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Untersagung des Führens eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs – Begutachtungsanordnung

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 ZB 19.2322 – Beschluss vom 31.01.2020

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge.

Mit Strafbefehl vom 30. Dezember 2014, hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig seit 13. August 2015, verurteilte ihn das Amtsgericht München wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1 und 2 StGB. Dem lag zugrunde, dass der Kläger am 28. September 2014 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,95 ‰ mit einem Fahrrad am Straßenverkehr teilgenommen hatte.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2016 forderte die Beklagte den Kläger auf, innerhalb von drei Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Es sei u.a. zu klären, ob zu erwarten sei, dass der Kläger auch zukünftig ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Mit Schreiben vom 7. März 2016 erhob der Kläger dagegen Widerspruch.

Nachdem der Kläger kein Gutachten vorlegte, untersagte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 5. Juli 2016, zugestellt am 7. Juli 2016, das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auf öffentlichem Verkehrsgrund und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Kläger habe das zu Recht angeordnete Gutachten nicht vorgelegt. Mit Schreiben vom 23. August 2016, eingegangen bei der Beklagten am 24. August 2016, teilte der Kläger mit, er habe am 29. Juli 2016 Widerspruch eingelegt. Dieser Widerspruch ist nach einem handschriftlichen Vermerk am 24. August 2016 eingegangen und trägt keinen Eingangsstempel der Beklagten.

Mit Schreiben vom 25. September 2017 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass der Widerspruch gegen die Anordnung vom 25. Februar 2016 unzulässig und gegen den Bescheid vom 5. Juli 2016 verfristet eingelegt worden sei. Daraufhin erhob der Kläger Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Sachbearbeiter der Beklagten.

Aufgrund der langen Bearbeitungszeit gab die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 29. November 2017 erneut die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Sie wies dabei darauf hin, dass die mit Bescheid vom 5. Juli 2016 angeordnete sofortige Vollziehung des Verbots, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen, weiterhin bestehe.

Nachdem der Kläger weiterhin kein Gutachten vorlegte, legte die Beklagte den Vorgang der Regierung von Oberbayern vor. Die Regierung wies die Widersprüche gegen die Anordnung vom 25. Februar 2016 sowie den Bescheid vom 5. Juli 2016 in mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2018 zurück. Der Widerspruch gegen die Anordnung vom 25. Februar 2016 sei unzulässig, der gegen den Bescheid vom 5. Juli 2016 sei zulässig, aber unbegründet, da der Kläger kein Gutachten vorgelegt habe.

Die Klage gegen die Anordnung vom 25. Februar 2016 und den Bescheid vom 5. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. April 2018 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 17. Oktober 2019 abgewiesen. Die Klage gegen die Anordnung vom 25. Februar 2016 sei unzulässig und der Bescheid vom 5. Juli 2016 sei rechtmäßig. Da der Kläger das nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV zu Recht angeordnete Gutachten nicht vorgelegt habe, könne nach § 11 Abs. 8 FeV auf seine Ungeeignetheit zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen geschlossen werden.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Es gebe unzählige Möglichkeiten nachzuweisen, dass jemand nicht alkoholgefährdet sei, insbesondere im Falle des Klägers, der noch nie entsprechend in Erscheinung getreten sei. Es liege ein Ermessensausfall vor. Die Rechtssache weise auch besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf. Im Übrigen werde auf die Schriftsätze im Widerspruchsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungs-verfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich keine Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO). Die in Bezug genommen Schriftsätze im Widerspruchsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren können dabei keine Berücksichtigung finden, da sie nicht von einem vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof postulationsfähigen Bevollmächtigten verfasst worden sind (Happ a.a.O. Rn. 48).

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; zuletzt B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Solche Zweifel ergeben sich aus der Antragsbegründung jedoch nicht.

Hinsichtlich der Frage, ob die Anordnung vom 25. Februar 2016 ein Verwaltungsakt ist und deshalb gesondert angefochten werden kann, enthält die Antragsbegründung keinerlei Ausführungen. Eine diesbezügliche Zulassung der Berufung kommt daher schon deshalb nicht in Betracht.

Auch hinsichtlich der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ist die Berufung nicht zuzulassen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. Dezember 2019 (BGBl I S. 2937) hat die Fahrerlaubnisbehörde – ohne dass ihr insoweit ein Ermessen zukommt – das Führen von Fahrzeugen oder Tieren zu untersagen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet dafür erweist (vgl. BayVGH, U.v. 17.1.2020 – 11 B 19.1274 – BeckRS 2020, 211 Rn. 23). Diese Vorschrift gilt auch für Personen, die kein fahrerlaubnispflichtiges Kraftfahrzeug führen, sondern in anderer Weise am Straßenverkehr teilnehmen, z.B. für Fahrrad- und Mofafahrer und Lenker von Fuhrwerken (vgl. die Verordnungsbegründung zu § 3 FeV [BR-Drs. 443/98, S. 237], BayVGH, U.v. 16.5.2017 – 11 B 16.1619 – juris Rn. 14; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 3 FeV Rn. 10). Nach § 3 Abs. 2 FeV finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist. Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – NJW 2017, S. 1765 Rn. 19 m.w.N.) und kein Grund gegeben ist, ein Gutachten nicht vorzulegen (vgl. Dauer a.a.O § 11 FeV Rn. 51 m.w.N.). Hier ist die Gutachtensanordnung vom 25. Februar 2016 nicht zu beanstanden und dem Kläger konnte gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen untersagt werden.

Soweit der Kläger geltend macht, die Gutachtensanordnung sei rechtswidrig, da kein Ermessen ausgeübt worden sei, führt dies zu keiner anderen Einschätzung. Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ist im Falle des Führens eines Fahrzeugs mit einem Blutalkoholgehalt von mehr als 1,6 ‰ zwingend eine medizinisch-psychologische Begutachtung anzuordnen. Für ein Ermessen ist hier im Rahmen der Anordnung eines Gutachtens, im Gegensatz zu den Tatbeständen des § 11 Abs. 3 FeV, kein Raum. Darüber hinaus ergibt sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, auch aus § 11 Abs. 8 FeV kein Ermessen. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Vorschrift keinen Ermessensspielraum eröffnet, sondern einen Grundsatz der Beweiswürdigung enthält (vgl. Dauer a.a.O. § 11 FeV Rn. 51).

2. Die Rechtssache erweist sich auch weder in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht als besonders schwierig (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Es handelt sich vielmehr um einen einfach gelagerten Fall der Verkehrsteilnahme mit einem Fahrrad unter erheblichem Alkoholeinfluss.

3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 GKG und der Empfehlung in Nr. 46.14 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, Anh. § 164 Rn. 14).

4. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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