allgemeinen Regel in der Justiz: Wer einen Rechtsbehelf ohne Erfolg einlegt, trägt die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen. Dieses Prinzip gilt auch im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG).

Die Pflicht zur Kostenübernahme ist gesetzlich klar geregelt und dient der Verfahrensökonomie. Das OWiG verweist diesbezüglich auf die Vorschriften der Strafprozessordnung, insbesondere § 465 Abs. 1 StPO. Sobald das Gericht Ihre Gehörsrüge inhaltlich als unbegründet verwirft, werden Ihnen die zusätzlichen Verfahrenskosten auferlegt. Dabei ist unerheblich, ob der Antrag formal zulässig war; die Kosten entstehen, wenn der Inhalt nicht überzeugen konnte.

Der Grundsatz dient dazu, leichtfertige oder unbegründete Rechtsbehelfe gegen bereits ergangene Entscheidungen zu vermeiden. Selbst der Versuch, einen vermeintlichen Verfahrensfehler geltend zu machen, kann zu einer empfindlichen finanziellen Zusatzrechnung führen, wenn das Gericht die Verletzung des Gehörs verneint. Diese Kosten umfassen sowohl Gerichtsgebühren für das Rügeverfahren als auch die eventuell anfallenden Anwaltskosten.

Um das finanzielle Risiko realistisch einschätzen zu können, berechnen Sie die spezifischen Gebühren für das Einreichen einer Gehörsrüge anhand des aktuellen Gerichtskostenkatalogs.


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Was bedeutet es, wenn mein Antrag auf Rechtsbeschwerde als „Rechtsbehelf eigener Art“ gilt?

Die Bezeichnung Rechtsbehelf eigener Art ist ein juristischer Fachbegriff, der die Spielregeln Ihres Verfahrens maßgeblich einschränkt. Er bedeutet, dass Ihr Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde lediglich eine spezielle Vorprüfung durch das Oberlandesgericht darstellt. Dieses Verfahren dient primär als rechtlicher Filter und ersetzt kein vollwertiges Berufungs- oder Revisionsverfahren.

Der zentrale Zweck dieses Filters ist die Entlastung der höheren Gerichtsinstanzen von Routinefällen. Daher gelten nicht alle wesentlichen Regeln des streitigen Verfahrens uneingeschränkt. Das Gericht konzentriert sich darauf, ob die formalen Zulassungsvoraussetzungen überhaupt erfüllt sind. Es prüft, ob die Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung hat oder eine notwendige Fortentwicklung der Rechtsprechung erfordert.

Diese Reduktion der Verfahrensrechte hat direkte Konsequenzen für Sie als Antragsteller. Beispielsweise sind die strengen Regeln zur Mitteilungspflicht staatsanwaltschaftlicher Stellungnahmen oft nicht anwendbar, die in einem regulären Hauptverfahren gelten würden. Ebenso wenig besteht für das Gericht eine Pflicht zur detaillierten Begründung, wenn es Ihren Antrag per Beschluss verwirft. Die gesamte Prüfung fokussiert sich fast ausschließlich auf die formalen Kriterien und nicht auf eine erneute inhaltliche Prüfung der Schuldfrage.

Gestalten Sie Ihren Schriftsatz daher gezielt, indem Sie die formalen Kriterien für die Zulassung adressieren, anstatt die Ungerechtigkeit des ursprünglichen Urteils darzulegen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Gehörsrüge

Eine Gehörsrüge ist das juristische Werkzeug, das eine Partei einlegen kann, wenn sie meint, ihr grundlegendes Recht auf rechtliches Gehör sei durch das Gericht verletzt worden. Dieses spezielle Rechtsmittel erlaubt es, Verfahrensfehler zu korrigieren, die nicht mit Standard-Rechtsmitteln wie Berufung oder Revision behoben werden können. Das Gesetz sichert damit nachträglich ab, dass jeder Prozessbeteiligte gehört wird, bevor eine Entscheidung fällt.

Beispiel: Nachdem der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde abgelehnt wurde, legte der Betroffene die Gehörsrüge ein, da er die fehlende Mitteilung der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahme als einen schweren Verfahrensfehler ansah.

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Rechtliches Gehör

Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist ein fundamentales Grundrecht, das gewährleistet, dass sich jede Prozesspartei vor einer gerichtlichen Entscheidung zu allen relevanten Fakten äußern kann. Dieses Recht bildet einen Eckpfeiler des fairen Verfahrens und verhindert, dass Gerichte Entscheidungen treffen, ohne den vollständigen Sachvortrag der Beteiligten zu kennen. Die Justiz muss dem Einzelnen die Möglichkeit geben, die Entscheidung des Gerichts durch seinen Vortrag potenziell zu beeinflussen.

Beispiel: Im Zulassungsverfahren zur Rechtsbeschwerde sah der Mann sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt, weil die Generalstaatsanwaltschaft dem Gericht eine Empfehlung abgab, zu der er nicht replizieren durfte.

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Rechtsbehelf eigener Art

Juristen bezeichnen ein Verfahren als Rechtsbehelf eigener Art, wenn es ein spezielles Zwischenverfahren in der Justiz darstellt, das nicht die vollen prozessualen Rechte eines Hauptverfahrens wie Revision gewährt. Die Gerichte wenden diese Klassifizierung an, wenn ein Verfahren primär als „Filter“ oder Vorprüfung dient und somit die Entlastung der höheren Instanzen bezweckt wird. Da die Prüfung oft nur formal erfolgt, gelten die strengen Mitteilungspflichten und Begründungserfordernisse nur eingeschränkt oder gar nicht.

Beispiel: Das Oberlandesgericht stützte seine Ablehnung darauf, dass der Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde lediglich ein Rechtsbehelf eigener Art sei und somit die Verfahrensregeln der Strafprozessordnung nur bedingt anwendbar seien.

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Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft

Die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft ist eine schriftliche Äußerung dieser Behörde an das Gericht in höheren Instanzen, die meist eine juristische Empfehlung zur Behandlung oder Verwerfung eines Rechtsbehelfs enthält. Der Zweck dieser Mitteilung ist es, das Revisions- oder Oberlandesgericht bei der Prüfung komplexer Rechtsfragen zu unterstützen, da die Generalstaatsanwaltschaft als Hüterin der objektiven Rechtspflege fungiert. Obwohl sie formal eine Verfahrenspartei ist, soll sie dem Gericht eine unabhängige Einschätzung zur Rechtslage bieten.

Beispiel: Der Betroffene forderte die Zustellung der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft, da er befürchtete, das Gericht könne sich durch die geheime Empfehlung beeinflussen lassen, ohne ihm eine Erwiderung zu gestatten.

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Tatsachen (im Prozessrecht)

Innerhalb des Prozessrechts sind Tatsachen konkrete Sachverhalte oder Vorkommnisse aus der realen Welt, die bewiesen werden müssen oder die der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegen. Nur wenn neue Tatsachen in ein Verfahren eingeführt werden, muss dem Gegner zwingend rechtliches Gehör gewährt werden, damit er diese konkreten Sachverhalte bestreiten oder beweisen kann. Das Gesetz unterscheidet klar, ob es um die rechtliche Bewertung der bereits bekannten Fakten oder um die Einführung neuer, entscheidungsrelevanter Fakten geht.

Beispiel: Das Gericht verneinte die Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil die Stellungnahme lediglich eine juristische Einschätzung der Sachlage enthielt und keine neuen Tatsachen, zu denen der Mann sich hätte äußern müssen.

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Zulassung zur Rechtsbeschwerde

Die Zulassung zur Rechtsbeschwerde ist ein vorgeschaltetes Verfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht, in dem das Oberlandesgericht prüft, ob ein Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine weitere rechtliche Überprüfung erfüllt. Dieses Verfahren agiert als entscheidender Filtermechanismus, der höhere Instanzen entlasten soll, indem nur Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts zugelassen werden. Ohne eine positive Zulassung kann der Betroffene das Urteil des Amtsgerichts in der Sache nicht weiter anfechten.

Beispiel: Der Mann beantragte die Zulassung zur Rechtsbeschwerde, um das Urteil des Amtsgerichts Sangerhausen noch einmal prüfen zu lassen, scheiterte jedoch an den formalen Anforderungen des Oberlandesgerichts.

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Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 1 ORbs 103/24 – Beschluss vom 30.05.2024


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