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Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrrad unter dem Einfluss von Cannabis

VG München – Az.: M 6a E 11.3390 – Beschluss vom 16.09.2011

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 1.250,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1986 geborene Antragsteller hatte nach Aktenlage bisher keine Fahrerlaubnis inne.

Am … Februar 2010 wurde im Rahmen einer Verkehrskontrolle um 00.05 Uhr festgestellt, dass der Antragsteller in A… ein Fahrrad unter dem Einfluss berauschender Mittel geführt hatte. Nach den Feststellungen der Polizei und im Urteil des Amtsgerichts A… vom … September 2010 hatte der Antragsteller glasige Augen, wirkte träge, in Bewegung und Gedankenablauf verlangsamt. Er hatte Mundtrockenheit, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen. Der Finger-Finger Test verlief zittrig, suchend und unsicher, bereits nach 2 Sekunden musste er das Stehen auf einem Bein abbrechen, es bestand Fallneigung, durch Ausgleichsbewegungen suchte er dem entgegenzuwirken. Die toxikologische Untersuchung der ihm am … Februar 2010 gegen 00.34 Uhr entnommenen Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität A… erbrachte einen Wert von 3,9 ng/ml THC, 11 ng/ml THC-Carbonsäure sowie 2,2 ng/ml Hydroxy-THC.

Bereits zuvor war der Antragsteller im Zusammenhang mit Drogenbesitz und Drogenkonsum auffällig geworden. Nach polizeilichen Feststellungen vom … Oktober 2006 wurde er an diesem Tag wiederum mit einem Fahrrad einer Verkehrskontrolle unterzogen. Bei seiner Befragung gab er an, zwei Tage zuvor einen Joint geraucht zu haben. Er nehme mehrmals pro Woche Cannabisprodukte zu sich. Im Rahmen der anschließenden Befragung und Durchsuchung händigte der Antragsteller den Polizeibeamten den Rest eines Joints aus. Dem Urteil des Amtsgerichts A… vom … September 2007 ist zu entnehmen, dass der Antragsteller ebenfalls in A… beim Rauchen eines Joints in einer Parkanlage angetroffen worden war. Aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung ist zu entnehmen, dass der Antragsteller mit 13 Jahren den ersten Kontakt zu Cannabis hatte und ab etwa 15 Jahren nahezu täglich diverse Drogen konsumierte. Aus einer weiteren polizeilichen Anzeige geht hervor, dass bei einer Kontrolle am … Juni 2006 im Gepäck des Antragstellers ein Brocken Haschisch aufgefunden und beschlagnahmt wurde.

Diesen Sachverhalt nahm die Fahrerlaubnisbehörde zum Anlass, vom Antragsteller mit Verfügung vom … Mai 2011 die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern, mit dem geklärt werden sollte, ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller auch zukünftig ein Fahrzeug unter dem Einfluss berauschender Mittel führen werde und/oder ob als Folge eines unkontrollierten Betäubungsmittelkonsums Beeinträchtigungen vorlägen, die das sichere Führen eines Fahrzeugs in Frage stellten. Des Weiteren sei zu klären, ob der Antragsteller in der Lage sei, unter bestimmten Beschränkungen bzw. Auflagen ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Vorschriften der §§ 11 bis 14 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) seien entsprechend anzuwenden, wenn Zweifel bestünden, ob jemand ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug sicher führen könne. Diese Zweifel ergäben sich aus den vorstehend aufgeführten Vorfällen. In einem solchen Fall sei nach pflichtgemäßem Ermessen ein Gutachten anzuordnen und zu prüfen, ob das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge zu untersagen oder nur noch unter Beschränkungen oder Auflagen zuzulassen sei.

Gegen diese ihm ausweislich der Postzustellungsurkunde am … Mai 2011 zugestellte Anordnung erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom … Juli 2011, der am selben Tag bei Gericht einging, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, festzustellen, dass die Anordnung vom … Mai 2011 rechtswidrig sei (Nr. 1) sowie die Fahrerlaubnisbehörde zu verpflichten, gegenüber dem Antragsteller keine Verfügung zur Untersagung des Fahrens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge zu erlassen (Nr. 2). Weiter wurde beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Erteilung eines Kostenfestsetzungsbescheids für die Anordnung vom … Mai 2005 zu unterlassen (Nr. 3) sowie hilfsweise die Hemmung der dreimonatigen Frist für die Beibringung des MPU-Gutachtens. Außerdem beantragte der Antragsteller, gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO die einstweilige Anordnung der Nrn. 2 und 3 der Klage.

Zur Begründung wird ausgeführt, die sogenannte Trunkenheitsfahrt sei ein einmaliges Vorkommnis gewesen. Die übrigen Vorfälle würden zum Teil falsch dargestellt. Sein Cannabiskonsum stehe mit Ausnahme dieses einen Falles nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Er habe auch nicht täglich konsumiert, vielmehr sei der Konsum im Zeitpunkt seiner Festnahme äußerst sporadisch gewesen. Gegen das Urteil wegen Trunkenheit im Verkehr habe er nur deshalb kein Rechtsmittel eingelegt, weil ihm die Richterin versichert habe, es habe damit sein Bewenden. Die Höhe der Strafe sei von 1.000,– Euro auf 375,– Euro reduziert worden. Wenn er nun ein Gutachten beibringen solle, das in etwa so viel oder gar mehr koste, so liege darin eine unzulässige Doppelbestrafung. Im Übrigen sei die Anordnung unverhältnismäßig, da von einem Fahrradfahrer ungleich weniger Gefährdungen im Straßenverkehr ausgingen wie von Kraftfahrern. Dem deutlich geringeren Gefährdungspotential müsse bei der Entscheidung über ein MPU-Gutachten angemessen Rechnung getragen werden. Es liege zudem eine Ungleichbehandlung mit Kraftfahrern vor, denen zwar die Fahrerlaubnis bei Trunkenheit im Verkehr, sei es wegen Drogen oder Alkohol, entzogen werde, denen aber das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge nicht untersagt werde. Im Übrigen sei es dem Antragsteller nicht zuzumuten, die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde abzuwarten, so dass ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Antrag gegeben sei. Auf das Vorbringen des Antragstellers im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Die Antragsgegnerin legte mit Schriftsatz vom … August 2011, bei Gericht eingegangen am … August 2011, die Behördenakten vor und beantragte, den Antrag abzulehnen.

Sie vertritt insbesondere die Auffassung, der Antrag sei bereits unzulässig, jedenfalls aber sei er unbegründet. Hierzu verweist sie auf die Ausführungen in der Anordnung vom … Mai 2011. Auf das Vorbringen der Antragsgegnerin im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Mit Beschluss vom 25. August 2011 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 VwGO).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakte ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Soweit er nicht bereits unzulässig ist, ist er jedenfalls unbegründet.

1. Der Antrag ist unzulässig, soweit mit ihm begehrt wird, die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, dem Antragsteller das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge zu untersagen. Für einen solchen Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsteller ist auf den Rechtsschutz gegen die behördliche Maßnahme zu verweisen. Selbst wenn ihm das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge untersagt wird, drohen ihm damit keine unzumutbaren oder irreversiblen Nachteile, da gegen eine solche Anordnung Rechtsmittel einschließlich der Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes gegeben sind (ebenso VG München vom 02.06.2002, Az. …).

2. Der Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, für die Anordnung vom … Mai 2011 eine Kostenrechnung zu stellen, ist ebenfalls unzulässig. Denn auch hier fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis. Gegen die Erhebung von Kosten und Auslagen durch eine Verwaltungsbehörde sind Rechtsbehelfe gegeben, nämlich wahlweise Widerspruch oder Anfechtungsklage. Deshalb ist der Antragsteller auch hier darauf zu verweisen, die Kostenrechnung abzuwarten und gegebenenfalls hiergegen um Rechtsschutz nachzusuchen.

3. Auch der Hilfsantrag auf Hemmung der in der Anordnung vom … Mai 2011 gesetzten Frist von drei Monaten zur Beibringung des MPU-Gutachtens ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

3.1 Der Antrag ist unzulässig, weil die Anordnung vom … Mai 2011 kein Verwaltungsakt ist. Vielmehr handelt es sich um eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne von § 44 a VwGO, die nur zusammen mit der Sachentscheidung, das wäre vorliegend die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, angegriffen werden kann (vgl. BayVGH vom 06.08.2007, Az. 11 ZB 06.1818; BVerwG vom 28.06.1996, Az. 11 B 36/96; VG München vom 14.12.2010, Az. M 1 K 10.5014, VG Augsburg vom 25.04.2007, Az. AU 3 E 07.349 m.w.N.). Das gilt dementsprechend für die hier angegriffene Fristsetzung von drei Monaten, die Teil der insgesamt nicht im Klagewege und damit auch nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angreifbaren MPU-Anordnung vom … Mai 2011 ist.

3.2 Allerdings ließe sich in Hinblick auf die in der Rechtsprechung anerkannte Möglichkeit (vgl. BayVGH vom 06.08.2007 a.a.O.; VG Augsburg vom 30.05.2006, Az. AU 3 K 05.899), eine solche Anordnung inzident im Rahmen eines gegen die Kostenfestsetzung für diese Anordnung ergriffenen Rechtsbehelfs zu überprüfen, gegen die Unzulässigkeit des vorliegenden (Hilfs-)Antrags einwenden, die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller die Möglichkeit einer solchen Inzidentprüfung abgeschnitten, indem sie bisher keine Kostenrechnung erstellt hat. Vielmehr hat sie auf Seite 4 der Anordnung (letzter Absatz) lediglich darauf hingewiesen, die Anordnung sei nach Gebührennummer 208, 2. Abschnitt der Anlage zu § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr gebührenpflichtig und die Gebühr betrage 25,60 Euro zuzüglich Auslagen von 2,19 Euro. Da die Antragsgegnerin verpflichtet ist, für ihr Verwaltungshandeln Gebühren zu erheben, kann im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag jedenfalls unterstellt werden, dass dem Antragsteller der Erlass einer solchen Kostenrechnung konkret bevorsteht bzw. droht. Ihm in Hinblick darauf, dass er es nicht in der Hand hat, wann diese Kostenrechnung erstellt wird, vorliegend den einstweiligen Rechtsschutz gegen diese Kostenrechnung und damit die sonst mögliche Inzidentprüfung der Anordnung, für deren Erlass die Kosten erhoben werden sollen, zu verweigern, erscheint zumindest in Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) fragwürdig. Wollte man die Möglichkeit des Betroffenen, eine MPU-Anordnung, wenn auch nur inzident, gerichtlich überprüfen zu können allein davon abhängig machen, ob und wann die Fahrerlaubnisbehörde eine dazugehörige Kostenrechnung erstellt, so läge es allein im Belieben der Behörde, darüber zu entscheiden, wem sie eine Rechtsschutzmöglichkeit einräumt, indem sie eine Kostenrechnung erstellt oder nicht. Die in Art. 19 Abs. 4 GG gegebene Rechtsschutzgarantie kann aber nicht in dieser Weise in das Belieben der Verwaltung gestellt werden.

Obwohl dies klärungsbedürftig erscheint, lässt das erkennende Gericht diese Rechtsfrage im vorliegenden Eilverfahren offen. Denn es widerspricht dem Charakter des Eilverfahrens als einem Verfahren, das nur vorläufigen Rechtsschutz gewähren soll und dessen Prüfmaßstab auf eine zwar notwendige, aber auch ausreichende nur summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage beschränkt ist. Die Klärung solch grundsätzlicher Rechtsfragen muss vielmehr einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

3.3. Der Antrag ist im Übrigen auch unbegründet. Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

3.3.1 Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – darf nur ergehen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Antragsteller hat demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 123 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

Selbst wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist es dem Gericht allerdings regelmäßig verwehrt, mit seiner Entscheidung die Hauptsache vorwegzunehmen. Denn es würde dem Wesen und dem Zweck einer einstweiligen Anordnung widersprechen, wenn dem Antragsteller in vollem Umfang gewährt würde, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen kann. Allerdings gilt im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die Ablehnung der begehrten Entscheidung für den Antragsteller mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre und mit hoher Wahrscheinlichkeit von seinem Obsiegen in der Hauptsache auszugehen ist.

3.3.2 Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass der Antragsteller bereits keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat. Von der ihm in der Anordnung vom … Mai 2011 gesetzten dreimonatigen Frist hat er mehr als zwei Monate verstreichen lassen, bevor er sich mit seinem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das Verwaltungsgericht München gewandt hat. Wenn der Antragsteller demnach die meiste ihm für die Beibringung der MPU und damit auch die dem Gericht zur rechtlichen Prüfung der MPU-Anordnung verfügbare Zeit verstreichen lässt, so kann er vorliegend nicht hinreichend glaubhaft machen, weshalb nun kurz vor Ablauf dieser 3-Monatsfrist eiligst eine Entscheidung des Gerichts geboten erscheint. Diese Frist lief bereits am … August 2011 ab. Die Behördenakten wurden seitens der Antragsgegnerin erst nach Fristende mit dem bei Gericht am … August 2011 eingegangenem Schriftsatz vorgelegt.

Unabhängig davon war der Antrag abzulehnen, weil der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Denn bei der hier notwendigen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung stellt sich die Anordnung vom … Mai 2011 materiell-rechtlich als rechtmäßig dar.

Nach § 3 Abs. 1 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder etwaige erforderliche Auflagen anzuordnen, wenn sich dieser zum Führen von Fahrzeugen als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweist. Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, finden nach § 3 Abs. 2 FeV die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Fahreignung begründen.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts A… vom … September 2010 hat der Antragsteller am … Februar 2010 gegen 00.05 Uhr ein Fahrrad unter dem Einfluss von Cannabis geführt. Der in einer Menge von 3,9 µg/l THC im Blut des Antragstellers festgestellte aktive Wirkstoff des Cannabis hatte auch merklich Auswirkungen auf dessen Fahrtüchtigkeit. Auf die unter I. der Gründe des Strafurteils wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen durch die Polizeibeamten bzw. den die Blutentnahme durchführenden Arzt wird Bezug genommen. Darüber hinaus ist tatsächliche Voraussetzung für eine Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Strafgesetzbuch (StGB) das Vorhandensein von Auswirkungen der die Trunkenheit auslösenden Substanz auf den Verkehrsteilnehmer. Dass solche vorlagen, ist entgegen der Auffassung des Antragstellers mit dem rechtskräftigen Strafurteil vom … September 2010 mit Bindungswirkung auch für das Verwaltungsgericht und die Verwaltungsbehörde rechtskräftig festgestellt. Aus den weiteren unter I. der Gründe der vorliegenden Entscheidung wiedergegebenen Vorkommnissen (Anzeige vom ….10.2006 und Verurteilung durch das Amtsgericht A… vom ….09.2007) sowie den in diesem Zusammenhang vom Antragsteller selbst gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten gemachten Angaben ergibt sich ohne Zweifel, dass der Antragsteller über den mit Urteil vom … September 2010 abgeurteilten Fall hinaus im Zeitraum … Oktober 2006 bis … Juli 2007 mindestens weitere zwei Mal Cannabis konsumiert hat. Unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung insbesondere des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs weist die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom … August 2011 zutreffend darauf hin, dass dieser Sachverhalt den gelegentlichen Cannabiskonsum des Antragstellers im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV belegt. Insbesondere liegt zwischen den einzelnen Konsumhandlungen kein derart großer Abstand, dass sich diese als völlig selbstständige Lebenssachverhalte darstellen würden. Auch die weitere Voraussetzung für die Anordnung einer MPU nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV, nämlich das Vorliegen weiterer Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung begründen, ist mit der Verkehrsteilnahme des Antragstellers mit einem Fahrrad unter der Wirkung von Cannabis am … Februar 2010 erfüllt.

Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrrad unter dem Einfluss von Cannabis
Symbolfoto: Von AnnaTamila/Shutterstock.com

Die Fahrerlaubnisbehörde hat auch das ihr durch § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV eingeräumte Ermessen erkannt und ohne erkennbare Rechtsfehler ausgeübt. Schließlich ist auch die Fragestellung gegenüber der Gutachtenstelle entsprechend den Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV erfolgt. Insgesamt stellt sich somit die MPU-Anordnung vom … Mai 2011 als rechtmäßig dar. Soweit der Antragsteller gegen diese Anordnung Klage erhoben und die Feststellung beantragt hat, dass die Anordnung vom … Mai 2011 rechtswidrig ist, dürfte seine Klage voraussichtlich erfolglos bleiben.

3.3.3 Das Vorbringen des Antragstellers führt zu keiner anderen Beurteilung.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass auch von Fahrradfahrern oder Führern anderer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge bei Einnahme berauschender Mittel oder bei Vorliegen sonstiger Eignungsmängel erhebliche Gefahren für diese selbst, aber auch für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen können (vgl. VG München vom 17.11.2010, Az. M 6b S 10.3876; VG München vom 09.09.2010, Az. M 6a S 10.4223 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt in der vorliegenden MPU-Anordnung ebenso wenig wie in einer eventuellen nachfolgenden Untersagungsverfügung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge eine Doppelbestrafung. Die strafrechtliche Aburteilung insbesondere der Trunkenheitsfahrt vom … Februar 2010 beschränkt sich auf deren Ahndung mit den Mitteln des Strafrechts. Vorliegend dagegen geht es um sicherheitsrechtliche Gesichtspunkte, insbesondere um die Sicherheit des Straßenverkehrs und den Schutz der Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer, allen voran Leben, Gesundheit und Eigentum. Diese Rechtsgüter können entgegen der Auffassung des Antragstellers sehr wohl auch durch einen betrunkenen oder unter Drogeneinfluss stehenden Radfahrer erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden. Sowohl die Gutachtensanordnung als auch eine eventuelle Untersagungsverfügung verfolgen mithin in keiner Weise strafrechtliche Zwecke, sondern dienen allein den beschriebenen sicherheitsrechtlichen Aspekten. Daran ändert es nichts, dass von den Betroffenen das Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde häufig als weitere Strafmaßnahme gegen sie nach bereits erfolgter strafrechtlicher Ahndung eines bestimmten Vorfalls empfunden wird, weil zweifellos die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen, einen erheblichen Eingriff in die Lebensgestaltung der Betroffenen darstellt, die über die bloße Einschränkung der Mobilität hinaus massive Folgen bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes haben kann. Angesichts des hohen Ranges jener Rechtsgüter, die zu schützen das Ziel fahrerlaubnisrechtlicher Maßnahmen ist, müssen jedoch regelmäßig persönliche Interessen des Betroffenen zurückstehen. So liegen die Dinge auch im vorliegenden Fall, zumal es dem Antragsteller, der nach seinen eigenen Angaben sich überwiegend im Stadtgebiet A… bewegt, zumutbar ist, die gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetze zu nutzen oder kürzere Strecken zu Fuß zu gehen.

Nach alldem war der vorliegende Antrag abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

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