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Teilnahme an Aufbauseminar für Fahranfänger – Fahrerlaubnisentziehung

VG München – Az.: M 6 K 16.3465 – Urteil vom 30.11.2016

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger war seit Juli 2015 im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L. Er verursachte am … Dezember 2015 einen Verkehrsunfall, weil er die Vorfahrt missachtete. Wegen dieses innerhalb der zweijährigen Probezeit begangenen Verkehrsverstoßes ordnete der Beklagte mit Verfügung vom … März 2016 die Teilnahme an einem Aufbauseminar für Fahranfänger an und setzte hierfür eine Frist bis 1. Juni 2016. Der Kläger wandte sich gegen diese Anordnung mit dem Argument, er sei krank, befinde sich nach einer Operation in einer Reha-Einrichtung und verfüge außerdem wegen aktueller Arbeitslosigkeit nicht über genügend finanzielle Mittel, um das angeordnete Aufbauseminar zu absolvieren. Auf die Aufforderung des Landratsamts hin, Nachweise über diese Umstände vorzulegen, legte der Kläger lediglich eine bis … April 2016 befristete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Außerdem erhob er am … April 2016 gegen die Verfügung vom … März 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (Az. M 6 K 16.1508).

Teilnahme an Aufbauseminar für Fahranfänger – Fahrerlaubnisentziehung
(Symbolfoto: Kzenon/Shutterstock.com)

Weil die geforderte Bestätigung über die Teilnahme am Aufbauseminar nicht vorgelegt wurde, entzog der Beklagte dem Kläger schließlich nach vorangegangener Anhörung mit Bescheid vom 26. Juli 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), gab ihm auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids bei der Behörde abzugeben (Nr. 2a) und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von a… EUR an (Nr. 4). Auf den Inhalt des Bescheids wird ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

Obwohl in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids nur auf die Möglichkeit einer Klageerhebung, nicht dagegen der Einlegung eines Widerspruchs hingewiesen wird, richtete der Kläger mit Datum … Juli 2016 ein Schreiben an das Landratsamt, mit den er Widerspruch einlegte, da er mit der Entscheidung nicht einverstanden sei. Nachdem dies der Kläger dies sinngemäß unter Bezugnahme auf den Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 bereits in einem Schreiben an das Gericht vom … Juli 2016 in ähnlichen Worten so zum Ausdruck gebracht hatte, fragte das Gericht mit Schreiben vom 2. August 2016 nach, ob dieses Schreiben als neue Klageerhebung gegen diesen Bescheid zu verstehen sei. Das Antwortschreiben des Klägers vom … August 2016 in Verbindung mit dem vorangegangenen Schreiben vom … Juli 2016 legte das Gericht im Interesse des Klägers dahin aus, dass er nach seiner Klage gegen die Anordnung eines Aufbauseminars vom … März 2016 nun auch Klage gegen den Bescheid vom 26. Juli 2016 erheben wolle und legte das vorliegende Klageverfahren an. Auf die Erstzustellungsverfügung vom … August 2016 reagierte der Kläger mit Schreiben vom … August 2016 und teilte mit, er lege gegen das Schreiben vom … August 2016“ Einspruch ein. Die Nachfrage des Gerichts bezüglich der Bedeutung dieses Schreibens am 16. August 2016 ließ der Kläger unbeantwortet.

Der Beklagte legte mit Schreiben vom 11. August 2016, eingegangen am 18. August 2016, seine Verwaltungsakten vor und beantragte, die Klage abzuweisen.

Durch Beschluss vom 9. November 2016 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 VwGO).

Das Gericht hat am 30. November 2016 zur Sache mündlich verhandelt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich der Akten im Verfahren M 6 K 16.1508 sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. November 2016 ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).

1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2016 entschieden werden, obwohl der Kläger zum Termin nicht erschienen ist. Er wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde am … November 2016 zum Termin ordnungsgemäß geladen und gemäß § 102 Abs. 3 VwGO darauf hingewiesen, dass im Falle seines Ausbleibens auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne.

2. Die zulässige Klage ist unbegründet, weil der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 rechtmäßig ist.

2.1 Das Vorbringen des Klägers hat das Gericht – unter Einbeziehung des zwischen den Beteiligten parallel geführten Verfahrens M 6 K 16.1508 – im wohlverstandenen Interesse des Klägers nach § 88 VwGO dahingehend ausgelegt, dass er mit seinen Schreiben vom … Juli 2016 an den Beklagten und vom … Juli 2016 an das Gericht Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Juli 2016 und nicht etwa Widerspruch erheben wollte. Diese Auslegung ist zugunsten des offensichtlich in rechtlichen Angelegenheiten sehr unerfahrenen Klägers auch deshalb geboten, weil ihn der Beklagte mit Schreiben vom 28. Juli 2016 ausdrücklich auf die Unzulässigkeit eines Widerspruchs und die Möglichkeit einer Klageerhebung hingewiesen hatte und sich der Kläger in der Folgezeit daraufhin auch unter Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Juli 2016 an das Verwaltungsgericht München wandte, mit dem erkennbaren Ziel, die Aufhebung dieses Bescheids zu erreichen sowie eine Fristverlängerung für die Vorlage der Bescheinigung über die Teilnahme an dem mit Verfügung vom … März 2016 angeordneten Aufbauseminar. Eine andere Auslegung hätte im Übrigen zur Folge gehabt, dass die Klage im Verfahren M 6 K 16.1508 mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig geworden wäre, sobald der Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 bestandskräftig geworden wäre.

2.2 Zur weiteren Begründung der vorliegenden Entscheidung nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen im Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 (dort II. ab Seite 2) und macht sich diese zur Begründung der vorliegenden Entscheidung zu eigen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Insbesondere hat der Beklagte unter Verweis auf § 2a Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz – StVG – zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Kläger im vorliegenden Fall kraft Gesetzes die Fahrerlaubnis zu entziehen war, weil er der vollziehbaren Anordnung zur Beibringung einer Teilnahmebescheinigung über ein Aufbauseminar für Fahranfänger vom … März 2016 innerhalb der gesetzten Frist ohne zureichenden Grund nicht nachgekommen ist. Insbesondere das vom Kläger gegen diese Anordnung vorgebrachte finanzielle Unvermögen ist kein zureichender Grund, um ihr nicht Folge zu leisten. Möglicherweise hätte dem Kläger eine Fristverlängerung gewährt werden können, wenn er der Aufforderung des Beklagten folgend durch Vorlage entsprechender Belege glaubhaft gemacht hätte, dass er wegen Krankheit und anschließender Reha-Maßnahmen an der rechtzeitigen Teilnahme am Aufbauseminar gehindert war. Solche Belege hat der Kläger jedoch trotz entsprechender Aufforderung der Behörde nicht vorgelegt. Im Übrigen hat er ausweislich der Teilnahmebescheinigung vom … September 2016 mittlerweile an den geforderten Aufbauseminar teilgenommen, was seiner vorliegenden Klage gleichwohl nicht zum Erfolg verhilft, da maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Anfechtungsklage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist, der im vorliegenden Fall vor der Teilnahme am Aufbauseminar liegt, so dass diese im Zusammenhang mit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr zu berücksichtigen war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und die Abwendungsbefugnis haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO –.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Stand 2013).

 

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