AG Tiergarten – Az.: (297 OWi) 3022 Js-OWi 1116/18 (110/18) – Beschluss vom 07.03.2018
In der Bußgeldsache wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit wird das Verfahren gemäß § 206a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG eingestellt, weil inzwischen Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
Die Kosten des Verfahrens fallen der Landeskasse Berlin zur Last, nicht aber die notwendigen Auslagen des Betroffenen.
Gründe
Dem Betroffenen wurde mit Bußgeldbescheid vom 06.10.2017, gegen den form- und fristgerecht Einspruch eingelegt worden ist, eine Verkehrsordnungswidrigkeit – begangen am 17.07.2017 im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall – vorgeworfen.
Mit Ablauf des 16.10.2017 ist bezüglich dieser Ordnungswidrigkeit gemäß § 26 Abs. 3 StVG die Vollstreckungsverjährung eingetreten, da mit Ausnahme der Anhörung des Betroffenen noch am Vorfallstag vor Ort (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) keine weitere Unterbrechungshandlung vorgenommen worden ist.
Insbesondere hat auch die am 11.10.2017 erfolgte Zustellung des Bußgeldbescheides an den jetzigen Verteidiger des Betroffenen die Verjährung nicht nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen. Denn zum Zeitpunkt der Zustellung hatte sich der Rechtsanwalt noch nicht als Verteidiger gemeldet. Dieser hatte vielmehr in seinem Meldeschriftsatz vom 21.07.2017 eindeutig und unmissverständlich erklärt, von seiner „Mandantschaft … in der Schadenregulierung des Verkehrsunfalles vom 17.07.2017 … mit der Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Interessen beauftragt“ [Hervorhebung im Original] worden zu sein. Aus dieser eindeutigen Formulierung – die auch nicht dem bewusst missverständlichen Vorgehen von Verteidigern in den Fällen der sog. „Verjährungsfalle“ entspricht (vgl. hierzu Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, § 33 Rdnr. 35) – ergab sich unmissverständlich, dass eine Vertretung nur für zivilrechtliche Fragen vorliegt, nicht jedoch auch für ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren. Einen Grundsatz, dass ein Rechtsanwalt im Zweifel immer als Verteidiger auftritt, gibt es nicht (Göhler a.a.O. § 51 Rdnr. 44a).
Daran ändert auch nichts, dass in der hierzu mit Schriftsatz vom 15.08.2017 nachgereichten Vollmachtsurkunde formularmäßig „zur Vertretung und Verteidigung in Strafsachen und Bußgeldsachen …“ aufgeführt ist. In Fällen, in denen – wie hier – die Vollmachtsurkunde eine Vertretung in weiteren Bereichen ausweist als im Meldeschriftsatz angegeben, geht der Wortlaut des Meldeschriftsatzes vor. Denn für eine wirksame Vertretung genügt es nicht, dass der Mandant den Rechtsanwalt mandatiert und eine entsprechende schriftliche Vollmacht unterzeichnet, sondern die Mandatierung muss erst noch von dem Rechtsanwalt angenommen werden, um wirksam zu werden. In welchem Umfang sie angenommen wurde, ergibt sich in aller Regel aus dem Schriftsatz, mit dem sich der Rechtsanwalt erstmals zum Verfahren meldet (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, Vorb. § 137 Rdnr. 4).
Erst mit dem Einspruchsschreiben vom 19.10.2017, dem eine formularmäßige „Strafprozessvollmacht“ vom 18.10.2017 beigefügt war, hat sich der Rechtsanwalt zum hiesigen Ordnungswidrigkeitverfahren als Verteidiger des Betroffenen gemeldet. Diese spätere Verfahrensentwicklung vermag jedoch nicht die unzulässigerweise an ihn erfolgte Zustellung des Bußgeldbescheides nachträglich zu heilen, weil vorliegend nicht von einem Fall der sog. „Verjährungsfalle“ auszugehen ist (vgl. dazu OLG Düsseldorf NJW 2008, 2727).
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 und 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. Eine Überbürdung auch der notwendigen Auslagen auf die Landeskasse erschien nicht angemessen, weil das Verfahren bei fortdauerndem erheblichem Tatverdacht allein wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung einzustellen war (§ 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG).