Skip to content
Menü

Verjährungsunterbrechende Wirkung – vorläufige Verfahrenseinstellung – Abwesenheit Betroffener

Ein Autofahrer rast mit 31 km/h über der erlaubten Geschwindigkeit durch eine Ortschaft. Doch ein Fahrverbot und eine Geldbuße von 500 DM entgehen ihm aufgrund eines Formfehlers der Behörden. Der Fall landet vor Gericht, wo die Verjährungsfrist zum entscheidenden Faktor wird. Am Ende trägt der Staat die Kosten des Verfahrens.

➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Ss 163/98 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Hilfe anfordern


✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Der Fall bezieht sich auf den Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch den Betroffenen.
  • Ein Bußgeldbescheid wurde gegen den Betroffenen erlassen, der jedoch zu spät zugestellt wurde.
  • Das Amtsgericht sprach den Betroffenen ursprünglich aus tatsächlichen Gründen frei.
  • Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts ein.
  • Die Verjährungsfrist von drei Monaten gemäß Straßenverkehrsgesetz (StVG) war zum Zeitpunkt der Zustellung des Bußgeldbescheids bereits abgelaufen.
  • Das Gericht entschied, dass das Verfahren eingestellt wird und die Staatskasse die Kosten und notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt.
  • Die verspätete Zustellung des Bußgeldbescheids führte zur Verjährung der Ordnungswidrigkeit.
  • Durch die eingetretene Verjährung konnte die Sache nicht weiter verfolgt werden.
  • Dies verdeutlicht die Wichtigkeit der rechtzeitigen Zustellung von Bußgeldbescheiden zur Wahrung der Verjährungsfristen.

Verkehrsverstoß verjährt trotz Bußgeld und Anklage

Juristische Fragen rund um Verjährung, Verfahrenseinstellung und Abwesenheit der Betroffenen können sehr komplex sein und sind oft nicht auf den ersten Blick verständlich. In solchen Fällen ist es wichtig, sich die rechtlichen Zusammenhänge genau anzuschauen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.

Das Thema der Verjährungsunterbrechung und vorläufigen Verfahrenseinstellung ist dabei von besonderer Bedeutung. Denn diese Konzepte spielen eine zentrale Rolle, wenn Straftaten zur Anzeige gebracht werden – sei es, weil Beweismittel auftauchen oder weil Beteiligte nach langer Zeit doch noch greifbar sind. In einem solchen Fall muss das Gericht sorgfältig prüfen, ob die Verjährung tatsächlich unterbrochen wurde und ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens möglich ist.

Um diese komplexen juristischen Zusammenhänge besser zu verstehen, werfen wir nun einen genaueren Blick auf einen konkreten Gerichtsfall, der diese Themen beleuchtet.

Ihr Recht im Fokus: Verjährungsfristen sicher meistern

Die Komplexität von Verjährungsfristen und Verfahrenseinstellungen kann überwältigend sein. Sie sind nicht allein. Die Kanzlei Kotz verfügt über umfassende Erfahrung im Umgang mit diesen rechtlichen Herausforderungen. Wir bieten Ihnen eine fundierte Analyse Ihrer individuellen Situation und erarbeiten gemeinsam mit Ihnen die bestmögliche Strategie.

Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Ein unverbindlicher Austausch kann der erste Schritt zur Lösung Ihres rechtlichen Problems sein.

Ersteinschätzung anfordern

✔ Der Fall vor dem OLG Karlsruhe


Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung vorerst eingestellt

Der Betroffene war vorgeworfen worden, als Fahrer eines PKW in einer Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h überschritten zu haben. Das Landratsamt verhängte daraufhin per Bußgeldbescheid vom 19.08.1996 eine Geldbuße von 500 DM sowie ein einmonatiges Fahrverbot.

In erster Instanz sprach das Amtsgericht den Betroffenen jedoch aus tatsächlichen Gründen frei. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde ein und strebte eine Aufhebung des Urteils sowie eine Zurückverweisung an das Amtsgericht an.

Verjährungsfrist bereits abgelaufen

Der entscheidende Punkt in diesem Fall war jedoch, dass zum Zeitpunkt der Zustellung des Bußgeldbescheids am 25.11.1996 die dreimonatige Verjährungsfrist gemäß § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG bereits abgelaufen war. Die Verkehrsordnungswidrigkeit war am 11.04.1996 begangen worden.

Nach der damals geltenden Rechtslage hatte der Erlass eines Bußgeldbescheids nur dann verjährungsunterbrechende Wirkung, wenn dieser innerhalb von zwei Wochen zugestellt wurde. Dies war hier nicht der Fall.

Vorläufige Verfahrenseinstellung aufgrund vermeintlicher Abwesenheit

Auch die vorläufige Einstellung des Verfahrens durch die Verwaltungsbehörde am 26.08.1996 wegen angeblicher Abwesenheit des Betroffenen und die Anordnung der Aufenthaltsermittlung führte nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG.

Wie sich aus der Aktenlage ergab, war der Wohnsitz des Betroffenen in Österreich der Behörde nämlich bereits seit 01.07.1996 bekannt. Es lag somit kein Irrtum über den tatsächlichen Aufenthaltsort vor, der eine verjährungsunterbrechende Wirkung hätte begründen können.

Verfahren wegen Verjährung eingestellt

Da die Verjährung somit schon vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens eingetreten war, stellte das OLG das Verfahren aufgrund dieses Verfahrenshindernisses ein.

Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen hat die Staatskasse zu tragen. Eine Abweichung von dieser Kostenentscheidung nach § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO kam nicht in Betracht.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Urteil zeigt, dass Verjährungsfristen penibel einzuhalten sind und Behörden nicht durch vorläufige Einstellungen oder vorgebliche Aufenthaltsermittlungen den Fristablauf aushebeln können. Ist die Verjährung einer Ordnungswidrigkeit eingetreten, stellt dies ein zwingendes Verfahrenshindernis dar. Selbst wenn in erster Instanz aus anderen Gründen freigesprochen wurde, muss spätestens in der Rechtsbeschwerdeinstanz die Verjährung festgestellt und das Verfahren entsprechend eingestellt werden. Die Staatskasse trägt dann sämtliche Kosten.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Das Thema: Verjährung und Verfahrenseinstellung wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.


Welche Handlungen können eine Verjährung unterbrechen?

Eine Verjährung kann durch verschiedene Handlungen unterbrochen werden, was bedeutet, dass die Verjährungsfrist nach der Unterbrechung neu beginnt. Im deutschen Recht wird der Begriff „Unterbrechung“ durch den Begriff „Neubeginn der Verjährung“ ersetzt (§ 212 BGB).

  • Anerkennung des Anspruchs durch den Schuldner: Wenn der Schuldner den Anspruch des Gläubigers anerkennt, beginnt die Verjährungsfrist neu. Dies kann durch eine ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten wie eine Abschlagszahlung geschehen. Die Anerkennung muss nach Beginn und vor Ende der Verjährungsfrist erfolgen.
  • Gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlungen: Die Verjährung beginnt ebenfalls neu, wenn eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. Dies umfasst auch Maßnahmen wie die Beantragung eines Mahnbescheids oder die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens.
  • Erste Vernehmung des Beschuldigten im Strafrecht: Im Strafrecht wird die Verjährung durch die erste Vernehmung des Beschuldigten oder durch andere Handlungen zur Durchführung des Verfahrens unterbrochen. Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist von neuem, jedoch gibt es eine absolute Höchstgrenze, die das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist beträgt.
  • Vorläufige Verfahrenseinstellung und Abwesenheit des Betroffenen: Eine vorläufige Einstellung des Verfahrens oder die Abwesenheit des Betroffenen kann ebenfalls die Verjährung unterbrechen. Dies ist besonders relevant, wenn der Betroffene sich dem Verfahren entzieht oder nicht auffindbar ist.
  • Beispielhafte Handlungen: Ein Schuldner, der eine Teilzahlung leistet, erkennt damit die Forderung an und die Verjährungsfrist beginnt neu. Ebenso führt die Einreichung einer Klage durch den Gläubiger dazu, dass die Verjährung unterbrochen wird und die Frist neu zu laufen beginnt, sobald die Klage eingereicht ist, unabhängig davon, ob das Gericht zuständig ist oder die Klage abgewiesen wird.

Diese Handlungen haben zur Folge, dass die bereits verstrichene Zeit der Verjährungsfrist als rechtlich irrelevant betrachtet wird und die Frist erneut bei null beginnt. Dies bietet dem Gläubiger die Möglichkeit, seine Ansprüche weiterhin geltend zu machen, auch wenn die ursprüngliche Verjährungsfrist fast abgelaufen wäre.


Was ist eine vorläufige Verfahrenseinstellung und welche Folgen hat sie?

Eine vorläufige Verfahrenseinstellung bedeutet, dass ein Strafverfahren zeitweilig unterbrochen wird, ohne dass die Schuldfrage endgültig geklärt wird. Dies kann aus verschiedenen Gründen geschehen, etwa wenn der Angeklagte vorübergehend nicht verhandlungsfähig ist oder sich im Ausland aufhält und nicht auffindbar ist. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in § 205 der Strafprozessordnung (StPO).

Eine vorläufige Verfahrenseinstellung erfolgt durch einen gerichtlichen Beschluss. Der Vorsitzende des Gerichts sichert dabei, soweit nötig, die Beweise, um deren Verlust zu verhindern. Diese Maßnahme dient dazu, das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen zu können, wenn das Hindernis beseitigt ist.

Die Auswirkungen einer vorläufigen Verfahrenseinstellung auf den weiteren Verlauf des Verfahrens sind vielfältig. Zum einen wird das Verfahren nicht endgültig beendet, sondern lediglich unterbrochen. Sobald das Hindernis wegfällt, wird das Verfahren wieder aufgenommen und fortgeführt. Dies bedeutet, dass die Ermittlungen und die Hauptverhandlung zu einem späteren Zeitpunkt weitergeführt werden können.

Ein wichtiger Aspekt der vorläufigen Verfahrenseinstellung ist ihre Wirkung auf die Verjährungsfrist. Die Verjährungsfrist, die den Zeitraum bestimmt, innerhalb dessen eine Straftat verfolgt werden kann, wird durch die vorläufige Einstellung unterbrochen. Das bedeutet, dass die Zeit, in der das Verfahren vorläufig eingestellt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird. Die Verjährung beginnt erst wieder zu laufen, wenn das Verfahren fortgesetzt wird. Dies stellt sicher, dass der Angeklagte nicht allein durch Zeitablauf einer Strafverfolgung entgeht.

Ein Beispiel für eine vorläufige Verfahrenseinstellung ist der Fall, in dem der Angeklagte aufgrund einer schweren Krankheit nicht in der Lage ist, an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Das Gericht kann das Verfahren in diesem Fall vorläufig einstellen, bis der Angeklagte wieder verhandlungsfähig ist. Während dieser Zeit wird die Verjährungsfrist unterbrochen, sodass die Strafverfolgung nach Genesung des Angeklagten fortgesetzt werden kann.

Eine vorläufige Verfahrenseinstellung kann auch erfolgen, wenn der Angeklagte sich ins Ausland abgesetzt hat und nicht auffindbar ist. In diesem Fall wird das Verfahren unterbrochen, bis der Angeklagte wieder greifbar ist. Auch hier wird die Verjährungsfrist während der Abwesenheit des Angeklagten unterbrochen.

Die vorläufige Verfahrenseinstellung ist somit ein wichtiges Instrument im Strafprozessrecht, um sicherzustellen, dass Verfahren nicht aufgrund vorübergehender Hindernisse endgültig beendet werden müssen und die Verjährungsfrist nicht ungenutzt verstreicht.


Welche Rolle spielt die Abwesenheit eines Betroffenen im Zusammenhang mit der Verjährung?

Die Abwesenheit eines Betroffenen kann den Lauf der Verjährungsfrist in einem Bußgeldverfahren beeinflussen. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn das Verfahren vorläufig eingestellt wird, weil der Betroffene nicht anwesend ist. Diese Unterbrechung tritt ein, wenn die Verfolgungsbehörde oder der Richter Maßnahmen zur Ermittlung des Aufenthalts des Betroffenen oder zur Sicherung von Beweisen anordnet.

Die Verjährungsfrist beginnt nach jeder Unterbrechung von Neuem. Die Verfolgungsverjährung tritt jedoch spätestens ein, wenn das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre, verstrichen ist.

Ein Anhörungsbogen, der an eine falsche Adresse gesendet wird und den Betroffenen nicht erreicht, unterbricht die Verjährung dennoch, solange die Behörde nicht wusste, dass der Anhörungsbogen den Betroffenen nicht erreichen würde.

Die Abwesenheit des Betroffenen führt also nicht automatisch zur Verjährung, sondern kann durch entsprechende behördliche Maßnahmen die Verjährungsfrist unterbrechen und den Beginn der Frist neu setzen.


Was sind die rechtlichen Konsequenzen, wenn ein Verfahren aufgrund von Verjährung eingestellt wird?

Wenn ein Verfahren aufgrund von Verjährung eingestellt wird, hat dies mehrere rechtliche Konsequenzen. Die Verjährung bedeutet, dass die Tat nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden kann, da die gesetzlich festgelegte Frist abgelaufen ist. Dies führt zur Beendigung des Verfahrens, ohne dass eine Schuldfrage geklärt wird. Die Unschuldsvermutung bleibt bestehen, und es erfolgt keine Eintragung im Bundeszentralregister.

Kostenfrage: Grundsätzlich trägt die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Betroffenen, wenn das Verfahren eingestellt wird. Dies gilt auch bei einer Einstellung wegen Verjährung. Allerdings kann das Gericht in Ausnahmefällen davon absehen, die Kosten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn besondere Umstände vorliegen. Ein solcher Fall liegt vor, wenn das Gericht überzeugt ist, dass der Betroffene ohne das Verfahrenshindernis verurteilt worden wäre. Diese Ausnahmevorschrift ist jedoch eng auszulegen und setzt voraus, dass die Schuldspruchreife bereits erreicht ist, was in der Regel erst nach einer vollständig durchgeführten Hauptverhandlung der Fall ist.

Verjährungsunterbrechung: Die Verjährung kann durch bestimmte Handlungen unterbrochen werden, wodurch die Frist von neuem beginnt. Dazu zählen unter anderem die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens oder richterliche Maßnahmen wie Durchsuchungsanordnungen. Eine vorläufige Verfahrenseinstellung wegen Abwesenheit des Betroffenen kann ebenfalls die Verjährung unterbrechen, selbst wenn die Annahme der Abwesenheit auf einem Irrtum beruht.

Praktische Auswirkungen: Wenn ein Anhörungsbogen an eine falsche Adresse gesendet wird und der Betroffene diesen nicht erhält, kann dies die Verjährung dennoch unterbrechen, sofern die Behörde die Anhörung angeordnet hat. Entscheidend ist die Anordnung der Anhörung, nicht der tatsächliche Zugang beim Betroffenen. Dies dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.

Beispiel: Ein Bußgeldbescheid wegen einer Ordnungswidrigkeit wird nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt. Der Betroffene kann erfolgreich Einspruch einlegen, da die Verjährung bereits eingetreten ist. Selbst wenn die Behörde den Anhörungsbogen rechtzeitig versendet hat, aber an eine falsche Adresse, bleibt die Verjährungsunterbrechung wirksam, solange die Anordnung korrekt war.

Die Einstellung eines Verfahrens wegen Verjährung entlastet den Betroffenen von der Strafverfolgung, kann jedoch in Ausnahmefällen dazu führen, dass er seine Auslagen selbst tragen muss, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 31 OWiG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten): Regelt die Verjährung von Ordnungswidrigkeiten. Wichtig ist die Kenntnis darüber, dass die Verjährung nach drei Monaten bei Verkehrsordnungswidrigkeiten wie hier der Fall eintritt, wenn keine verjährungsunterbrechenden Maßnahmen ergriffen wurden.
  • § 33 OWiG: Bestimmt die Tatbestände, die die Verjährung unterbrechen. Der Bußgeldbescheid vom 19.08.1996 hätte die Verjährung unterbrechen können, aber dies musste binnen zwei Wochen nach Erlass zugestellt werden, was hier nicht der Fall war. Vor der Gesetzesänderung wurde allerdings die Verjährung durch den Erlass und nicht durch die Zustellung eines Bußgeldbescheides unterbrochen.
  • §§ 24, 26 Abs. 3 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Definiert die Verkehrsordnungswidrigkeiten und legt fest, dass solche Ordnungswidrigkeiten, insbesondere Geschwindigkeitsüberschreitungen, eine dreimonatige Verjährungsfrist haben.
  • ZPO § 206 (Ruhen der Verjährung): Sinnvoll im Verständnis, wenn Betroffene zeitweise unauffindbar oder abwesend sind und die Verjährung ausgesetzt wird, um später fortgesetzt zu werden.
  • Art. 103 Abs. 2 GG (Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland): Bezieht sich auf das strafrechtliche Rückwirkungsverbot, was hier im Kontext der Änderung des OWiG und dessen Anwendung auf bereits erlassene Bußgeldbescheide relevant ist.
  • Beschluss des BGH vom 28. Oktober 1999 – 4 StR 453/99: Klärt, dass auch für Verfahren, die vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung eingeleitet wurden, das neue Recht zur Verjährungsunterbrechung gilt. Das bedeutet konkret, dass die Zustellung binnen zwei Wochen erfolgen musste, was hier nicht geschah.
  • Kostenentscheidung nach § 467 StPO (Strafprozessordnung): Die Regelung besagt, dass im Falle einer Einstellung des Verfahrens die Staatskasse die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt.
  • Verfahrenseinstellung gemäß § 206a StPO (Strafprozessordnung): Erklärt die Einstellung eines Verfahrens wegen Verjährung und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen, wie im vorliegenden Fall geschehen.


⇓ Das vorliegende Urteil vom OLG Karlsruhe

OLG Karlsruhe – Az.: 2 Ss 163/98 – Beschluss vom 06.03.2000

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

Mit Bußgeld vom 19.08.1996 setzte das Landratsamt … gegen den Betroffenen wegen des Vorwurfs, als Fahrer eines Pkw in … die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h überschritten zu haben, eine Geldbuße von 500 DM fest und verhängte ein Fahrverbot von einem Monat. Durch Urteil vom 15.05.1997 sprach das Amtsgericht … den Betroffenen von diesem Vorwurf aus tatsächlichen Gründen frei. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer durch Beschluss des Senats vom 02.03.2000 zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht erstrebt.

Hinsichtlich der eingetretenen Verfolgungsverjährung ist von folgendem Sachverhalt auszugehen: Die dem Beschwerdeführer mit Bußgeldbescheid vom 19.08.1996 vorgeworfene Verkehrsordnungswidrigkeit wurde am 11.04.1996 begangen. Der Bußgeldbescheid wurde dem Beschwerdeführer, dessen Anhörung am 02.07.1996 angeordnet worden war, aber erst am 25.11.1996 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die nach §§ 24, 26 Abs. 3 StVG dreimonatige Verjährungsfrist gem. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und anderer Gesetze vom 26. Januar 1998 (BGBl. I 156), wonach der Erlass eines Bußgeldbescheides nur dann verjährungsunterbrechende Wirkung hat, sofern dieser innerhalb von zwei Wochen zugestellt wird, bereits abgelaufen. Dem Eintritt der Verjährung steht nicht entgegen, dass nach der zur Zeit des Erlasses des Bußgeldbescheides vom 19.08.1996 geltenden Fassung des § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG die Verjährung bereits durch den Erlass eines Bußgeldbescheides – unabhängig vom Datum der Zustellung -unterbrochen wurde. Denn die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ist auch dann nach neuem Recht zu beurteilen, wenn er vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 26. Januar 1998 erlassen worden war (BGH Beschluss vom 28. Oktober 1999 – 4 StR 453/99). Die Unterbrechung der Verjährung wurde vorliegend auch nicht nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG durch die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen – angeblicher – Abwesenheit des Betroffenen und die Anordnung der Ermittlung seines Aufenthalts durch die Verwaltungsbehörde am 26.08.1996 herbeigeführt. Tatsächlich war, wie aus dem Vermerk des Polizeipostens … vom 21.06.1996 folgt, der Wohnort des Betroffenen in Österreich der Verwaltungsbehörde bereits bekannt. Es ist zwar in der Rechtsprechung anerkannt, dass es zur Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG genügt, dass die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen nach der Aktenlage angenommener Abwesenheit des Betroffenen erfolgt ist und ein Irrtum über die tatsächliche Abwesenheit insoweit unschädlich ist (vgl. OLG Hamm VRS 51,217 f. und JMBl NW 1979, 273; BayObLG VRS 58, 389; OLG Köln VRS 54, 361 und VRS 57, 433; Weller in KK OWiG. § 33 Rdn. 52). Vorliegend hat jedoch, wie die Aktenlage ergibt, schon kein Irrtum über den Wohnsitz des Betroffenen bestanden. Ausweislich des Vermerks von 21.06.1996, der der Verwaltungsbehörde mit Anschreiben vom 24.06.1996 am 01.07.1996 zuging und zum Bestandteil der Akten gemacht wurde, wurde nicht nur die vollständige Adresse des Betroffenen in Vorarlberg nebst seiner Telefonnummer mitgeteilt, sondern auch vermerkt, dass der Betroffene unter dieser Nummer telefonisch erreicht worden war und sich zur Sache geäußert hatte. Damit war der tatsächliche Lebensmittelpunkt des Betroffenen zweifelsfrei. Wenn die Verwaltungsbehörde ihren Bescheid gleichwohl nicht unter der bekannten Adresse zugestellt hat, so verhielt sie sich in Wirklichkeit untätig und ohne subjektiv die Merkmale der Unterbrechungshandlung in ihrer Zielrichtung – der wirklichen Ermittlung der Aufenthalts i.S.v. § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG – zu erstreben (vgl. Göhler OWiG 12. Aufl. § 33 Rdn. 3). Bei dieser Sachlage ist aber kein Raum mehr für die Annahme einer verjährungsunterbrechenden Wirkung der Einstellung bzw. Anordnung der Aufenthaltsermittlung, denn die Bestimmungen über die Unterbrechung sind als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und loyal zu handhaben (vgl. nur BGHSt 28, 381 ff; Weller in KK OWiG § 33 Rdn. 6 m.w.N.). Auf das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft war das Verfahren daher gem. §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206 a StPO wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473, 467 Abs. 1 StPO. Der Senat hält es nicht für angezeigt, von § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO Gebrauch zu machen, da die Verjährung bereits eingetreten war, bevor das Verfahren gerichtlich anhängig wurde. Daher waren auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!