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Unbewusster Betäubungsmittelkonsum – Metamphetamin

VG Bayreuth – Az.: B 1 S 20.384 – Beschluss vom 14.05.2020

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 6.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der am … geborene Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Führerscheinklassen AM, B, BE, C, CE, C1, C1E, L und T.

Entsprechend einer Mitteilung der Grenzpolizeiinspektion … an den Antragsgegner vom 21. Februar 2020 geriet der Antragsteller am 28. September 2019 um 15:25 Uhr in eine verdachtsunabhängige Verkehrskontrolle. Der Antragsteller sei in … angehalten worden, nachdem er zuvor aus der Tschechischen Republik mit dem Pkw einreist sei. Beim Antragsteller seien drogentypische Auffälligkeiten festgestellt worden. Im Rahmen eines daraufhin freiwillig durchgeführten Drogentests sei der Antragsteller positiv auf Metamphetamin getestet worden. Laut Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin in… vom 31. Oktober 2019 seien in der Blutprobe des Antragstellers vom 28. September 2019 (20:09 Uhr) 10,4 ng/ml Amphetamin sowie 161 ng/ml Metamphetamin festgestellt worden. Metamphetamin sei in einer Konzentration nachgewiesen worden, die dafür spreche, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Blutentnahme unter der Wirkung dieses berauschenden Mittels gestanden habe.

In den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft … befindet sich die Beschuldigtenvernehmung des Antragstellers vom 28. September 2019, wonach der Antragsteller angab, dass er Herrn H. aus seiner Zeit in der JVA … kenne und gewusst habe, dass dieser drogenabhängig sei. Er sei von Herrn H. kontaktiert worden, da dieser unter erheblichen Entzugserscheinungen gelitten habe und dringend Betäubungsmittel (Crystal Speed) konsumieren müsse. Deshalb habe er ihn nach … gefahren. Bereits während der Fahrt habe sich Herr H. mehrfach übergeben. Mit Herrn H. sei im Vorfeld abgeklärt worden, dass keine Drogen mit nach Deutschland zurückgenommen werden würden, sondern dieser nur Drogen für dessen Konsum vor Ort erwerben sollte. Herr H. sei bei einem Einkaufszentrum in … allein aus dem Pkw gestiegen. Der Antragsteller habe in seinem Fahrzeug auf Herrn H. gewartet. Dieser sei nach einer halben Stunde zurückgekommen und habe eine durchsichtige Flasche ohne Etikett (0,33 l) auf das Armaturenbrett des Fahrzeuges gelegt. Auf der Hinfahrt habe Herr H. diese Flasche nicht dabei gehabt. Auf Nachfrage des Antragstellers, ob Herr H. Drogen bei sich habe, habe dieser mit „Nein“ geantwortet. Der Antragsteller sei geschockt gewesen, als bei der polizeilichen Kontrolle Betäubungsmittel in seinem Pkw aufgefunden worden seien. Er nehme keine Drogen und sei mit einem freiwilligen Drogentest einverstanden. Er wolle mit Drogen nichts zu tun haben, da er Kraftfahrer sei. Er habe Herrn H., der in einem schlechten Zustand gewesen sei, einen Gefallen tun wollen, da er in dessen Schuld stehe.

Weiter befindet sich eine Sachverhaltsschilderung vom 30. September 2019 in den Akten. Hiernach habe der Antragsteller in glaubhafter Form geschildert, Herrn H. auf dessen Verlangen abgeholt zu haben. Sodann wurden die weiteren Angaben des Antragstellers aus dessen Beschuldigtenvernehmung wiedergegeben. Zudem wird ausgeführt, dass aufgrund der Schilderungen des Antragstellers dessen Pkw nach der beschriebenen Flasche durchsucht worden sei. Es seien zwei verdächtige Flaschen aufgefunden worden, wobei eine davon auf die Beschreibung des Antragstellers gepasst habe. Von beiden Flascheninhalten seien verschiedene Drogenschnelltests durchgeführt worden, die positiv hinsichtlich Betäubungsmittel ausgefallen seien. Ein Antrag auf Spurenuntersuchung vom 29. September 2019 weist aus, dass zwei Flaschen sichergestellt worden seien. Eine davon habe 200 ml enthalten, die andere 500 ml. In beiden Flaschen sei in Flüssigkeit aufgelöstes Betäubungsmittel (Metamphetamin) nachgewiesen worden.

Im Rahmen der Anhörung zur Fahrerlaubnisentziehung teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers dem Antragsgegner mit Schreiben vom 20. März 2020 mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen des Vorfalls vom 28. September 2019 noch nicht abgeschlossen sei, weswegen die Unschuldsvermutung gelte. Dem Bericht des Bewährungshelfers des Antragstellers vom 16. März 2020 (als Anlage beigefügt) sei zu entnehmen, dass der Antragsteller im Jahr 2016 eine stationäre Suchtmitteltherapie absolviert und erfolgreich abgeschlossen habe. Der Antragsteller habe aus Sicht des Bewährungshelfers die Ursache seiner Suchtprobleme aufgearbeitet. Seit der Zusammenarbeit mit ihm (Juni 2016) habe es nie Anzeichen für einen Rückfall gegeben. Dies zeige, dass der Antragsteller derzeit eine stabile Persönlichkeit habe und verantwortungsbewusst zur bestmöglichen Versorgung seiner Familie agiere. Daher sei es durchaus glaubhaft, dass dem Antragsteller am 28. September 2019, bei der Abholung eines Bekannten aus …, beim Trinken aus einer Flasche versehentlich und insbesondere unwissentlich Betäubungsmittel zugeführt worden seien. Der Antragsteller habe am besagten Tag einen Anruf von Herrn H. erhalten, wonach Herr H. dringend Hilfe benötige, da er kein Geld für eine Rückfahrt aus … mit dem Zug habe, weil er sich dort in einer Spielothek verspielt und seinen Ausweis hinterlegt habe. Da der Antragsteller Herrn H. aus der gemeinsamen Haftzeit einen Gefallen geschuldet habe, sei er nach … gefahren, wo er Herrn H. auf einem Parkplatz an einem Einkaufszentrum getroffen habe. Herr H. habe ihm erklärt, dass er kurz zur Spielothek müsse, um seinen Ausweis abzuholen. Bevor Herr H. zur Spielothek gelaufen sei, habe er eine Tüte im Fußraum des Beifahrerbereichs des Fahrzeugs abgestellt, worin sich drei 0,3 l Flaschen befunden hätten. Eine habe die Aufschrift „Lemon Bitter“ gehabt. Der Antragsteller sei durstig geworden und habe aus der „Lemon Bitter“ Flasche getrunken. In diesem Moment sei Herr H. wieder ins Auto gestiegen und habe den Antragsteller gefragt, ob er aus der Flasche getrunken und es ihm geschmeckt habe. Der Antragsteller habe geantwortet, dass das Getränk nicht geschmeckt habe, worauf Herr H. kommentiert habe, dass es in Tschechien so schmecke. Nur kurze Zeit später habe der Antragsteller ein ungewöhnliches Pochen in seiner Brust bemerkt, dessen Grund sich kurze Zeit später in der Polizeikontrolle zur Überraschung des Antragstellers erschlossen habe. Die Auswertung des sichergestellten Handys des Antragstellers beweise, dass er auf Wunsch des Herrn H. am Nachmittag nach … gefahren sei, um Herrn H. abzuholen und keinesfalls planvoll zur Beschaffung oder zum Konsum von Betäubungsmitteln nach Tschechien gefahren sei. Der Antragsteller betone, dass er keine Betäubungsmittel konsumiere und dies auf Wunsch gerne durch entsprechende Tests beweise. Es werde gebeten, bis zum Abschluss des Strafverfahrens keine weiteren Maßnahmen gegen den Antragsteller zu ergreifen, da er auf seinen Führerschein zur Existenzsicherung seiner Familie angewiesen sei.

Unter dem 7. April 2020 wies der Antragsgegner den Antragsteller darauf hin, dass die unwissentliche Einnahme eines Betäubungsmittels durch einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vorgetragen werden müsse, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lasse. Der vom Antragsteller geschilderte Vortrag könne durch eine Versicherung an Eides statt des Herrn H. substantiiert dargelegt werden. Wenn dem stationären Aufenthalt im Jahr 2016 eine Drogenabhängigkeit zugrunde gelegen habe, sei ein Rückfall des Antragstellers wahrscheinlich.

Mit Schreiben vom 14. April 2020 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, dass eine eidesstattliche Versicherung des Herrn H. nicht beigebracht werden könne, da der Antragsteller sofort nach dem Vorfall am 28. September 2019 den Kontakt zu Herrn H. beendet habe. Zudem würden gegen Herrn H. staatsanwaltschaftliche Ermittlungen laufen, sodass dieser sich vermutlich nicht selbst belasten werde. Der stationären Suchtmitteltherapie im Jahr 2016 habe keine Betäubungsmittelabhängigkeit, sondern Alkoholabhängigkeit zugrunde gelegen. Der Antragsteller habe noch nie wissentlich Betäubungsmittel konsumiert.

Mit Bescheid vom 21. April 2020 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen AM, B, BE, C, CE, C1, C1E, L und T (Ziffer 1). Dem Antragsteller wurde auferlegt, seinen Führerschein spätestens 5 Tage nach Zustellung dieses Bescheides bei der Zulassungsstelle abzugeben (Ziffer 2). Der Sofortvollzug der Ziffern 1 und 2 wurde angeordnet (Ziffer 3). Im Falle der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins nach Ziffer 2 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Ziffer 4).

Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass die Fahrerlaubnis wegen der Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV zu entziehen gewesen sei. Es sei nachgewiesen worden, dass der Antragsteller die harten Drogen Amphetamin und Metamphetamin am 28. September 2019 zu sich genommen habe, sodass die Regelvermutung nach der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV greife, wonach der Fahrerlaubnisinhaber bereits bei einmaligem Nachweis harter Drogen im Blut und damit der Einnahme dieser Drogen nicht mehr fahrgeeignet sei. Die Behauptung des Antragstellers, dass er das Metamphetamin unbewusst eingenommen habe, stelle eine bloße Schutzbehauptung dar. Es erscheine fraglich, warum der Antragsteller aus einer Tüte, die ihm nicht gehört habe (sondern seinem Beifahrer Herrn H.), eine Flasche entnehme und daraus trinke. Eine substantiierte Darstellung des Herrn H. als Zeuge liege nicht vor. Der Antragsteller sei mit Schreiben vom 7. April 2020 auf die Möglichkeit hingewiesen worden, eine Versicherung an Eides statt des Herrn H. zum Geschehen vorzulegen. Bei der Verkehrskontrolle am 28. September 2019 habe der Antragsteller keine Aussage hinsichtlich des unwissentlichen Konsums gemacht. Dies sei erst nach Erhalt der Anhörung zum Entzug der Fahrerlaubnis geschehen. Es hätte nahe gelegen, derartig außergewöhnliche Umstände sofort offen zu legen. Aufgrund des Konsums von Betäubungsmitteln stehe die Nichteignung des Antragstellers zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, sodass eine Anordnung eines Gutachtens hierzu unterbleibe (§ 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 7 FeV). Die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins beruhe auf § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Das besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 und 2 bestehe aufgrund der Sicherheit des Straßenverkehrs und seiner Teilnehmer. Die Zwangsgeldandrohung beruhe auf Art. 19, Art. 29, Art. 31 und Art. 36 VwZVG.

Mit Schreiben vom 23. April 2020 erhob der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch und beantragte zugleich die Aufhebung der Sofortvollzugsanordnung, da der Antragsteller als Berufskraftfahrer auf seine Fahrerlaubnis existenziell angewiesen sei.

Unter dem 23. April 2020 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers bei Gericht, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 21. April 2020 wiederherzustellen.

Den Antrag ließ der Antragsteller damit begründen, dass der Entzug der Fahrerlaubnis rechtswidrig erfolgt und er hierdurch in seinen Rechten verletzt worden sei. Der Antragsgegner habe den Entziehungsbescheid erlassen, ohne zuvor Akteneinsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft … zu nehmen. Der Antragsgegner habe daher die Angaben des Antragstellers pauschal als reine Schutzbehauptung gewertet. Hätte der Antragsgegner den Eingang der Ermittlungsakten abgewartet, wäre festgestellt worden, dass der Antragsteller die Betäubungsmittel nicht wissentlich zu sich genommen habe. Entsprechend der Ermittlungsakten habe der Antragsteller sich am 28. September 2019 äußert kooperativ gezeigt und gegenüber der Polizei umfangreiche und nach Wertung des Polizeibeamten glaubhafte Angaben zum Sachverhalt gemacht. Diese Angaben würden sich nicht vollständig mit den im Entziehungsverfahren vorgetragenen Tatsachen decken, da der Antragsteller aufgrund des ungewohnten Betäubungsmittelkonsums vom 28. September 2019 Erinnerungslücken gehabt und auch noch einige Zeit nach dem Vorfall unter gesundheitlichen Beschwerden und Halluzinationen gelitten habe, weshalb die Erinnerungen an das tatsächliche Geschehen nun durch die Kenntnis vom Akteninhalt teilweise korrigiert und verbessert worden seien. Aus der Einlassung des Antragstellers ergebe sich, dass er Herrn H. nach … gefahren habe, wo dieser zum sofortigen Eigenkonsum Drogen mit dem Geldbeutel des Antragstellers erworben habe. Der Antragsteller habe Herrn H. ausdrücklich angewiesen keine Betäubungsmittel nach Deutschland zurückzubringen, was Herr H. ihm zugesichert habe. Der Antragsteller müsse dann im Rahmen dieser Fahrt beim Trinken aus einer von Herrn H. mitgebrachten Flasche unwissentlich Betäubungsmittel konsumiert haben. Aus der Ermittlungsakte ergebe sich zudem, dass der Antragsteller bereits am 28. September 2020 darauf hingewiesen habe, nie Drogen genommen zu haben und über das Geschehen extrem überrascht und geschockt gewesen sei. Der Bundeszentralregisterauszug des Antragstellers weise trotz 15 Eintragungen keine strafrechtliche Ahndung wegen Betäubungsmitteln auf (Bundeszentralregisterauszug wurde vorgelegt). Aus der auch dem Antragsgegner vorgelegten Stellungnahme des Bewährungshelfers Herrn L. vom 16. März 2020 sowie dem ärztlichen Entlassungsbericht der Fachklinik … vom 20. März 2013 ergebe sich, dass der Antragsteller nie Probleme mit Drogen gehabt habe. Der Antragsteller habe vier Kinder und sei als Berufskraftfahrer auf seine Fahrerlaubnis angewiesen. Dementsprechend würde der Antragsteller nie die Versorgung seiner Familie und den dafür notwendigen Lebensunterhalt und schon gar nicht seine Gesundheit durch den Konsum von Drogen gefährden.

Mit Schriftsatz vom 30. April 2020 (Eingang bei Gericht per Fax am 4. Mai 2020 und per Post samt Behördenakte am 7. Mai 2020) beantragte der Antragsgegner, den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kostenpflichtig abzulehnen.

Vorliegend würde das Vollzugsinteresse des Antragsgegners überwiegen, da der angegriffene Bescheid rechtmäßig sei und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletze. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs müsse ein Fahrerlaubnisinhaber, der gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Betäubungsmittelkonsums einwende, dass ein Dritter ihm Substanzen verabreicht habe und er dies nicht bemerkt habe, einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lasse. Die Darstellung des Sachverhalts durch den Antragsteller im Schreiben vom 20. März 2020 sei nicht detailliert genug, um einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen zu lassen. In der Schilderung seien weder Angaben zum Zeitpunkt der Einnahme noch zur ungefähr getrunkenen Menge enthalten. Der im Antrag vom 23. April 2020 vorgetragene Sachverhalt verstärke zudem die Zweifel an einem schlüssigen Vortrag. So habe der Antragsteller mit Schreiben vom 20. März 2020 geschildert, dass er Herrn H. in … abgeholt habe, nachdem dieser sein Geld in der Spielhalle verspielt habe. Im Schriftsatz vom 23. April 2020 habe der Antragsteller hingegen vorgetragen, Herrn H. zum Erwerb von Betäubungsmitteln nach … gefahren zu haben. Abgesehen von den fehlenden Übereinstimmungen beider Versionen bleibe fraglich, weshalb der Antragsteller nach einem für ihn unerklärlichen und vermeintlich ungewöhnlichen Pochen in seiner Brust (Schreiben vom 20. März 2020) die Fahrt nicht unterbrochen und ärztliche Hilfe ersucht habe. Ebenso wenig nachvollziehbar sei der Vortrag, dass der Antragsteller noch einige Zeit nach dem Vorfall unter Beschwerden und Halluzinationen gelitten habe, nicht aber unmittelbar nach der angeblich versehentlichen Einnahme. Der geschilderte Sachverhalt gebe zudem keinen Aufschluss darüber, wann und weshalb die Betäubungsmittel vom Mitfahrer überhaupt in einem bitter schmeckenden Getränk gelöst worden seien, zumal eine Auflösung der Drogen durch den Mitfahrer in einem Getränk nicht zu den gebräuchlichen Konsumweisen gehöre. Weshalb sich der Antragsteller bei einer Auswahl von drei Flaschen für eine offenbar bereits geöffnete Flasche entschieden und daraus getrunken habe, werde ebenfalls offen gelassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakten ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).

II.

1. Entsprechend der Wortlautauslegung des Antrags (§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO) begehrt der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 23. April 2020 gegen die Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 21. April 2020, nicht hingegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids.

2. Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg und ist abzulehnen.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen/anordnen bzw. die Vollziehung des Bescheids aussetzen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da der Widerspruch des Antragstellers nach summarischer Überprüfung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs.

a. Ziffer 1 des Bescheids vom 21. April 2020 erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens. Nach dem Wortlaut von Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV entfällt bei dem Konsum sogenannter harter Drogen wie Amphetamin oder Metamphetamin die Fahreignung bereits bei einmaliger Einnahme dieser Betäubungsmittel. Auf eine bestimmte Häufigkeit des Konsums kommt es nicht an. Bei dem Konsum harter Drogen wie Amphetamin oder Metamphetamin entfällt die Fahreignung unabhängig von der Höhe der nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und unabhängig davon, ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne von Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen zu verzeichnen waren. Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2019 – 11 CS 19.9 – juris Rn. 12; B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333 – juris Rn. 11; B.v. 25.11.2014 – 11 ZB 14.1040 – juris Rn. 11; B.v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – juris Rn. 16).

Bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle am 28. September 2019 wurden beim Antragsteller drogentypische Auffälligkeiten festgestellt. Laut Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin in … vom 31. Oktober 2019 konnte in der Blutprobe des Antragstellers vom 28. September 2019 10,4 ng/ml Amphetamin sowie 161 ng/ml Metamphetamin festgestellt werden. Laut Gutachten habe der Antragsteller zum Zeitpunkt der Kontrolle unter dem Einfluss von Metamphetamin gestanden.

Die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln setzt nach der obergerichtlichen Rechtsprechung einen willentlichen Konsum voraus. Die vom Antragsteller geltend gemachte unbemerkte Verabreichung von Betäubungsmitteln durch Dritte und daher deren unbewusste Einnahme stellt nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2019 – 11 CS 19.9 – juris Rn. 13 m.w.N.). Daher muss, wer sich auf eine ausnahmsweise unbewusste Aufnahme eines Betäubungsmittels beruft, einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt und der damit auch zumindest teilweise der Nachprüfung zugänglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2019 – 11 CS 19.9 – juris Rn. 13; B.v. 13.2.2019 – 11 ZB 18.2577 – juris Rn. 18 m.w.N.). Auch sind nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs derartige Behauptungen nur dann beachtlich, wenn überzeugend aufgezeigt werden konnte, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers Kontakt mit Personen vorausgegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk zugänglich zu machen, ferner, dass dieser selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt hat (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2019 – 11 CS 19.9 – juris Rn. 13; B.v. 13.2.2019 – 11 ZB 18.2577 – juris Rn. 18; B.v. 31.5.2012 – 11 CS 12.807 – juris Rn. 12).

Unabhängig davon, welche Sachverhaltsschilderung des Antragstellers man zur Beurteilung eines unwissentlichen Konsums heranzieht, lässt sich ein solcher Konsum bei summarischer Prüfung nicht annehmen. Weder die Schilderung im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung (aa.) noch die Geschehensdarstellung gegenüber dem Antragsgegner (bb.) sind in sich schlüssige, detaillierte und glaubhafte Darstellungen, die einen unwissentlichen Betäubungsmittelkonsum ernsthaft möglich erscheinen lassen. Zudem widersprechen sich beide Sachverhaltsschilderungen derartig stark, dass aus der Gesamtwürdigung der Angaben der Eindruck entsteht, dass es sich bei dem Vortrag eines unwillentlichen Drogenkonsums um eine bloße Schutzbehauptung von Seiten des Antragstellers handelt (cc.).

aa. Legt man zur Beurteilung der Frage um einen unwissentlichen Betäubungsmittelkonsum die Sachverhaltsschilderung des Antragstellers vom 28. September 2019 im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung zugrunde, auf den der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Bezug nimmt, so ist dieser Vortrag nicht hinreichend detailliert, in sich schlüssig und glaubhaft, um einen unwillentlichen Drogenkonsum ernsthaft möglich erscheinen zu lassen. Zwar legt der Antragsteller schlüssig dar, dass er Herrn H. nach Eger gefahren hat und bei der Rückfahrt von einem Getränk getrunken haben muss, dass Herr H. zuvor gekauft hatte. Auch führte der Antragsteller aus, dass Herr H. ein ihm bekannter Drogenabhängiger sei, der dadurch einen Grund gehabt hatte, eine Flasche mit aufgelösten Betäubungsmitteln zu erwerben. Jedoch konnte der Antragsteller nicht schlüssig, detailliert genug und glaubhaft vortragen, warum er aus der nicht etikettierten Flasche des Herrn H. getrunken hat, die dieser in … gekauft hatte, obwohl der Antragsteller vom Drogenerwerb und Drogenkonsum des Herrn H. vor Ort Kenntnis hatte. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung trug der Antragsteller vor, dass er Herrn H., der bereits unter Entzugserscheinungen (Übergeben) gelitten habe, nach … zum Erwerb von Crystal Speed gefahren habe. Er habe dann auf dem Parkplatz auf Herrn H. gewartet, bis dieser zurückgekommen sei und eine durchsichtige und nicht etikettierte Flasche mitgebracht habe. Der Antragsteller gab im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens an, dass der unbewusste Drogenkonsum bei der Rückfahrt stattgefunden haben muss. Hierbei kann es sich nur um einen Konsum (Trinken) aus der vom Antragsteller beschriebenen nicht etikettierte Flasche gehandelt haben. Bereits bei der polizeilichen Vernehmung führte der Antragsteller aus, dass Herr H. keine Flaschen von Deutschland mitgebracht hat. Die vom Antragsteller beschriebene 0,33 Liter Flasche wurde entsprechend der Polizeiberichte im Pkw, gemeinsam mit einer weiteren Flasche, aufgefunden. Beide im Pkw aufgefundenen Flaschen hätten Rückstände von Betäubungsmitteln (Metamphetamin) enthalten. Der Antragsteller muss daher aus der von ihm selbst beschriebenen, durchsichtigen und nicht etikettierten 0,33 Liter Flasche getrunken haben. Von dieser Flasche wusste der Antragsteller, dass Herr H. sie nach seinem Drogenerwerb und Drogenkonsum mitgebracht hatte. Warum der Antragsteller aus einer nicht etikettierten Flasche, die ein ihm bekannter Drogenabhängiger während eines Drogendeals erworben hatte, getrunken hat, ohne den Flascheninhalt zu hinterfragen, ist in sich nicht schlüssig und nachvollziehbar genug. Es ist insbesondere anzunehmen, dass der Antragsteller als ehemaliger Drogenkonsument (fünfjährige Heroinabhängigkeit; vgl. Urteil des Amtsgerichts … vom …2006, Az.: …) genaue Kenntnisse von den Modalitäten des Drogenerwerbs hat. Unter Beachtung der eigenen Betäubungsmittelvergangenheit des Antragstellers erscheint es bereits unglaubhaft, dass dieser nicht geahnt hat, dass sich in der nicht etikettierten und durchsichtigen Flasche Betäubungsmittel befunden haben. Zwar beteuerte der Antragsteller, dass Herr H. ihm zugesichert habe, keine Drogen mit nach Deutschland zu bringen und dies vor der Rückfahrt noch einmal bestätigt hatte. Jedoch macht der Antragsteller auch diesbezüglich nicht klar, warum er Herrn H. geglaubt hat, obwohl er wusste, dass dieser drogenabhängig ist, offensichtlich Entzugserscheinungen zu bekämpfen hatte und es nahe lag, dass er in der Folgezeit auf die Einnahme des Stoffes weiterhin angewiesen sein wird. Auch trug der Antragsteller nur vor, dass er unwissentlich Drogen bei der Rückfahrt aus … zu sich genommen haben muss. Er gibt jedoch keine Details dazu an, wann genau er aus der Flasche getrunken und wie viel er getrunken hat. Nach den Angaben des Antragstellers muss er das Getränk im Beisein von Herrn H. getrunken haben. Aus dem Sachvortrag im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung (anders als im Vortrag im Entziehungsverfahren) geht nicht hervor, dass Herr H. nach der Platzierung der Flaschen im Pkw das Fahrzeug nochmal verlassen hat. Herr H. war nach Angaben des Antragstellers drogenabhängig, hatte jedoch kein Geld zum Erwerb in Deutschland. Es wurde nicht schlüssig dargelegt, warum ein Drogenabhängiger mit finanziell eingeschränkten Mitteln nicht unter allen Umständen verhindert hat, dass eine Person, die keine Betäubungsmittel zu sich nehmen will, von den in Flüssigkeit aufgelösten – für Herrn H. „wertvollen“ – Betäubungsmitteln trinkt. Hier fehlen von Seiten des Antragstellers jegliche Sachverhaltsangaben. Außerdem machte der Antragsteller zumindest bei seiner Beschuldigtenvernehmung und im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens keinerlei Angaben dazu, warum er die Wirkung der Betäubungsmittel als ehemaliger und erfahrener Betäubungsmittelkonsum nicht bemerkt hat und warum er gegenüber den Polizeibeamten nicht bereits Angaben zu einem unbewussten Drogenkonsum getätigt hat. Aufgrund all dieser Erwägungen hält das Gericht den Sachvortrag des Antragstellers für nicht schlüssig, detailliert und glaubwürdig genug, um einen unbewussten Drogenkonsum als ernsthaft möglich erscheinen zu lassen.

Der Einwand des Bevollmächtigten des Antragstellers, dass die Polizei den Antragsteller im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung für glaubwürdig hielt, greift nicht. Zum einen kommt es bei der hiesigen Entscheidung auf die Einschätzung des Gerichts an. Zum anderen ist der Sachverhaltsschilderung vom 30. September 2019 sowie der restlichen Ermittlungsakte nicht zu entnehmen, ob der Sachvortrag des Antragstellers insgesamt von der Polizei als glaubhaft gewertet wurde oder lediglich in einzelnen Punkten. Da bei der Beschuldigtenvernehmung zudem maßgeblich der Verdacht des Erwerbs und Besitzes von Betäubungsmitteln (Betäubungsmitteltütchen in der Brieftasche des Antragstellers) im Raum stand und sich der Vorwurf des Fahrens unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln erst nach dem freiwillig durchgeführten Drogentest ergab, ist auch nicht eindeutig, ob sich der Vermerk über die Glaubwürdigkeit auf den Erwerb der Betäubungsmittel, dessen Konsum oder beides bezog.

bb. Der mit Schreiben vom 20. März 2020 gegenüber dem Antragsgegner vorgetragene Sachverhalt, dass der Antragsteller Herrn H. in … abgeholt und dabei aus einer Flasche des Herrn H. mit der Aufschrift „Lemon Bitter“ getrunken habe, wird vom Bevollmächtigten im gerichtlichen Verfahren nicht mehr erwähnt bzw. aufrechterhalten. Auf Basis dieses Sachverhaltes kann jedoch auch nicht von einem unwissentlichen und unwillentlichen Betäubungsmittelkonsum ausgegangen werden. Der im Verwaltungsverfahren geschilderte Sachverhalt ist vom Antragsgegner zu Recht als bloße Schutzbehauptung gewertet worden, da er unschlüssig und unglaubhaft ist. Zwar erklärt diese Sachverhaltsschilderung, weshalb der Antragsteller nicht von Herrn H. beim Trinken aus dessen Flasche gehindert wurde und der Antragsteller machte auch Angaben darüber, dass er körperlich den Einfluss der Drogen bemerkt hat. Aus der Geschehensschilderung geht jedoch nicht hervor, warum Herr H. den Antragsteller nicht vor dem Inhalt der Flaschen gewarnt hat. Es wird nicht nachvollziehbar geschildert, warum ein Drogenabhängiger das Risiko eingeht, dass seine aus eigenen Mitteln erworbenen Betäubungsmittel von einem anderen getrunken werden. Auch hat der Antragsteller nicht vorgetragen, warum er einfach von fremden Getränken trinkt, anstatt vorher beim Eigentümer dieser Getränke nachzufragen. Angaben dazu, ob die Flasche, aus der der Antragsteller getrunken haben soll, offen (zum Auflösen der Betäubungsmittel) oder auffällig gewesen ist, wie viel er daraus getrunken hat und warum er bei der Verkehrskontrolle nicht auf seine untypische körperliche Reaktion hingewiesen hat, fehlen gänzlich. Auch der Einwand der untypischen körperlichen Reaktion erscheint unglaubhaft, da der Antragsteller als ehemals erfahrener Drogenkonsument durchaus die Wirkung von Betäubungsmitteln kennt. Darüber hinaus konnte der Antragsteller den von ihm dargelegten Sachverhalt auch nicht durch eine eidesstaatliche Versicherung des Herrn H. glaubhaft machen und hat nicht einmal versucht eine eidesstaatliche Versicherung von diesem zu erhalten. Im gerichtlichen Verfahren und während des laufenden Widerspruchsverfahrens hat sich zudem bereits herausgestellt, dass der mit Schreiben vom 20. März 2020 vorgetragene Sachverhalt auf Grund der widersprüchlichen Darstellung im Vergleich zur Beschuldigtenvernehmung unglaubhaft ist (vgl. hierzu cc.). Ein unbewusster Betäubungsmittelkonsum erscheint dadurch nicht als ernsthaft möglich.

Der Einwand des Bevollmächtigten des Antragstellers, der Antragsgegner hätte vor der Entziehung auf die Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft warten müssen, ist unerheblich, da der vom Antragsteller vorgetragene Sachverhalt bereits unschlüssig und nicht detailliert genug war. Die frühzeitige Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten hätte, wie gezeigt, nichts an der Einschätzung des Vorliegens einer Schutzbehauptung geändert, sondern diese Einschätzung aufgrund der unglaubhaften Angaben (vgl. cc) des Antragstellers im Entziehungsverfahren verfestigt. Zudem können die Ergebnisse der Ermittlungsakte im laufenden Widerspruchsverfahren herangezogen werden.

cc. Insgesamt kann der Vortrag des Antragstellers als nicht glaubhaft erachtet werden, da von ihm zwei verschiedene Sachverhalte geschildert wurden, die sich in den Einzelheiten erheblich voneinander unterscheiden. So wurde am 28. September 2019 geschildert, dass Herr H. zum Erwerb und Konsum von Crystal Speed vom Antragsteller nach … gefahren wurde, am 20. März 2020 soll der Antragsteller Herrn H. hingegen lediglich abgeholt haben. Auch der angeblich unwissentliche Konsum an sich unterscheidet sich in beiden Varianten (Trinken von „Lemon Bitter“; Trinken aus einer nicht etikettierten Flasche) maßgeblich. Durch sein Vorbringen im Entziehungsverfahren hat der Antragsteller bereits gezeigt, dass er eine Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch eine offensichtlich unwahre Sachverhaltsdarstellung vermeiden möchte und daher zu Schutzbehauptungen greift. Der Vortrag seines Bevollmächtigten dahingehend, dass der Antragsteller an Gedächtnisproblemen seit dem angeblich unwillentlichen Betäubungsmittelkonsum leide und Erinnerungen durch die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten teilweise korrigiert und verbessert worden seien, überzeugt nicht. Dem Gericht erscheint es äußerst fraglich, warum sich der Antragsteller nach fünf Monaten nicht mehr an den Sachverhalt erinnern konnte, zumal die vorgetragenen Gedächtnisprobleme weder bewiesen (ärztliches Attest oder ähnliches) noch im Rahmen des Entziehungsverfahrens bei der Behörde vorgebracht wurden. Zudem unterscheiden sich die vorgetragenen Sachverhaltsvarianten in den wesentlichen Eckdaten gravierend voneinander, was den Eindruck erweckt, dass der Antragsteller sich lediglich nicht mehr darin erinnern konnte, welche genauen Angaben er bei der Beschuldigtenvernehmung gemacht hat oder dass der Antragsteller generell zu einer bloßen Schutzbehauptung gegriffen hat.

dd. Mangels detailliertem, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhaltsvortrag, der eine unbewusste Drogeneinnahme als ernsthaft möglich erscheinen lässt, durfte der Antragsgegner zu Recht von der Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 11 Abs. 7 FeV i. V. m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ohne vorherige Anordnung der Beibringung eines Gutachtens ausgehen und dessen Fahrerlaubnis entziehen.

b. Gegen die in Ziffer 2 des Bescheids angeordnete Ablieferung des Führerscheins bestehen nach summarischer Prüfung keine Rechtmäßigkeitsbedenken. Die Anordnung hat sich nicht durch die zwischenzeitlich erfolgte Abgabe des Führerscheins erledigt, sondern stellt weiterhin einen Rechtsgrund für das Einbehalten des Dokuments dar (BayVGH, B.v. 6.10.2017 – 11 CS 17.953 – juris Rn. 9; B.v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris Rn. 22). Nachdem dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu Recht und sofort vollziehbar entzogen worden ist, ist die Abgabeverpflichtung als begleitende Anordnung, die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärt wurde, geboten, um die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV durchzusetzen.

c. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides genügt auch den (formalen) Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs reicht es bei einer Fahrerlaubnisentziehung aus, die für den Fall typische Interessenlage aufzuzeigen; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (so z.B. BayVGH, B.v. 10.10.2011 – 11 CS 11.1963; B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139; B.v. 25.05.2010 – 11 CS 10.227; VGH BW, B.v. 24.1.2012 – 10 S 3175/11 – juris). Die Behörde kann sich bei der Abwägung zwischen den Beteiligteninteressen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2008 – 11 CS 08.1890; B.v. 13.1.2005 – 11 CS 04.2968; B.v. 18.5.2004 – 11 CS 04.819 – juris). Dem werden die Ausführungen in der Begründung des Bescheides gerecht. So stellte der Antragsgegner zu Recht auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und die Sicherheit der Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer als typische Interessenlage ab. Da der Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden muss, ist bei seiner weiteren Teilnahme am Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeuges eine nicht hinnehmbare Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer zu besorgen. Die privaten, finanziellen und beruflichen Interessen des Antragstellers als Familienvater und Berufskraftfahrer müssen vor diesen öffentlichen Interessen zurücktreten.

3. Der Antragsteller trägt als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffern 1.5, 46.3 und 46.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).

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