Die Einhaltung des Sicherheitsabstandes auf Autobahnen ist ein zentrales Element der Verkehrssicherheit. Bei Verstößen gegen diese Regelung können Geldbußen verhängt werden. Ein weiterer kritischer Punkt in solchen Fällen ist die korrekte Fahreridentifizierung, insbesondere bei Fahrzeugen wie LKWs. Die Abstandsmessung und die Identifizierung des Fahrzeugführers werden häufig durch technische Messverfahren, wie das VKS 3.1, durchgeführt. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Messungen korrekt und nachvollziehbar sind. In einigen Fällen kann die Täteridentifizierung, basierend auf den vorliegenden Beweisen, zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Das zentrale juristische Thema hierbei dreht sich um die korrekte Anwendung und Interpretation von Verkehrsregeln und die Verlässlichkeit technischer Messverfahren.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Key Takeaway: Der Betroffene wurde wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 100,00 EUR verurteilt und muss die Kosten des Verfahrens tragen.
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Der Betroffene wurde auf der Bundesautobahn 1 in Ascheberg erfasst, wobei er den Sicherheitsabstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug erheblich unterschritt.
- Die Abstandsmessung wurde mittels eines standardisierten Messverfahrens, dem VKS 3.1 „Select“ des Herstellers Vidit GmbH, durchgeführt.
- Der Betroffene bestritt, zum Zeitpunkt des Vorfalls der Fahrer gewesen zu sein und gab an, ein Bekannter sei der Fahrer gewesen.
- Eine zusätzliche Kamera machte Frontalaufnahmen der Fahrzeuge zur Fahreridentifizierung.
- Das Gericht konnte sich von der Fahrereigenschaft des Betroffenen überzeugen, basierend auf Beweisen wie einem Schild mit dem Namen des Betroffenen und der Tatsache, dass er als Fahrzeugführer eingetragen war.
- Der Betroffene hatte bereits eine Voreintragung im Verkehrszentralregister wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes.
- Das Gericht entschied, dass der Betroffene den Sicherheitsabstand fahrlässig unterschritten hatte.
- Die Regelgeldbuße von 80 € wurde aufgrund der Voreintragungen auf 100 EUR erhöht.
Verstoß auf der Autobahn: Sicherheitsabstand nicht eingehalten
Am 08.12.2014 befuhr der Betroffene mit seinem LKW die Bundesautobahn 1 in Ascheberg in Richtung Dortmund. Dabei wurde festgestellt, dass er den erforderlichen Sicherheitsabstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug erheblich unterschritten hatte. Bei einer Geschwindigkeit von 88 km/h nach Toleranzabzug betrug sein Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug lediglich 33 Meter. Dieser Vorfall führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, bei der die Frage im Mittelpunkt stand, ob der Betroffene den Sicherheitsabstand fahrlässig unterschritten hatte und ob die Messungen korrekt durchgeführt wurden.
Komplexe rechtliche Fragen: Wer war der Fahrer?
Das rechtliche Problem in diesem Fall war mehrschichtig. Einerseits ging es um die Frage, ob der Betroffene tatsächlich den Sicherheitsabstand unterschritten hatte. Andererseits wurde die Fahreridentifizierung des LKW-Fahrers in Frage gestellt. Der Betroffene bestritt, zum Zeitpunkt des Vorfalls der Fahrer gewesen zu sein und gab an, dass ein Bekannter, der später Suizid beging, das Fahrzeug gefahren habe.
Technologie im Einsatz: Wie die Abstandsmessung durchgeführt wurde
Die Abstandsmessung wurde mittels eines standardisierten Messverfahrens VKS 3.1 „Select“ des Herstellers Vidit GmbH, durchgeführt. Dieses System ermöglicht es, aus einer Videoaufzeichnung Geschwindigkeiten von Fahrzeugen und deren Abstände zu vorausfahrenden Fahrzeugen zu bestimmen. Das Gericht stützte sich auf die Beweisaufnahme, die Videoaufzeichnungen und die Messdaten, um zu dem Schluss zu kommen, dass der Betroffene den Sicherheitsabstand tatsächlich unterschritten hatte.
In Bezug auf die Fahreridentifizierung wurde festgestellt, dass neben der für die Messung erforderlichen Kamera eine weitere Kamera im Einsatz war, die Frontalaufnahmen der Fahrzeuge vornahm. Dies diente der Identifizierung des Fahrers und der Kennzeichnung der LKWs. Das Gericht konnte sich aufgrund der vorliegenden Beweise, darunter ein Schild mit dem Namen des Betroffenen hinter der Windschutzscheibe und der Tatsache, dass der Betroffene als Fahrzeugführer auf der Tachoscheibe eingetragen war, von der Fahrereigenschaft des Betroffenen überzeugen.
Das endgültige Urteil: Konsequenzen für den Betroffenen
Das Amtsgericht Lüdinghausen verurteilte den Betroffenen schließlich wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 100,00 EUR. Dies war eine Erhöhung der Regelgeldbuße von 80 € aufgrund der Voreintragungen des Betroffenen im Verkehrszentralregister. Darüber hinaus wurde entschieden, dass der Betroffene die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen tragen muss.
Das Urteil zeigt die Bedeutung korrekter Messverfahren und Beweisaufnahmen in Verkehrsordnungswidrigkeiten. Es betont auch die Notwendigkeit für Fahrer, die Verkehrsregeln, insbesondere die Einhaltung des Sicherheitsabstandes, zu beachten. Das Urteil dient als Erinnerung daran, dass Verstöße gegen die Verkehrsordnung nicht nur finanzielle Konsequenzen haben können, sondern auch rechtliche Folgen nach sich ziehen können.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was ist ein standardisiertes Messverfahren und warum ist es wichtig?
Ein standardisiertes Messverfahren ist ein durch Normen vereinheitlichtes technisches Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Es hat eine allgemeine Anerkennung in Fachkreisen gefunden und gewährleistet einen qualifizierten, möglichst fehlerfreien und gleichbleibenden Messablauf durch standardisierte Verfahrensschritte.
Bedeutung in rechtlichen Kontexten
Standardisierte Messverfahren sind in diversen Rechtsbereichen von Bedeutung, insbesondere im Verkehrsrecht, Umweltrecht oder Medizinrecht. Sie dienen der Objektivierung von Messergebnissen und dem Nachweis von Rechtsverstößen, etwa bei Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Schadstoffemissionen. Im deutschen Verkehrsrecht kommt standardisierten Messverfahren eine besondere Bedeutung zu, insbesondere bei der Feststellung von Geschwindigkeitsüberschreitungen und der Verteilung entsprechender Bußgelder.
Vorteile von standardisierten Messverfahren
Die Vorteile von standardisierten Messverfahren liegen in ihrer Objektivität und Reproduzierbarkeit. Da die Messverfahren standardisiert sind, können sie unter gleichen Bedingungen immer wieder durchgeführt werden und liefern dabei konsistente Ergebnisse. Dies erhöht die Zuverlässigkeit der Messungen und ermöglicht eine faire und einheitliche Beurteilung von Verkehrsverstößen.
Zudem haben standardisierte Messverfahren aufgrund ihrer vordefinierten Verfahrensweise einen hohen Grad an Beweiskraft. Die Ergebnisse dieser Messverfahren können vor Gericht als Beweismittel verwendet werden. Dies ist besonders wichtig in rechtlichen Kontexten, wo es auf den Nachweis von Verstößen ankommt.
Ein weiterer Vorteil ist, dass standardisierte Messverfahren die Notwendigkeit einer Sachverständigenbegutachtung und Erörterung im Regelfall freistellen. Nur wenn der Einzelfall konkrete Veranlassung dazu gibt, müssen die Fehlerquellen bei diesen Messungen überprüft werden.
Anwendung und Anerkennung
Die Anerkennung von standardisierten Messverfahren erfolgt in Deutschland durch verschiedene Institutionen, wie beispielsweise die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). Die Einhaltung von standardisierten Messverfahren ist zwingend erforderlich, um die Messergebnisse als Beweismittel nutzen zu können.
Ein bekanntes Beispiel für ein standardisiertes Messverfahren im Verkehrsrecht ist die Geschwindigkeitsmessung mittels eines Laserhandmessgeräts. Hierbei handelt es sich um ein handliches Gerät, das von einer Polizeibeamtin oder einem Polizeibeamten verwendet werden kann, um die Geschwindigkeit eines herannahenden Fahrzeugs zu ermitteln.
Trotz ihrer Vorteile können standardisierte Messverfahren auch Herausforderungen mit sich bringen. So kann es vorkommen, dass Betroffene die Einhaltung des standardisierten Messverfahrens anzweifeln und dies als Verteidigungsstrategie nutzen. In solchen Fällen muss der Betroffene substantiierte Mängel des Messverfahrens darlegen können, wie beispielsweise die Verwendung eines nicht geeichten oder manipulierten Messgeräts, Bedienungsfehler oder die Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Messbedingungen. Ein erfolgreicher Einwand gegen die korrekte Durchführung eines standardisierten Messverfahrens kann zu einer Einstellung des Verfahrens oder zu einer Reduzierung des Bußgeldes führen.
Fahreridentifizierung: Schlüssel zur Verantwortung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten
Die Identifizierung des Fahrers ist ein zentraler Aspekt bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, da der Fahrer und nicht der Halter des Fahrzeugs für den Verstoß verantwortlich gemacht wird. Es gibt verschiedene Methoden und Mittel zur Fahreridentifizierung, die sowohl technologische als auch rechtliche Aspekte berücksichtigen.
Methoden zur Fahreridentifizierung
Eine gängige Methode zur Fahreridentifizierung ist die Verwendung von Lichtbildern, die bei Verkehrsverstößen aufgenommen werden. Diese Bilder können dann zur Identifizierung des Fahrers herangezogen werden. Allerdings ist die Qualität der Bilder und die Ähnlichkeit des Fahrers mit dem auf dem Bild abgebildeten Individuum entscheidend für die Genauigkeit dieser Methode.
Eine weitere Methode zur Fahreridentifizierung ist die Verwendung von Machine Learning und Fahrzeugdaten. Jeder Fahrer hat ein individuelles Fahrverhalten, das sich in den Fahrzeugdaten widerspiegelt. Durch die Analyse dieser Daten mit Machine Learning Algorithmen kann ein Fahrer mit einer Genauigkeit von bis zu 85% identifiziert werden.
Rechtliche Anforderungen und Rechte des Betroffenen
Die rechtlichen Anforderungen an die Fahreridentifizierung sind streng. Der Tatrichter muss entscheiden, ob das Messfoto die Feststellung erlaubt, dass der Betroffene der abgebildete Fahrzeugführer ist. Darüber hinaus kann die Verwendung von Lichtbildern zur Identifikation des Fahrers rechtlich überprüft werden. Die Rechte des Betroffenen müssen ebenfalls gewahrt werden. So kann beispielsweise die Verwendung von Vergleichsbildern, die durch eine erkennungsdienstliche Behandlung des Betroffenen gewonnen wurden, rechtlich beanstandet werden.
Die Fahreridentifizierung ist ein komplexer Prozess, der sowohl technologische als auch rechtliche Aspekte berücksichtigt. Während technologische Methoden wie die Verwendung von Lichtbildern und Machine Learning zur Identifizierung des Fahrers beitragen können, müssen gleichzeitig die rechtlichen Anforderungen und die Rechte des Betroffenen gewahrt werden.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht Lüdinghausen- Az.: 19 OWi-89 Js 1028/15-77/15 – Urteil vom 20.07.2015
Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 100,00 EUR verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene (§§ 4 III,49 StVO, 24 StVG, 2 BKatV).
Tatbestandsnummer: 104 636
G r ü n d e :
Der Betroffene ist geschieden und Vater eines Kindes im Alter von 3 Jahren, welches nicht in seinem Haushalt lebt. Von Beruf ist er Landmaschinenhändler. Zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen hat er auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts angegeben, dass diese gesichert seien und zwar so, dass es weder zu einer Herabsetzung des im Bußgeldbescheid verhängten Bußgeldes, noch zu einer Ratenzahlung allein auf Grund der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen kommen muss.
Ausweislich des Verkehrszentralregisterauszuges ist der Betroffene wie folgt vorbelastet:
Am 31.07.2014 (Rechtskraft:02.10.2014 )setzte der Kreis Rotenburg/Wümme gegen d. Betroffenen wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes eine Geldbuße von 90 Euro fest.
Weitere Eintragungen sind tilgungsreif.
Am 08.12.2014 um 11:39 Uhr befuhr der Betroffenen mit seinem LKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXX die Bundesautobahn 1 in Ascheberg in Fahrtrichtung Dortmund. Im Bereich Kilometer 302, 450 betrug sein Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug bei einer nach Toleranzabzug von 3 km/h gefahrenen Geschwindigkeit von 88 km/h allenfalls 33 Meter. Bei Beobachtung der erforderlichen und ihm auch zumutbaren Sorgfalt hätte der Betroffene anhand der Länge der Fahrtstrecke mit ähnlich geringem Abstand auch schon vor Eintritt in den Messbereich der Autobahnpolizei am Tatort erkennen können und müssen, dass er den erforderlichen Sicherheitsabstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug erheblich unterschritt. Er wurde hier mittels gültig geeichten und entsprechend der Bedienungsanleitung des Geräteherstellers von dem Polizeibeamten A eingesetzten Messgerätes VKS 3.01 – Softwareversion 3.1 „Select“ des Herstellers Vidit GmbH gemessen.
Die vorstehenden Feststellungen beruhen auf der nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme.
Der Betroffene hat seine Fahrereigenschaft bestritten und zur Sache ausgeführt, er sei auf der Tachoscheibe als Fahrzeugführer eingetragen und sei auch Fahrzeugeigentümer. Zudem sei es richtig, dass am Tattage hinter der Windschutzscheibe ein Schild mit dem Vornamen des Betroffenen gelegen habe. Fahrer sei aber ein Bekannter gewesen, der mittlerweile Suizid begangen habe. Dieser habe am Tattage gerne einmal das Fahrzeug fahren wollen. Beweismittel oder weitere Indizien hierfür könne er keine benennen.
Die Abstandsmessung selbst ist auch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Abstandsmessung wurde durch den Polizeibeamten A mittels des Verkehrskontrollsystems des Herstellers VIDIT VKS 3.01, Softwareversion 3.1, sog. „Select-System“ durchgeführt. Die Abstandsmessung mit dem Verfahren VKS 3.1 ist ein so genanntes standardisiertes Messverfahren im Sinne von BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081 (vgl. bereits OLG Dresden, VRR 2005, 315 zur alten Technik des VKS 3.0). Unter diesem Begriff ist ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (BGH NJW 1998, 321). Das System ermöglicht es, aus einer Videoaufzeichnung Geschwindigkeiten von Fahrzeugen und deren Abstände zu vorausfahrenden Fahrzeugen zu bestimmen. Das Tatvideo wird mit Hilfe eines Computerprogramms ausgewertet. Die Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen werden im Tatvideo mit einer Messlinie durchgeführt, bei welcher es sich um eine in das Videobild gerechnete, quer zur Fahrbahn gelegte Linie handelt. Aus dem Charakter als standardisiertes Messverfahren folgt, dass der Tatrichter grundsätzlich neben dem angewendeten Messverfahren VKS 3.01 nur die gemessene Geschwindigkeit nebst Toleranzabzug sowie den ermittelten vorwerfbaren Abstandswert feststellen muss. Ausführungen zur Beachtung der Verfahrensbestimmungen muss der Tatrichter im Urteil erst dann machen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese nicht eingehalten worden sind oder Messfehler von dem Betroffenen oder einem anderen Verfahrensbeteiligten behauptet werden (vgl. BGH NJW 1993, 3081, 3082; BayObLG NJW 2003, 1752).Generelle Sicherheitsabschläge von dem festgestellten Abstandswert sind bei Anwendung des Messverfahrens VKS 3.1 nicht veranlasst. Der vom System vorgenommene Toleranzabzug von der gemessenen Geschwindigkeit, die Zugrundelegung des jeweils für den Betroffenen günstigsten Wertes der Messlinie und der so ermittelten Abstände sowie die Außerachtlassung der Fahrzeugüberhänge sind ausreichend, um alle möglichen Betriebsfehlerquellen auszugleichen (vgl. zu alledem: OLG Dresden, DAR 2005, 637 = VRR 2005, 315; Krumm, Verkehrsordnungswidrigkeiten, 2012, Rn. 584 m.w.N.).
Hier konnte nach Inaugenscheinnahme des Videos des Vorfalls und der aus dem Video gefertigten Prints (auf denen die vorbezeichneten eingespiegelten Linien sichtbar waren) bzw. durch urkundsbeweisliche Verlesung des Computerausdrucks der von dem System ermittelten Messdaten nachfolgende Werte ermittelt werden:
- ermittelte Geschwindigkeit: 91 km/h
- Toleranzabzug von der ermittelten Geschwindigkeit: 3 km/h
- vorwerfbare Geschwindigkeit: 88 km/h
- vorwerfbarer Abstand: 33 m
Auch der genannte Messbeamte bestätigte diese Daten als die von dem Messgerät ermittelten Messwerte. Ausweislich des urkundsbeweislich verlesenen Eichscheins des Eichamtes Düsseldorf vom24.04.2014 ist das System am 23.04.2014 gültig bis zum 31.12.2015 geeicht worden. Der ordnungsgemäße Einsatz des Gerätes nach den Herstellerangaben konnte durch den Zeugen A bekundet werden. Er hat bestätigt, das ebenfalls urkundsbeweislich verlesene Einsatzprotokoll vom Tattage gefertigt und unterschrieben zu haben. Der Zeuge ist dem Gericht schon seit Jahren als zuverlässiger Polizeibeamter bekannt. Er ist eigens für das VKS, Version 3.01 der Firma VIDIT ausgebildet worden.
Auf der auf dem in Augenschein genommenen Videofilm erkennbaren Strecke der Autobahn 1 von insgesamt ca. 500 Metern ist das vorausfahrende Fahrzeug nicht vor dem Fahrzeug des Betroffenen eingeschert. Vielmehr war klar zu erkennen, dass der Betroffene mit gleichbleibender Geschwindigkeit und gleichbleibenden Abstand die gesamte durch die Kamera einsehbare Strecke der Autobahn 1 hinter dem vor ihm fahrenden Fahrzeug geblieben ist. Eine Verlangsamung des vor ihm fahrenden Fahrzeuges erfolgte nicht.
Die durchgehende Videoaufzeichnung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 100 h Abs. 1 Nr. 1 StPO – es handelte sich nämlich dabei um eine zulässige Observationsmaßnahme. Soweit das Select-System mittels digitaler Videotechnik nur Fahreraufnahmen/Fahrzeugfrontkurzaufnahmen nach vorheriger Feststellung eines Unterschreitens des erforderlichen Sicherheitsabstands fertigt, ist zumindest § 100h StPO Ermächtigungsgrundlage hierfür (OLG Hamm NJW-Spezial 2010, 107). Die Heranziehung des § 100h StPO als Ermächtigungsgrundlage für derartige Messungen ist verfassungsrechtlich unbedenklich, vgl. BVerfG, 2 BvR 1447/10 vom 12.8.2010.
Was die Fahreridentifizierung angeht, so gilt: Neben der für die Messung selbst erforderlichen Kamera ist noch eine weitere – mit den anderen Kameras synchronisierte – Kamera im Einsatz, die Frontalaufnahmen (sog. „Videoprints“) der Pkws vornimmt zwecks Fahreridentifizierung bzw. der Kennzeichen der passierenden LKW. Aus diesen in Augenschein genommenen qualitativ guten Lichtbildern/Prints ( Bl. 79 d.A.) lässt sich die Front des Fahrzeugs des Betroffenen gut erkennen. Auch das amtliche Kennzeichen des Betroffenen ist sichtbar und auch das hinter der Fahrerscheibe sichtbare Schild „XXXXXXX“. Dieser Name und das Kennzeichen wurden urkundsbeweislich verlesen.
Diese der Täteridentifizierung dienenden Bilder/Prints sind auch verwertbar. Das seit dem 1.1.2009 von der Polizei genutzte Select-System erkennt Abstandsverstöße nämlich selbstständig und schaltet erst dann eine Täteridentifizierungskamera an – diese fertigt automatisiert 8 Videostandbilder (also fotogleiche Abbildungen). Eine Daueraufnahme aller Fahrzeugführer findet also nicht statt.
Das Gericht konnte sich so von der Fahrereigenschaft überzeugen. Die drei Indizien „Fahrtenschreiberschaublatt“ mit Namenseintrag des Betroffenen, Eigentum am Fahrzeug und Schild mit Namen „XXXXXX“ hinter der Windschutzscheibe reichen hierfür.
Damit war die – wenig glaubhafte – Einlassung des Betroffenen widerlegt.
Der Betroffene hat danach vorwerfbar zumindest fahrlässig eine Ordnungswidrigkeit des Verstoßes gegen die Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes gem. §§ 4 Abs. 3, 49 StVO, 24 StVG begangen. Die Bußgeldkatalogverordnung sieht hierfür eine Regelgeldbuße von 80 € vor, welche aufgrund der Voreintragungen angemessen auf 100 € zu erhöhen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG.